Читать книгу Die Drohnen des Monsieur Leclerq - Том Хилленбранд - Страница 4
Die Dreingabe
ОглавлениеAls ich viel zu spät in den Konfi haste, ist noch keiner da. Das sollte mich beruhigen, tut es aber nicht.
„Konferenzspiegelung aktivieren“, sage ich. „Balduin Communications, Meeting wegen Pyongyang Five.“
„Spiegelung wird aufgebaut“, sagt eine Stimme aus dem Deckenlautsprecher. „Konferenzsprache: Portugiesisch.“
In den Sesseln um mich herum erscheinen die Holos mehrerer Junior- und Senior-PR-Berater. Ich bin tatsächlich der Letzte.
„Ah, Senhor Leclerq. Wie schön, dass Sie es auch einrichten konnten.“
Das Gepampe kommt von unserem Strategiechef, Hartmut Kyamura.
„Tut mir leid, Hartmut. Kommt nicht wieder vor.“
„Hast du wenigstens gute Nachrichten, wenn du schon zu spät kommst?“, fragt er.
Ich habe außerordentlich schlechte Nachrichten. Und falls er meine Datenkorona regelmäßig analysieren ließe, wüsste er das auch.
„Nicht so gut, Hartmut.“
„Willst du damit sagen, dass die Kampagne nicht fliegt?“, fragt Pedro Pereira aus Sao Paulo. „Ich fand sie enorm slick.“
„Ugo fand sie nicht so gut, oder?“, wirft Kyamura ein.
Alle schauen Ugo an, der bisher noch nichts gesagt hat. Kein Wunder: Ugo ist unser Mediaplaner, eine semiintelligente Software. Er kann zwar Unmengen an Statistiken aus dem Ärmel schütteln, hat aber noch nie einen originellen Gedanken produziert.
Ugo, dessen Avatar ein braungebrannter Mittvierziger mit kantigem Kinn ist, antwortet: „Ich maße mir nicht an, die künstlerische Qualität der Ads zu beurteilen. Aber ich hatte bereits beim letzten Call angemerkt, dass sie mit 89,4 prozentiger Wahrscheinlichkeit keine Absatzsteigerung bewirken werden.“
„Und?“, sagt Hartmut.
„Und er hatte recht“, sage ich. „Sowohl die Spec-Ads als auch die koreanische Revolutionslieder singenden Lieferdrohnen sind bei der Zielgruppe durchgefallen. Vermutlich, weil der durchschnittliche Pyongyang-Kunde zu dämlich ist, derlei feine Ironie zu würdigen.“
„Hm“, brummt Kyamura. „Ugo, kannst Du das später mit ein paar Daten unterfüttern?“
„Gerne, Senhor.“
Die Mienen der Anwesenden verraten höchste Anspannung. Kein Wunder, Pyongyang Five ist unser größter Account. Wenn die erfahren, dass ihre neue europäische Kampagne weder Bibimbaps noch Kimchipizzen verkauft, werden sie uns abservieren.
„Senhores“, sagt Kyamura, „wir müssen das Ding schnell drehen. P. Five kann schließlich für jeden einzelnen Kunden nachvollziehen, wann er unsere Anzeige sieht und ob er daraufhin Bulgogi bestellt. Es gibt keine Ausreden.“
„Wir hätten auf Ugo hören sollen“, sagt ein Juniorberater aus Tokio.
Ugo richtet sich auf. „Ich maße mir nicht an“, beginnt er, „die künstlerische Qualität ...“
„Fresse, Mediaplaner“, blafft Kyamura. „Haben wir keine anderen Ideen?“
„Doch“, antworte ich. „Sogar eine, die laut Ugo mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit funktioniert.“
„Jetzt bin ich aber gespannt“, sagt Kyamura.
„Spielzeuge, gratis zu den Menüs.“
Kyamuras Stirn wirft Falten. „Ist nicht dein Ernst, Dae-Jung. Kids’ Meals? Das ist ja wohl die älteste Masche überhaupt.“
„Ja. Aber sie wird funktionieren.“
„Und warum?“
„Wir hatten neulich ein Brainstorming mit Ugo. Haben Dutzende Dreingaben vorgeschlagen – Actionfiguren, Dildos, Cannabonbons – und alle von ihm durchrechnen lassen. Das Ergebnis ist eindeutig. Was Kinder wirklich wollen, sind Waffen.“
„Waffen?“
„Taserpistolen. Spottbillig, aber die Kids sind verrückt danach. Hohe Schussfrequenz ist wichtig, und die Farbe.“
„Meistens sind die Dinger schwarz, oder?“, wirft Pereira ein.
Unser Mediaplaner nickt. „Das ist richtig. Aber auffälligere Farben würden die Wahrscheinlichkeit eines Impulskaufs um 10,2 Prozent erhöhen.“
Hartmut Kyamura blickt gen Decke. Er wägt ab, was schlimmer ist: Pyongyang Five als Kunden zu verlieren oder Europas Jugend mit neonfarbenen Taserknarren auszustatten.
Dann seufzt er. „Okay. Welche Farben nehmen wir, Ugo?“
„Laut meiner Prädiktion würden Türkis, Gelb und Pink am besten funktionieren.“
„Dann Türkis und Gelb“, sagt Kyamura.
„Warum kein Pink?“, frage ich.
Kyamura schüttelt den Kopf. „Pinke Pistolen an Kinder verschenken? Das geht dann doch ein bisschen zu weit.“