Читать книгу Merlin, Artus und die Ritter der Tafelrunde Band 1 Der Dreizehnte Ritter - Tomos Forrest - Страница 7

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2.


Die Königin war mit ihrem großen Gefolge bereits auf dem Rückweg, als plötzlich ihre Stute lahmte. Sie hatte es immer vorgezogen, lieber im Damensattel auf einem Pferd zu sitzen als sich einem der unbequemen Kästen auf Rädern anzuvertrauen, die ihr die Luft zum Atmen nahmen und zudem völlig ungefedert durch die Gegend rumpelten. Aber Guinevere hatte noch nie erlebt, dass eines ihrer Pferde plötzlich lahmte, schon gar nicht auf einer solchen Reise. Es war für ihren persönlichen Hufschmied selbstverständlich, jeden Morgen alle Pferde zu kontrollieren. Die weiße Stute Andarta genoss dabei seine besondere Aufmerksamkeit. Die Königin zog ihren Schmied Blake schon damit auf, dass er wohl in den Schimmel verliebt sei, und tatsächlich bekam der untersetzte, kräftige Schmied bei ihren Worten ein knallrotes Gesicht und wandte sich verlegen zur Seite.

„Das ist alles in Ordnung!“, sagte Blake, als er die Hufe abgesetzt hatte und eine Weile die Fesseln der Stute massierte. „Was ist mit dir, meine Schöne?“, flüsterte er der Stute ins Ohr, als er sich wieder aufrichtete. Das Tier schnaubte und rieb den wohl geformten Kopf an seiner Schulter.

Es war ein ungewöhnlich heißer Tag, und alle waren froh, dass sie unmittelbar an einem Fluss rasten konnten, an dem es ein paar schattenspendende Bäume und zahlreiche Sträucher gab. Schnell waren ein paar Baldachine für die Damen errichtet, die Ritter teilten ihre Kriegsknechte für die Wachen ein und sorgten dafür, dass ihr Lagerplatz in einem weiteren Kreis gesichert war.

Die Zeiten waren schlecht, ein mächtiges Sachsenheer wusste man im Marsch von der britannischen Küste, aber doch erst noch mehr als einen Wochenmarsch von Camelot entfernt. Die Königin hatte eine heikle Mission übernommen und ein paar entfernte Höfe aufgesucht, um im Namen ihres Mannes für ein gemeinsames Heer gegen die Sachsen zu werben. Ihrem natürlichen Charme war es gelungen, die uneinigen Fürsten zu einen und ihnen das Versprechen abzunehmen, dass sie innerhalb von acht Tagen mit ihren Soldaten nach Camelot kommen würden.

Der wolkenlose, blaue Himmel spannte sich über ganz Britannien, und die Sonne stand wie eine goldene Scheibe im Zenit, als man den Rastplatz gefunden hatte. Guinevere tätschelte ihrer Stute kurz den Hals, während Blake seine Bemühungen um das Tier fortsetzte. Dann ging die Königin langsam hinunter zum Flussufer, gefolgt von ihren Hofdamen, den Maiden, die sich fröhlich über ihr für den Abend erwartetes Eintreffen auf Camelot ausließen.

Die Königin ging am sanften Flussufer in die Knie und wollte gerade etwas von dem kristallklaren, kühlen Wasser schöpfen, als sie verwundert in ein Gesicht sah, dass sie für einen winzigen Augenblick für ihr eigenes Spiegelbild gehalten hatte. Aber rasch erkannte sie ihren Irrtum, denn das Gesicht im Wasser wurde umrahmt von langen, schwarzen Haaren, aus denen sie dunkle Augen anstarrten wie glühende Kohlen. Erschrocken wollte sie aufspringen, aber eine schneeweiße Hand stieß blitzschnell aus dem Wasser hervor und griff ihr Handgelenk.

„Zu Hilfe!“, schrie die entsetzte Königin auf, aber da waren ihre Maiden schon an ihrer Seite, griffen beherzt zu und retteten ihre Königin auf diese Weise vor einem Sturz in den Fluss.

„Guinevere, um Himmels willen, das hätte leicht schief gehen können!“, sagte die junge Frau etwas atemlos, die sie um die Hüfte gefasst und festgehalten hatte.

„Habt ihr das gesehen?“, erkundigte sich eine etwas kurzatmige Königin und starrte auf das leicht gekräuselte Wasser des Flusses. Auch die anderen sahen eine Bewegung und einen dunklen Schatten, und eine der Maiden sagte: „Ein sehr großer Fisch, Mylady, aber das ist doch nichts Ungewöhnliches in unseren Flüssen!“

Die Königin drehte ihr ein wachsbleiches Gesicht zu und antwortete mit tonloser Stimme: „Ich habe keinen Fisch gesehen, sondern ein Gesicht!“

Während zwei der Damen die Königin stützten und zum sicheren Lagerplatz zurückbrachten, warfen sie sich bedeutsame Blicke zu.

Es war nicht das erste Mal, dass die Königin von Britannien etwas sah, das außer ihr kein anderer Mensch erkennen konnte. Sie hatten das dem König in behutsam gewählten Worten mitgeteilt, aber König Artus schien keinen Moment an dem zu zweifeln, was Guinevere gesehen hatte und befahl ihnen, über alles zu schweigen und ein besonderes Auge auf die Königin zu halten, wenn sie mit ihr unterwegs waren.

Als sie bei dem für die Königin hergerichteten, bequem ausgepolsterten Platz ankamen, lief ihnen freudig schnaubend die weiße Stute entgegen und wurde von Guinevere mit liebevollen Koseworten begrüßt.

„Bist du wieder in Ordnung, meine Süße? Hat dich der gute Blake geheilt? Na, komm, lass einmal sehen – ja, du sprühst ja geradezu wieder von Kraft, und hast dabei noch nicht lange geruht!“

„Sie hatte auch nichts, meine Königin!“, erklang eine leise Stimme hinter ihr, und als sich die Königin lächelnd danach umdrehte, blickte sie in das ernste Gesicht ihres Schmiedes. „Es war kein loses Hufeisen, kein drückender Stein, überhaupt nichts, was auf eine natürliche Ursache hinwies, Mylady!“

Bei diesen Worten sah der Schmied an ihr vorbei und zum nahen Flussufer, dann fuhr er nach kurzer Pause fort: „Sie witterte etwas, das vom Fluss herüberkam und war auch nicht bereit, sich von mir dort zur Tränke führen zu lassen. Ich musste ihr schließlich Wasser in einem Eimer holen und es ihr hier geben!“

Guinevere schien das eben Erlebte rasch abzuschütteln, denn jetzt lachte sie sogar auf, strich ihrer Stute über die Nüstern und klopfte sie ihr zärtlich an den Hals. „Du bist eben eine kleine Verwöhnte, meine Andarta, und machst deinem Namen ja wenig Ehre! Vergiss nicht, Andarta war eine mächtige Kriegsgöttin, und wir wollen uns doch beide nicht von einem Zauberwerk beeindrucken lassen, oder?“

Die Stute drückte ihren Kopf an die Königin, und eine Weile standen die beiden so schweigend zusammen und schienen den Augenblick in der Sonne nur zu genießen. Dann aber klopfte sie dem Pferd nochmals den Hals und setzte sich auf den vorbereiteten Platz, wo ihr die Maiden gleich etwas zu trinken und essen anboten. Das dargebotene Bratenstück wies die Königin jedoch zurück, trank etwas von dem verdünnten Wein und sah nachdenklich zum Flussufer.

Das Mienenspiel verriet ihren Damen einiges über den Gemütszustand ihrer Herrin, aber plötzlich sprang sie fröhlich lachend auf, klatschte in die Hände und befahl den baldigen Aufbruch. Blake hatte ihre Stute am Halfter und führte sie zu ihr, half ihr galant beim Aufsteigen und trat anschließend mit ehrerbietigem Gruß ein paar Schritte zurück.

„Vorwärts, meine Getreuen, wir wollen doch mal sehen, ob wir nicht noch vor Einbruch der Dunkelheit die Zinnen von Camelot erkennen können!“

Schnell wurde alles auf die Pferde und die zwei Begleitfuhrwerke verladen, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung, angeführt von einem der Burghauptleute von Camelot, einem großen, breitschultrigem Mann, der ein gewaltiges Schwert gegürtet hatte.

Sie waren bereits eine ganze Weile in der großen Hitze geritten, als der Hauptmann ein Handzeichen gab und die Reiter ihre Pferde zügelten. Vor ihnen dehnte sich ein großes Waldstück, und bevor man das durchquerte, mussten die Lanzenreiter vorausreiten und den Weg erkunden. Hier gab es zwar keinen Fluss, aber doch eine wunderbare, von Felsen umgebende Quelle, aus der erst die Menschen frisches Wasser für sich schöpften und danach die Pferde herangeführt wurden, um ihren Durst zu stillen.

Die Königin zog es diesmal vor, sich einen großen Becher von dem kühlen Wasser füllen zu lassen und ihn neben ihrer Stute stehend zu genießen. Gleichzeitig hatten die Knechte auch einen großen Wassereimer für Andarta herbeigetragen, und als jetzt der Hauptmann die Rückkehr der Lanzenreiter vermeldete, waren alle zum Aufbruch bereit und freuten sich, dass nun ein bedeutendes Stück durch den schattigen Wald zurückgelegt werden konnte.

Niemand im königlichen Gefolge konnte ahnen, dass in diesem Waldstück keine Menschen auf sie lauerten. Die Gefahr kam von einer ganz anderen Macht, und diese Macht hatte die Königin heute schon einmal in einem schrecklichen Moment erlebt.

Merlin, Artus und die Ritter der Tafelrunde Band 1 Der Dreizehnte Ritter

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