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Der gierige Stalker von Trinity Taylor

Kälte kroch in mir hoch. Wieder fing es an zu regnen. Meine Haare waren nass und Wassertropfen lösten sich aus den Spitzen. Einen Moment lang sah ich den Wassertropfen zu. Dann wandte sich meine Aufmerksamkeit wieder dem größeren Gewässer zu. Erneut spürte ich die Kälte. Ich fragte mich, ob ich wirklich springen wollte, und trat einen Schritt nach vorn, um es besser abschätzen zu können. Nun ging es nicht weiter. Die nächste Hürde war das Geländer der Brücke. Es war hoch. Ich hob mein Knie und stützte mich auf das Gestänge. Ein Auto rauschte in dieser dunklen Nacht an mir vorüber. Ich hoffte, dass der Fahrer mich nicht gesehen hatte. Allerdings war es bei dem Regen und der gut ausgesuchten dunklen Ecke eher unwahrscheinlich. Ich zog vorsichtig das andere Bein nach. Noch ein Auto raste vorbei. Nun saß ich mit den Beinen baumelnd auf dem Geländer der Brücke. Es trennte mich nur noch eine letzte Überwindung von der Erlösung.

»Ich würde es nicht tun.«

Fast wäre ich ungewollt von der Brücke gestürzt, denn ich war innerlich noch nicht so weit.

»Ich würde es nicht tun«, wiederholte die fremde Stimme. Sie klang aus näherer Entfernung als zuvor.

»Gehen Sie weg«, rief ich.

»Ich würde es trotzdem nicht tun.«

Meine Hände zitterten und ein Krampf im linken Oberschenkel kündigte sich an.

»Gehen Sie weg, sonst springe ich.«

»Das tun Sie sowie so. Aber warum? Was macht Springen für einen Sinn?«

»Das geht Sie nichts an. Mein Leben geht Sie nichts an.«

»Doch, das tut es.«

»Gehen Sie weg.«

»Wollen Sie wissen, warum?«

»Nein.«

»Weil Sie ein Teil meines Lebensinhaltes sind.«

»Was soll das? Wovon reden Sie?«

»Ich beobachte Sie schon sehr lange. Von meinem Arbeitszimmer aus. Sie ziehen sich jeden Abend um halb acht aus, sorgfältig und behutsam. Dann legen Sie sich ins Bett und schauen Fern. Manchmal beobachte ich, wie Sie sich unter der Bettdecke streicheln. Das macht mich an. Ich werde verrückt, wenn ich Ihnen zusehe.«

Mein Herz klopfte laut. Der Fremde war dicht herangekommen, hatte seine Zeit des Erzählens geschickt genutzt. Ich drehte mich kurz zu ihm um. Im weit entfernten, schwachen Laternenlicht konnte ich gleichmäßige, sympathische Gesichtszüge erkennen. Schnell drehte ich mich zurück, wollte mich auf gar keinen Fall von meinem Vorhaben abbringen lassen. Dieser Mann wollte mich davor bewahren, zu springen und erzählte mir irgendwelche Geschichten. Doch es stimmte, dass ich mich jeden Tag um besagte Uhrzeit auszog und ins Bett ging, um Fern zu sehen. Es war die einzige Flucht vor meinem grauen, tristen Leben. Eintönig, langweilig und ausweglos.

»Gehen Sie weg!«, rief ich nochmals.

Ich hatte nicht aufgepasst, denn schon hatte mich der Fremde gepackt und zog mich mit Leichtigkeit vom Geländer. Ich zappelte, schrie und boxte um mich. Er schlug mir hart ins Gesicht. Sofort hörte ich auf, hielt verblüfft eine Hand auf die brennende Stelle.

»Kommen Sie zur Vernunft!«, fuhr er mich an, indem er mich rechts und links meiner Oberarme schüttelte.

Ich fühlte mich leer und ausgelaugt. Ich fand keinen Platz für Emotionen, nicht einmal für eine einzige Träne.

»Warum haben Sie das getan?«, fragte ich tonlos.

»Nur um meiner Selbst Willen.«

»Egoist.«

»Ich konnte nicht anders. Jeden Abend werde ich magisch von deinen Brüsten in den Bann gezogen. Wenn ich dein süßes Schamdreieck sehe, werde ich hart.«

»Sie können nicht einfach über mein Leben bestimmen, nur weil Sie sich dadurch besser einen runterholen können.«

Der Fremde lachte.

Ich blickte zu ihm auf, denn er war gut einen Kopf größer als ich.

Er nahm meine Hand. »Komm«, sagte er schlicht.

»Wohin?«

»Komm.«

Als wäre es das selbstverständlichste der Welt folgte ich ihm. Warum tat er das? Warum tat ich das? Warum riss ich mich nicht von ihm los und sprang über die Brücke? Sollte mein Leben so trostlos weitergehen? Doch hier war ein Mann, der mich an der Hand hielt, etwas von mir wollte. Wahrscheinlich wollte er es nur mit mir treiben, seinen Gelüsten freien Lauf lassen ... Aber dann könnte ich ja immer noch springen.

Wir gingen quer durch die Straßen. Ich ließ mich mitschleifen, wie ein unwilliges Hündchen an der Leine. Wir kamen in meine Straße, worüber ich sehr verblüfft war.

»Ich will nicht zurück«, sagte ich stur.

»Ich weiß, deswegen gehen wir auch zu mir«, erklärte er ruhig.

Ich dachte daran, wie er über mich herfallen, mir die Kleider vom Leib reißen und hart in mich eindringen würde. Es war mir egal. Es war mir alles egal. Später würde ich zur Brücke zurückkehren und springen. Dann hatte mein Leben eben noch mal einen Schlenker gemacht.

Die Wohnung des Fremden, L. Delsey, so stand es jedenfalls auf dem Klingelschild, war eine Altbauwohnung. Sie war geschmackvoll eingerichtet. Sehr männlich, etwas spartanisch, alles in schwarz, weiß, rot und silber gehalten. Ich erschrak über meine Auffassung der Wohnung, wollte ich doch nicht mehr über solche Details nachdenken.

»Hier ist das Bad. Willst du dich frisch machen?«, fragte er.

»Nein.«

»Mal auf Toilette gehen?«

»Na schön.«

»Ach, einen Moment!« Er drückte sich schnell an mir vorbei und nahm sein Rasiermesser und die Nagelschere an sich.

»So, nun ist es für dich sicher.«

Ich verzog das Gesicht. Er lächelte selbstzufrieden.

***

Als ich aus dem Badezimmer kam, ich hatte absichtlich nicht in den Spiegel geschaut, sah der Fremde mich eine Weile an, wandte dann schnell den Blick ab und reichte mir einen Becher Kakao.

»Hier, der wird dir guttun.«

»Warum tun Sie das?«, fragte ich, als ich das dampfende Getränk in Empfang nahm.

»Ich sagte es doch bereits: Ich lasse mir ungern mein Abendprogramm nur aus einer Laune heraus ruinieren.«

»Woher wollen Sie wissen, ob es eine Laune von mir war.«

Er zuckte mit den Schultern und antwortete: »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es einen so triftigen Grund gibt, sein Leben zu beenden, wenn ich mir Sie so ansehe.«

Ich schüttelte den Kopf und setzte die Lippen an das heiße Getränk. Der Kakao tat wirklich gut und wärmte mich von innen. Doch ein Schütteln meines Körpers sagte mir, dass es nicht reichen würde. Der Fremde nahm mir den Becher aus der Hand.

»Los, komm!«, sagte er fast schroff.

»Wohin?«

»Ins Bad.«

»Warum?«

Er zog mich an der Hand hinter sich her.

»Zieh dich aus«, befahl er schlicht.

Der gierige Stalker | Erotische Geschichte

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