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4.2.2 Lernschwierigkeiten als Symptom

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Diese Überlegungen zu potenziellem Sinn und Nutzen der Lernschwierigkeiten weisen darauf hin, dass diese auch Symptomcharakter haben können. Was aber ist ein Symptom? Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, versteht unter einem Symptom das Produkt einer erfolgreichen Verdrängung und bezeichnet mit Verdrängung den folgenden psychischen Vorgang: Das Subjekt wird von Gedanken, Bildern, Erinnerungen heimgesucht, deren Befriedigung ihm zwar Lust bereiten würden, zugleich aber würde diese Triebbefriedigung im Bewusstsein des Ichs Unlust hervorrufen (Freud, 1915). Im Fall von Sophia könnte das heissen, dass sie in der aktuellen Situation der weiterführenden Schulstufe, die sie als kognitive Herausforderung erlebt und die sie auch bildungsmässig weiter weg von ihren Eltern führt, eigentlich lieber wieder zurück in eine frühere Lebensphase möchte, dass in ihr der unbewusste Wunsch nach mütterlichem Schutz und mütterlicher Nähe wirkt. Dieser Wunsch kollidiert aber mit dem Wunsch, am Gymnasium bleiben zu können und schulischen Erfolg zu haben. Aus dieser psychodynamischen Perspektive betrachtet sind Sophias Lernschwierigkeiten ein Symptom und das heisst, sie sind das Produkt einer erfolgreichen Verdrängung: Die Schulschwierigkeiten ermöglichen es ihr, wieder viel Zeit zusammen mit der Mutter zu verbringen, sie erhält wieder viel Zuwendung von ihr und steht ganz klar im Zentrum der Familie.

Lerntherapie – Geschichte, Theorie und Praxis (E-Book)

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