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Herbert W. Franke: Wie Der grüne Komet entstand

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In den ersten Jahren meiner Tätigkeit als freiberuflicher Schriftsteller lernte ich Wilhelm Goldmann kennen, den Gründer und Leiter des nach ihm benannten Verlags. Er war eine dieser alten, ehrwürdigen Verlegerpersönlichkeiten, die es heute nicht mehr gibt. Als er eines Tages von einer Reise in die USA zurückkam, erzählte er mir, dass er dort etwas ganz Merkwürdiges entdeckt habe, nämlich ein Literaturgenre mit dem Namen Science-Fiction. Und er habe sich entschlossen, so etwas auch in Deutschland herauszubringen. Weil er nicht viel von Technik und Wissenschaft verstand, bat er mich, die Sache gemeinsam mit ihm in die Hand zu nehmen. Und er fuhr fort, dass er die Absicht habe, die Bücher nicht nacheinander erscheinen zu lassen, sondern acht auf einen Schlag; damit könne er auch Interesse bei der Presse finden.

Die Gelegenheit für ein solches Unternehmen war günstig, denn für die Buchrechte der besten amerikanischen Science-Fiction-Autoren hatte sich bisher im deutschsprachigen Raum kaum jemand interessiert, sie waren preiswert zu bekommen und wir konnten heraussuchen, was uns interessierte. Bald waren sieben Verträge unterschrieben, und nur mit einem Autor gab es Schwierigkeiten. Was tun? Herr Goldmann hatte eine besondere Idee: Der Termin der Pressekonferenz ließe sich zwar nicht verschieben, doch zum Glück habe man die Titelliste noch nicht publiziert – wäre es nicht möglich, meine Kurzgeschichten, von denen ich erzählt hätte, zu einem Band zusammenfassen? Ich sagte ihm, dass es nur fünf oder sechs Geschichten seien, und keine davon habe mehr als zwei Seiten – wie sollte das zu einem Buch werden? Ach was, meinte er, ich sei doch Schriftsteller, und er bräuchte das Buch ja erst in vierzehn Tagen. Das wäre doch genug, um ein Buch mit einhundertachtzig Seiten füllen.

Ich wohnte damals in ländlicher Umgebung bei einem Filmproduzenten. Wenn er gelegentlich verreiste, übergab er mir die Schlüssel seines Anwesens, eines schlossartigen Gebäudes. Und genau zu dieser Zeit hatte der Besitzer eine Reise vor, und das bedeutete, dass ich in den nächsten zwei Wochen ungestört arbeiten konnte. Und so nahm ich den Auftrag an.

In dem parkartigen Gelände gab es ein Schwimmbecken, das wegen undichter Stellen immer trocken war. In dieses Schwimmbecken habe ich mich mit einem Diktiergerät zurückzogen. Es war ein ruhiger, windstiller Ort, an dem sich gut arbeiten ließ. Wenn Besuch nahte, spähte ich vorsichtig über den Beckenrand, und wenn der Besuch für mich unwichtig war, tauchte ich schnell in meinem Becken unter und konnte ungestört weiterschreiben. Und so ist es mir tatsächlich gelungen, fünfundsechzig Geschichten zu liefern.

Es gab nur noch eine Schwierigkeit: Am ersten meiner Arbeitstage rief mich Herr Goldmann an und teilte mir mit, dass er den Titel des Buches wissen müsste. Ich antwortete, ich könnte doch keinen Titel nennen, ich würde das Buch doch erst schreiben. Nein, darauf könne er keine Rücksicht nehmen, er bräuchte den Titel jetzt, für die Presse. Da sagte ich: »Der grüne Komet«.

Das ist die Entstehungsgeschichte meines ersten Kurzgeschichtenbandes und der Story »Der grüne Komet«. Das Buch wurde rechtzeitig fertig, die Reihe wurde der Presse präsentiert, und ich konnte mit meiner Arbeit und mit dem Erfolg recht zufrieden sein. Erst ganz am Schluss meiner Arbeit war ich vor einer Aufgabe gestanden, die mir Kopfzerbrechen bereitet hatte. Als die ersten 64 Geschichten fertig waren, fehlte noch die letzte, die Titelgeschichte, in der ein grüner Komet eine tragende Rolle spielen sollte. Diese Geschichte, so dachte ich, müsste etwas ganz Besonderes sein. Und da kam ich auf die Idee: Es sollte eine Geschichte ohne Action sein, ohne Bezugspersonen, ohne je beschriebene Lebewesen oder Landschaften, eine abstrakte Welt mit multiplen Raum- und Zeitdimensionen. Kann man eine solche Geschichte schreiben? Ich habe es versucht.

60 JAHRE GRÜNER KOMET

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