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Die Begegnung

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Vor einigen Jahren beschloss ich einen sicher nicht alltäglichen Urlaub anzugehen. Mein Urlaubsziel lag in Kamtschatka. Das Flugzeug steuerte Moskau an. Eine wirklich beeindruckende Stadt mit überwältigenden Ausmaßen. Den mehrstündigen Aufenthalt konnte ich nutzen, um einen winzigen Teil dieser riesigen Stadt zu erkunden.

Vom Moskauer Inlandflughafen ging die Reise schließlich weiter. Wir flogen der aufgehenden Sonne direkt entgegen. Die Maschine überflog das sibirische Tiefland und das sibirische Bergland am Stück. Es erstreckt sich über dreitausend Kilometer und kostete etwa die halbe Zeit des Fluges. Noch heute erinnere ich mich gerne an diese Reise. Freude stieg in mir auf, als wir endlich den Flughafen Petropavlovsk-Kamtschatskij erreichten.

Der Bus fuhr mich zusammen mit einigen Reisegästen, die mit mir schon im Flugzeug unterwegs waren, nach Elizovo. Es war Mitte Juni und immerhin 10° Celsius. Zur Akklimatisierung hielt ich mich einige Tage vor Ort auf. Zu Hause war es schon ziemlich warm. Noch einmal bereitete ich die Route vor, testete die Fotokamera und sorgte für den Proviant, welchen ich in der Wildnis für drei Wochen benötigte.

Mein Anliegen war in den Bergen dieses wunderbaren Landes verschiedene Tiere und Landschaften vor die Linse zu bekommen. Dort wollte ich die anberaumte Zeit ganz ungestört in wilder und ungezähmter Natur verbringen.

Ein Pilot flog mich weit ins Landesinnere der Halbinsel. Die eindrucksvolle Landschaft faszinierte mich vom ersten Augenblick an.

Wir flogen weit ins Landesinnere der Halbinsel. Er kannte einen geeigneten Landeplatz, an dem wir uns in vierzehn Tagen wieder treffen sollten. Beim Abschied riet er mir noch, in seiner ernsten, aber freundlichen Art, ich solle vorsichtig sein. Er gab mir zum Abschied die Hand und sein gut gemeinter Rat kam bei mir an. Das Flugzeug verschwand in der endlosen Ferne. Ich war von da an auf mich allein gestellt.

Vor mir lag das ersehnte Bergland. Meine Route wies mich in Richtung Norden. Nach einigen Stunden Fußweg erreichte ich zeitig einen geeigneten Nachtlagerplatz. Die Sonne ging allmählich unter und am Abend wurde es merklich kühl.

Um mir etwas Ablenkung zu verschaffen, kramte ich ein Buch hervor. Die Geräusche der Nacht drangen sehr eindrucksvoll durch die dünne Zeltwand.

Als die ersten Sonnenstrahlen hindurchschimmerten erwachte ich. Mein Frühstück bestand aus frischen Brot, Käse, Trockenobst und Tee. Das Gepäck würde täglich etwas leichter werden, wobei es ohnehin angenehm zu tragen war. Die Trockennahrung und die Natur boten zu der Zeit einen umfangreichen Speiseplan.

Während der Wanderung fotografierte ich gelegentlich die Landschaft. Auch kleinere Tiere waren leicht auszumachen. Besonders war ich von dieser unbezähmbaren wilden und zugleich farbenfrohen und kontrastreichen Natur angetan. Mitten in den leuchtenden Farben der Tundra ragen imposante Vulkane hervor. Das Spiel des Himmels zeigt sich täglich sehr abwechslungsreich. Dieser Ort ist für mich eines der wundervollsten Naturgebiete unseres Planeten. Ich war hier mitten im Reich der Vulkane und Bären.

Aus weiter Entfernung bekam ich einen Braunbären vor die Kamera. Das war für mich wirklich etwas Besonderes. Am Flussufer zu Filmen erwies sich öfter als erfolgreich.

Bald sollte ich einem ganz besonderen Bären begegnen.

Am dritten Wandertag fand ich einen Ort, an dem ich vorerst verweilen wollte. Der Morgen des sechsten Tages ließ mich aus Neugier weiter Richtung Norden ziehen. Und Einiges höher hinauf als zuvor. Hier war der Ausblick ideal. Was sage ich? Er war einfach umwerfend. Ich entdeckte sogar einen leicht rauchenden Vulkan. Einige Vulkane dieser Region sind aktiv. Die Distanz zum Vulkan war verhältnismäßig nah, aber nicht zu nah. Zumindest sah ich das zu dem Zeitpunkt so.

Dieser Ort besaß eine ganz besondere Atmosphäre. Zuerst umrundete ich das felsige Gebiet. Ich entdeckte eine Höhle, deren Eingang überwuchert war. Obwohl ich darin niemanden erwartete, war ich vorsichtig. Der Eingang war etwas flach, ungefähr Hosentaschenhöhe. Breit war er gute eineinhalb Meter. Das Innere leuchtete ich mit einer Taschenlampe aus. Hier hatte schon ein Bär überwintert, stellte ich fest.

Zurück im Zelt verstaute ich die Kameraausrüstung und begann etwas Brennholz für ein Lagerfeuer zu beschaffen. Das nutzte ich, um mir eine warme Mahlzeit zu kochen. Da die Nacht klar war, blieb ich lange am Feuer sitzen, bis die letzten kleinen Flammen erstickten.

Vom Treffpunkt aus hatte ich einhundert Kilometer zurückgelegt. Hier wollte ich bleiben, um nicht so viel Zeit mit dem Rückweg zu vergeuden.

Ich hatte mich an diesen friedlichen Ort gut eingelebt. Und trotzdem passierte etwas Unvorhergesehenes. Am neunten Tag begegnete ich auffallend vielen Tieren. Ungewöhnlich war, daß es am Nachmittag auffallend ruhig wurde. Irgendwie zu ruhig. Eigenartig! Ich sah und hörte keine Vögel mehr.

Zum ersten Mal war ich etwas beunruhigt. Da ich einige Anzeichen und Verhaltensweise von Tieren kenne, packte ich meine Sachen ein und baute das Zelt ab. Wahrscheinlich sollte ich mich vor dem Vulkan in Acht nehmen. Er rauchte stärker als sonst. Das muss es sein! Ohne große Überlegung verstaute ich alle Sachen in die etwas entfernt gelegene Höhle. Der Ausbruch des Vulkanes ließ zum Glück noch auf sich warten. Mit der Kamera hielt ich gegen Abend auf das gewaltige Naturspektakel. Heißes Gestein flog durch die Luft. Sicher wird ein Ascheregen niedergehen, folgerte ich. In der Höhle musste ich den Eingang mit nassen Decken abdichten. Ich wusste, hier war es besser als später den ganzen Dreck abzubekommen und vielleicht daran zu ersticken. Klar, ich war weit genug weg, aber wohl war mir nicht dabei. So beschloss ich erst am nächsten Morgen die Höhle zu verlassen. Ich vernahm geraume Zeit das Donnern des lavaspuckenden Vulkanes. Mit der Taschenlampe erhellte ich kurzzeitig die Höhle und richtete mir einen Schlafplatz ein. Ich bereitete mir ein einfaches Abendessen zu. Es war auf eine besondere Art und weiße gemütlich in dieser Notunterkunft, obwohl um mich herum alles sehr lebensfeindlich werden konnte. Im Laufe der Zeit beruhigte sich der Vulkan.

In der Nacht ersann ich einige Gedanken vor dem Einschlafen. Ob die Decke am Eingang voll Asche sein wird? Wie es Morgen im Freien aussieht? Wie weit die anderen Tiere von hier entfernt sein mögen? Müdigkeit machte sich breit. Was, wenn ein Bär in die Höhle kommt? Nein, der geht weiter weg als ich.

Am besten war es zu dem Zeitpunkt entspannt zu bleiben. Ich wollte mich ablenken und beruhigen. Deshalb wendete ich eine mir bekannte Methode der Entspannung an, die mit etwas Übung gute Ergebnisse bringt. Aus dem Grund gebe ich sie hier gleich wieder.

Lerne, in der Ruhe zu entspannen. Und harmonisiere deinen Körper mit der dich umgebenden Lebensenergie. Das wird dazu führen, daß du die motorischen Zentren deines Gehirnes entlastest und du deinen Körper, erst teilweise und später als Ganzes nicht mehr fühlst. Liege bequem und entspanne dich nach folgender Anleitung.

Lass deinen Körper „Fallen“. Lass los. Ganz locker. Jetzt überprüfe jeden einzelnen Körperteil sorgfältig.

Nun ist völlig entspannt – der rechte Daumen – der linke Daumen – (deine Gedanken richten sich dabei auf die genannten Glieder. Nimm einfach nur wahr, was geschieht) – der rechte Zeigefinger – der linke Zeigefinger – der rechte Mittelfinger – der linke Mittelfinger – die Ringfinger – die kleinen Finger der jeweiligen Hand – die ganze rechte Hand ist entspannt – die ganze linke Hand – der rechte Arm – der linke Arm – der gesamte rechte Arm – der gesamte linke Arm. Erfasse also jedes einzelne Körperglied einzeln und zusammen.

Die Fußzehen – der rechte Fuß – der linke Fuß – das rechte Bein – das linke Bein – gesamtes rechtes Bein – gesamtes linkes Bein – der Kopf – das Gesicht. Das Gesicht wirklich gut entspannen!

Die Schulter – der Nacken – der Rücken – Brust – und Bauch – den gesamten Rumpf – „Mein ganzer Körper ist entspannt“.

Die Knochen der GliedMaßen von unten nach oben – den Schädel – die Wirbelsäule gesondert – Knochenmark – Gelenke – die Muskeln von unten nach oben – besonders die Gesichtsmuskulatur – die Sehnen – die Blutgefässe – die Drüsen.

Das Herz – das Gehirn – die Lungen – die Leber – die Milz – die Nieren – der Magen – den Darm – die Blase – entspanne Herz und Gehirn noch einmal gesondert – die Nerven – alle Organe sind entspannt – und alle Zellen – sie harmonieren mit den Schwingungen der Lebensenergie.

Deine Übung ist gelungen, wenn du in dem Körperteil, auf das du deine Gedanken richtest, ein Wärme- und Schweregefühl spürst. Übe so lange, bis sich dein Entspannungszustand so äußert, als würde dein stofflicher Körper nicht mehr vorhanden sein. Entspanne dich regelmäßig. Täglich, oder alle zwei bis drei Tage…, in der Hauptsache regelmäßig.

Im Laufe der Zeit beruhigten sich auch die quälenden Gedanken. Ich befand mich vor der Höhle. Alles war Grau, voller Asche. So wie Schnee im Winter eine Landschaft bedeckt. Das empfand ich als deprimierend. Ich wollte unbedingt weg von dieser eintönig grauen Gegend. Alles Leben schien hier still zu stehen. Ich lief aufs gerade Wohl los. Einen Berg hinauf, an dessen Anhöhe ich ebenso nur Grau vorfand. Ich ging den Berg hinunter. Mir war unwohl und ich wollte einfach nur weiter, den trüben Ort hier entkommen. Endlich schien sich zu meinen Füßen das Grau zu lichten. Ich sah Erde und Grünflächen. Im Tal angekommen erstreckten sich dort weite Grünflächen. In mir stieg Hoffnung auf und ich peilte den nächsten Berg an. Die Luft duftete frisch und die Bäume um mich kleidete ein prachtvolles Grün. Die Vögel zwitscherten und alles war lebendig. Einfach unbeschreiblich schön. Ich hatte das Gefühl in einem ganz besonderen Wald zu sein. Die Bäume begannen sich zu lichteten und die Geräusche der Vögel verhallten hinter mir, als ich kurz darauf in Mitten einer großen Wiese voller Blumen stand. Ihre Farbenvielfalt war einfach, aber so strahlend schön, wie ich es noch nie gesehen hatte. Ich atmete ihren Duft ein und hörte fleißige Bienen summen. Der Morgentau des Vormittags verflüchtigte sich. In einiger Entfernung sah ich ein großes Holzblockhaus. Es war sehr robust gebaut. Die Umgebung wirkte angenehm und friedlich. Neugierig musterte ich das Haus und sah daneben einige Pferde auf einer Koppel. Sie waren größer und stärker als die meisten Pferde die ich bis jetzt kannte. Die Eingangstür des Hauses öffnete sich. Abwartend, wer da wohnen könnte schaute ich neugierig zur Tür.

„Ich erwarte dich schon.“ Die Stimme hörte sich ziemlich brummig an. Verwundert sah ich einen großen Bär, was mich überraschte.

„Komm herein, du bist weit gelaufen und kannst dich bei mir ausruhen“, forderte er mich freundlich auf.

Mit einer einladenden Geste wies er mich an sein Haus zu betreten.

Ich bedankte mich: „Das ist sehr freundlich von ihnen“, und versuchte zu lächeln.

„Willkommen kleiner Bär“, sagte er beruhigend.

Er schien meine Aufregung zu spüren.

„Mein Name ist Max. Ich empfange selten Gäste und freue mich ganz besonders über deinen Besuch. Nur wenigen Menschen ist es vergönnt in unser Land zu reisen. Du bist einer von ihnen.“

Kleiner Bär? Ich wusste, daß er meinen Namen kannte und wunderte mich. Hatte ich nicht einen anderen Namen? Da mir mein Name nicht einfiel, gab ich mich mit dem von ihn erwähnten Namen zufrieden und dachte nicht weiter darüber nach. Obwohl das sehr ungewöhnlich war. Seit wann hieß ich kleiner Bär?

Er bot mir eine Tasse Kräutertee mit Honig an. Dankend nahm ich davon einen Schluck. Ein kleiner Imbiss, der aus verschiedenen Nussarten, getrockneten Früchten und etwas Käse mit frischem Brot und Butter bestand stärkte mich.

„Das schmeckt wirklich gut!“, bedankte ich mich.

Er lachte: „Das sehe ich dir an!“

Eben wollte ich nach etwas Wasser fragen, da meinte er: „Komm, nimm deine Tasse mit. Hinter dem Haus ist ein Brunnen mit frischen Quellwasser.“

Auf dem Weg zum Brunnen wunderte ich mich, wie schnell er erfasst hatte, daß ich noch durstig war. Wahrscheinlich sah er es mir an.

„Wer bist du?“, wollte ich wissen.

Max sah mich an und lächelte.

„Ich bin Max, der Bär!“

Ich ließ nicht locker. Mein Verstand sagte mir, das da irgendetwas nicht wie sonst ist, nur wusste ich nicht was.

„Wer also bist du wirklich?“

„Ein Bär der in den Bergen lebt und mit einem Menschen an einem Brunnen sitzt, der Quellwasser trinkt.“

Sein lächelnder Gesichtsausdruck schwenkte in Ruhe und Ernsthaftigkeit um.

Eindringlich fragte er mich: „Wer bist du?“

„Wer ich bin?“, plapperte ich vor mir hin, und schaute ihn fragend an.

Auffordernd, jedoch freundlich sah er mich an ihn zu antworten.

„Gut, ich bin Hobbyfotograf.“

„Ich finde du bist durstig, sitzt neben einen komischen Bären, trinkst Quellwasser und weißt nicht, was du sagen sollst.“

Er schmunzelte. Weshalb verhielt er sich so?

„Wer bist du wirklich?“, wollte ich wissen.

„Die Menschen geben mir viele Namen.“

Er schwieg einen Augenblick, und als ich ihn nach den Namen fragen wollte schnitt er mir die Frage ab.

„Meister des Waldes, Berühmter LeichtFuß, der Unvorstellbare, Goldener Freund, Honigpranke, Winterschläfer, Würdiger alter Mann.“

Er hielt inne, schaute mich an und sagte: „Komischer Bär, - der vor den Fragen antwortet!“

Sogar meiner Verwunderung kam er zuvor.

Er lachte einige Zeit, hielt sich dabei den Bauch und fragte mich: „Wer bist du?“

Ich lachte mit: „So viele Namen kleiden mich sicher nicht. Naturfotograf, der viel fragt und willkommener Gast“.

Er nickte mir bestätigend zu.

Seine Gastfreundschaft war eindrucksvoll. Schließlich nahm er mich wie einen Freund bei sich auf.

„Gut so für jemanden der nicht weiß wer er ist.“

„Was glaubst du wo du bist?“, fragte er.

„Ich weiß nicht.“

„Ich weiß es auch nicht“, entgegnete er.

„Wie bitte, du weißt es nicht?“, fragte ich erstaunt.

„Nehmen wir an du wärst zu Hause. Wo ist das und wo bist du dann?“

„In der Stadt, wo ich wohne“, antwortete ich.

„Wo ist die Stadt, wo du wohnst?“

„In Deutschland!“

„Wo ist Deutschland?“

„In Europa.“

„Und wo ist Europa?“

„Auf der Erde - im Sonnensystem!“, fügte ich hinzu.

„Und wo ist das Sonnensystem?“

„In unserer Galaxie, die Milchstrasse!“

„Wo ist die?“, fragte er weiter.

„Neben anderen Galaxien!“

„Und wo sind die?“

„Na im Universum!“

„Und wo ist das?“

„Irgendwo in der Welt!“

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

„Wo ist irgendwo in der Welt!“

„Ich weiß nicht!“, gab ich auf.

„Ist nicht so wichtig. Wer weiß schon, wo er wirklich ist. Lass uns spazieren gehen.“

„Gerne, dann sehe ich wenigstens etwas mehr von dem wo ich bin.“

Nach einiger Zeit blieben wir stehen und er fragte mich: „Wo bist du jetzt?“

„Hier!“, gab ich zur Antwort. „Hier ist immer irgendwo in der Welt.“

Er lächelte zufrieden: „Komm, wir gehen zurück ins Haus, es wird bald regnen.“

Er bot mir an, bei ihm zu übernachten. Ich solle mir keine Gedanken machen. Morgen würde ich zurückfinden.“

Damit wusste ich nichts anzufangen. Ich wusste bis dahin sowieso nicht wirklich wo ich bin, und er wusste, daß ich rätselte. Diesmal sagte er jedoch nichts und lies mich im Unklaren.

Wo bist du und wo stehst du? Wo willst du hin? Und was sind deine Perspektiven?

Nach dem Essen begann er von sich zu erzählen.

„Weit weg von deiner Welt gibt es ein schönes, unberührtes Land. Das ist hier und jetzt.

Unsere Winter sind sehr rau und eisig kalt. Endlos erscheint bei uns die weiße Winterlandschaft in den Bergen. Wohin man auch sieht, alles ist vom Schnee bedeckt. Schön bunt und lebendig schillert er, wenn sich die Sonnenstrahlen darin brechen. Als ob kleine Lichterfunken tanzen. Der kalte Winter hat auch seine schönen Seiten.“

Er hielt einen Moment inne, stand auf und legte mir seine Hände, nein, seine Tatzen sanft auf den Kopf. Mir war als würde ich aus dem Körper gezogen.

Ich beobachtete eine Szenerie.

Am Dach des robusten Holzblockhauses sah ich Eiszapfen herabhängen. Es war vermutlich sein Elternhaus. Zügig rinnt das Schmelzwasser an ihnen entlang und tropft in den Schnee. Das Tauwetter kündigt die Schneeschmelze an. Vor einem der Fenster kann ich vage ein kleines Gesicht erkennen, dessen Nase sich leicht an die Scheibe drückt.

„Max, nimm deine Nase bitte von der Scheibe weg“, ertönt eine vertraute Stimme.

Im selben Moment rumpelt es plötzlich, und Max weicht erschrocken zurück. Er sieht nur noch weiß vor sich. Der Himmel und die Berglandschaft sind auf einmal verschwunden. Allmählich taucht die vertraute Landschaft durch den weißen Nebel hindurch wieder auf.

„Eine Dachlawine, der Frühling kommt endlich!“, entgegnet Max seiner Mutter, während er noch einen etwas überraschten Gesichtsausdruck macht. „Schade, ab heute kann ich nicht mehr im Schnee spielen, da werde ich bloß nass und der Schlitten rutscht nicht mehr richtig.“

Max´ Vater steigt die Kellertreppen hinauf.

„Schau Ursel, neues Besteck und ein geschnitzter Kochlöffel für uns.“

„Prima Ursus“, lobt seine Frau.

Als das Essen in der Küche bereit steht.

Max: „Mmmh, wie gut das duftet!“

Ursus trinkt Sonntag meist leichten Honigwein zum Essen.

Max darf davon noch nicht probieren.

Mutter: „Max, es ist bald an der Zeit, daß Du lesen und schreiben lernst. Und du musst auch rechnen können."

„Wann ist bald genug?“, will Max wissen.

„Wenn Du willst schon nach dem Essen oder morgen“, schlägt seine Mutter vor.

Vater: „So vergehen die Tage des ungemütlichen Wetters besser.“

Max: „Ja Vati. Können wir trotzdem noch Fische fangen, wenn das Wetter schön ist?“

Vater: „Na klar, du kannst deswegen auch noch spielen gehen.“

Max: „Darf ich dieses Jahr mit zur Jagd?“

Mutter: „Wenn du gut lernst und dein Vater das verantworten kann, dann darfst du im nächsten Jahr mitgehen. Das ist von uns aus auch wirklich fest versprochen mein kleiner Schatz.“

Max: „Da muss ich noch warten, na ja.“

Vater: „Im Sommer gibt es ein großes Fest, da kannst du mitkommen. Der König hat es zur Neujahrsansprache angekündigt und seine Boten geben es im ganzen Land bekannt. Es wird dir bestimmt gefallen.“

Seine Tatzen lösten sich von meinem Kopf.

„Was war denn jetzt los?“, wollte ich erstaunt wissen.

„Du bist mit mir in meine Vergangenheit gereist.“

Er erzählte einfach weiter, als ob das ganz normal wäre: „Ich erzielte Fortschritte. Bis zum angekündigten Sommerfest wollte ich unbedingt das Alphabet können und Zählen lernen. Manchmal saß ich noch nachts in meiner Stube, das war früher mein Kinderzimmer dort oben.“

Er deutete mit seiner Tatze nach oben während er das sagte und lächelte dabei.

„Für heute Abend wird es dein Gästezimmer sein. Die Lampe dort, siehst du?“

Ich nickte ihm zu.

„Im Winter lies ich sie oft lange brennen. Ich benutze sie heute noch gerne. Aber für die nächste Zeit bleibt sie für dich dort stehen.“

Das fand ich sehr nett.

Er kam zu mir und seine Tatzen berührten erneut meinen Kopf.

Max´ Mutter steigt die Treppen hoch in sein Zimmer und öffnet die Tür: „Guten Morgen Max, aufstehen. Es liegt ein wunderschöner Frühlingstag vor dir.“

„Hallo Mutti, ist es spät?“

„Dein Vater möchte, daß wir gemeinsam Frühstücken.“

Dann ist es noch nicht ganz so spät, denkt sich Max.

„Guten Morgen Vati. Ist heute etwas besonderes?“

„Ja Max, du musst dir heute alte Kleidung anziehen und deine ganz alten Schuhe.“

„Wieso, geht es zur Jagd?“, fragt Max verschlafen.

„Heute und in den nächsten Tagen müssen wir im Garten säen“, sagt Vater, ohne auf die Jagd einzugehen.

„Was ist säen?“

„Das siehst du dann bei der Gartenarbeit“, entgegnet sie schmunzelnd.

Max ist froh, daß es noch nicht so spät ist und lässt sich sein Frühstück schmecken.

Am Geräteschuppen.

„Nimm die kleine Schaufel und du kannst Rillen durch die Erde ziehen“, sagt Vater.

Mutter: „Streue die Samen anschließend in die Erde.“

Nach einiger Zeit der Arbeit fragt Max: „Wie wird das Wort Säen geschrieben Mutti?“

„Ich ritze es in die Erde ein, schau. S Ä E N!“

Max hilft fleißig mit.

Nach einer Weile: „Kommt, das Mittagessen ist fertig!“ ruft Mutter.

Max und sein Vater ziehen die Schuhe auf der Terrasse am Hintereingang aus: „Wenn du mit der Mahlzeit fertig bist, kannst du mit Yvo spielen gehen. Sei zu Hause bevor es zu dunkel wird.“

Max nimmt ein Fischnetz und läuft den Berg hinunter zum Treffpunkt am Teich.

Aus einiger Entfernung ruft Max: „Hallo Yvo!“

Yvo hebt die Tatze zum Gruß.

„Heute ist viel Zeit Max, wir könnten eine Burg bauen, aus dem lehmigen Boden am anderen Ufer des Teiches“, schlägt Yvo vor.

„Oh ja, prima! So eine wie auf dem Altberg?“

„Ja Max, die vom König Lukas III ist richtig schön“, antwortet Yvo begeistert. „Und wir könnten sie dort auf dem Hügel aufbauen.“

Eifrig gehen beide ans Werk. Geschickt formen sie mit ihren sanften Tatzen den Lehm.

Max schaut zu Yvo: „Yvo.“

Er schaut Max an: „Ja?“

„Können wir eine Pause machen? Ich möchte im Teich Fische fangen. Für unsere Eltern. Hier ist ein Netz. Du wirfst dort einfach Steine ins Wasser und ich warte bis sie mir ins Netz Schwimmen.“

„Machen wir am besten gleich“, sagt Yvo.

Max steckt einen starken Ast, an dem er das Fischnetz festknotet, in den lehmigen Boden. Ganz langsam geht er in den Teich und breitet das Fischnetz aus. Dort verharrt er einige Zeit bewegungslos. Yvo kommt hinzu und wartet geduldig ab. Max nickt mit dem Kopf und Yvo wirft die Steine in den Teich, so daß die Fische aufgescheucht in Richtung des Fischnetzes schwimmen. Weil das Wasser so klar ist, kann Max beobachten, wie sie sich verfangen. Am Ufer sortieren sie die jungen Fische aus, welche in den Teich zurückgeworfen werden.

„Das ist ein guter Fang“, freut sich Yvo.

Max: „Zwölf Schleien und zehn Forellen sind uns ins Netz.“

Yvo: „Da bleibt jeden von uns die Hälfte. Die Burg ist etwas angetrocknet.“

„Wir können noch die Dächer formen und die vier Türme der Burg bauen“, schlägt Max vor.

Beide mustern die Burg nach getaner Arbeit.

„Die Sonne geht bald unter. Treffen wir uns morgen wieder am Nachmittag?“ fragt Max.

„Na klar!“ Yvo spießt noch seine Fische auf einen angespitzten Ast auf.

Max wickelt seine Fische in das Netz ein. „Bis morgen also.“

„Tschüss!“

Max läuft den Berg zügig hinauf und erreicht in den Wald. Es ist angenehm kühl im Schatten der vielen Bäume. Nach einigen Minuten erreicht er die große Wiese und sieht seinen Vater am Geräteschuppen stehen.

„Hallo Vati, schau mal!“

Max´ Vater: „Gut, wirklich gut der Fisch. Den kannst du morgen mit deiner Mutter zubereiten. Komm, las uns ins Haus gehen.“

„Was habt ihr heute gespielt?“, möchte Mutter wissen.

„Wir bauten Burg Altberg nach“, erzählt Max stolz. „Und wir fingen Fische am Teich. Wenn ihr nächsten Sonntag spazieren geht, zeigen wir euch die Burg. Yvos Eltern kommen auch.“

Hast du dir deine Spontaneität bewahrt?

Ich bemerkte, daß ich wieder im Stuhl bei Max saß, dem komischsten Bären, der mir je begegnet ist.

Ich erinnerte mich an meine eigene Kindheit und überlegte, in wie weit Erwachsene dazu beitragen einen Menschen zu prägen. Und welche Möglichkeiten gibt es sich selbst als Mensch zu formen. Was veranlasst uns gut oder nicht gut zu sein? Was macht uns Selbstsicher, unsicher oder aggressiv? Was lässt uns unsere Spontaneität bewahren und was nimmt sie uns?

„Wie machst du das?“, fragte ich nach einigen Momenten.

„Wichtig ist nur, daß du bei deinen Reisen alles wahrnimmst was du siehst.“

Max erinnerte sich: „Eine Woche vor dem Fest ritt ich mit meinem Vater zum großen See. Um die Festlichkeiten rechtzeitig vorzubereiten, mussten wir als Kinder mit anpacken.“

„Das war bestimmt eine sehr schöne Zeit“, sagte ich.

„Ja das war sie. Aber jetzt ist es auch schön. Komm, ich zeige dir wie es weiterging.“

Ich sah Max mit seinen Vater. Sie machen sich zeitig auf den Weg, um pünktlich mit der Arbeit beginnen zu können.

Max genießt die Ausflüge mit seinem Vater ganz besonders. Vielleicht auch deshalb, weil nicht oft so viel Zeit dafür bleibt.

Er fragt ihn nach den Namen der Bäume und versucht die Vögel am Klang ihres Gesanges zu erkennen.

„Das glitzert dort unten zwischen den Bäumen. Ist das der See?“ fragt Max.

„Ja, noch ein Stück und der Wald lichtet sich. Wir sind in zehn Minuten auf der Festwiese.“

Max kann nach kurzer Zeit die Handwerker bei der Arbeit sehen.

„Wir müssen ins Festzelt“ ,sagt Ursus.

Max freut sich riesig, als er Yvo erblickt: „Das Zelt ist sehr groß.“

„Dort hinten stehen noch mehr davon!“, erzählt Yvo, beeindruckt von der Größe des Festplatzes.

Ursus und Armin kennen einige der Handwerker. Zusammen planen sie ihre Aufgaben. Während dessen tauschen die Kinder ihre Neuigkeiten untereinander aus.

Alle gehen mit Freude und Eifer an die Arbeit. Die Tage vergehen dabei wie im Flug.

Die Handwerker Arbeiten so lange, bis die Dämmerung anbricht. Die große Königstribüne ist bald fertig. Viele kleine Zelte stehen als Unterkünfte bereit und die Absperrungen der Wettkampfplätze sind bereits markiert. Einige der Bärenkinder wundern sich über die seltsamen Holzkonstruktionen, und erfahren, daß einige für die Wettkämpfe errichtet wurden.

Die Kinder stellen Tische und Bänke auf. Am Nachmittag dürfen sie Spielen gehen.

Bunte Kutschen, beladene Wägen und einladende Buden runden das Bild des bevorstehenden Festes ab.

Am Freitag ist die Arbeit geschafft.

Max und sein Vater begeben sich auf den Rückweg.

Ursel sieht, wie sich die beiden mit ihren Pferden nähern und läuft ins Freie.

„Hallo Max, ich vermisse dich“, sagt sie und umarmt ihn. Dabei bekommt er einen dicken Kuss auf die Backe.

Ursus gibt sie einen Willkommenskuss und sagt: „Schön, daß du wieder hier bist. Ruht euch aus. Ich bringe Rubinauge und Mara in den Stall. Schwarzer Wind freut sich auch, wenn das Kleine wieder bei ihm ist. Er war meist auf der Koppel. Am Mittwoch bin ich ins Dorf geritten und war Evi besuchen. In der Zwischenzeit konnte ich alles zusammenstellen, was wir fürs Fest brauchen.“

Ursus lobt seine Frau: „Du hast einiges vorbereitet und sogar die Fackeln hergestellt. Am Sonntag, wenn die Dämmerung einsetzt, können wir gemeinsam zum Festplatz reiten.“

„Prima!“, ruft Max freudig heraus und sieht zu seinen Eltern auf.

„Um neun Uhr Abend werden die Meisten Bürger unseres Landes am großen Gebirgssee versammelt sein“, klärt ihn Vater auf. „Der Festplatz ist fertig. Die Vorbereitungen dauern nur noch den Samstag an.“

„Was wird denn da noch vorbereitet?“, will Max wissen.

Ursel: „Die Verkäufer räumen die Waren ein, geschmückt wird noch einiges, Akrobaten machen ihre Generalprobe, und was noch so anfällt an verschiedenen Arbeiten.“

Ich war erstaunt.

„Ist genug für heute. Morgen kannst du mehr über unser Land und mich erfahren. Du wirst zu mir finden“, sagte er.

Er wies mir mein Gästezimmer zu. Es wurde spät. Das Bett war sehr behaglich und ich schlief rasch ein.

Am frühen Morgen öffnete ich meine Augen. Alles war stockfinster. Ich fand mich nicht in einem warmen behaglichen Gästebett, sondern in einer Höhle wieder. Was träume ich nur, fragte ich mich. Ich nahm die Taschenlampe und zog die Decken vom Höhleneingang. Die Sonne blendete mir grell ins Gesicht. Als ich die Gegend grau vorfand war ich im Moment von solch einem unwirklichen Anblick überrascht. Der Vulkanausbruch! Am liebsten wäre ich zu Max losgelaufen. Doch ich wusste, ich würde ihn hier nicht finden. Egal wie weit ich gehen würde. Aber ich werde ihn finden, hallte es noch durch meinen vollen Kopf. Wie denn, dachte ich und beschloss meine Sachen in der Höhle zu lassen, bis der nächste Regen allmählich einiges an Schmutz abwaschen sollte. Nach dem Frühstück wollte ich die einst so schöne Gegend fotografieren. Unwegsames Gelände konnte mich nicht daran hindern. Da ich Trinkwasser benötigte ging ich erst einmal bergauf. Oben angekommen hielt ich dieses unwirkliche Bild auf meinen Fotografien fest. Diese Aufnahmen bildeten den stärksten natürlich entstandenen Kontrast, den ich je in meinem Leben sah. Hier oben war Schnee, weiter unten graue Asche. Die etwas entlegenen Wälder und Wiesen blieben grün und voller Leben. Bei mir deutete nur der Gebirgsbach etwas Lebendiges an, wie ein Lebensstrom, der sich nicht beirren ließ zu versiegen.

Wegen meines Traumes fühlte ich mich nicht mehr so arg bedrückt. Die Dinge waren eben so, wie sie sind. Wenn ich mich deshalb aufregte oder etwas mutlos war – daran konnte ich sowieso nichts ändern.

Der Himmel trübte sich ein und die Wolken schoben sich dicht zusammen. Das ließ mich auf Regen hoffen. Ich räumte die Höhle auf. Irgendwie war sie gemütlich. Da ich so empfand, beschloss ich das Zelt noch nicht aufzustellen. Vielleicht gibt es noch einen Ausbruch. Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann ist es unnötige Arbeit. Beim Lesen verstrich die Zeit wie im Flug. Ich beschloss in der öden Gegend zu bleiben, in der Hoffnung zu Max zu finden. Am Abend schlief ich zeitig ein.

Angenehmes Sonnenlicht schien ins Zimmer. Es klopfte an der Tür. Im Aufwachen begriffen kündigte eine vertraute Stimme an: „Das Frühstück ist fertig!“

„Ja Max. Ich bin gleich soweit!“

Ich ging die Stufen hinunter und fand zur Küche.

„Guten Morgen Max!“

„Guten Morgen Kleiner Bär! Nimm Platz.“

„Das Frühstück ist echt super! Danke für deine Mühe!“

„Bitte sehr! Wir werden heute einen längeren Spaziergang machen. Was meinst du?“

„Wo gehen wir hin?“, fragte ich.

„Dort, wo du deinem wahren Wesen begegnest!“, entgegnete er.

Damit wusste ich nichts anzufangen. Eine eigenartige Antwort.

Wir liefen ins Tal. Unterwegs zeigte er mir einige Leckereien, die uns die Natur bot. Der Weg kam mir bekannt vor. Als wir erneut einen Anstieg näher kamen, erkannte ich die Strecke. Mir war flau im Bauch, denn hier war alles voll Asche. Grau in Grau.

„Komm Kleiner Bär, lauf weiter!“, ermutigte mich Max, bis ich mitten im Grau anhalten sollte. Er wollte tatsächlich an Ort und Stelle pausieren.

Nach einer Weile: „So grau ist dein Alltag!“

Ich überlegte: „Weshalb ist mein Alltag so grau wie diese Landschaft?“

„Weil du, außer in einigen Momenten deines Urlaubes, zu sehr an Vergangenheit und Zukunft denkst. Du denkst überhaupt zu viel“, meinte er.

„Wieso? Ist denken nicht wichtig?“

„Schon, aber zu viel denken bringt dein Gemüt durcheinander. Und dein Gemüt will ständig denken. Ein Teufelskreislauf“, fügte er kopfschüttelnd hinzu.

Mag sein, grübelte ich.

„Ist so!“, hörte ich ihn reden.

Sehr verwundert schaute ich ihn an, weil er wahrscheinlich meine Gedanken kannte.

„Mein Alltag ist schon irgendwie grau. Meist mache ich das gleiche. Tag ein, Tag aus. Der ewige Trott. Wenn du es da besser hast, freut mich für dich!“, sagte ich etwas bekümmert.

Er hatte Recht. Das war nicht zu leugnen.

„Es ist nicht das was du meinst. Jeder Tag ist neu. Jeder Tag ist anders als alle Tage die davor waren, und die noch kommen werden. Du lebst sie nur nicht richtig, weil dein inneres Gleichgewicht nicht im Lot ist. Du wünschst es zwar, doch brauchst du dazu Hilfe. Das ist einer der Gründe, warum wir uns begegnet sind!“

„Du weißt was ich mir wünsche?“

Das ging mir zu weit, auch wenn er eine durchaus große Menschenkenntnis besitzt.

„Ich erkenne dein Inneres. Dein Herz und deine Seele wollen Frieden. Du brauchst mehr Humor. Lebe wie ein Kind. Genieße jeden neuen Tag und denke nicht wie was war. Grüble nicht über die Zukunft nach. Sie kommt meist anders als du es dir vorstellst.“

„Ja, ist ab und zu so. Manchmal kommt was dazwischen.“

„Wie reagierst du, wenn so etwas passiert?“

„Etwas verärgert. Je nach dem.“

„Das ist dein Gemüt!“

„Sicher“, sagte ich. „Alles ist nicht angenehm.“

Max: „Da hast du Recht. Komm, las uns noch etwas bergauf gehen. Ist es nicht so, daß unvorhergesehene Dinge zum Leben gehören?“

„So ist das Leben“, gab ich zur Antwort. Dabei war ich mehr beschäftigt das unwegsame Gelände zu meistern. Es war dafür die kürzeste Route zum Gebirgsbach. Ich wusste nicht was er dort wollte. Wasser hat er selbst genug am Brunnen seines Hauses.

„Gehe voraus!“, wies er in die entsprechende Richtung und stupste mich freundschaftlich an.

Ich vermutete, daß er mir etwas zeigen wollte.

Am Bach angekommen sollte ich über einen breiten Holzstamm balancieren. Er war an dieser Stelle knietief und knapp drei Meter breit. Der Stamm war etwas glitschig. Auf halben Weg drehte er sich plötzlich unter meinen Füßen. Daraufhin verlor ich das Gleichgewicht und flog in das kalte Wasser. Als ich schnell ans Ufer watete sah ich Max mit einem Bein auf dem Baumstamm stehen.

„Was soll denn das?“, fragte ich verärgert. Das Wasser war wirklich kalt und ich fror.

„So ist das im Leben!“, antwortete er mir. Wenigstens lachte er mich nicht aus. Nach dem kleinen Scherz hatte ich das zwar erwartet, doch er tat es nicht. Was wollte er?

„Mir ist kalt. Ich möchte zurück. Das macht wirklich keinen Spaß!“

„Du brauchst nicht umzukehren. Folge mir einfach. Außerdem muss nicht alles Spaß machen im Leben. Hast du selbst gesagt. Und ein Zurück gibt es nicht.“

Er stand am Baumstamm. Jetzt war für mich die Gelegenheit der Revanche gekommen. Ich beugte mich vor, ergriff den Stamm und wollte ihn drehen. Er bewegte sich einfach nicht.

Während Max unbeschwert an mir vorbeiging sagte er: „Der Stamm und ich sind zu schwer für dich!“

Ich hätte mich wirklich gefreut, wenn er auch ins Wasser geflogen wäre.

Gerade, als ich mich über mein Misslingen ärgern wollte rief er ohne sich umzudrehen: „Komm, du solltest dich aufwärmen.“

„Wo denn bitteschön?“, fragte ich noch etwas mürrisch.

Die nasse Kleidung und die kalte Luft waren bereits unangenehm. Die Gedanken ihn zu überlisten verflogen.

Hinter einem Hügel sah ich Dampf aufsteigen. Als ich näher kam stand ich vor einer Art Zelt, was mich von der Form an ein Iglu erinnerte.

„Was ist das? Zum aufwärmen?“

Hinter dem Zelt sah ich noch einen Bären. Er war sicher im gleichen Alter wie Max.

„Hallo kleiner Bär!“, begrüßte er mich.

„Hallo!“, entgegnete ich.

„Ich bin Yvo und das ist eine Schwitzhütte. Sie ist extra für uns vorbereitet.“

„Danke!“ sagte ich, ohne zu wissen was das zu bedeuten hatte. Für uns sagte er. Es war alles geplant stellte ich fest. Mein Ärger verflog. Außerdem hatte ich gelernt, daß genau das, was man sich selbst vorgibt und gedankenlos daherplappert zu leicht wirklich passieren kann.

Yvo reichte mir und Max einige Körner, welche wir zerkauten und mit etwas Wasser einnahmen.

„Lege deine nasse Kleidung ab und komm herein!“, forderte mich Max auf.

„Hier dampft dein Gemüt ab und du kannst dich aufwärmen.“

Er war wirklich gut vorbereitet und ich hatte das Gefühl alles war zu meinem Besten.

Meine Kleidungsstücke legte ich über ein Holzgerüst, welches dafür vorgesehen schien.

Ich bemerkte, daß seine Worte mich auf mein inneres Ungleichgewicht hinwiesen.

Manchmal ist das Gemüt zu hitzig, und wir als Menschen sind dabei oft sehr kalt anderen gegenüber.

Der Sturz ins kalte Wasser war ein Gleichnis meiner inneren Einstellung. Wenn man stürzt, gibt es nur den Weg nach vorn. So lange man wieder aufstehen kann geht es weiter. Und kaltes Wasser macht wach. Normalerweise.

In der Schwitzhütte war es dunkel. Die glühenden Steine in der Mitte ließen kaum Licht durch.

Max: „Wir wollen hier zusammen ausruhen. Lass von all deinen Gedanken und Sorgen ab. Hier bekommst du einen klaren Kopf.“

Ich versank in einen Zustand der Ruhe.

Yvo kam in die Schwitzhütte. Der Eingang konnte dicht verschlossen werden. Er legte etwas feuchtes Gras mit verschiedenen Kräutern auf die Steine. Dadurch entstand Dampf, der angenehm wärmte. Meine Poren öffneten sich und ich atmete den Duft und die Frische ein. Es war, als ob mein ganzer Körper atmete. Ich entspannte und fühlte mich wohl. Dabei war ich sehr aufmerksam. Meine Sinne schienen auf Hochtouren zu Laufen.

„Nun werde ich unsere Ahnen herbeirufen.“

„Unsere Ahnen?“, fragte ich verdutzt.

Yvo: „Du kannst uns vertrauen. Bleibe entspannt.“

Langsam versank ich in eine bleierne Schwere. Überhaupt fühlte sich mein Körper sehr träge an. Max schlug eine kleine Trommel und gab einen Gesang von sich, dessen Worte ich nicht verstand.

Yvo entzündete eine Pfeife. Er zog einige male kräftig und reichte sie wortlos an mich weiter. Auch ich sog einige Züge in meine Lungen ein. Der Gesang und Trommelwirbel schien lauter zu werden, schneller und intensiver. Er zog mich in seinen Bann. In meinem Kopf drehte es sich. Ich versuchte Max oder Yvo zu sehen. Alles wurde jedoch nur schwarz. Auch die minimal durchschimmernde Glut verschwamm zu einem Nichts. Max´ Gesang versetzte uns in Ekstase. Ich wusste nicht was mit mir geschehen wird. Am Höhepunkt seines Gesanges hielt Max inne. Es war absolut still. Ich hörte, wie auch er einige tiefe Züge inhalierte. Ich nahm das Geräusch meines Herzschlages wahr. Der Puls hämmerte in meinen Ohren. Yvo schien ihm die Pfeife abzunehmen, denn augenblicklich setzte Max´ seinen Gesang und Trommelwirbel wieder fort.

Sein Gesang rückte nach einiger Zeit in die Ferne und wurde immer leiser. Ich vernahm ihn nur noch leise und weit entfernt. Obwohl mein Körper bleiern war, behielt ich eine hohe innere Aufmerksamkeit, die mich vereinnahmte. Ich tauchte in einen tiefen Trancezustand ein, von dem ich absolut überwältigt wurde. Mein Zustand war unbeschreiblich. Ich glaubte mein Kopf hing, oder sei irgendwie verschoben und nicht am richtigen Platz. Mir viel auf, daß dieses eigenartige Gefühl am ganzen Körper wahrnehmbar war. Ich drehte mich, oder alles um mich herum drehte sich. Es war als ob ich tanzte. Anders ausgedrückt war es eher so, als wurde ich von etwas getanzt. Ich genoss einfach diesen Taumel und gab mich dem Ereignis voll hin.

Ich überschritt meinen physischen Grenzbereich. Durch die Tiefe der Trance war ich frei geworden. Wie lange dieser Zustand anhielt, weiß ich nicht. Ich fühlte mich wie entrückt.

Durch das Erleben und die Verwunderung war ich mit mir selbst und allen Dingen um mich glücklich. Irgendwann bemerkte ich, daß es in unserer Schwitzhütte ganz still geworden ist. Ich fühlte eine innere geistige Kraft in mir aufsteigen, die ich kaum in Worte kleiden kann.

Dieses Gefühl erfüllte mich total. Ich verschmolz mit dem Geschehen. Dabei wurde mir meine Verbundenheit mit der der Gesamtheit aller Dinge bewusst. Meinen Körper fühlte ich in dem Zustand kaum noch.

Von Max und Yvo vernahm ich nur noch leise Worte und sah farbige Nebelschwaden. Es war, als ob sie lebendig wären und durch die Schwitzhütte gleiten würden. Jetzt konnte ich Max´ Körper sehen. Er schien von innen heraus ein sanftes goldenes Licht zu verbreiten. Yvo verstrahlte ein ähnliches Licht. In meinen Augenwinkeln, es war, als ob ich fast rundherum sehen kann, wurde ich einer dritten Person gewahr. Dort saß ein dritter Bär. Er strahlte Zuversicht und Weisheit aus. Ich akzeptierte die Gegebenheiten einfach ohne nachdenken zu müssen. Mein Gefühl sagte mir, daß er ein Ahne von Max und Yvo ist. Als ich das vermutete nickte er mir lautlos und freundlich zu. Seine Aura umgab eine Güte und solch aufrichtige Herzlichkeit, daß ich mich richtig wohl fühlte.

„Mein Name ist Alberi und ich bin der geistige Vater von Max! Vielleicht kann Max dein geistiger Vater werden. Aus diesem Grund hat er dich zu mir gebracht.“

Alberi unterbrach seine Worte mit einer Geste und deutete mit einer leichten Tatzenbewegung auf seine gegenüberliegende Seite. Als ich dorthin sah schien alle Zeit still zu stehen. Mein Atem stockte und Erstaunen packte mich. Ich erblickte ein Geschöpf von höchster Reinheit und Vollkommenheit. Ehrfürchtig sah ich einen weißen Drachen an. Ein zarter hellblauer Schimmer umgab seinen kraftvollen, doch harmonisch proportionierten Körper. Die Aura seines majestätischen Hauptes war ausschließlich von goldenem Licht umgeben. Er war noch größer als die Bären in der Schwitzhütte, was mir Respekt einflösste.

Als ich ihn sah schaute er mir in die Augen. Sein Blick durchdrang mich sanft. Ich glaubte in dem Augenblick, daß er alles zugleich an und in mir sah. Er blickte tief in mein Inneres. Sein Geist durchdrang meinen Geist und er sah meine Seele so klar, wie sie von Anbeginn geschaffen war.

Sanft begann er zu sprechen: „Du wirst die Gesetze der Natur anerkennen. Das ist dein erster Schritt. Deine Willenskraft ist stark wie mein Zepter. Erinnere dich!“

Als er das sagte wich ich seinen durchdringenden Blick und bemerkte sein Zepter. Er war weiß und ein kleiner goldener Drache schmückte dessen Spitze. Seine Stimme schien aus allen Richtungen an mein Ohr zu dringen. Auch innerlich konnte ich sie fühlen. Er durchdrang jede Zelle meines Körpers.

„Meine Krone ist die spirituelle Erleuchtung. Gehe diesen Weg. Er ist dir vorherbestimmt! Es ist der Weg der Liebe.“

Ich sah auf sein Haupt und bemerkte augenblicklich die goldene Krone. Er breitete seine Flügel aus und schien dabei immer größer zu werden. Nicht er wurde direkt größer, sondern das Licht, welches er ausstrahlte. Sein Licht erhellte alles um mich herum und gleichzeitig umschlang es mich. Es war überall. Es war, so empfand ich jedenfalls, als ob er sich mit mir vereinen würde, da nun auch von mir Licht auszugehen schien. Auch ich strahlte dieses Licht ab. Wir bildeten eine gemeinsame Aura. Ein Gefühl der Vertrautheit, Geborgenheit und Liebe durchströmte uns vollkommen. Wie lange dieser Zustand anhielt vermag ich nicht zu sagen.

Danach schwang er seine Flügel, drehte sich von mir ab und flog in die Ferne.

Es war still und wieder absolut Dunkel. Das Gefühl der Freude hielt lange Zeit in mir an. Mein Rausch verflog bei weitem schneller. Die Stimmung wurde zum Gefühl der inneren Zufriedenheit und Zuversicht. Ich wusste nicht auf was ich zuversichtlich sein sollte. Ich war es einfach und dachte nicht darüber nach.

Yvo öffnete den Eingang und ging heraus. Benommen vom erlebten tat ich es ihm gleich. Vor unserer Schwitzhütte setzte ich mich auf einen gefällten Baumstamm. Dort übergoss mich Yvo mit lauwarmen Wasser. Das fühlte sich richtig angenehm an. Ich rieb mich trocken und konnte meine Kleidung wieder anziehen. Der raue Wind und die Sonne ließen sie trocken werden. Max und Yvo waren zufrieden. Das konnte ich spüren. Wir verabschiedeten uns. Schweigsam gingen Max und ich zum Haus zurück.

Er kochte einen Tee: „Mit Hilfe von Alberi, ein Ahne der mich ausbildete, fand deine Bewusstwerdung zur Verbindung mit der Natur und deinem höheren Selbst statt. Halte diese Erfahrung stets in dir wach. Der Drache sagte dir den Zugang zu deiner inneren Kraft voraus. Dadurch kannst du in deiner Welt eines Tages viel nützliches bewirken. Jetzt ruhe dich am besten aus.“

Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keine Ahnung, was er damit meinte. Das war jetzt auch nicht wichtig. Müde suchte ich das Gästezimmer auf und verabschiedete mich von Max.

Am Morgen erwachte ich und stellte erneut fest, daß ich wieder nicht im Gästebett war. Ich ging zum Höhleneingang, schob die Decken beiseite und lugte neugierig heraus.

Ich fragte mich was wirklicher ist. Die Umgebung hier oder bei Max zu sein. Im zurückgehen stieß ich mir den Kopf am Fels. Schmerzlich wurde mir bewusst, daß der Augenblick die Wirklichkeit ist.

An diesen Tag wanderte ich viel. Als die Sonne unterging kehrte ich zur Höhle zurück. Ich fragte mich, ob ich wohl immer träumen würde und ob es an der Höhle hier liegt. Vielleicht spielt mir mein Geist einen Streich, weil ich alleine hier draußen bin? Jedenfalls beschloss ich in der Höhle zu schlafen. Der Traum war einfach zu real, zu interessant, denn ich wusste, daß ich daraus lernen würde.

Innerlich fühlte ich mich viel lebendiger. Mir war bewusst, daß sich mein graues Dasein im Laufe der Zeit wandelt. Es war ein Gefühl von Voraussicht.

„Guten morgen Kleiner Bär! Willst du nicht aufstehen? Das Frühstück ist fertig!“, ertönte Max´ Stimme heiter.

„Ja, ich bin gleich soweit!“

Ich ging die Treppen herunter und setzte mich zu Tisch. Max frühstückte stets ausgiebig. Natürlich wollte ich ihm nicht nachstehen.

„Gut geschlafen?“, fragte er.

„Oh ja, sehr gut!“

„Du hast etwas gelernt.“

„Was denn?“

„Deine Wirklichkeit ist immer im Hier und Jetzt.“

„Wie kommst du darauf, daß ich das gelernt habe?“

„Weil du es gespürt hast.“

„Wie gespürt?“

„Als du dir deinen Kopf gestoßen hast.“

„Verstehe ich nicht?“

„Nicht so wichtig Kleiner Bär.

Ich war ziemlich aufgeregt, was er heute vor hatte.

„Entspanne dich“, beruhigte er mich.

Er kam zu mir herüber. Kurz darauf sah ich mich in seiner Erinnerung.

Ursus kommt ins Wohnzimmer: „Die Pferde sind gesattelt.“

„Hast du alles was du brauchst Max?“ will seine Mutter wissen.

Max nickt freudig und ist sehr gespannt auf den heutigen Abend.

Die Bärenfamilie macht sich auf den Weg zum Gebirgssee. Die Dämmerung geht allmählich in Dunkelheit über.

„Wir sind schon zwei Stunden unterwegs“, bemerkt Max. „Ich sehe kaum noch.“

„Schwarzer Wind kennt den Weg im Schlaf“, beruhigt ihn Vater.

Nach geraumer Zeit.

„Seht, die vielen Fackeln“, schwärmt Ursel.

„Wenn wir aus der Lichtung auf die große Wiese kommen können auch wir unsere Fackeln anzünden“, klärt Vater Max auf.

Auf der Festwiese ist ein Lichtermeer zu sehen, welches sich im stillen Gebirgssee spiegelt.

„Wieviel Lichter sind das?“

Vater: „Ungefähr zehntausend Besucher wurden angekündigt. Jeder trägt eine leuchtende Fackel bei sich, wie ein kleines Licht im Dunkel.“

Max Augen sind weit geöffnet und er ist von der Szenerie sehr beeindruckt.

Nach einiger Zeit befindet er sich mitten im Lichtermeer. Jeder scheint die tolle Stimmung zu genießen.

Drei Bären schreiten von der Königstribüne ausgehend direkt in die Menge der vielen Besucher. Einer von ihnen geht mittig voran. Max erkennt, daß diesen Bär ein seltsamer langer Hut schmückt, der golden im Lichterschein glänzt. In der rechten Tatze hält er einen langen Stab. Die beiden Begleiter tragen Fackeln. Das Lichtermeer bewegt sich auseinander, so daß die drei eine Holzkonstruktion erreichen.

Max sitzt auf den Schultern seines Vaters und kann die Szene gut beobachten, während sie selbst etwas zurückweichen, um den Dreien Durchgang zu gewährleisten.

Auf einem kleinen Hügel bleiben die drei Männer vor dem eigenartigen Holzstamm mit zwei nach außen ragenden Armen stehen.

Niemand spricht in diesen Augenblicken ein einziges Wort.

Die Atmosphäre wirkt festlich und zugleich ehrwürdig.

Der Bär mit dem kegelförmigen Goldhut trägt ein langes blaues Gewand mit Goldschmuck.

Er positioniert seine Stabspitze zur obersten Schale der Holzsäule und spricht ein Wort kräftig aus: „Liebe!“

Seine Stimme wirkt konzentriert, aber harmonisch im Klang. Sie erfüllt den ganzen Platz und verhallt in den Bergen als Echo. Der hohe Mittelteil der Säule entflammt sich. Das muss ein Zauberbär sein denkt sich Max. Die Schale ist fast so breit wie sein Schreibpult zu Hause und wird auf einer Höhe von ungefähr drei Metern getragen. Schräg nach rechts und links ragen Holzbalken heraus, die jeweils eine weitere Schale tragen. Der eigenartige Bär spricht mit kräftiger Stimme: „Licht“!

Dabei zeigt sein Stab zum rechten Arm der Säule.

Das zweite Feuer entzündet sich.

Während seine Stimme verhallt, hält er am linken Säulenarm den Stab an und seine Stimme ertönt noch einmal: „Leben!“

Dabei entzündet er die dritte Flamme.

Das Trio wendet sich den Festtagsbesuchern zu: „Wir dienen euch und wollen einander helfen!“

Eine respektvolle Stille ist spürbar.

Der König und seine Gemahlin sehen die Priester auf sich zukommen. Die zwei Begleiter, des für Max seltsam erscheinenden Bären, nehmen den goldenen Hut und den Stab entgegen. Der Zauberer nimmt beim König auf der Tribüne Platz. Etwas unterhalb des Königspaares stehen sechs Bären, die mit einer Melodie ihrer Hörner die Stille der Nacht durchbrechen.

Der König, seine Gemahlin und der Zauberer erheben sich beim Klang der Melodie.

Nach einigen Augenblicken spricht der König zum Volk: „Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kinder. Ich bin erfreut, daß ihr zum dreijährig stattfindenden Junifest erscheint. Unser Zusammenhalt ist stark. Bei euch allen bin ich mir ganz Sicher, daß es auch künftig so bleibt. Meiner Frau und Königin möchte ich die diesjährige Eröffnung unseres Junifestes übertragen.“

Die Königin ist sichtlich geschmeichelt und freut sich darüber.

Das Volk jubelt ihr begeistert zu und applaudiert heftig.

Königin Lisa: „Liebe Mitbürger. Eueren Einsatz und eueren Fleiß ist es zu verdanken, daß wir unsere Ziele zum Wohl unseres Landes umsetzen konnten. Besonderen Dank richte ich an alle, die unseren Festplatz so schön gestalteten und ausschmückten.“

Erneut flammt Applaus auf.

Liebe Festtagsteilnehmerinnen und liebe Festtagsteilnehmer. Es ist mir eine ganz besondere Ehre unser Junifest für eröffnet zu erklären!“

Die Hörner ertönen in einstimmenden Klang auf das folgende Feuerwerk.

Alle Festtagsbesucher löschen jetzt ihre Fackeln in den dafür bereitgestellten Wassertrögen.

Das Wasser zischt und beginnt zu dampfen. Rauch macht sich überall breit.

Plötzlich nimmt Max einen krachenden Schlag war, so das er etwas zusammenzuckt. Im nächsten Moment heulen pfeifende Töne auf. Die ersten Raketen schießen in den schwarzen Nachthimmel und verbreiten bunt leuchtenden Sternenregen.

Max ist über das Feuerwerk erstaunt und beobachtet fasziniert den goldenen Sternenregen, der in den See niederzugehen scheint. Blau und silbern explodieren die nächsten Raketen, gefolgt von allen erdenklichen Farben. Böller und Knallfrösche runden das prächtige Spektakel ab. Besonders lustig findet Max die an Gestellen befestigten Scheiben. Beim Drehen sprühen sie viele Funken und geben ein schrilles Pfeifen von sich.

Nach einiger Zeit endet das Feuerwerk mit einem dumpf klingenden, doch gut zu hörenden Schlag, welcher sich im Echo der Berge verliert.

Die Verpflegungsstände bieten noch allerlei Knabbereien an.

Max und Yvo kaufen sich auch etwas leckeres.

Das Junifest sollte ein freudiges Ereignis sein und die Stärke und Geschicklichkeit der Bären demonstrieren. Vor allem war es für den Zusammenhalt des ganzen Landes wichtig, weil das Volk gemeinsam schon immer am stärksten war.

Max und Yvo setzen sich auf eine freie Sitzbank und genießen ihre Mahlzeit.

„Um zwölf müssen wir in den Zelten sein“, sagt Max.

„Ich weiß“, entgegnet Yvo. „Da ist Nachtruhe, weil die Wettkämpfe morgen Früh beginnen sollen.“

Max bestätigt: „Wir als Zuschauer müssen auch diszipliniert sein.“

Eine unbekannte Stimme fügt unerwartet hinzu: „Disziplin ist für uns alle wichtig. Für euch Kinder dient es als Vorraussetzung zum Lernen.“

Max und Yvo schauen den schon in die Jahre gekommenen, aber sehr kräftig wirkenden Mann erstaunt an.

Der Unbekannte lächelt freundlich und sagt: „Ihr seid dicke Freunde, nicht wahr?“

Beide nicken ihm bejahend zu.

„Pflegt euere Freundschaft gut“, sagt der Unbekannte und verabschiedet sich.

„Weißt Du wer das war?“, fragt Yvo.

„Nein, weiß ich auch nicht!“

„Komm Yvo, wir gehen. Es wird Zeit zum schlafen.“

Yvo: „Ich bin auch müde.“

Am nächsten Morgen.

Ursel fragt: „Wie hast Du geschlafen Ursus?“

„Gut.“

„Und du Max?“, fragt Ursus anschließend.

„Ach, ich träumte ein Drache sieht mich freundlich aus der Ferne an. Und ein Bär winkt aus fast undurchsichtigem Nebel, dreht sich um und geht weit weg in die Berge.

Gestern Abend unterhielt sich ein schon etwas älterer Mann mit mir und Yvo. Ja, von dem habe ich geträumt, weiß aber nicht wer er war.“

Ursel sagt: „Na komm Max, Frühstücken wir. Vielleicht geht Dein Traum in Erfüllung, und du lernst den Unbekannten besser kennen.“

Es ist zehn Uhr Vormittag. Max und seine Eltern treffen sich mit Yvos Familie, um die Wettkämpfe zu Verfolgen. Die Hörner erschallen. Der König und seine Gemahlin erheben sich.

Das Volk jubelt dem König zu. „Es lebe der König!“

König Lukas und seine Gemahlin winken dem Volk zu. Nach geraumer Zeit wird es merklich ruhiger: „Liebe Bürger, ich wünsche euch einen guten Morgen. Ich wünsche uns allen schöne Festtage, den Wettkämpfern gutes Gelingen und gebe das Wort weiter an Fritz unseren Redner.“

Redner Fritz: „Liebe Bürger, es ist mir eine Ehre vom König das Wort für die zweiundneunzigsten Festspiele übertragen zu bekommen. Und es ist mir eine Ehre sie herzlich Willkommen zu heißen. In einigen Minuten findet der erste Wettkampf statt. Die gewählte Disziplin ist das Hammerwerfen. Das heißt die kräftigsten Männer unseres Landes treten heute zum Auftakt des gemeinsamen Wettbewerbes an. Richten wir unser Augenmerk auf die Wettkampfrichter in der Mitte des Platzes und auf unsere Wettkämpfer, die sich in der Nähe des Wurfplatzes auf ihren Einsatz vorbereiten. Am besten wir Begrüßen sie mit einem Willkommensapplaus.“

Die Wettkämpfer setzen ihr gesamtes Körpergewicht gegen die Fliehkraft des Hammers ein. Mit einem gellenden Schrei lassen sie den Hammer fliegen.

Nach der ersten Punktvergabe folgt anschließend das Baumstammwerfen. Das Publikum ist mit der Darbietung sehr zufrieden. Die Stimmung ist einfach prima.

Ursus sagt zu Max: „Morgen werden schwere Steine gehoben, von dem Gerüst wonach du gefragt hast. Baumstämme gibt es auch wieder, aber diesmal werden sie gezogen.“

„Weil sie größer sind?“, fragt Max.

Armin: „Genau. Beim Baumstammziehen wird Zeit gemessen, wie schnell sie einer dreißig Meter weit ziehen kann.“

„Das ist bestimmt sehr anstrengend“, bemerkt Yvo.

Evi schlägt vor: „Der Nachmittag ist sehr schön. Wir könnten uns ein Ruderboot mieten. Was meint ihr?“

Yvo freut sich über die Idee seiner Mutter.

Im See tummeln sich Enten mit ihren Kücken.

Max und Yvo können während der Bootsfahrt einige Fische ausmachen.

Am Anlegeplatz angekommen beschließen sie mit den anderen Kindern Verstecken zu spielen. So vergeht allmählich der Nachmittag und die Dämmerung macht sich breit.

Am Abend versammeln sich die Kinder im Puppenspielerzelt. Die jugendlichen Bären horchen den Abenteuergeschichten am Lagerfeuer zu.

Sie werden von den Rittern der Burg Altberg höchst persönlich erzählt.

Während mir Max eine Pause gewährte sinnierte ich. Sportliche Tätigkeiten bestehen immer aus drei Kategorien, wie Kraft, Ausdauer und Geschick. Sie mischen sich untereinander nach Aufgabe und Bedarf, wobei sich im spezialisierten Bereich eine Kategorie besonders hervorheben kann. Ein kombinierter Sport ist vorteilhaft. Er hält vital, sorgt für Ausgleich und stärkt den Willen in allen drei Bereichen.

Am nächsten Morgen.

Der Redner begrüßt die Zuschauer und erläutert die Wettkampfregeln in der vorgesehenen Disziplin des Steinhebens.

Max beobachtet, wie der erste Wettkämpfer auf das eigenartige Gerüst steigt und sich für den Hebeversuch bereit macht. Das zwei Meter hohe Podest ist sehr robust gebaut. Der erste Durchgang verläuft für alle Teilnehmer erfolgreich. Bereits im dritten Durchgang heben nur noch die fünf besten Wettkämpfer das Gewicht mit größter Anstrengung. Im Anschluss wird die aktuelle Platzierung kund getan. Am Nachmittag wärmen sich die Wettkämpfer für das Baumstammziehen auf. Schwere Baumstämme müssen in kürzester Zeit über nasses Gras dreißig Meter weit gezogen werden. Dafür nehmen die Athleten speziell gefertigte Krallenschuhe zur Hilfe, damit sie nicht auf der Wiese wegrutschen.

Auch der dritte Wettkampftag löst die Begeisterung der Zuschauer aus. Die Disziplinen Steinsäulenkippen und Honigweinfässertragen sind vorgesehen. Beim Steinsäulenkippen lehnen sich die Wettkämpfer an eine Holzwand, die von Stützen, welche tief in der Erde versenkt sind, gehalten wird. Davor wird eine Säule aufgestellt, so daß der Wettkämpfer zwischen Wand und Säule passt. Es gilt die Steinsäule mit aller Kraft in Bewegung zu setzen und umzukippen.

Beim Verlesen der Platzierungen erntet jeder Athlet dicken Beifall. Die Kinder applaudieren heftig mit. Allein deshalb, weil sie vom Ereignis und von den ungeheueren Leistungen beeindruckt sind. Die Athleten stehen auf dem Siegertreppchen und werden von der Königin persönlich geehrt. All die anderen Teilnehmer erhalten von den Hofdamen ein kleines Geschenk.

Dankend verneigen sich die Athleten.

Max: „Wieso ertönen jetzt wieder die Hörner Vati?“

„Weil die Königin spricht. Das ist bei öffentlichen Reden immer so. Da sollten wir ruhig sein und zuhören.“

„Ja, ich bin jetzt still.“

Königin Lena: „Heute am dritten Festtag möchte ich unseren stärksten Männern des Landes im Namen aller meinen Dank aussprechen. Die hervorragenden Leistungen, welche uns hier gezeigt wurden, ließen uns miteifern. Insbesondere gefiel mir das faire Wettkampfverhalten. Ich danke für die vorbildliche Sportlerkameradschaft. Sie bleibt sogar unter angespannten Bedingungen immer noch selbstverständlich. Das ist für den Sport gut und für unseren Nachwuchs ein lobenswertes Vorbild. Morgen Vormittag erwartet uns das Sechzigkilometerrennen.“

Im eigentlichen Sinn ist Sport eine Sache, die Spaß machen soll, anspornt und der Gesunderhaltung dient. Der Profisport ist diesbezüglich leider recht angekratzt. Wenn ich mir die Geschäftslobby im Hintergrund betrachte, fällt es schwer an einen körperlich und geistig gesunden Sport zu glauben. Es gibt genug leistungswillige Fanatiker, die bereit sind nach der Karriere auch ihre Gesundheit an den Nagel zu hängen. Ein fragwürdiges Bild von Begeisterungsfähigkeit.

Max und Yvo gehen zusammen mit den anderen Kindern spielen und jeder von ihnen probiert seine Kräfte aus. Die Kinder kommen dadurch schnell ins Schwitzen und Baden im See. Max und Yvo fragen, ob sie am Abend noch spazieren dürfen.

Die Eltern der beiden stimmen zu. Sie sollen aber nicht zu lange bleiben, da morgen alle zeitig wach werden wollen.

Die beiden entscheiden sich am Weg des Gebirgssees entlang zu gehen.

Max: „Das war heute ein spannender Wettkampf!“

Yvo: „Wie die das schaffen ist einfach unglaublich!“

Nach einiger Zeit setzen sich Max und Yvo auf eine Holzbank und beobachten den Festplatz aus der Entfernung.

„Ist richtig Still hier“, meint Yvo.

„Ja, ist schön hier“, erwidert Max. „Schau, wie klar der Himmel ist!“

Yvo: „Manche Sterne funkeln richtig.“

Gelegentlich laufen noch Spaziergänger vorbei. Recht gemütlich kommt ein Mann zur Sitzbank von Max und Yvo.

„Guten Abend!“, wünschen Max und Yvo.

„Guten Abend ihr beiden! Ist bei Euch noch Platz?“

Max antwortet: „Selbstverständlich, wenn sie ausruhen wollen!“

„Danke sehr!“

Max überlegt in Gedanken, ob er die Stimme nicht kennt.

Im gleichen Moment sagt der unbekannte Fußgänger: „Ihr beide seid doch Max und Yvo. nicht wahr?“

„Ja“, entgegnet Yvo, der jetzt auch wieder die Stimme des Mannes neben ihnen erkennt.

„Was glaubt ihr wer morgen im Rennen als erster ins Ziel kommt?“, fragt der Unbekannte.

„Ich weiß nicht“, antwortet Max.

Yvo meint: „Das hängt auch von der Verfassung der Pferde ab.“

Max überlegt und sagt nach einigen Momenten: „Also, mein Favorit ist Rainer.“

„Findest du?“, zweifelt Yvo. „Mein erster Mann ist Johann.“

Max fragt: „Und wer ist ihr Favorit?“

Der Unbekannte antwortet: „Nun, mein Favorit ist Markus. Aber der wird zweiter. Peter kommt als erster ins Ziel.“

Max und Yvo fragen zugleich: „Wieso?“

„Ach, einfach so. Peter war zwar nie ganz vorn dabei, doch er hat hart trainiert und ein gutes Pferd. Und Markus ist halt mein Favorit, deshalb wird er zweiter.“

Max und Yvo schauen sich an.

Max nickt und sagt: „Könnte schon sein“.

Yvo hebt die Schultern etwas an und meint: „Warum nicht.“

„Mir fällt ein ich stellte mich euch noch gar nicht vor. Wie unhöflich von mir! Mein Name ist Alberi und ich wohne in den Bergen“.

Max: „Ich auch, wo anders möchte ich gar nicht wohnen!“

Alberi lächelt: „Das Herz sehnt sich immer nach einer schönen Heimat. Wenn man gelegentlich auf Reise ist, dann muss sich das Herz mit der neuen Umgebung anfreunden.“

Yvo: „Ist das nicht schwer?“

„Hier bei euch sicher nicht. Wir müssen allmählich in die Unterkunft zurück. Wenn ihr nichts dagegen habt, begleite ich euch ein Stück, denn es ist schon sehr dunkel.“

Max: „Ja gerne. Müssen sie auch zum Festplatz?“

Alberi: „Meine Schlafstätte ist in der Burg.“

Yvo: „Dann sind sie ja ein wichtiger Ehrengast!“

Alberi: „Nicht unbedingt wichtiger als andere.“

„Jetzt untertreiben sie aber“, fährt Yvo fort.

„Wie man´s nimmt kleiner Mann“, entgegnet Alberi. „Vielleicht sehen wir uns noch einmal!“

Max und Yvo erreichen den Festplatz und kehren in die Unterkünfte zurück.

Max begrüßt seine Eltern: „Hallo, Guten Abend!“

Ursus fragt: „Hallo Max, was hast du noch erlebt?“

Max: „Ich bin mit Yvo herumgelaufen. Wir haben uns die Sterne angeschaut. Es kamen noch einige Spaziergänger vorbei und sogar ein Ehrengast, der in der Burg übernachtet. Das war der Mann von dem ich schon einmal erzählte.“

„Welcher Mann?“, möchte Ursus wissen.

Max: „Der von dem ich träumte. Ihn lernte ich mit Yvo beim Traditionsessen am Abend kennen. Alberi heißt er!“

Ursel ist erstaunt: „Alberi. Das ist einer der Männer, die unser König sehr zu schätzen weiß.“

Ursus: „Das ist ja wirklich erstaunlich!“

Max ist neugierig: „Was macht Alberi denn, daß ihn jeder kennt?“

Ursus: „Alberi ist ein beratender Priester. Diese Männer sind ausgesuchte Leute, die zum Wohlergehen ihres Landes und aller Völker ihre Kraft, ihr Wissen und ihre Weisheit zum Besten einsetzen. Die gibt es schon seit Bärenland existiert.“

„Ist das der Zauberbär, der das Licht in der mittleren Schale am Abend unserer Ankunft entzündete?“

Ursel antwortet knapp: „Ja. Genau der Max.“

Max wird müde und schläft ein.

Nach einer Weile sagt Ursus zu seiner Frau: „Daß Alberi Max und Yvo anspricht!“

Ursel: „Vielleicht möchte er sich gerne mit Kindern unterhalten. Er führt sicher meist anstrengende Gespräche.“

„Kann sein. Gute Nacht liebe Ursel.“

„Gute Nacht“, wünscht Ursel, kuschelt sich an Ursus und schläft ein.

Mir kamen Gedanken in den Sinn, wie schön es ist, wenn man seine Kinder unbeschwert dort hingehen lassen kann, wo sie gerne sein möchten.

Max steht sehr früh auf, um beim Wettrennen einen guten Zuschauerplatz zu bekommen.

Er trifft sich mit Yvo am See. Beide warten an der Stelle, wo die Wettkämpfer aus dem Wasser herauskommen. An dieser Stelle ist Anton, ein zweiter Redner postiert, um den Wettkampf zu Kommentieren.

Die meisten Zuschauer stehen jedoch beim Startplatz.

Dort wird eine Lunte entzündet, an deren Ende sich ein Pulverröllchen befindet. Plötzlich knallt es und die Wettkämpfer begeben sich in das Wasser um schnell das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Kleine Boote sind durch Schnüre miteinander verbunden und markieren die Strecke. Zusätzlich gewährleisten sie die Sicherheit der Ausdauerathleten, da in den Booten jeweils zwei Rettungsschwimmer sitzen.

Redner Anton: „Der Startschuss ist ertönt verehrte Zuschauer. Das ist der Auftakt zum Langstreckenwettbewerb. Vierunddreißig Teilnehmer konnten sich für dieses Rennen qualifizieren.“

Die meisten Schwimmer erreichen die zweite Hälfte ohne an Tempo zu verlieren.

Sie kommen immer näher an das Ufer. Die Zeitnehmer machen sich bereit die Namen nach aktueller Platzierung an die Tafeln zu schreiben. Die ersten Schwimmer kommen nach zwei Kilometer Strecke aus dem Wasser. Im fließenden Übergang beginnt die nächste Etappe zu Fuß.

Max: „Die legen nach dem Schwimmen gleich ein gutes Lauftempo vor!“

Yvo sagt belustigend: „Die sind noch richtig frisch!“

„Kommen ja auch aus dem Wasser!“, amüsiert sich Max.

„Die Teilnehmer umrunden den See einmal. Das sind vierundzwanzig Kilometer Strecke“, erzählt Yvo grinsend weiter.

Max: „Schau unsere Eltern kommen!“

Yvo: „Komm, gehen wir ihnen entgegen.“

Evi: „Hallo ihr Frühaufsteher!“

Alle Lachen und sind vergnügt.

Ursel: „Wir können zusehen wie die Pferde für das laufende Rennen vorbereitet werden.“

Die Pferde werden gebürstet und Maßiert. Die Stallburschen sorgen dafür, daß sich die Tiere entspannen. Nach einiger Zeit, wenn die Läufer näher kommen, muss die Muskulatur der Pferde erwärmt sein. So sind sie für ihre Aufgabe gut vorbereitet.

Nach den vorherigen Anstrengungen ist es immer wieder bemerkenswert, wie sich die Athleten auf ihren Pferden halten können und nahezu mit ihnen verschmelzen.

Begeistert sehen Max und Yvo, wie die Reiter mit den Pferden am Seeufer vorbeireiten. In weiter Entfernung verschwinden sie zwischen den Bäumen des Waldes. Die Strecke, welche am Festplatz endet, lässt die Teilnehmer sechsunddreißig Kilometer zurücklegen. Es ist genug Zeit, damit sich die Zuschauer rechtzeitig am Ziel versammeln.

Redner Fritz: „Sehen sie, die ersten Reiter kommen aus dem Wald. Jetzt geben sie noch einmal richtig Tempo. Welch eine Überraschung. Peter und Markus kämpfen um den ersten Platz. Jetzt tauchen Rainer und Karl auf. Den Anschluss auf die Eins schaffen sie sicher nicht mehr. Hier geht es deutlich um den dritten Rang.“

Max staunt, wie die Pferde vorbeijagen und die Hufen mit Wucht in die Erde greifen. Er sieht ihnen nach, wie sie die Ziellinie passieren.

Redner Fritz: „Ist das zu fassen, wie sich Peter an die Spitze setzen konnte! Er ist als Erster durch das Ziel! Nur eine Pferdelänge gefolgt von Markus als zweiter! In einigen Augenblicken werden Rainer und Karl das Ziel erreichen! Rainer zieht jetzt an Karl vorbei! Sein Pferd hat noch Kraft für einen Spurt! Er schafft es sogar mit zwei Pferdelängen Vorsprung als Dritter das Ziel zu erreichen!“

Nach einigen Sekunden sieht Max eine Gruppe von vier Pferden auf die Zielgerade zukommen. Mit einem kurzen Donnern der Hufen rauschen die Pferde geschwind vorbei.

Am Abend nutzen Max und Yvo ihre Zeit, um einige Buden zu besichtigen.

Alberi ist auch in der Nähe: „Hallo ihr zwei!“

„Guten Tag Herr Alberi!“

„Wenn ihr wollt könnt ihr euch ein Taschengeld verdienen.“

Max und Yvo sehen sich an und erwarten neugierig den Vorschlag von Alberi.

„Mein Boot ist auf dem Trockenen. Morgen könnten wir es schleifen und anstreichen. Eure Eltern würde ich gerne einmal sehen. Am Abend möchte ich Grillen, und vielleicht muss ich dann nicht alles alleine Essen.“

Dabei fasst sich Alberi an seinen Bauch und lacht freundlich. Max und Yvo lachen auch.

„In Ordnung Herr Alberi. Wir helfen mit!“

„Wo ist das Boot?“, möchte Yvo wissen.

„Am Steg, da hatten wir uns verabschiedet und sind am Abend zur Burg gelaufen.

„Wenn ihr kommen dürft, bis morgen.“

„Um neun“, schlägt Yvo vor.

„Ja, ich werde hier sein!“.

„Wiedersehen Herr Alberi!“

Später.

„Mutti, Vati! Heute sah ich Herr Alberi zusammen mit Yvo. Er möchte uns alle zum Grillen einladen!“

„Das ist sehr nett von ihm. Da ist dein Traum wohl doch in Erfüllung gegangen“, antwortet Max´ Mutter.

„Ich glaube ja. Und wenn es geht will ich ihn beim Abschleifen seines Ruderbootes mit Yvo morgen früh um neun helfen“, erzählt Max auf ein Jawort hoffend. „Dafür bekommen wir auch ein Taschengeld.“

„Ist in Ordnung. Dann musst du heute zeitig ins Bett. Wer arbeitet sollte nach Möglichkeit ausgeschlafen sein.“

Ursus und Armin unterhalten sich am Lagerfeuer.

„Hat Dir Yvo auch von Alberi erzählt?“, fragt Ursus.

„Ja, die beiden sind ganz begeistert von ihm. Wenn sie sich was verdienen können ist das gut so. Ich möchte ihn kennen lernen.“

„Dann nehmen wir seine Einladung an. Am besten der Tag nach dem Bogenschießen. Ich bringe die beiden zu ihm.“

Nach dem Frühstück geht Max mit seinem Vater und Yvo zum Ruderboot von Alberi. Er ist schon beim Schleifen.

„Guten Morgen!“, sagt Alberi und gibt Ursus zum Gruß die Tatze. „Ich freue mich sehr, daß ich Hilfe bekomme. Da kann ich schon bald streichen.“

Ursus: „Die beiden können ihnen bis Mittag behilflich sein. Drei Uhr Nachmittag beginnt das Bogenschießen. Sehen sie es sich an?“

„Ja, das werde ich. Wollen sie am Abend die Einladung zum Grillen annehmen?“

„Gerne Herr Alberi, wir freuen uns darauf.“

Nachdem sich Ursus verabschiedet schleifen die drei das Ruderboot gemeinsam.

Max und Yvo bekommen nach getaner Arbeit ihr versprochenes Taschengeld.

Mir wurde klar, was mir Max zu verstehen geben wollte. Kinder leben einfach, ehrlich und spontan. Sie helfen einander, so lange sie noch nicht mit falschen Werten konfrontiert werden.

Starke Persönlichkeiten bleiben ihren Weg treu. All die anderen lassen sich in fehlerhafte Denkrichtungen bewegen. Ich lernte im Laufe meines bisherigen Lebens die unterschiedlichsten Menschen kennen. Wie ich einen Menschen sehe, mache ich weniger von seinem Stand, der Schicht, den Beruf, den Besitz und die Macht, die er ausüben kann abhängig. Dies sehe ich als begleitende Umstände mir ein Bild zu machen. Das betrifft ebenso das Alter der verschiedenen Menschen. Die inneren Werte finde ich wichtiger. Manche Menschen waren so interessant, daß ich einen Kontakt aufbaute, um mich mit ihnen auszutauschen. Einige waren wirklich sehr nett, manche eher oberflächlich. Wieder andere warfen ihre Zeit mit unnützen Dingen und sinnlosen Tätigkeiten weg. Die Unzufriedenen sind heute jene, die sich selbst bemitleiden. Die meisten Menschen machen ihr vermeintliches Glück zu sehr von Äußerlichkeiten abhängig. Einige wollen ihrem vermeintlichen Unglück durch Alkohol entkommen. Dabei ersaufen sie ihr mögliches Glück zusätzlich. Der Lebensstandard spielt dabei keine Rolle mehr. Beim Kotzen sieht man eben bescheiden aus. Mit und ohne Krawatte.

Im Prinzip unterschieden sich die verschiedenen Menschen nur vom Stil und von ihren finanziellen Mitteln. Im Grunde war für mich jeder in etwa gleich. Das kommt daher, wenn man sich selbst von so vielen Dingen um einen herum ablenken lässt. Die nach innen gerichtete Wahrnehmung leidet darunter beträchtlich. Und so versucht das Ego ständig Reizen nachzujagen, von dem es sich ein kleines Stück vom Glück erhofft. Ist ziemlich typisch im gegenwärtigen Zeitalter.

Es gab aber auch Menschen, die mit sich zufrieden waren. Sie empfand ich als angenehmer.

Nun verstand ich, warum ein König nur so stark wie sein Volk ist.

Es ist interessant wie vielfältig die Menschen sind, denen ich begegnete. Ihre Körpersprache und meine eigene nahm ich sehr bewusst wahr. Manche waren richtig gut darin ihre schauspielerischen Talente auszuleben. Andere bemerkten nicht einmal, wie sie sich verhielten. Ich beobachtete die Menschen. Und ich beobachtete mich selbst, mit meinen Reaktionen darauf. Es ist interessant die innere Motivation der eigenen Gestik zu hinterfragen, oder vielleicht die des eigenen Gedankens.

Manche Menschen waren recht verschlossen. Das ist einfach festzustellen. Einige verschränken ihre Füße oder Beine, andere die Arme. Die Leute waren somit im unteren, im oberen, oder in beiden Bereichen verschlossen. Je nach dem. Die Art, wie der ein oder andere seine Kleidung trägt lässt entsprechende Schlüsse zu. Ist das Hemd offen oder geschlossen? Wie sieht es mit der Jacke oder eventuell einem Hut aus? Wie wirkt die Brille, und was drückt sie aus? Zu welcher Jahreszeit beobachte ich? Und, was drückt der Mensch in seiner Sprache, seinem Tonfall und seiner Art zu reden aus? Welchen Schmuck trägt wer in welchen Stil zur Schau? Welcher Kultur gehört dieser Mensch an?

Der Zugang zu offenen Personen ist natürlich leichter als zu verschlossenen Personen. Es ist eine Frage des richtigen Zeitpunktes. Passt ein Lächeln zur Situation oder zur Frage. Natürlich schaue ich den Menschen an oder ich gebe ich ihm die Hand. Wie weit kann ich mich der betreffenden Person nähern? Bin ich aufmerksam genug dem anderen gegenüber? Winken, Grüssen, Hände reichen, Umarmen, ein Kuss. Das sind alles verschiedene Abstände, die je nach Vertrautheit eine entsprechende Verbindung zum Mitmenschen zeigen.

Wie kontaktiere ich andere Menschen? Zunächst sieht man sich in die Augen. Vielleicht geht man aufeinander zu oder berührt sich „unbeabsichtigt“? Nun ist der Zeitpunkt da, die Person anzusprechen. Vielleicht erhoffe ich von einem Passanten oder einer Passantin eine Auskunft oder Hilfe in einer belanglosen Situation. Der Kontakt ist hergestellt. Ich sehe der Person in die Augen und kann durch ein Lachen Freude zeigen. Ich bestätige das Verhalten meines Gegenübers durch einen Lob. Zum Dank kann ich mit der Person vielleicht ein Wiedersehen arrangieren.

Natürlich verbindet man sich auch mit bekannten Personen immer wieder aufs Neue, indem man Aufmerksamkeit signalisiert.

Wie aber trennt man sich?

Verabschiede ich mich von einer Person, dann trenne ich mich von ihr. Wurde durch eine Begrüßung Kontakt hergestellt, den ich jedoch nicht möchte, dann muss ich reinen Tisch machen. „Es gibt für mich keinen Grund die Unterhaltung fortzuführen“, oder „ Sie stehlen mir die Zeit“ usw. Es ist in Ordnung deutlich zu sein.

Versuche in allen Situationen aufmerksam zu sein, wo sich Menschen kontaktieren bzw. meiden. Das kann natürlich auch auf einer negativen Ebene stattfinden. Ich erlebte eine Situation, in der sich zwei Verkehrsteilnehmer stritten. Jeder war von vornherein mies gelaunt und wollte seinen Frust rauslassen. Beide waren offen Beleidigungen von sich zu geben und tätlich zu werden. Es ist der Frust, der innere geschürte Hass auf andere, bei denen man gerne seine eigenen Unzulänglichkeiten verbergen möchte. Genau so ist es wenn ich Kampfhunde oder Kampfhähne aufeinander hetze. Nichts anderes ist Krieg, bei denen zwei verfeindete Parteien sich nicht in Liebe, sondern in dummen Hass miteinander verbinden. Nur das die Auswirkungen hier weit schädlicher sind als im Zweikampf.

So lange der Mensch bereit ist sich für den Hass zu öffnen wird es immer wieder Krieg geben. Feindbilder werden gerne geschaffen, da sie Mittel zum Zweck sein sollen.

Die Menschen verbinden sich im Hass. Mittels entsprechender Hetze werden sie dafür geöffnet. Es wird im Voraus dafür gesorgt, daß die Propaganda auch geglaubt wird.

Zum Beispiel wird behauptet, daß in muslimischen Ländern Männer ihre Frauen schlagen. Nenne mir jemand ein Land, in dem das noch nicht vorgekommen ist. Umgekehrt können Frauen zu Furien werden. Wodurch auch immer.

An dieser Stelle möchte ich jeden Menschen dazu anhalten alles in seiner Macht stehende zu tun den Frieden zu erhalten. Den Frieden in sich und gegenüber anderen. Bist du nicht Fähig oder gehörst du zu Menschen die gern streiten und randalieren, den Sport dadurch verunglimpfen, so höre auf deine Vernunft. Fange bei dir selbst an und finde deinen Frieden.

Wie du siehst folgt alles seinen Gesetzmäßigkeiten. Möchtest du dich mit jemanden verbinden, musst du dafür selbst von vorn herein offen sein. Möchtest du dich von jemanden trennen wirst du dich ihm gegenüber verschließen.

Diese Beobachtungen müssen nicht stets als endgültig betrachtet werden. Es sind Mechanismen im steten Wandel. Sie kommen im Alltäglichen und in der Natur vor. Es sind also prinzipielle Tätigkeiten. Ich öffne und schließe Türen. Dabei lasse ich etwas durch, oder nicht. Ich verbinde oder trenne mich von der Umwelt. Im Gespräch oder in der Verhandlung passiert das Gleiche. Also verbinde oder trenne ich mich von Ideen und Vorschlägen. Blumen öffnen und schließen sich. Sie verbinden sich mit dem Licht und trennen sich vom Schatten. Deine Herzklappen öffnen und schließen sich. Sie verbinden deinen Körper mit Nährstoff angereicherten Blut und trennen ihn vom verbrauchten Blut. Ist dein Herz nicht wie eine Blume?

Dann gibt es noch Situationen, in denen Menschen sich weder verbinden, noch trennen wollen. Sie beschäftigen sich mit irgendwelchen wichtig erscheinenden Dingen oder sind in Gedanken. Lass von ihnen und deinem Vorhaben los. Oder warte einen besseren Zeitpunkt ab.

Verschiedene Mechanismen sind erkennbar. Ihnen zu Folge kannst du dich mit fast allen Menschen dieser Welt verbinden. Verstehst du dich anzupassen, kannst du den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Dies gilt für normale Situationen. Manchmal ist es notwendig den Weg des Widerstandes zu gehen. Sei achtsam welche Art von Widerstand in dir erzeugt wird.

Das Bogenschießen.

Der Nachmittag ist Wolkenfrei und die Wettkampfbedingungen sind ideal.

Redner Anton: „Liebe Zuschauer, ich freue mich sie beim diesjährigen Bogenschießen Begrüßen zu dürfen. Unsere Herausforderer sind Edwin, Mamertus, Franz, Torim, Ursus, Georg, Hakon, Olaf, Marko, Horst, Bert und Hanko. Für diesen Wettstreit werden drei Distanzen vorgegeben. Im dritten und vierten Durchgang ist eine zusätzliche Erschwernis vorgesehen. Das erste Schießen beginnt aus einer Entfernung von vierzig Metern.“

Max beobachtet die Sicherungsposten. Die Zuschauer stehen in einer V-Form hinter und neben den Bogenschützen. Die ersten Schützen beziehen Position. Es stehen jeweils zwei nebeneinander, die gemeinsam auf eine Scheibe zielen. Drei Scheiben mit einem Durchmesser von einhundertzwanzig Zentimeter nehmen die Schützen ins Visier.

Die Punktrichter stehen einige Meter neben den Zielscheiben hinter starken Holzwänden.

Yvo: „Max, wieviel Pfeile schießen die pro Durchgang?“

Max: „Drei. Einen Durchgang nennt man Passe. Dafür bleiben den Schützen sechzig Sekunden Zeit.“

Yvo: „Hast du schon Bogenschießen üben dürfen?“

Max: „Nein, aber nach dem Turnier darf ich mit meinem Vater üben.“

Yvo. „Toll! Schau, die schießen jetzt gleich!“

Redner Anton: „Unseren Schützen stehen fünfzehn Pfeile zur Verfügung. Der Schiedsrichter hebt jetzt die weiße Fahne. Ohne Umschweife peilen die ersten Schützen ihr Ziel an.“

Pfeile zischen durch die Luft und schlagen im Ziel ein.

Max sieht mit Begeisterung zu, besonders weil sein Vater beim Turnier der besten Bogenschützen im Land teilnehmen darf. Der Wettbewerb bleibt spannend, da der Erfolgreichste bei den anderen Distanzen in der Gesamtwertung zurückfallen kann.

Max sieht seinen Vater an der Platzierungstafel auf Platz drei erscheinen.

Max: „Jetzt kommt seine Lieblingsdistanz Yvo, die dreißig Meter. Da holt er bestimmt auf!“

„Hoffentlich. Das Wäre ja spitze!“

Der zweite Durchgang beginnt. Ursus erzielt mit Abstand das Beste Ergebnis.

Während des Turniers.

Alberi: „Hallo Armin, kommen sie morgen zum Grillen?“

Armin: „Ja Herr Alberi. Ursus und ich, wir freuen uns sehr über ihre Einladung.“

„Schön. Ich freue mich auch den Gewinner dieses Wettkampfes als Gast zu empfangen. Also bis Morgen!“

Etwas verwundert entgegnet Armin: „Wäre schön. Bis morgen um sechs Uhr am Abend.“

Redner Anton: „Mamertus ist auf Platz eins, dicht gefolgt von Ursus, welcher im nächsten Durchgang die Erstplatzierung erkämpfen möchte. Den dritten Platz belegt Georg.“

Beim dritten Durchgang sind die Zielscheiben auf ein Gerüst montiert. So ist das Ziel fünfzehn Meter von den Bogenschützen entfernt. In einem Winkel von siebzig Grad zischen die Pfeile ihrem Ziel entgegen. Ihr Auftreffen ist deutlich hörbar.

„Hier gibt es nur neun Pfeile für jeden Schützen!“, klärt Max Yvo auf.

Redner Anton: „Mamertus hält nur knapp den ersten Platz. Dicht gefolgt von Ursus. Platz drei jetzt für Hanko, welcher Georg auf Rang vier verwies.“

Max und Yvo gehen mit ihren Eltern Abendessen.

Ursus: „Nach dem Abendessen möchte ich etwas ausruhen und entspannen. Anschließend gehe ich spazieren, bis es dunkel wird. Beim letzten Durchgang werde ich gut vorbereitet sein.“

Ursel: „In Ordnung.“

Ursus: „Ich bin immer für euch da, wenn ihr mich braucht.“

Nach dem Spaziergang geht Ursus zu seiner Familie.

„Wollt ihr mit mir zum Turnierplatz laufen?“

„Oh ja, gerne!“, jubelt Max.

Ursus trägt seinen Bogen und Max stolz die Pfeile seines Vaters.

Die Bogenschützen finden sich am Wettkampfplatz ein.

Redner Anton: „Meine verehrten Zuschauer, ich möchte sie zum Nachtschießen Begrüßen! Das ist für unsere jungen Zuschauer wieder eine gute Gelegenheit länger wach bleiben zu dürfen!“

Das Publikum schmunzelt und die Kinder freuen sich.

„Für den letzten und entscheidenden Durchgang wird eine Distanz von fünfunddreißig Metern gewählt. Jeder Bogenschütze hat hierbei nur vier Passen zur Verfügung. Die Fackeln neben den Zielen werden bereits entzündet. Das heißt, der Wettstreit der besten Bogenschützen unseres Landes wird in einigen Augenblicken beginnen können! Die Schiedsrichter zeigen an, daß diesmal in umgekehrter Reihenfolge geschossen wird! Das sind die Schützen Torim, Franz, Mamertus und Edwin.“

Beifall ist zu hören.

Max sieht, wie die Schützen ihre Pfeile an feststehenden Fackeln entzünden. Der Schiessstand ist bereits freigegeben und die Zeit läuft. Mamertus zeigt die besten Ergebnisse, da er ständig in die beiden innersten Ringe trifft.

Redner Anton: „Wie nicht anders zu erwarten verteidigt Mamertus den ersten Platz. In der vierzig Meter Distanz konnte er die besten Ergebnisse erzielen. In der dreißig Meter Distanz jedoch Ursus. Beim letzten Durchgang rückte er ganz dicht an Mamertus heran. Die vierziger Distanz wird jedoch höher bewertet. Mamertus kann noch Platz eins halten. Wird Ursus ihn überbieten?“

Das Publikum feuert Ursus, Georg, Hakon und Olaf an. Als sie ihre Pfeile entzünden wird es still. Max sieht erwartungsvoll zu seinem Vater herüber. Die Bögen spannen sich. Pfeile zischen lodernd vorbei und treffen im nächsten Augenblick das Ziel.

Ursus erster Pfeilschuss bohrt sich genau in den mittleren Ring der Zielscheibe. Max bemerkt die Ruhe und Konzentration der Schützen, doch sein Vater wirkt gelöst und scheint eine besonders ruhige Ausstrahlung zu haben. Er wirkt irgendwie friedlich. Jeder weitere Schuss von ihm trifft so gut wie der Erste im Ziel. Bei Georg ist das nicht mehr der Fall. Seine Konzentration lässt bereits nach.

Redner Anton: „Jetzt ist es richtig spannend. Die letzte Passe. Mamertus hatte nur zwei Schüsse in den zweiten Ring platziert. Schießt Ursus in der letzten Passe wieder genau in die Mitte, dann geht er in Führung. Ein Schuss in den zweiten Ring bedeutet Gleichstand, und es käme zum Stechen. Nur ein Schuss im dritten Ring oder zwei im zweiten Ring, dann ist Mamertus der Gewinner des Wettbewerbes. Wenn es Ursus gelingt, wieder alle drei Pfeile in den mittleren Ring zu treffen, so ist er der Sieger des Wettbewerbes. Wir können gespannt bleiben, denn so ein spannendes Nachtschießen ist selten!“

Ursus schickt sich mit Ruhe und Gelassenheit an, diese Herausforderung zu bewältigen.

Der erste Schuss trifft wieder genau in die Mitte der Scheibe. Mamertus ist etwas nervös. Der zweite Schuss trifft exakt.

Ein Raunen geht durch die Menge. Jeder weiß, daß Mamertus nur noch auf ein Stechen hoffen kann. Die Spannung verdichtet sich. Seelenruhig entzündet Ursus den letzten alles entscheidenden Pfeil. Er legt ihn an und spannt die Sehne ganz locker. Sein Körper, der Bogen, der Pfeil und das Ziel bilden eine Einheit, ein Ganzes. Ursus wirkt sehr präsent und absolut meisterhaft. Jeder erwartet nur noch den alles entscheidenden Treffer. Plötzlich zischt der Pfeil durch die Luft und sein Auftreffen im Ziel lässt augenblicklich die Stille in Jubel und Applaus umschlagen. Sogar Mamertus applaudiert anerkennend.

Max springt vor Freude in die Luft. Seine Mutter nimmt ihn in die Arme.

Redner Anton kommt nicht zu Wort. Dafür sind die Zuschauer noch zu laut.

Jetzt läuft Max zu seinem Vater und gratuliert ihm.

Als wieder Ruhe eingekehrt ist geben auch die Bogenschützen der dritten Aufstellung ihr Bestes.

Max ist froh und stolz darauf seinen Vater auf dem Siegertreppchen ganz oben zu sehen. Der König persönlich ehrt die Bogenschützen mit Medaillen, auf denen das Wappen des Königs und auf der anderen Seite Pfeil und Bogen eingearbeitet sind.

Am nächsten Tag.

Max und Yvo sehen sich voller Interesse den Faust- und Ringkampf an.

Alberi kommt auf sie zu: „Hallo Jungs.“

Max: „Hallo Herr Alberi!“

Yvo: „Guten Tag!“

Alberi: „Gefallen euch die Kämpfe?“

Beide zugleich: „Ja!“

„Die sind ganz schön kräftig!“; staunt Max.

„Und trotzdem wendig und flink!“, ergänzt Yvo.

„Ja, flink wie ein Wiesel!“, sagt Alberi lächelnd. „Heute ist unser Grillabend. Ich freue mich auf eueren Besuch.“

Max: „Wir freuen uns auch darauf!“

Am Grillplatz treffen Alberi´s Gäste ein.

Max und Yvo spüren die herzliche und ruhige Art dieses Mannes, der ihnen immer vertrauter wird. Sie fühlen sich in seiner Gegenwart wohl.

Alberi unterhält sich mit den Erwachsenen über die Turnierkämpfe.

Max und Yvo gehen zum Boot und begutachten den neuen Anstrich.

Mit ihren Tatzen berühren sie vorsichtig die neue Oberfläche.

Max: „Das fühlt sich glatt an.“

Yvo: „Ja, ganz angenehm irgendwie.“

Evi: „Kommt Kinder, die Forellen sind fertig!“

Die Frauen lassen es sich nicht nehmen Alberi beim Austeilen der Beilagen behilflich zu sein.

Yvo: „Schmeckt toll!“

Alberi: „Nehmt so viel ihr wollt. Es ist für alle genug. – Zum ersten Platz beim Bogenschießen noch meinen Glückwunsch!“

„Danke!“, freut sich Ursus.

Alberi: „Übrigens waren sie mein Favorit.“

Max: „Wenn es bei uns kein Wettverbot gäbe, dann würden sie gut verdienen.“

Armin: „Der Eindruck entsteht bei mir auch:“

Alberi lächelt: „Das Wetten sieht man nicht so gern. Manche Wetten trotzdem untereinander. Jedoch nur mit Wetteinsätzen, dessen Verlust man verkraftet. Oder Wetten, bei denen man den anderen in Form von Freundschaft oder Nachbarschaftshilfe entgegenkommt. So Fußt das Ganze auf einer natürlichen Basis, und nicht auf Gier und Eigennutz.“

Max: „Ich bin froh, daß Vater gewonnen hat, doch irgendwie tun mir die anderen Leid.“

Alberi: „Max, bist du der beste und schnellste Bootschleifer?“

„Ich glaube nicht.“

„Hat es dir trotzdem Spaß gemacht?“

„Ja, ich konnte lernen, wie das richtig gemacht wird. Und wir bekamen ein Taschengeld für unsere Hilfe. Und wir Feiern sogar ein bisschen“, lacht Max.

„Siehst du, du musst nicht der Beste sein um dich an einer Sache zu erfreuen. Und du pflegst Kameradschaft mit Yvo. Zum Beispiel beim Schleifen. So ist das auch bei den Bogenschützen und allen anderen Athleten, die hier im Wettkampf einander messen“, klärt Alberi auf.

Ursus: „Das Bogenschießen ist eine Lebenskunst, ein Weg den du bald kennen lernen wirst. Und auch du Yvo.“

Armin und Alberi sehen Yvo zustimmend an.

Ich erwachte aus dem Geschehen.

„Das ist ja…“. Mir fehlten die Worte.

„Welche Wirklichkeit ist wirklich?“, fragte mich Max.

„Äh, nun – beide“, antwortete ich etwas verwirrt.

„Was ist Zeit?“, fragte er weiter.

„Ein Hilfsmittel. Zeit gibt es doch eigentlich gar nicht. Sie ist von Menschen erfunden.“

Max: „In jedem Wesen tickt eine innere Uhr. In der Natur wirken Jahreszyklen, Mondzyklen, Tageszeiten und vieles mehr. Aus praktischen gründen beobachten wir Abläufe und Teilen sie ein.“

„Es gibt also Zeit in diesem Sinne“, schlussfolgerte ich.

„Richtig. Du hast genug Zeit. Denke immer daran. Wir werden uns bald wieder sehen.“

Seine Stimme wurde leiser und ich schien mich von der Ganzen Situation zu entfernen. Alles um mich herum wurde dunkel.

Mit einem Mal wurde ich wach und war erstaunt darüber wo ich bin. Wie ist das möglich, ging es mir durch den Kopf. Max wusste wann ich gehe und er scheint zu wissen, wann wir uns wieder sehen. Seltsam. Eines wollte ich für den heutigen Tag ganz bewusst beibehalten. Mir für alles die nötige Zeit nehmen, und den Tag richtig gemütlich verbringen. Als ich durch den Höhleneingang kroch, erinnerte ich mich daran mir meinen Kopf gestoßen zu haben. Es ist wieder jetzt, stellte ich fest. Und jetzt ist das einzig reale. Eigenartig, Max ist für mich trotzdem real. Was mich vor allem wunderte, ist die Tatsache, die Träume so intensiv zu erleben.

Jeder Mensch träumt seine eigene Welt. Ob ich Dinge positiv oder negativ sehe ist meine eigene Entscheidung. So erschaffe ich mir zumindest ein Stück weit meine eigene Welt, meine Gefühls- und meine Gedankenwelt. Mir wurde im Laufe der Zeit klar, daß ich meine Welt selbst bestimme. Nur die Dinge, mit denen ich mich identifiziere können mich berühren. Das war eine äußerst wichtige Lektion. Ich sah, daß Wohlfühlen und Freude an einer Sache die wahrhafte Vorraussetzung und Motivation eines jeden Zieles ist. Das gute Gefühl ist Ausgangspunkt aller Vorhaben. Bringt dir ein Vorhaben das nicht ein, lass es besser. Um wieviel wirst du als Mensch reicher sein, wenn du das einsehen kannst. Wenn ich mein Wohlbefinden von Geld, Macht oder bestimmten Fähigkeiten abhängig mache, sind dies nur äußere Dinge, die mich niemals innerlich glücklich sein lassen können, denn sie sind nie von Dauer. Wenn ich nicht selbst die Fähigkeit zu lieben in mir trage, wie soll mich mein Partner dann glücklich machen? Selbst alles magische Können macht niemanden glücklich, wenn diese Fähigkeiten nicht für gute und gemeinschaftliche Zwecke, bzw. Heilung eingesetzt werden können.

Das Wohlbefinden, das gute Gefühl und die Liebe zur Sache sind der beste Weg.

Der Vormittag war mild und der Himmel wolkenfrei. Ich wollte mich entspannen, mir Zeit nehmen und erst am Nachmittag Fotografieren.

Bei schönem Wetter praktiziere ich gerne eine Atemtechnik, die den energetischen Körper mit Prana, Od, Lebensenergie ect auflädt. Nenne diese Energie, wie es dir beliebt. Ich beschreibe dir die Atmungsübung.

Visualisiere die Lebensenergie, wie sie in das Stirnzentrum einströmt. Ziel ist es den stofflichen und den energetischen Körper mit Lebensenergie aufzuladen. Führe das im Freien oder am offenen Fenster aus. Ob du liegst, sitzt, stehst, oder gehst ist unerheblich. Varianten sind zur Abwechslung sinnvoll.

Ein Beispiel: Atme acht Sekunden ein, halte vier Sekunde die Luft an, atme zwölf Sekunden aus und bleibe vier Sekunden luftleer. Im Gehen halbiert sich der Rhythmus entsprechend (4, 2, 6, 2) Dehne diesen Rhythmus aus, jedoch nur so weit, daß du deine Atmung noch als angenehm empfindest. Du kannst auch andere Rhythmen wählen, wichtig ist hierbei das Prinzip. Achte darauf, daß die inaktiven Atemzyklen immer kürzer sind als die aktiven Atemzyklen. Wann übe ich? Am besten früh und bei schönen Wetter. Bei schlechtem Wetter hilft dir normales, besser weißes Licht in Verbindung mit einer grünen und blauen Glühbirne.

Ich überlegte, ob es mir nicht gelingen könne im Traum Bewusstheit über mein normales Dasein zu bekommen. Bewusstsein darüber, daß ich Träume. Max sagte mir, ich solle lernen verschiede Welten zu unterscheiden.

Jeder Mensch schafft sich seine eigene Welt. Wurde meine Welt nicht auch von anderen geschaffen? Wie sehen mich andere und wie reflektieren sie mich? Und wie weit lasse ich mich darauf ein?

Mir sollten einige schöne Aufnahmen gelingen. Innerlich war ich zufrieden. Am Abend bezog ich mein Quartier und nahm mir beim Einschlafen vor zu erkennen ob ich träume.

Ich saß bei Max am Tisch und fragte mich, ob ich eingeschlafen sei.

„So ähnlich!“, meinte Max, obwohl ich kein Wort meiner Gedanken aussprach.

Leicht verwundert schaute ich ihn an und fragte: „Was war geschehen?“

Max: „Deine Reisen in meine Vergangenheit strengen selbstverständlich etwas an.

Wie fühlst du dich?“

„Danke ganz gut!“

„Mach ruhig eine kleine Pause.“

Ich hatte das sichere Gefühl, daß ich noch viel von ihm lernen kann. Die Dinge sollten so oder so auf mich zukommen.

„Na dann wollen wir noch einmal!“, nickte er zufrieden, und schickte mich auf eine weitere Reise in seine Vergangenheit.

Nach dem Essen und einem gesprächigen Abend verabschieden sich Alberi´s Gäste.

Der nächste Morgen bricht an und Max freut sich auf das Turnier der Fechter.

Am Nachmittag.

Die fortgeschrittenen Schüler der Fechterschulen treten zum Wettkampf an. Die Kämpfer sind in Rüstungen gekleidet, um sich vor ernsthafteren Verletzungen zu schützen. Die Schwerter besitzen deshalb eine durchgehende Fehlschärfe.

Die ersten Paarungen sind Kampfbereit. Max beobachtet, wie geschickt die Fechter mit ihren Waffen umgehen können. Die Kämpfer schenken sich nichts. Geschickt angebrachte Angriffe finden ihr Ziel. Manche kommen sogar ins Ringen, sobald die Distanzen dafür gegeben sind.

Den Höhepunkt des Fechterturniers bilden die Duelle am Abend. Die Meisterschüler befinden sich auf einem großen Floss. Es bietet genug Platz, um darauf Wettkämpfe mit der halben Stange auszutragen. Das Floss ist in einer u-förmigen Bucht des Sees befestigt, so daß den Zuschauern genug Platz geboten wird. Einige beobachten die Kämpfe von ihren Booten aus, wie Max und Yvo, die mit Alberi in sein neu angestrichenes Boot steigen. Durch die vielen Fackeln ist der Schauplatz erhellt.

Das erste Fechterpaar wird zum Floss gebracht. Die Schiedsrichter entzünden die mannshohen Holzstöcke an deren Enden. Der Kampf ist freigegeben.

Redner Fritz: „Die fortgeschrittensten Fechter unseres Landes zeigen ihr Können. Die entsprechende Rüstung schützt sie vor der extremen Wucht, welche in den Hieben stecken. Im Ernstfall sind sie zu gefährlich.“

Max beobachtet die Kämpfer. Beide sind vorsichtig, denn eine falsche Bewegung kann entscheidend sein. Immer wieder folgt ein Schlagabtausch, oder einige Augenblicke finden im Band der Waffen statt. Einer der Fechter gerät arg in Bedrängnis und findet keinen Ansatz mehr zum Gegenschlagen. Man hört ihn nur noch ins flache Wasser plumpsen. Die Zuschauer schmunzeln. Eher aus dem Erstaunen heraus, als vor Schadenfreude.

Wer auf dem Floss standhaft bleibt, reicht dem Unterlegenen die Hand und zieht ihn aus dem Wasser heraus. So wechseln die Paarungen in dieser Nacht ab, bis nur noch zwei Fechter

für den Entscheidungskampf anstehen.

Die Zuschauer erfahren erst jetzt wer ins Finale kommt. Da nicht verraten wird, wessen Gesicht sich unterm Helm verbirgt, gibt es immer wieder interessante Überraschungen.

Redner Fritz: „Wir dürfen uns jetzt auf das alles entscheidende Finale freuen. Es wird mit der langen Stange ausgetragen, die Waffe der Meister. Unsere Favoriten heißen Berthold, aus der Leibgarde unseres Königs Lukas den Dritten!“

Die Zuschauer applaudieren.

„Und unser zweiter Finalist dieses Kampfes ist …“ Redner Fritz kostet die Spannung für einen kleinen Augenblick aus. „Fürst Albert von Steinberg!“

Erneuter Beifall.

Die Kontrahenten nehmen gekonnt die liegende Stange vom Boden, indem sie sie auf ihren Fußspann rollen, den Fuß heben und die Stange in ihre Tatzen führen. Eine besondere Ausrüstung schützt die Kämpfer vor den gefährlichen Stößen ihres Kampfpartners. Die Spitzen der lanzenförmigen Waffen werden entzündet. Sie sind mit Lappen umwickelt, welche mit brennbarer Flüssigkeit präpariert worden sind. Das Ende einer Waffe ist aus Sicherheitsgründen kugelförmig gearbeitet.

Der Kampf wird freigegeben. Die Kontrahenten bedrohen einander und suchen Lücken, geben oder provozieren diese. Der erste Kontakt ist hergestellt. Berthold will stark nach vorn, doch Fürst Albert von Steinberg manövriert durch gekonnte Fußarbeit den Angriff aus und pariert. Berthold bekommt das sofort mit und löst sich vom Kontakt. Ohne im Geringsten zu Zögern stößt sein Kampfpartner nach vorn. Berthold rechnet damit, pariert den Angriff und will zur Tatze schlagen. Geschickt bringt Fürst Albert seine Tatzen in Schutz, führt mit einer kleinen Kreisbewegung die Stange seines Kontrahenten nach außen und stößt unerbittlich zu. Berthold kann gerade noch ausweichen und stößt tief dagegen. Der Kampf ist voll im Gange. Einer muss jetzt endgültig die Oberhand gewinnen, um den Kampf für sich zu entscheiden. Der Kampf dauert nur noch wenige Augenblicke und Berthold bekommt einen wuchtigen Stoss zum Kopf, dem er nicht mehr ausweichen kann. Dabei katapultiert es ihn so stark nach hinten, daß es ihn aushebt und er ins Wasser stürzt. Fürst Albert von Steinberg sichert sich nach seiner Stossbewegung ab, so als ob er noch mit einem Angriff rechnen müsse. Im nächsten Augenblick lässt er die Stange fallen und eilt seinem Kampfpartner zur Hilfe, den er noch etwas benommen mit dem Wettkampfrichter aus dem Wasser fischt.

Ich war begeistert. Max lächelte einfach nur. Er bereitete ein leckeres Abendessen vor. Wir unterhielten uns darüber, was wir morgen erledigen müssen. Am Abend ging ich diesmal erst spät zu Bett.

Als ich erwachte, befand ich mich in der Höhle und wunderte mich über meinen Traum. Vor allem, das ich so nahtlos träumen konnte. Ich träumte jeden Abend an der Stelle weiter, wo mein vorheriges Traumgeschehen anhielt. Es war einfach unglaublich. Mir war es jedoch noch nicht möglich zu erkennen, daß ich träume, oder wo ich auch immer zum Zeitpunkt des Träumens sein mag. So erging es mir am kommenden Abend wieder, doch wollte ich dies im Laufe der Zeit ändern.

Am Frühstückstisch bei Max fragte ich ihn woher ich eigentlich komme.

„Von da draußen. Du bist den Berg hoch gelaufen. Und Du sahst hungrig aus.“

„Wo habe ich denn vorher gelebt, bevor ich bei Dir als Gast wohnen durfte?“

„Nun, in einem Land, wo es grau ist“, antwortete er knapp und sah mich so an, daß ich weiter überlegen solle.

Mir viel vorerst nichts ein.

„Lass uns nach draußen gehen. Das wird uns munter machen“, schlug er vor.

Beim spazieren gehen hielt er inne und schaute mich eindringlich an: „Du bist hier bei mir, damit du Dinge lernst, die für alle Menschen gut sind.“

„Wie kommst Du darauf, und woher weißt du das?“, fragte ich, wobei mir auffiel, daß er mich meine Fragen jetzt öfter stellen lässt als vor einiger Zeit.

„Ich sehe in dein Herz. Deine Seele verbindet sich mit meiner Kraft.“

Fragend sah ich ihn an.

„Es wird konstanter Arbeit bedürfen, doch bin ich zuversichtlich.“

Ich überlegte wieder woher ich komme und wie ich zu ihm gelangte.

Er sprach: „Asche! Erinnere dich.“

„Auf dem grauen, von Asche bedeckten Berg! Dort war ich mit dir und auch alleine gewesen!“, schoss meine Antwort heraus.

„Ich träume nur!“, stellte ich überrascht fest.

„Nicht nur“, betonte er ernst. „Deine erste Erkenntnis konnte ich wecken. Ich weiß, du wirst sie verstehen und verinnerlichen.“

Wir schwiegen lange, so schien es mir jedenfalls. Ich wollte in dem Augenblick nicht aufwachen.

„Kleiner Bär! Wir werden uns morgen noch einmal im Traum sehen. Wenn du in deine graue Welt zurückkehrst, dann erfülle sie mit Farbe. Für deine Zukunft gebe ich dir einige Aufgaben an die Hand, damit du einen ersten Schritt für dein persönliches Wohl gehen kannst. In vielen Dingen bist du schon auf den richtigen Weg. Das werden wir vertiefen.“

Er konnte wahrnehmen was ich fühle und sprach weiter: „Wir werden uns noch öfter sehen und dich auf Fordermann bringen, damit du deine Bestimmung erfüllen kannst.“

„Was hast du mit mir vor?“

Seine Worte klangen eigenartig.

Er lächelte nur wissend. Eine Antwort bekam ich nicht. Alles war für heute gesagt. Als ich beschloss mich zu gedulden fragte er: „Kannst du mir beim kochen helfen?“

„Sehr gerne!“

„Am Nachmittag möchte ich nach den Tieren sehen. Interessiert dich das?“, wollte er wissen.

„Ja klar“, gab ich zur Antwort. „Hatten wir ja gestern vereinbart.“

„In Ordnung.“

Das kochen mit ihm machte richtig Spaß. Er verstand es im richtigen Augenblick für guten Humor zu sorgen. Es war seine Art, wie er die alltäglichen Arbeiten anging und mich dabei zum Lachen brachte. Gelegentlich benahm er sich absichtlich albern. Er wechselte bei den alltäglichen Dingen seine Art, seinen Charakter etwas zu erledigen. Zwar blieb er derselbe, doch hatte er ein gutes schauspielerisches Talent. Mal bewegte er sich grobmotorisch, und als ich bemerkte, daß er sich in Wirklichkeit nicht so bewegen würde, wurde er schusselig. Als ich lachen musste fing er an sich sehr penibel und filigran darzustellen. Kaum schüttelte ich mit dem Kopf übertrieb er noch mehr, sog seine Backen ein und spitzte seinen Mund schnabelförmig. Er bewegte sich stolzierend und sehr präzise. Ich musste so Lachen, daß mein Gesicht und mein Bauch schmerzte. Auf einmal begann er sich sehr geschickt zu verhalten. Beim Arbeiten beherrschte er jede Kleinigkeit seiner Bewegungen, als ob er sein Leben lang nichts anderes getan hätte. Darüber war ich wirklich erstaunt. Mir viel auf, daß er sich zum jeweiligen Verhalten in seiner Rhetorik auch verschiedenartig ausdrücken konnte.

Bei der Tierpflege war er sanft und kontrollierte seine enorme Kraft, als er begann die Schafe und Kühe zu begutachten. Gekonnt umging er ihren Starrsinn, wenn sich ein Tier sträuben wollte. Meist gingen sie sowieso von selbst auf ihn zu und ließen sich streicheln.

Er bemerkte mein erstaunen und meinte: „Wenn eine Kuh vorwärts laufen soll, dann ziehe am Schwanz. Soll sie zurücklaufen, so ziehe sie an den Hörnern.“

Als ich früh in meiner Höhle erwachte, war ich in guter Stimmung. Er hatte es tatsächlich geschafft, obwohl ich wusste, daß es ein Traum ist, mich bei Laune zu halten. In mir stieg Hoffnung auf. Max hatte etwas sehr reales an sich. Das diese Erlebnisse auf einer anderen Ebene stattfanden, störte mich nicht.

Das Wetter war mild. Ich bereitete die Ausrüstung vor, um am nächsten Morgen den Rückweg zum Treffpunkt anzugehen.

Ich freute mich auf den kommenden Tag bei Max. Als ich in seinem Haus nach unten ging war niemand da, deshalb beschloss ich das Frühstück vorzubereiten. Entweder schlief er, oder kümmerte sich um seine Tiere. Aber nein. Er klopfte am Fenster und grinste.

„Guten Morgen Max!“

„Guten Morgen kleiner Bär!“

„Komm mit raus an die frische Luft!“

Draußen angekommen absolvierten wir verschiedene Körperübungen. Der heute vorgesehene Yoga mit ihm integrierte zusätzlich chinesische und tibetische Gesunderhaltungsmethoden.

Dies sollte für die Zukunft auch meine erste Aufgabe sein.

Wir gingen an die Arbeit. Das Mittagessen war leicht und machte nicht müde. Schließlich hatten wir noch einiges zu erledigen. Nach der schmutzigen Arbeit war eine Dusche sehr angenehm.

Anschließend gingen wir spazieren.

Er zeigte mir den Wald, und meinte, daß man von ihm im übertragenen Sinne sehr viel lernen kann. Auch könne man in einem gesunden Wald zu jeder Zeit seine Energie weitgehenst in Einklang bringen. Als er sich dicht an einen Baum stellte lächelte ich. Er nickte mir aufmunternd zu. Ich tat es ihm gleich, trat dem Baum respektvoll gegenüber und hörte in mich hinein, ob der Baum und ich zusammenpassten. Dabei verlies ich mich einfach auf mein Gefühl. Da mich der Baum annahm, und ich einen Energieaustausch vollziehen wollte, beschloss ich ihn wie einen Freund zu umarmen. Nach und nach konzentrierte ich mich von unten nach oben. Ich stand barfüssig. Die Energie des Erdbodens und die der Baumwurzeln zirkulierten miteinander. Meine Beine waren wie der Stamm des Baumes. Einen Energiewirbel nach dem anderen ließ ich von unten angehend nach oben durchfluten. Über dem Herzzentrum konnten die feinen Energieströme meine Arme entlang in den Baum zurückfließen. Als dieser energetische Strom stark und ungehindert zirkulierte, richtete ich meinen Blick in der Vorstellung, mit geschlossenen Augen und den Kopf etwas zurückneigend, nach oben. Mein Kehl- und Stirnzentrum verband ich mit dem Baum bis ins hohe Geäst. So fühlte ich jedenfalls. Geraume Zeit später, lehnte ich meine Stirn gegen den Stamm. Wie ein Wirbel stiegen die Energien nach oben. Hinaus aus dem Scheitelzentrum, bis in die oberste Baumkrone, und weiter in den Himmel. Das Obere und das Untere zirkulierten durch mich und den Baum. Wie Antennen von Radiowellen durchströmt werden, so durchströmte uns die Energie des Lebens. Der Baum und ich waren zu einem kleinen Zentrum verschmolzen. Einige Zeit später bremste ich langsam den Energiefluss und löste mich sachte vom Baumstamm.

„Du hast diese Übung aus dem Gefühl heraus in deiner Welt schon praktiziert kleiner Bär. Du hast getan, was dein inneres Gefühl verlangte. Meine Aufgabe ist es, das wahre Wissen in dir zu wecken. Heute Abend ist ein besonderer Zeitpunkt.“

Neugierig wartete ich darauf. Der Tag war einfach schön. Wir machten einen Dauerlauf zurück zum Haus und nahmen noch ein Bad im kühlen Wasser.

Max fragte was ist, wenn wir das gebrauchte Wasser nicht ablassen.

„Wenn Wasser steht, beginnt es zu stinken. Ungeziefer und Keime bilden sich darin. Es ist wichtig, daß die Energien des Lebens zirkulieren und fließen können. So ist es auch mit unserem Körper und unserem Geist Max. Ist es nicht so?“

„Ja, das Wasser ist ein Symbol für das Leben.“

In seinem Haus betraten wir ein Zimmer, was ich bis dahin noch nicht kannte. Es war schlicht ausgestattet und wirkte angenehm. Ich nahm wahr, daß es keiner normalen Wohnstätte entsprach. Es war eigens zur Meditation eingerichtet. Der Meditationsraum war abgedunkelt. In verschiedenfarbig getönten Lampen leuchtete sanft der Kerzenschein hindurch. Er forderte mich auf, in knapp zwei Meter Entfernung vor ihn zu sitzen. Ich nahm im Schneidersitz Platz. Danach setzte sich auch Max vor mich im Lotussitz und sah mich freundlich an. Wir saßen auf einem runden Teppich. Sein Muster entsprach einem Labyrinth, in dessen Mitte er eine Kerze entzündete. Jetzt blickte er leicht neben mich und sein Ausdruck war versteinert, jedoch blieb seine einzigartige Ausstrahlung. Ich konnte bemerken, wie sich seine Gesichtszüge veränderten. Es war, als ob ich verschiedene Bärengestalten sah. Auch Alberi´s Gesicht tauchte auf und verschwand wieder. Danach sah ich Max wieder vor mir. Sein Antlitz drückte reine Güte aus. Er begann zu sprechen. Ich spürte, daß dieser Augenblick etwas ganz besonderes werden würde. Mir war, als ob die Ahnenreihe seiner vorhergehenden Meister anwesend waren. Das spürte ich deutlich.

„Kleiner Bär! Du bist zu mir gekommen um die Chance zu nutzen, die großen Geheimnisse dieser Welt zu erblicken. Willst du dies?“

„Ja“!

„Nicht alles wird dabei bequem sein. Doch der Nutzen den du daraus ziehen kannst wird dir helfen das Positive in dir und deiner Welt zu stärken. Willst du dies?“

„Ja!“, sagte ich ein zweites Mal, im festen Glauben alles nötige zu erreichen, um dieses Ziel umzusetzen.

„Akzeptierst du mich als deinen Lehrer und geistigen Führer?“

„Ja!“, gab ich aus vollem Herzen zur Antwort.

Ich fühlte, daß wir zusammengehören und empfand eine freundschaftliche Geborgenheit. Friedfertigkeit, Ruhe und Gelassenheit sind Teil seiner Persönlichkeit. Dieser in die Jahre gekommene Bär, ist mein geistiger Führer und Meister. Eine unbeschreibliche Kraft spürte ich, bei der ich instinktiv erkannte, daß er bereit ist, alles zu tun, um mich auf den Lebensweg zu bringen, der für mich vorgesehen ist. Von seiner wirklichen Macht, die er stets weise einzusetzen wusste, erfuhr ich erst später.

„Da du von mir lernen möchtest akzeptiere ich dich so, wie du bist. Ob unser Band bestehen bleibt liegt einzig und allein an dir. Nimm die Aufgaben an, die für dein Wachstum wichtig sind. Alles ist zu deinem Besten. Solltest du mich verlassen, so wird meine Hand immer bereit sein dir in Freundschaft entgegenzukommen.“

Seine Worte gab er mir so eindringlich zu verstehen, daß ich wusste für mein Leben mehr als einen Freund gewonnen zu haben. Einen goldenen Freund.

„Schon seit Jahren trug ich Sorge dafür, dir die richtigen Ideen zu vermitteln und sie in deinen Geist, deine Lebensbahn einströmen zu lassen. Deshalb bist du schon jetzt auf dem richtigen Weg. Die Leute, die dir dabei helfen sind von meinem Wissen und von meinem Einfluss durchdrungen. Seit langer Zeit schon. Sie wissen weder von mir, noch von dir und deinen Aufgaben. Selbst du kennst sie noch nicht. Gehe deinen Weg. Zuerst musst du an dir selbst arbeiten. Deine Aufgabe ist fünf Regeln zu befolgen.

- Erweitere dein Bewusstsein.

- Achte auf dein Inneres und nimm dich selber nicht zu wichtig.

- Achte Menschen, Tiere, Pflanzen und alles, was durch die Natur entstanden ist.

- Sei Verständnisvoll und wende dich dem Licht und der Liebe zu.

- Höre deutlich auf dein Herz. Es ist die innere Stimme deiner Seele.“

Er gebot mir aufzustehen. Neben uns, hinter dicken schwarzen Vorhängen, war eine Art Liege. Sie war mit schwarzen Samt überzogen.

„Lege dich darauf und entspanne dich. Ich werde das Licht löschen. Schließe deine Augen, und mache eine dir bekannte Entspannungsübung. Entspanne ganz tief.“

Nach einiger Zeit der Entspannung tauchten Bilder in mir auf. So deutlich, daß sie mir für immer im Gedächtnis bleiben werden. Ich befand mich irgendwo in einem endlos schwarzen Nichts. Unbeschreiblich weit weg von allen weltlichen Dingen. So unfassbar kam mir die Situation vor. Da lag ich einfach und sah das Gesicht von Max. Um uns, so schien mir, war die Unendlichkeit. Damit meine ich, daß in dem Augenblick nichts anderes zu existieren schien. Es gab nur uns. Er bewegte seine Hände. Sie waren angenehm rot und leuchteten wie Lampen, doch blieb das Licht in den Händen konzentriert und erhellte keineswegs auch nur ein Stückchen das „Schwarze Nichts“ um uns herum. Seine Hände strahlten auf einmal gebündeltes Licht aus, vergleichbar mit einem Laserstrahl. Nichts von dem Lichtstrahl drang nach außen. Er konzentrierte es vollständig auf meinen nackten Oberkörper. Dieses Licht schien geometrische Figuren in mich zu zeichnen. Nicht nur meine Haut wurde von dem Licht oberflächlich berührt. Nein, es drang vielmehr tief in meinen Körper ein. Kreise und verschiedene Linien wurden sozusagen in mich gezeichnet. Es war, als würde er dieses Licht in meine Seele zeichnen. Der Augenblick war so intensiv, daß ich das zumindest annahm. Relativ stark empfand ich ein Rechteck, ein Quadrat, einen Kreis und als letzte und stärkste Zeichnung das Pentagramm. Ich fühlte mich überwältigt, zugleich dumpf im Zustand; überrascht, zugleich ohnmächtig und ehrfürchtig. Bis zum heutigen Tag ist mir dieses Gefühl schleierhaft. Ich existierte in diesen Momenten nur für diese Zeremonie. Das ganze hatte etwas positives an sich. Nur wusste ich noch nicht was.

Ich erwachte und mir war nicht klar wo ich mich im Augenblick befand. Leider war ich da, wo ich es momentan am wenigsten erwartete. Ich war in meiner Höhle. So stark hat er mich fasziniert, daß ich ganz und gar vergaß, in einem Traum zu sein. Wenn das mein letzter Traum für einige Zeit sein sollte, wann würde ich Max wieder sehen?

Und was hatte ich nun zu lernen? Da bestimmte Aufgaben vor mir lagen, sollte ich schließlich wissen welche. Ich trat die Rückreise an.

Bald traf ich den Piloten, der mich vor zwei Wochen am festgelegten Treffpunkt absetzte.

Die Flugroute stand fest. Er flog mich nach Esso. Dort genoss ich die heißen Quellen, die in unmittelbarer Nähe des dreitausend Meter hohen Itschinskaja Vulkans liegen. In diesen Quellen erfrischte ich mich. Das Ende meines Urlaubes stand bevor und ich dachte viel über die eigenartigen Erlebnisse bei Max in der Wildnis nach. Als nächstes legte ich mir Aufgaben zurecht. Schließlich, wenn ich nicht den Verstand verloren habe, weis ich, was zu tun ist. Seinem reden nach würde ich es erspüren und er würde mir helfen. In nächtlichen Träumen erschien er mir künftig nicht. Zwar konnte ich meine Träume mittlerweile schon beeinflussen und meist selber steuern, aber Max sah ich nicht. Meine Unterweisung, von der er sprach fehlte mir.

Zu Hause begann ich zu Zweifeln. Mein Verstand schaltete sich ein und suchte nach Erklärungen. Auf mein Gefühl konnte ich mich jedoch verlassen. Es sagte mir, daß ich meinen geistigen Führer begegnet bin. Aus dem Grund vertiefte ich das Wissen, was ich schon hatte und beschäftigte mich mit den Krafttieren der Schamanen.

Durch einen Einweihungsakt nahm mich Max in die Lehre auf. Das Wissen, welches er an mich weitergab und in mir wachsen sollte, entsprach der mir bevorstehenden Reifestufe der Einweihung. Dabei sollte ich meinen eigenen Teil dazu tun, eine Stufe der Selbsterkenntnis und Selbstständigkeit zu erreichen.

Wie es der „Zufall“ will, wurde mir ein für schamanische Begriffe heiliger Gegenstand zu Teil. Langsam sollte ich zum Bärenschamanen reifen. Mit dieser Kraft gelang es mir sogar einmal einem Herzinfarkt/Schlaganfall-Patienten entsprechend konzentrierte Kraft zu senden. Eine anschließende Lungenentzündung überstand er auch. Und das mit fast achtzig Jahren. Das Ärzteteam belebte ihn mehrmals und ich erfuhr, daß es sehr knapp war. Ihnen hat er sicher sein Leben zu verdanken. Auch den Schwestern der Intensivstation und die vorbildliche Pflege. Meine Aufgabe war es mit Hilfe der Bärenkraft die Geister zu bannen, die ihn ins Jenseits lotsen wollten. In dieser halben Stunde des Todeskampfes war es wichtig Gnade zu erflehen und dadurch eine Grenze zwischen diese Welt und der Schwelle des Todes zu ziehen. Niemand wusste wie es weiter geht. Später recherchierte ich einmal aus Neugier, daß seine Sterne schlecht standen und der Tod sehr wahrscheinlich war. Aus heutiger Sicht glaube ich solch ein Hindernis umgehen zu können. Für seinen Zustand erholte er sich in körperlicher und geistiger Hinsicht bemerkenswert.

Diese Zeit kostete mich Kraft, weil mir persönlich Unangenehmes begegnete. Mein Motiv war, das Leben des Mannes für jene zu stärken, die ihn lieben und missen würden. Ich danke für die Gnade und den Aufschub, welchen er erhielt.

Jeden praktizierenden Schamanen rate ich dringlichst seine Kräfte abzuwägen. Halte immer, wirklich immer Reserven bereit, wenn du selbst noch Energie zum Leben benötigst.

Später wurde mir klar, daß dies eine vom Schicksal gewollte Herausforderung war. Ich sollte meinen Standpunkt erkennen, wo dieser war und wie weit ich fortgeschritten bin.

Wenn es um Kräfte und deren Reserven geht, ist es von Vorteil sich eine Art Energiepolster zu verschaffen. Körperliche und geistige Fitness zu fördern zahlen sich wirklich gut aus.

Wähle für dich selbst eine Betätigung, die deinem Interesse entspricht. Möchtest du Jugend und Gesundheit erhalten, praktiziere Yoga, taoistische oder tibetische Körperübungen.

Tipp: Die fünf Tibeter (P.Kelder) /Das Sonnengebet (R.v.Aundh) / Yoga für Dummies (Dr.G.Feuerstein u. Dr.L.Payne)

Achte auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Dies ist der äußere Teil deiner Entwicklung. Da Körper und Geist im irdischen Dasein zusammen gehören, muss der Körper gepflegt werden. Wie ein Tempel, der für heilige Handlungen stets sauber gehalten wird.

Die inneren Aufgaben erfährst du beim Lesen. Praktiziere sie und ernte ihre Früchte. Sie sind mit dem Verstandeswissen nicht zu vergleichen. Paradoxerweise wirst du bald mehr verstehen.

Gesundheit und Wohlbefinden sollten an erster Stelle stehen. Das betrifft ebenso die geistigen Exerzitien.

Eine Anregung für das Wohlbefinden der Frauen.

Bei den alten Maya galt das Interesse, die Menstruation zu verkürzen oder zu stoppen. Das Training besteht darin, sich während der Monatsblutung auf den Rücken zu legen, und dabei die Hüften hochzuheben. Die Beine sind ungefähr neunzig Grad angewinkelt. Schenkel und Gesäßbacken sind dabei angehoben und werden von den Händen gestützt, während die Ellenbogen auf dem Boden ruhen. Sehe zu, wie hoch du die Hüften vom Boden weg bekommst. Versuche nichts zu überstürzen. Du kannst dir auch ein Hilfsmittel ausdenken, wenn du nicht gerade eine Sportskanone bist.

Atme stark ein und ziehe dabei den Anus zusammen. Beim Ausatmen ist die Anspannung zu lösen. Beginne mit zehn Atemzyklen. Steigere dich nach Gefühl. Es ist dein bester Coach. Drei bis fünf Minuten täglich werden dabei Erfolge zeigen.

Eine Anregung zur Energieregulierung der Männer.

Kontrahiere den Muskel, welchen du beim Wasserlassen brauchst, um nicht in die Hose zu pinkeln (Muskulus Pubococcygeus). Ist er stark genug, kannst du deine Lebenskraft umleiten. Solltest du dich mit taoistischen Übungen dieser Art befassen, dann achte darauf, daß deine Energie nicht stagniert. Alles muss fließen, natürlich. So, wie ein rauschender Bach seinen Weg in einen großen See findet.

Geistige Fitness.

Vom Rätseln bis zum Schach gibt es eine breite Auswahl. Du kannst auch Spiele wählen, die deine Konzentrations- und Merkfähigkeit schulen. Variiere, und beanspruche deinen Geist gelegentlich mit Dingen, die ihm nicht vertraut sind. Egal wie du abschneidest. Hier geht es um deine geistige Beweglichkeit. Nimm Vergleiche einfach wahr und beurteile sie nicht. Finde einfach deine Schwächen und Stärken heraus und bleibe motiviert.

Emotionale Fitness.

Sie lässt sich durch Wortmonotonie erreichen. Dein Ziel ist hier die Egalisierung von Erregungen und Emotionen. Sprich ein Mantra vor oder geraume Zeit nach dem Essen. Sitze bequem und entspanne einfach, ohne bewusst zu entspannen. Ruhe einfach. Mehr brauchst du hier noch nicht. Denke beim Einatmen ein und beim Ausatmen „Ah“ oder „Aau“. Verwende keine abrupten Laute. Meditiere so täglich zwanzig Minuten, für vier Wochen. Je nach dem wie es dein Zeitplan zulässt.

Schweifst du mit den Gedanken ab, dann nimm die Meditation wieder auf. Erzwinge nichts. Alles fließt ohne dein Zutun. Lass die Worte gehen, wenn sie es wollen. Warte nicht gezielt darauf. Es wird von allein geschehen. Atme so, wie du immer atmest. Atemübungen solltest du separat ausführen. Mache keine Übung um der Übung willen. Verfolge stets einen Zweck, der dir dienlich ist. So wirst du letztendlich Erfolge sehen.

Vor allem, nimm dir Zeit zum Lachen.

Beim stöbern in Buchläden entdeckte ich nach ungefähr einem halben Jahr eine gnostische Meditationstechnik, welche sich einige Zigeuner seit langer Zeit bewahrten. Ich begann mit den Tafeln von Chartres bzw. von Lausanne zu meditieren. Es waren genau jene geometrischen Figuren, die Max in meinen feinstofflichen Körper eingezeichnet hat. Ich erkannte sie wieder und war sehr erstaunt darüber. Vor allem, weil dieses Buch zu dem Zeitpunkt erst neu erschienen ist.

Die Tafeln von Chartres (G.Pennington)

Ein zusätzlicher Kulturaufenthalt in Chartre erwies sich als lohnenswert.

Benutze diese Tafeln. Sie helfen dir, um Meditation selbstständig kennen zu lernen. Du kannst dir gute Vorraussetzungen schaffen, um leicht in andere Arten der Meditation, die durchaus mit unterschiedlichen Zielen verbunden sein können, hineinzufinden.

Meine Entdeckungsreise war nach innen gerichtet. Zwar vermisste ich Max, doch wusste ich, daß er mir Zeit zum Reifen geben wollte. Ich beobachtete mich selbst. Nicht nur in der Meditation, auch im alltäglichen. Dabei ging ich so weit, die eigene Körpersprache zu analysieren. Meine nach innen gerichtete Wahrnehmung legte alltägliche Befürchtungen und sogar Ängste offen.

Tipp: Signale der Persönlichkeit (Prof.Dr.M.Lüscher/ Körpersprache (S.Molcho) / Die kalte Schulter und der warme Händedruck(A.u.B.Pease)

Zugleich beobachtete ich meine Gedanken und ergründete woher sie kamen. Dadurch gelang es mir leichter Mitmenschen einzuschätzen.

Die Transaktionsanalyse kann hier ein hilfreiches Mittel sein, wenn sie in den Grundzügen richtig verstanden wird.

Natürlich ergründete ich die mythologische Bedeutung des Bären. Der zoologische Name Ursus zeigt die Verbindung zur Göttin Ursel. Schon die Kelten und Germanen verehrten in grauer Vorzeit den Bären. Die nordischen Berserker, in ein Bärenfell gehüllt, vertrauten auf die Kraft der Göttin Ursel und kämpften todesmutig.

Im Traum entspricht ein Bär der alten weiblichen Gottheit. Symbolisch ist sie der Erde und dem Mütterlichen zugeordnet.

Die Sage vom Bärenhäuter, dessen Ursprung „Der erste Beernhaeuter“ im Simplicissimus von Grimmelshausen 1670 hat, berichtet von einem jungen teutschen Landsknecht, dem der Teufel in großer Not seine Hilfe verspricht. Dafür muss der Mann sieben Jahre lang statt eines Mantels eine Bärenhaut tragen. Die „Bärenhaut“ stellt meiner Ansicht nach eine geistige Gewandung, bzw. Verwandlung dar. Letztendlich erzählt uns die Geschichte von der Vereinigung der männlichen und weiblichen Seite unseres Wesens. Die sieben Jahre entsprechen deinen sieben Energiezentren (Räder, Chakren). Hierbei geht es um reine Bewusstwerdung, die ich kurzerhand beschreibe.

Als Erstes das persönliche Überleben. Dies entspricht der Fortpflanzung.

Als Zweites die Sexualität. Das Kreative in dir. Dies entspricht der Ernährung

Als Drittes die Macht. Sie entspricht deinem Verstand. Hier kristallisiert sich Intelligenz als Überlebensstrategie heraus.

Als Viertes allumfassende Liebe. Sie entspricht deinen Emotionen. Dein Ich ist hier nicht mehr der Mittelpunkt.

Als Fünftes Inspiration. Dein schöpferischer Einfallsreichtum, dich auszudrücken. Dies entspricht der Kommunikation und deinen künstlerischen Fähigkeiten.

Als Sechstes die Einheit. Du bist mit „dem Geist“ verbunden und mit deinem Geist. Dies entspricht der Intuition.

Als Siebentes das unverfälschte Sein. Dein Ich ist überwunden. Dies entspricht dem Kosmischen Bewusstsein. Unermesslich daher, weil keiner mit dir Maß halten kann.

Diese Ebenen drücken den geistigen Bewusstseinszustand aus. Im Makrokosmos existieren genauso sieben Ebenen. Deren Unterbereiche sind der Lebensraum, in der sich die verkörperte Seele aufhält. Auf unserer Erde gibt es die unterschiedlichsten Menschen mit den verschiedensten Bewusstseinszuständen. Die mit einem gering schwingenden Bewusstseinszustand können hier wachsen, wenn sie die Chance bekommen und nutzen. Das ist ein wesentlicher Grund für das Erscheinen dieses Buches. Jene, die in einem höher schwingenden Bewusstseinszustand verankert sind mögen dies erkennen und eine Hilfe für ihre Mitmenschen und alles was lebt sein.

Hier wird deutlich, daß die Erde ein Planet ist, bei dem die Seele Aufstiegsmöglichkeiten auf allen sieben Ebenen erfahren kann. Diese Ebenen sind:

Die dunkle Astralebene. Sie wird als Steinbewusstsein bezeichnet und von niederen Wesenheiten beherrscht. Diese können bis in die mentale Ebene vordringen. In der kausalen Ebene werden sie durch Neutralisierung abgeschirmt und bleiben dort fern.

Die physische Ebene. Sie wird als Pflanzen und Tierbewusstsein bezeichnet und ist bereits der Lebensraum, in den wir Menschen leben.

Die lichte Astralebene. Sie wird als Ich-Menschbewusstsein bezeichnet. In ihr befinden sich beseelte Geistwesen, die einen Lichtkörper haben. Diese Ebene ist der physischen Ebene sehr nah.

Die mentale Ebene. Sie wird als Wir-Bewusstsein bezeichnet. Die beseelten Geistwesen drücken sich in einem vergeistigten Zustand aus.

Die Kausale Ebene. Sie wird als Lichtbewusstsein bezeichnet. Den beseelten Geistwesen ist es möglich Energien bewusst zu senden und haben das Bewusstsein von „Alles Was Ist“ erlangt.

Die Buddhi-Ebene. Sie wird als Liebes-Bewusstsein bezeichnet. Der feinstoffliche Körper befindet sich in Gottes Kraft und in göttlicher Versenkung.

Die Atman-Ebene. Sie wird als reines Gottbewusstsein bezeichnet. Der feinstoffliche Körper wird hier nicht mehr benötigt. Das Wesen selbst ist die göttliche Energie.

Das Universum besteht aus diesen sieben Ebenen, welche den geistigen Welten oder den Bewusstseinszuständen entsprechen.

Du kannst dir diese Ebenen wie Ringe vorstellen. Nennen wir sie der Einfachheit halber Überebene. Sehe sie so, wie wenn du einen Stein in das Wasser wirfst. Die Mitte, das Herzzentrum ist Gott. Je weiter diese Wellen vom Zentrum entfernt sind, desto niedriger werden sie. Deshalb wird in hoher und niedriger Schwingung unterschieden. Wer sich über die dunkle Astralebene zu weit hinaus bewegt, der rutscht in die „Nichtgöttliche Ebene“ ab. Hier gibt es keine Schwingung mehr. Hier ist keine Schöpfung, nichts lebendiges. Dort hält sich Satan auf. Es ist das absolut Destruktive. Hier gibt es nur den Stillstand und keine Schöpfung. Da Satan selbst nicht schöpfen kann, ist er auf Seelen erpicht.

Ziel der sich entwickelnden Seele ist es, sich in das Herzzentrum Gottes zu begeben. Dahin, von wo du einst hervorgegangen bist. Es ist die reine Glückseeligkeit. Die Transformation zurück zum Ursprung alles lebendigen.

Zwar befinden wir uns in festgelegten Unterbereichen des Seins, doch ist es möglich verschiedene Überebenen mit ihren dazugehörigen Unterbereichen zu bereisen. Du wirst noch erfahren wie das möglich ist.

Die Unterbereiche sind die Ausdrucksform deines Körpers, welcher physischer, bzw. feinstofflicher Natur sein kann. Je nach dem. Die sieben Überebenen sind die Ausdrucksform deines Geistes. Menschen wie einst Jesus befinden sich geistig in der siebten Überebene. „Er sitzt zur Rechten Gottes.“ Lebt die Seele in dieser Überebene ist sie fein und leuchtet. Lebt eine Seele in der physischen Überebene, also in der physischen Gesamtebene, so wird ihr je nach entsprechenden Unterbereich des physischen Reiches ein dafür lebensfähigerer Körper gestellt. Daher kann auch ein Tier seine tiefere Ebene bewohnen, geistig jedoch schon in einer höheren Ebene weilen. So wie unter anderem bei Indianern ein weiser Bär oder ein weißer Büffel usw. etwas Besonderes und Heiliges darstellt. Wir Menschen erkennen das mit dem herkömmlichen Sehen und unseren althergebrachten Vorstellungen ehre weniger. Manche Religionen töten deshalb gar kein Tier und essen rein vegetarisch. Das ist jedoch nicht in allen Fällen notwendig. Nur da, wo wir gegen die natürlichen Gesetze verstoßen.

Daher ist jedes Lebewesen vorerst als gleichwertig anzusehen. Andererseits kann eine Seele als Mensch auf der physischen Ebene existieren, geistig aber noch im tiefen Unterbereich stecken, was zu sehr suspekten Verhaltensweisen führt. In dieser Überebene befinden sich Seelen, die sich langsam bewegen und kaum Mimik zeigen. Sie wirken wie Götzen, zum Teil auch fratzenartig.

Zurück zu den vorangehenden Übungen. Beim nächsten Exerzitium, was relativ einfach auszuführen ist, geht es um Gedankenstille. Diese Art zur Vorbereitung der Bewusstseinleere ist wichtig, wenn du die Fähigkeit dich selbst und die Stille in dir ertragen möchtest.

Sitze oder liege bequem. Wenn du ruhig geworden bist, solltest du nichts tun müssen oder wollen. Du willst nichts sehen, hören, sagen, nichts lesen, nichts ordnen, dich nicht bewegen, nicht dösen, nicht auf die Uhr sehen… Erwarte nichts, mache nichts. Plane und denke nichts – tue gar nichts. Und wenn du denkst „Nicht-Denken“ geht ja gar nicht, dann ignoriere den Standpunkt einfach. Betrachte aufkommende Gedanken als unwichtig.

Sehe und höre neutral und lass dich nicht stören. Du kannst auch die Augen schließen. Deine Gedanken kommen und gehen. Lass sie durch dein Bewusstsein ziehen, wie Wolken am Himmel erscheinen und sich wieder auflösen. Du bist von vielen Dingen umgeben. Du bist in der Welt und Teil der Welt.

Versuche deine Funktionen geschehen zu lassen, was sie ohnehin tun. Setze nicht bewusst es atmet, sieht, denkt, hört, will usw.

Wenn du einschläfst, war der Schlaf nötig für dich. Das ist in Ordnung. Der Schlaf darf dich überwältigen. Übe, wenn du nicht so müde bist, und stelle dir einen Wecker außerhalb deines Sichtfeldes. Verstehst du dich als Teil der Welt, ist die Übung gelungen. Übe zehn bis dreißig Minuten einmal wöchentlich. Gelingt dir die Übung gut, dann praktiziere sie bei Gelegenheit.

Da Gedanken im gewöhnlichen Leben dazugehören, sollten wir sie kontrollieren können. Sie machen das aus, was wir sind. Überwache dein Gedankenleben. Prüfe die Vorstellungsinhalte deines Bewusstseins.

Sportler wissen, wieviel Arbeit und Anstrengung es kostet, den Körper zu Beherrschen.

Noch schwerer ist die Beherrschung der Gedanken. Wut, Ärger und Groll revoltieren gegen ein klares Bewusstsein. Bewahre innere Ruhe.

Die U-Bahn fährt vor deiner Nase weg. Bleibe gelassen. Dein Auto streikt. Nimm die Situation einfach an, wie sie ist. Menschen drängeln sich. Du kannst abwarten. Du hast etwas beim Einkauf vergessen. Erledige das eventuell beim nächsten Mal, oder organisiere besser. Die Maße ist hektisch. Du bleibst ruhig.

Wie du siehst, sind Gedanken Kräfte. Sie beherrschen dein Befinden. Willst du Herr deiner Gefühle werden, dann kontrolliere, besser beobachte deine Gedanken. Werde für dein Befinden selbst verantwortlich, indem du dich vorerst von äußeren Faktoren distanzierst.

Sind es nicht die Gedanken, welche in dir Wünsche, Begierden und Leidenschaften wecken?

Solltest du abnormen Lüsten und Perversionen erliegen, dann wechsle dein Umfeld oder meditiere darüber, warum das so ist.

Möge der Leser bitte verstehen, daß für jeden Menschen Hilfe von Nöten ist. Wenn ich sage jeden, dann meine ich auch jeden. Natürlich muss jede/r selbst gewillt sein dieses Angebot zu nutzen. Wenn du siehst, was vor sich geht, dann fängst du an zu Verstehen. Dies zu lernen erfährst du in den folgenden Kapiteln.

Kämpfst du mit negativen Emotionen, soll dir folgende Meditation ein Hilfsmittel beim Überwinden deiner Schwierigkeiten sein. Dazu musst du sie natürlich als Schwierigkeiten wahrnehmen. Nimm eine weiße Kerze und leite die Gedanken im Geist über dein Stirnchakra in die Flamme hinein. Siehe zu, wie sie verbrennen und sich in Rauch auflösen. Der Rauch steigt in den Himmel und fällt als Regen auf die Erde nieder. Dort bringt er Wachstum und Leben hervor. Phantasie ist der Einstieg zur Imagination!

Nimm dir ganz nach Gefühl und Möglichkeit entsprechend Zeit dafür. Meditiere oft. Gerade, wenn du erste Erfolge erzielst können die alten Gewohnheiten schnell wieder Oberhand gewinnen und ziehen dich nach unten. Bleib am Ball. Ob das Menschen hilft, die perversen, sexuell angehauchten Interessen nachgehen, vermag ich nicht zu sagen. Noch sind ja nicht alle Methoden geistiger Gesundung genannt.

Merze die niederziehenden Gedankenformen aus. Entferne geistige Schmarotzer. Übe dich in der Gedankendisziplinierung. Egal wer extrem krank oder absolut pervers ist, oder mit den alltäglichen Auf und Ab konfrontiert sein mag. Es gilt sich von Neid, Hass und Eifersucht zu befreien. Sei nicht Sklave negativer Regungen. Und lies dieses Buch, daß sich das Negative in dir Auflösen kann. Hinterher kannst du nicht mehr sagen, du wüsstest von nichts. Klar, einfacher gesagt als getan. Deshalb ist es notwendig am eigenen Willen zu arbeiten.

Zügle deine Gedanken im Alltag und sehe am Abend, wo du nachlässig warst.

Bleibe bei der Bewältigung schwerer Aufgaben gelassen. In der Ruhe liegt die Kraft.

Bewahre im Kleinsten und in den unscheinbarsten Dingen Ordnung. Erledige das Lästigste als erstes. Schalte negatives Denken aus. Im Fühlen und Handeln. Werde dir bewusst, wann du gereizt, ungeduldig, und voreingenommen bist. Ziehe einen Schlussstrich unter Depression und Unlust. Bleibe in allen Situationen ruhig und Herr der Lage. Wenn du dich durchsetzen musst, beobachte dich dabei.

Schränke schädliche Genussmittel ein und halte das rechte Maß in deinen Begierden und Leidenschaften. Denke über den Begriff „Vernunftgesteuertes Wunschversagen“ nach!

Zähme deine Redseeligkeit, beherrsche deinen Körper und bewahre dir eine positive Gedankenhaltung zu jeder Zeit. Reife zu einem Willensstarken Menschen heran, der Herr seiner Gedanken und Triebe bleibt.

Die Psychologie zeigt dir die Eigenschaften der menschlichen Psyche auf. Wenn du etwas für die Lebenspraxis lernen möchtest, dann ist es ausreichend den Kern einer Idee zu verstehen. Setze sie um oder nehme sie zumindest wahr. Vermeide andere Menschen damit zu verletzen. Frage dich besser nach deinen eigenen Motiven, und danach, ob sie wirklich in Ordnung sind.

Bei allem was ich lernte, hielt ich mir folgendes stets vor Augen:

Geduld will bei dem Werke sein.

Ein stiller Geist ist jahrelang geschäftig;

die Zeit nur macht die starke Gärung kräftig.

(J.W.v. Goehte)

Wenn sich ein Mensch Ziele setzt, sollte er natürlich bereit sein dafür entsprechend zu investieren. Man muss bereit sein im Voraus Leistung zu erbringen. Erfolgsmenschen wissen das. Erst wenn ich etwas gebe kann ich etwas nehmen. Möchtest du dieses duale Gesetz umgehen, kommt es in irgend einer Form auf dich zurück, um dich daran zu erinnern, daß dein Weg nicht natürlich war. Dein Weg, besser gesagt deine Art die Sachen anzupacken richtet sich irgendwann gegen dich selbst.

Um so besser man seinen Garten oder das Feld pflegt, desto reichhaltiger wird die Ernte sein. Erbringt ein Mensch gute Vorleistungen, so ist ihm ein entsprechendes Honorar zu vergüten. Ist dies nicht der Fall, dann bricht der Geiz dieses Gesetz vom geben und nehmen.

Frustration und Unaufrichtigkeit ist die Folge. Wie lange soll so etwas gut gehen?

Nicht nur in materiellen Fragen kommt das „Gesetz vom Geben und Nehmen“ zur Geltung.

Vielleicht sucht jemand Liebe und gibt sie selbst nicht von sich, noch akzeptiert oder liebt er sich selbst ein klein wenig. Die Vorleistung kann darin bestehen, sich um andere zu kümmern, anderen zu helfen und ihre Bedürfnisse oder Wünsche ernst zu nehmen. Nichts geht wirklich ohne Vorleistung. Ohne sie gibt es immer ein Defizit. Selbstverständlich solltest du wissen, was du überhaupt willst. Soll es Glück sein, Erfolg, Reichtum oder Liebe. Liebe nicht nur in der körperlichen Variante. Was hast du dafür geleistet?

Erkenne! Du musst entsprechende Vorraussetzungen schaffen, damit sich deine Wünsche erfüllen können. Allmählich wird es klar, daß du dir die Wirklichkeit deines Lebens selbst erzeugst.

Sähe, Pflege, Ernte.

Ein Krieger des Lichts glaubt.

Weil er an Wunder glaubt, geschehen auch Wunder. Weil er sich sicher ist, daß seine Gedanken sein Leben verändern können, verändert sich sein leben. Weil er sich sicher ist, daß er der Liebe begegnen wird, begegnet ihm diese Liebe auch.

Manchmal wird er enttäuscht, manchmal verletzt.

Und dann hört er Kommentare wie diesen: „Wie naiv er doch ist!“

Aber der Krieger weiß, daß es sich lohnt. Für jede Niederlage gibt es zwei Siege.

Alle, die glauben, wissen das.

Paulo Coehlo

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