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Teil 1: Der Zufall

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17. Juli 2016

Das Ende eines herrlichen Wochenendes nahte mit großen Schritten. Zwar waren die Temperaturen nicht wirklich sommerlich gewesen, was wir auch in Deutschland Mitte Juli eigentlich erwarteten, aber ich hatte entspannte Stunden mit Freunden in einem exzellenten Restaurant verbracht, viel gefaulenzt und mich bestens von der Arbeitswoche erholt. Nun entspannte ich mich noch ein wenig vor dem Fernseher, bevor ich mit einem Glas Wein ins Bett zum Lesen wollte.

Aus der Küche ertönte das vertraute Geräusch meines Handys – der Akku war geladen. Etwas widerwillig schälte ich mich aus meinem bequemen Sessel im Wohnzimmer, schlenderte in die Küche und löste das Smartphone vom Kabel. Auf dem Display erschien die Nachricht, dass ich zwei SMS empfangen hatte.

Wer schrieb denn heute noch SMS? Eigentlich niemand. Zumindest nicht in meinem Freundes- und Bekanntenkreis.

18:15 Uhr

SMS: Ich schichte am Strand Holz für das Feuer auf und begebe mich gleich in die Hände der Schamanen … Kaum zu glauben, wie alles in mir schreit …

Die nächste SMS war von 18:24 Uhr.

SMS: Bitte wegen fehlgeleiteter SMS um Verzeihung! … wünsche einen angenehmen Abend!!!

18:37 Uhr

Ich: Kein Problem! Wünsche auch einen schönen Abend.

18:48 Uhr

SMS: … als Enkel eines Schamanen sehne ich mich im Moment demütig nach Heilung und Gesundung … ich habe bald keine Kraft mehr. Gruß aus Zypern, Koray!

Koray – das war ein türkischer Name.

18:50 Uhr

Ich: Ich wünsche dir von Herzen, dass du deine innere Mitte wiederfindest. Gruß aus dem Ruhrgebiet, Lisa

18:57 Uhr

Koray: Meine Zeit besteht nur noch aus Hoffen und Bitten … das ist lieb von dir und geht mir unter die Haut … hab‘ tausend *DANK*, Lisa (bin am Freitag zurück im Spessart)

Dieser Mann schien in einer ziemlich desolaten Verfassung zu sein. Derartig emotionale und aufgewühlte Nachrichten hatte ich selten erhalten, wenn ich ehrlich war, eigentlich noch nie. War es mein oft verdammtes Helfersyndrom oder sein mich faszinierendes schamanisches Ritual, das mich zwei Stunden später noch einmal schreiben ließ?

21:01 Uhr

Ich: Wie geht’s dir im Augenblick?

22:17 Uhr

Koray: Liebe Lisa, ich sitze am Strand und lausche den Wellen … warte auf sieben Schamanen … um Mitternacht wird das Feuer entzündet … mehr weiß ich nicht … ich wünschte, jemand würde mich festhalten … ganz fest!!!

18. Juli 2016

07:18 Uhr

Ich: Das habe ich in Gedanken getan.

09:24 Uhr

Koray: Guten Morgen, Lisa, mein Herz ist still … meine Sinne entspannt … ich habe eine äußerst geheimnisvolle Nacht hinter mir und bin sehr erschöpft …

Das Ritual war offensichtlich für ihn von großer Bedeutung gewesen. Die Wörter, die er zur Beschreibung dieser Nacht wählte, waren für meinen Geschmack zwar etwas zu blumig, aber vielleicht beschrieben sie genau das, was sich ereignet und was er gefühlt hatte. Vielleicht drückten sich die Türken in ihrer Sprache auch blumiger aus, ähnlich wie die Franzosen.

09:37 Uhr

Ich: Das ist wirklich schön. Versuche, den ganzen Tag entspannt zu bleiben.

14:10 Uhr

Koray: Im Schatten der Pinien blicke ich nachdenklich aufs Meer … ich huldige der spirituellen Welt … danke jenen unsichtbaren Energien, die graziös in mir tanzen … habe soeben aus dem Hotelbeet eine duftende rosa Rose entwendet … ich streichle damit über deine Wangen …

Unsichtbare Energien, die graziös in ihm tanzten? Und er streichelte mit einer Rose über meine Wangen? Na gut, dachte ich wieder. Seine ersten Nachrichten ließen vermuten, dass er sehr aufgewühlt war. Er schien extrem feinfühlig und sehr sinnesorientiert zu sein. Eigentlich mochte ich das, auch wenn es sich etwas merkwürdig anfühlte, da ich diesen Mann ja gar nicht kannte.

Was ich allerdings gar nicht mochte war, wenn blühende Blumen aus einem Beet gerissen wurden. Deshalb schrieb ich nur zurück:

16:25 Uhr

Ich: Danke. Stell sie ins Wasser und genieße sie.

Irgendwann am Abend machte sich wieder mein manchmal lästiges Helfertierchen bemerkbar. Wie ging es diesem Menschen nun, der gestern noch so gelitten hatte?

19:32 Uhr

Ich: Geht’s dir gut?

19:57 Uhr

Koray: Dieses Ritual wird heute und morgen noch einmal durchgeführt … mein Unterbewusstsein wird angeregt, sodass ich mich den Dingen stellen kann, die mein Inneres zerfleischen. Bin bereit für die zweite Nacht! Einmalige Erlebnisse, die ich in mir verewige … habe angefangen, alles niederzuschreiben. DANKE, ich bin ok. Liebe Grüße!

21:01 Uhr

Ich: Das liest sich schön. Freue mich sehr für dich, dass es viel besser als gestern zu gehen scheint. Liebe Grüße an dich und ich wünsche dir, dass die heutige Nacht dich noch ein Stück weiterbringt. Das aufzuschreiben finde ich toll!

19. Juli 2016

19:03 Uhr

Koray: Explosionen in meiner Gefühlswelt … liebe Lisa, die Barrieren des Widerstands sind gebrochen … das Erlebte übertrifft spirituell alles, was ich bisher kannte … unser stiller Kontakt schenkt mir Kraft … ich durchlebe einzigartige Momente … wünsche dir einen angenehmen Abend!

19:54 Uhr

Ich: Lieber Koray, es freut mich sehr, dass dir unser Kontakt Kraft gibt. Und noch mehr, dass deine Barrieren gefallen und deine Widerstände gebrochen sind. … Ich war eben mal neugierig und habe deinen Namen gegoogelt. Flammender Mond – wie schön ist das denn? – Dir auch einen zauberhaften Abend und um Mitternacht eine weitere schöne Erfahrung. Ich glaube, das würde ich auch gern mal erleben. Liebe Grüße, Lisa

20. Juli 2016

11:42 Uhr

Koray: Meine Mutter erzählte mir, an meinem Geburtstag sei der Mond glutrot gewesen … und ich weiß, dass du eine „reiche Göttin“ bist! Erschöpft und kraftlos wage ich mich ins blaue Wasser … wenn du am späten Abend eine seltsame Wärme in dir spürst … dann lese ich gerade etwas aus meinem Mokkasatz über dich … liebe Grüße, Koray

Ein Mann, der aus dem Mokkasatz las? Ich war mir nicht sicher, ob ich das strange oder interessant finden sollte.

15:23 Uhr

Ich: Bin neugierig, was du über mich lesen wirst. Genieß den Tag!!!

21. Juli 2016

10:58 Uhr

Koray: Kein Psychologe in Deutschland war in der Lage, mir zu helfen … Melodien erschallen, Lieder erklingen im Saal meiner Sinne … ich sah im Mokkasatz, dass du eine höchst geheimnisvolle Frau bist … in meinem Traum bist du mit nackten Füßen sinnlich auf weißem Marmor getanzt … du hattest ein bodenlanges, schneeweißes Kleid aus purer Seide an! … Ich neige mich vor dir in Achtung und Demut … liebe Grüße, Koray

Ich und geheimnisvoll? Ich, die ich meine Gefühle im Gesicht und mein Herz auf der Zunge trug? Da war beim Mokkasatzlesen gründlich etwas schiefgelaufen. Und ich sah mich vor meinem inneren Auge ohne Schuhe auf kalten Steinen herumhopsen! In einem bodenlangen Kleid! Wie skurril war das denn?

Aber er hatte es sicherlich nur nett gemeint. Und ihm ging es ja zudem nicht wirklich gut. Also musste ich auch etwas Nettes antworten.

11:38 Uhr

Ich: Danke für deine schöne SMS.

17:46 Uhr

Koray: Liebe Lisa, du warst in den letzten Tagen ein Teil meines Lebens. Ich behaupte, stets ein Gentleman zu sein … für einen niveauvollen, höflichen, im Sinn anständigen Austausch würde ich auf mein letztes … na ja, vorletztes Hemd verzichten. Morgen bin ich wieder im Spessart. 1.001 liebe Grüße, Koray

Okay – meine Mutter hatte mir beigebracht, dass ein wirklicher Herr nie über sich sagen würde, dass er ein Herr sei. Doch dieser Mann stammte ja aus einem ganz anderen Kulturkreis als dem, in dem ich großgeworden war. Vielleicht war es in der türkischen Kultur völlig in Ordnung, von sich selbst zu behaupten, ein Gentleman zu sein. Also las ich großzügig über diese Aussage hinweg, und lachte über den Verzicht auf sein vorletztes Hemd.

Aber was bedeutete diese SMS? War das ein Abschied? Irgendwie wäre das schade. Selbst wenn seine SMS manchmal etwas übertrieben schnulzig waren, gefiel mir der Kontakt mit diesem Mann. Außerdem wollte ich mehr über das Ritual am Strand und seinen schamanischen Großvater erfahren.

18:51 Uhr

Ich: Lieber Koray, komm gut heim. Ich würde mich freuen, dich wieder zu lesen – wenn ich ein Teil deines Lebens bleiben kann. Und keine Sorge – dein vorletztes Hemd darfst du behalten. ;o)

22. Juli 2016

Dass eine Antwort auf meine letzte SMS ausblieb, verunsicherte mich ein wenig. Ich hatte wirklich genügend Freunde und Bekannte. Er sollte bloß nicht annehmen, ich sei einsam und auf ein paar SMS von einem Fremden angewiesen, weil ich ansonsten nichts hatte. Das musste ich richtigstellen.

12:38 Uhr

Ich: Upps, nicht, dass du mich missverstehst. Ich habe ein buntes Leben und viele Menschen darin. Ich habe unseren Kontakt aber als besonders empfunden. Daher würde ich es schön finden, dich wieder zu lesen. Liebe Grüße, Lisa

13:58 Uhr

Koray: Es bedarf definitiv keiner Sorge … auch mein Leben ist turbulent und voller Menschen … ich suche keine amourösen Abenteuer … ich bin ein Romantiker … daher ist mir nach den innigen Momenten, nach denen unsere Herzen dürsten … nach einem Tropfen Glück … nach einem Schluck Zärtlichkeit!

23. Juli 2016

Mhmm? Unsere Herzen dürsteten? Mein Herz dürstete – ehrlich gesagt – nach gar nix. Ich war nun seit viereinhalb Jahren Single. Und das war gut so. Nach meiner letzten Beziehung war mir die Lust vergangen, noch einmal hinzufallen – vor allem aber hatte ich keine Lust mehr, noch einmal wieder aufzustehen.

Wie kam Koray bloß auf den Gedanken mit dem amourösen Abenteuer? Oder auf innige Momente? Auch wenn ich zugegebenermaßen die Formulierungen „Tropfen Glück“ und „Schluck Zärtlichkeit“ sehr hübsch fand. Vielleicht war seine blumige Art zu schreiben ja wirklich Ausdruck einer romantischen Haltung. Und vielleicht tat ich ihm unrecht und er war anders als andere Männer.

01:14 Uhr

Ich: Das war eine sehr romantische SMS.

09:24 Uhr

Koray: … für mich ist die Frau wie eine schöne Rosenknospe … sie verdient Achtung, Wertschätzung, sanfte, romantische Berührungen … so wie die Sonnenstrahlen eine Knospe öffnen, so öffnet sich das Herz einer Frau durch Romantik … sie ist der magische Schlüssel, der das liebevolle Herz einer Frau öffnet, streichelt, küsst und erobert … zart in zart! Guten Morgen :-)

Okay … In meinen Ohren klang das alles sehr übertrieben, gleichzeitig aber auch irgendwie nett. Ich erinnerte mich an eine SMS, in der er geschrieben hatte, er neige sich in Achtung und Demut vor mir.

Außerdem musste ich diesem Mann doch zugutehalten, dass er sich in den spirituellen Ritualen wohl sehr schlimmen Dingen gestellt hatte, die ihm widerfahren waren.

10:17 Uhr

Ich: Guten Morgen, lieber Koray. Du schreibst außergewöhnlich …

10:48 Uhr

Koray: … manche nennen es Süßholzraspeln, andere wiederum schnulzig, doch mich verstehen nur Frauen, die mit dem Herzen sehen und mit den Augen sprechen können!!!

Nun: So ganz Unrecht hatten die anderen – wer auch immer das sein mochte – da nicht. Er raspelte Süßholz und schrieb schnulzig. Aber mit „dem Herzen sehen und mit den Augen sprechen können“, das wiederum hatte was. Immerhin war „Der kleine Prinz“ eins meiner Lieblingsbücher.

16:25 Uhr

Ich: Es kommt drauf an, wer so etwas schreibt. Sicherlich gibt es Männer, die schnulzig sind oder Süßholzraspeln, um eine Frau, wie man so schön sagt, besoffen zu quatschen. Aber wenn ich mir deine ersten SMS anschaue, scheinst du anders zu sein. – Wie fühlst du dich, wieder zurück in Deutschland??? Viele Grüße!

17:02 Uhr

Koray: Wie schön von dir, liebe Lisa. Ich war voller Zweifel, ob die schamanischen Rituale Balsam für meine Seele sein könnten … nun bin ich voller Hoffnung … es wird ein Prozess, ein Weg, den ich gehen muss … Omnia tempus habent! Bin gestern Abend zurückgekommen … Ich entwende demnächst bestimmt wieder eine Rose … pssst, bleibt unter uns!!! Grüße voller Poesie, Koray

Meine bayerischen Freunde waren am Wochenende als Aussteller auf einer Trachtenmesse in Düsseldorf zu Gast. Sie hatten strahlenden Sonnenschein mitgebracht. Wir verbrachten einen perfekten Abend im Biergarten ihres Hotels bei Pasta, Pizza und einer Flasche Wein. Ich erzählte Antje und Thomas von diesen zufällig gesendeten SMS und der anschließenden täglichen und intensiven Korrespondenz mit Koray. Ich merkte, welche Begeisterung in meiner Stimme lag, auch wenn ich selbst nicht wusste, was der Grund dafür war.

„Na“, machte Thomas warnend, „sei vorsichtig. Wer weiß, was das für einer ist. Und woher hat der überhaupt deine Nummer?“

Bevor ich antworten konnte, winkte Antje ab. „Ah geh, Thomas, du und deine Skepsis. Lass Lisa doch. Was soll denn bei der Schreiberei schon passieren?“

Ich war geneigt, auf Antje zu hören.

23:49 Uhr

Ich: Bin gerade von einem schönen Abend mit meinen bayerischen Freunden aus Düsseldorf zurück. Die zwei stellen dort auf einer Messe aus. – Ja, du hast recht. Alles braucht seine Zeit, insbesondere Heilung und Entwicklung. Wer hat dich bloß so verletzt?! – Wie kam es eigentlich dazu, dass du aus Versehen die erste SMS an mich geschickt hast? Träum süß.

24. Juli 2016

01:15 Uhr

Koray: Ich habe beim Speichern meiner Zielnummer einen Fehler gemacht und bin so zufällig bei dir gelandet … Ich möchte dein Gemüt nicht mit meinen Wehwechen trüben, zumal tausend SMS nicht reichen würden, alles zu erklären … die Kerze flackert … ich sehe in meinem Glas Rotwein meine braunen Augen funkeln … sehe nämlich, wie ich dir höflich die Rose schenke … gib ruhig zu, dass du ein Engel bist … iyi geceler, tatli rüyalar!!!

11:17 Uhr

Ich: Bei Latein kann ich ja noch mithalten, aber bei Türkisch muss ich passen. – Als spiritueller Mensch weißt du doch: Es gibt keine Zufälle. Ich mag es, mit dir zu schreiben.

12:52 Uhr

Koray: Ja, man sagt, Zufälle sind wie reife Früchte, deren Zeit gekommen ist, vom Baum zu fallen! … ich biete erneut mein vorletztes Hemd an … für die Auskunft, wie dein Haar ist. Farbe? Form? … Ich mag an einer Frau am meisten die duftend gepflegten Haare – typisch Mann :-)

Zufälle sind wie reife Früchte, deren Zeit gekommen ist, vom Baum zu fallen. Das gefiel mir! Aber wie meine Haare aussahen, hatte ihn nicht zu interessieren und was er an einer Frau am meisten mochte, interessierte mich nicht. Aber irgendwie konnte ich ihm nicht vor den Kopf stoßen. Jetzt, da es ihm gerade wieder besser ging? Oder um es mit Antje zu halten: Was sollte denn bei der Schreiberei schon passieren? Es schadete doch nichts, ihm ein bisschen Aufmerksamkeit zu schenken. Ihm zu schreiben, wie mein Kopf aussah und mal nach ihm zu fragen?

15:45 Uhr

Ich: Ein schöner Spruch. … Meine Haare sind blond und inzwischen relativ lang. Wärst du bei WhatsApp, könntest du ein Foto von mir sehen. Wie schaust du denn aus? Außer den braunen Augen, die ich vermutet hatte, weiß ich ja auch nichts von dir.

16:02 Uhr

Koray: DANKE! Oh jee … bin typisch südländisch braun, Oberlippenbart, meine anatomischen Maße sind normal (1,80 m, 90 kg) … bin kein Frauentyp … und tröste mich damit, dass manche Frauen Männer ohne Haare sexy finden … ja, ich lächle gerade :-) … mein Handy ist aus dem Jahr 1873 … da ist nichts mit WhatsApp … aber Weihnachten kommt mit modernem Handy & Co.

Kein Frauentyp. Okay. Bei einem Meter und achtzig war er mit neunzig Kilogramm in der Tat etwas übergewichtig.

Keine Haare. Na ja, das sah bei den meisten Männern ja ziemlich attraktiv aus. Aber der typisch türkische Oberlippenbart – oh, Mann.

Wenn es ihm gut ging, schien Koray über eine ordentliche Portion Humor zu verfügen. Ein spiritueller, romantischer Mann mit Humor. Das hatte was. Und ein Türke, der unser christliches Weihnachtsfest feierte, war auch eine Rarität.

18:20 Uhr

Ich: Jetzt musste ich auch lachen. Unsere ersten weltlichen SMS. Warum der klassische Oberlippenbart?

18:50 Uhr

Koray: Na ja, ich weiß nicht, wie ich es schreiben soll … mein Oberlippenbart hat in meiner erotischen Welt einen „ganz besonderen“ Platz!!!

Upps! So genau hatte ich das gar nicht wissen wollen. Auf der anderen Seite war ich jetzt natürlich neugierig – hatten alle Türken aus erotischen Gründen diesen Schnäuzer? Das wäre etwas, das wir Deutschen garantiert nicht vermuteten?

19:38 Uhr

Ich: Oh!!! Hast du mir jetzt gerade das Geheimnis der türkischen Männer verraten?

20:17 Uhr

Koray: … es ist nur ein Geheimnis zwischen meinem Bart und mir! … Ich begehre Frauen, die mein Blut zum Kochen bringen können!

Nach dieser SMS hatte ich wohl mehr als jeweils ein Fragezeichen in beiden Augen. Was sollte ich mit dieser Information anfangen? Und außerdem: Hatte er nicht geschrieben, er sei Romantiker und stehe nicht auf amouröse Abenteuer? Oder hatte ich etwas falsch verstanden? Ich wollte weder begehrt werden noch sein Blut zum Kochen bringen. Was ich wollte, war ein schöner und vielleicht bereichernder Austausch.

20:28 Uhr

Ich: Aha!? Ich dachte, du stehst nicht auf amouröse Abenteuer. Das liest sich gerade etwas anders.

21:04 Uhr

Koray: Nein …. Liebe Lisa, amouröse Abenteuer sind nicht meins … in tiefem Vertrauen … ich hatte seit Weihnachten 2014 keinen Sex mehr … drei Ereignisse haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin … worüber ich nur schweige.

21:16 Uhr

Koray: Aber wer weiß? Vielleicht bin ich eines Tages in der Lage, dir davon zu erzählen … liebe Grüße

Da war ich wohl ein wenig ungerecht gewesen. Dieser Mann war doch wahrscheinlich noch völlig neben der Spur. Sonst hätte er doch nicht extra an diesem schamanischen Ritual über drei lange Nächte teilgenommen. Ich würde ihn jetzt einfach anrufen.

Aber es klingelte ins Leere.

21:18 Uhr

Ich: Ich war jetzt einfach mal so mutig und vermessen, dich anzurufen. Aber leider gehst du nicht ans Telefon. Ich möchte nicht an Dingen rühren, die dich aufwühlen. – Was ich noch schreiben wollte zu einer heutigen SMS von dir: Kein Mensch ist es wert, dass du tausend oder mehr SMS über das Leid, das er bei dir verursacht hat, schreibst. Kein Mensch!

21:21 Uhr

Koray: Sorry … die Rufnummer war unterdrückt, darum ging ich nicht ran … wenn du noch mal möchtest?

Und ich wählte seine Nummer noch einmal. Er entschuldigte sich, dass er das Gespräch beim ersten Mal nicht angenommen hatte. Seine Stimme war angenehm – weich und ruhig. Eine Weile redeten wir über Belanglosigkeiten. Es war etwas anderes, sich täglich zu schreiben, als nun miteinander zu sprechen … Ich fragte ihn, wie man seinen Namen aussprach und er ließ es mich wissen.

Mhmm“, sagte ich. „Das ‚r‘ kann ich nicht so rollen wie ihr. Ist es okay für dich, wenn ich deinen Namen deutsch ausspreche.“

„Lisa“, lachte er, „du bist Deutsche. Es hat seinen Reiz, wenn du meinen Namen auch deutsch aussprichst.“ Dann seufzte er plötzlich.

„Du hast jetzt keine Zeit oder Lust zu telefonieren?“ fragte ich.

„Nein, das ist es nicht“, antwortete er. „Ich möchte dir einfach von den drei Ereignissen erzählen, von denen ich dir heute geschrieben habe. Ich weiß nicht, warum. Aber ich habe durch unseren Kontakt, während ich auf Zypern war, ein starkes Vertrauen zu dir entwickelt. Deshalb möchte ich dir jetzt einfach davon erzählen.“

„Bist du sicher?“ fragte ich.

„Ja, bin ich“, antwortete er.

„Danke“, sagte ich leise.

Er seufzte wieder.

Im Hintergrund hörte ich die knarrenden, hohen Motorgeräusche vorbeifahrender Mofas und wir schwiegen einige Augenblicke, bevor er anfing zu reden. Es fiel ihm nicht leicht. Er sprach langsam und holte zwischen den einzelnen Wörtern tief Luft, als würde auf seinem Brustkorb eine schwere Last liegen.

„Weißt du, ich habe mich in eine Frau verliebt, die im Rollstuhl saß. Ich hatte mir bis zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen können, dass mir so etwas passiert. Sie war eine tolle Frau, lachte viel, obwohl sie es aufgrund ihrer Lähmung nicht leichthatte. Die Beziehung mit ihr war wunderbar, harmonisch und sehr liebevoll. Und dann erkrankte sie unheilbar und verstarb innerhalb von ein paar Monaten.“

Nun seufzte ich. „Das tut mir sehr leid.“

Er schwieg einen Moment lang und atmete wieder schwer.

„Du musst nicht weitersprechen“, warf ich ein.

„Ich will aber. Es tut gut, dir davon zu erzählen. Ich hab‘ bislang nur mit Psychologen darüber geredet. Und die konnten mir nicht helfen.“

„Okay“, machte ich leise. „Wenn es dir guttut, sprich weiter.“

„Das zweite Ereignis, das mich fertiggemacht hat … meine älteste Tochter wurde als Kind vergewaltigt.“

„Oh, mein Gott. Wie ist sie damit zurechtgekommen?“

„Gar nicht.“

„Hat sie Hilfe bekommen?“

„Ja. Sie war in psychologischer Behandlung und sogar eine Weile in der geschlossenen Psychiatrie. … Aber sie hat diesen Missbrauch nicht verarbeitet. … Ja, liebe Lisa, und das dritte Ereignis war, dass ein Freund von mir, ein Detektiv, mich anlässlich eines Auftrags mitgenommen hat. Wir waren in einer Hütte im Wald und haben dort kinderpornografisches Material gefunden. Das, was ich da gesehen habe, hat mir den Rest gegeben.“

Ich atmete tief ein und wieder aus. Jedes der drei Ereignisse war für sich allein genommen schon dramatisch genug. Niemand sollte das alles erleben müssen.

Er seufzte wieder: „All das hat dazu geführt, dass ich nicht mehr weinen kann und … es hat mich meine Männlichkeit gekostet.“

Ich hörte, dass er schwer schluckte. „Ja, aber das ist doch normal“, bemerkte ich. „Wenn etwas Schlimmes passiert, reagiert unser Körper, als wären wir auf der Flucht. Das sexuelle Bedürfnis ist in solchen Situationen komplett ausgeschaltet.“

„Darüber habe ich gelesen. Ich bin ja auch nicht wirklich arm in dieser Hinsicht. Ich kenne Dinge wie den inneren Orgasmus. Das ist etwas sehr Wertvolles. Aber dieser Verlust belastet mich trotzdem sehr. Weißt du – ein Mann im besten Alter und dann so was. Und ich will keine amourösen Abenteuer oder One-Night-Stands. Ich möchte etwas Tiefgehendes. … Tat gut, dir das alles erzählen zu dürfen.“

Ich erinnerte mich an seine Nachrichten aus Zypern – ein Mann, der mir höchst sensibel erschien und mir sofort sein Vertrauen schenkte. Solche Männer waren rar. Gab es sie überhaupt? Ich hoffte, dass aus dieser Zufallsbekanntschaft eine wunderbare, tiefgehende Freundschaft entstand.

„Dass es dir nach all diesen schlimmen Ereignissen nicht gut geht, ist vollkommen normal. Die spirituellen Nächte auf Zypern haben doch schon viel bei dir bewirkt“, versuchte ich das Gespräch in positive Bahnen zu lenken.

„Das ist richtig. Ich bin in der Tat auf einem guten Weg nachhaltiger Heilung. Aber es handelt sich um einen Prozess, der lange Zeit in Anspruch nehmen wird.“

Wir redeten noch eine Weile – über seinen anstehenden Arbeitsbeginn, über Alltäglichkeiten. Dann sagte er: „Die Nachbarn winken gerade. Sie haben ein Lagerfeuer entfacht und ich soll auf ein Glas Wein rüberkommen. Das wird sicherlich eine lange Nacht.“ Er lachte.

„Aber bestimmt eine schöne Nacht. Viel Spaß“, wünschte ich ihm, bevor ich auflegte.

Meine Nacht war unruhig. Immer wieder dachte ich an das Telefonat mit Koray und daran, was er mir anvertraut hatte.

Ich gebe zu, mein fast immer sonniges Gemüt litt schwer unter seinen dunklen Geheimnissen.

25. Juli 2016

00:10 Uhr

Koray: Die Glut wärmt … wenn ich auch nicht weinen kann … ein paar Tränen spüre ich auf meinen Wangen … liebe Lisa, in meiner Kultur glaubt man, dass die Handfläche einer Frau die Quelle der Zärtlichkeit ist … ich nehme deine beiden Hände und küsse deine Handinnenflächen … süße Träume …

07:53 Uhr

Ich: Danke dir für die liebe Geste. Wünsche dir einen guten Start in die neue Woche. Liebe Umarmung.

08:29 Uhr

Koray: Wenn ich an dich denke, empfinde ich Vertrauen … es ist schön, dass du da draußen bist … hab‘ vielen Dank. Schicke dir in Brisen versteckte liebe Grüße!

Es war schön, dass er mir dermaßen vertraute. Ja, inzwischen war ich mir sicher – das würde eine schöne Freundschaft. Eine mit Tiefgang.

09:16 Uhr

Ich: Die Brisengrüße sind angekommen. Danke sehr! Ich freue mich auch, dass es dich gibt. Es gibt wenige Menschen mit einem großen Herzen. Du scheinst einer diesen wenigen Menschen zu sein.

11:53 Uhr

Koray: … als ich mich heute Morgen rasierte und meinen Bart pflegte, musste ich herzlich lachen …

Na ja, das ging jetzt irgendwie wieder in die falsche Richtung …

20:48 Uhr

Koray: Ich sitze am Main … einige Schwäne nähern sich … diese warmen Sommerabende wecken vieles, was in mir schlummert … meine zwei Kugeln … also gut, meine vier Kugeln Eis schmecken gerade umso leckerer :-)

Ich schmunzelte unwillkürlich.

20:52 Uhr

Ich: Schwäne sind so schön! Aber Sir können sehr böse werden. Also pass gut auf deine zwei, gut, deine vier Kugeln Eis auf. Mhmm, Main! – mir fehlt, seit ich wieder im Ruhrgebiet bin, ein Rhein. Saß bis vor einigen Minuten im Garten auf meiner Bank. So ein herrlicher Sommerabend … davon gab es in diesem Jahr noch nicht so viele.

20:54 Uhr

Ich: Oh je. Gleich zwei Fehler in einer so kurzen SMS. Es sollte heißen: Aber sie können sehr böse werden … Und: mein Rhein …

20:59 Uhr

Koray: Kein Thema. Ich kann nicht nur von den Augen oder Lippen, sondern auch zwischen den Zeilen lesen … mir ist nach einem Lagerfeuer … bis in den Morgengrauen mit einem Glas Wein über Gott und die Welt reden …

21:03 Uhr

Ich: Bin sofort dabei!!! Ein Glas Wein wird allerdings nicht reichen. – Aber … Du darfst doch gar keinen Alkohol trinken. Mhmm. Du musst mit einer Deutschen verheiratet gewesen sein. Oder wer hat dir dieses Laster beigebracht??? ;o)

21:08 Uhr

Koray: Ich bin ein Genießer … trinke nur guten Wein … am liebsten im Zauber des Abends! Zwei bis drei Gläser machen mich höchst romantisch!

21:10 Uhr

Ich: Ich dachte, das bist du eh.

21:15 Uhr

Koray: … ich meine, es ist einfach schön … diese sinnlichen Momente mit einer Frau!

Falsche Richtung! Vielleicht reagierte ich dieses Mal mit ein bisschen Humor.

21:16 Uhr

Ich: Bin deiner Meinung. Natürlich nicht komplett. Ich könnte mit einer Frau keine romantischen Momente teilen.

21:18 Uhr

Koray: Ha ha ha … ich auch nicht mit einem Mann …

21:20 Uhr

Ich: Uhhhh, schön, du hast gemerkt, dass ich geschmunzelt habe. Kommt in Texten ja nicht unbedingt rüber. Hatte heute einen richtig schönen Tag. Wie war dein Start zurück ins Arbeitsleben?

21:30 Uhr

Koray: Typisch Job … bin ziemlich geschafft … gehe jetzt unter die Dusche und mache mir schöne Gedanken!

21:32 Uhr

Ich: … erhol dich gut vom ersten Arbeitstag und schlaf gut.

21:39 Uhr

Koray: Du lächelst ja schon wieder … schön! Danke, du Engel! … träum du auch süß … mit der Sprache der Engel auf deinen Lippen … und mit einem nektarsüßen Lächeln!

Warum hatte er an dieser Stelle nur wieder so maßlos übertreiben müssen? Aber er brachte mich zum Lachen und spürte, wenn ich lachte. Das war doch mal was anderes.

26. Juli 2016

07:05 Uhr

Ich: … schönen guten Morgen, Koray mit dem großen Herzen. Bei What‘s App würde ich dir jetzt eine duftende Tasse Kaffee und eine Sonne schicken. :o) – Einen wunderbaren Start in den Tag!

08:56 Uhr

Koray: Guten Morgen … im Glitzern von süß und schön drücke ich dich ganz fest!

14:11 Uhr

Koray: Am 8. August trete ich übrigens meinen eigentlichen Urlaub an … es kribbelt schon wieder. Drei Wochen am Meer!

14:36 Uhr

Ich: Da könnte ich, wenn ich das Gefühl kennen würde, ja fast neidisch werden. So freue ich mich für dich. Wohin geht’s?

15:09 Uhr

Koray: In die Heimat … da habe ich alles, was ich brauche … auch um den Geist zu beruhigen!

16:13 Uhr

Ich: Ach, herrlich. Aber komm heile wieder. Ist dort ja gerade ‘ne Menge los … Und nicht dabehalten lassen!

16:33 Uhr

Koray: Wahrlich … dieser Tyrann stürzt das Land in den Abgrund! Wie viele Menschen habe auch ich Bedenken, dass im Urlaub etwa schief läuft … werde aber zurückkommen … weil ich nämlich mit dir Wein trinken und dabei in deine Augen blicken möchte … ich weiß, wie schön der sinnliche Blick in die Augen ist … und das will ich bei dir!

Jetzt musste er aber mal wieder runterkommen. Wie schrieb ich das jetzt nett, ohne diesen Mann zu verletzen?

20:43 Uhr

Ich: Vielleicht magst du meine Augen ja gar nicht …

21:15 Uhr

Koray: … sei gewiss. Wenn eine Frau in der Harmonie schöner Kleidung, Frisur, Schminke und Parfum … duftend erblüht … so sind ihre Augen wie zwei Smaragde, die funkeln … so wünsche ich mir dich!

Eijeijei … das war wirklich ein ziemliches Süßholzgeraspel. Aber, mahnte ich mich, bleib nett!

21:48 Uhr

Ich: Das bekommen wir Frauen ja alle mehr oder weniger gut hin. Morgens, wenn wir aufstehen, sehen wir ganz anders aus – mehr oder weniger. ;o)

22:19 Uhr

Koray: Die Kunst, eine Frau zu verstehen … das ist auch Romantik. Die Ankündigung einer Handlung ist oft spannender als die Handlung selbst! Tauche mit mir hinein ins Reich der Poesie … du kannst „jedes“ Thema wählen :-)

Hallo? Was war denn das jetzt für ein „Angebot“?! Darauf antwortete ich nicht. Das ging mir doch entschieden zu weit – schlimme Erlebnisse hin, schlimme Erlebnisse her.

27. Juli 2016

13:34 Uhr

Koray: Gruß aus dem Schatten einer urigen Platane … du darfst ruhig in meine Papiertüte greifen … 500 g „Frauensteiner Kirschen“ … hmmmm, köstlich!

Diese SMS war wieder eine Basis, auf der wir weiterschreiben konnten.

13:52 Uhr

Ich: Als Nachtisch das Wahre.

Ich erhielt keine Antwort. Abends fehlte mir plötzlich der Kontakt zu ihm.

20:33 Uhr

Ich: Machen dir die Kirschen auch ein klein wenig Magengrummeln?

20:48 Uhr

Koray: Grummeln habe ich … ja … aber nicht durch die Kirschen! Es sind die Raupen in meinem Bauch, die sich in Schmetterlinge verwandeln.

20:52 Uhr

Ich: Du SMS-Romantiker. Wo bleibt dein wahres romantisches Leben? Die Handlung sollte spannender sein als die Ankündigung der Handlung.

21:01 Uhr

Koray: Es ist die Zeit, die unserem Leben Wege bereitet … wer weiß, welche Überraschungen auf diesem Weg verborgen sind … ich gehe meinen einfach.

Mhmm, das klang ein wenig verletzt. Ich sollte etwas verständnisvoller mit ihm umgehen! Der Mann hatte Schlimmes erlebt. Was war ich für eine Freundin?

21:06 Uhr

Ich: Das ist gut. Allerdings kann das wahre Leben auch viel Schönes schenken, nicht nur Schmerz. Ich schicke dir eine Umarmung.

21:09 Uhr

Ich: Sei mir nicht böse. Wir können unterschiedlicher Meinung sein und trotzdem bist du mir in den anderthalb Wochen wichtig geworden.

21:13 Uhr

Koray: Böse? Im Gegenteil … mein Herz erblüht und wärmt sich wohlig, wenn ich mit dir über so schöne Dinge schreibe … gemäß meiner obersten Direktive und meinem Motto: Omnia vincit amor (Liebe besiegt alles)

21:18 Uhr

Koray: … und gerade heute, da mein letzter Arbeitstag war :-) :-) :-) Bis ich am 7. fliege, entspanne ich hier im Ländle … Fahrradtour mit den Kids, Besuch im Allgäu usw. :-)

Wow – in dieser SMS steckte eine gehörige Portion Föhlichkeit. Und die richtige Richtung war es auch! Jetzt durfte ich auch mal wieder was Nettes schreiben.

21:19 Uhr

Ich: Du schreibst sehr schön. Machst du auch beruflich etwas mit Sprache? Aber du antwortest ja nicht gern auf Fragen. Ich habe auch sehr gern mit dir telefoniert und hoffe, das eine Mal war nicht das erste und letzte Mal.

21:28 Uhr

Koray: Hab‘ ich etwas überlesen? Was war deine Frage? Ich mache nichts mit Sprache. Habe einen technischen Beruf. Wind-, Wasser- und Solarenergie. Die deutsche Sprache hat mir mein Vater „eingetrichtert“. Möchte sogar sehr gern mit dir telefonieren … ohne Stress und mit viel Zeit! Am Wochenende zum Beispiel?

21:43 Uhr

Ich: Das hat dein Papa gut gemacht. Hatte mal gefragt, ob du mit einer Deutschen verheiratet warst, weil du Alkohol trinkst. Wochenende ist prima. Sonntag? Samstag habe ich Programm.

21:45 Uhr

Koray: Sorry! Nein, meine Frau ist auch Türkin, die hier aufgewachsen ist. Habe eine moderne und weit offene Weltanschauung. Da gibt es auch Platz für ein gutes Glas Wein … gerne am Sonntag!

21:48 Uhr

Ich: Du bist noch verheiratet? Hofft ihr, noch einmal zusammenzukommen? Falls nicht, lasst euch scheiden. So ein Schlussstrich ist wichtig. Ich kenne das …

21:50 Uhr

Ich: Oh je, war nicht als Einmischung gedacht, nur als lieb gemeinter Tipp.

21:53 Uhr

Koray: Kein Ding. Wir sind seit vier Jahren nur noch auf dem Papier verheiratet … demnächst wollen wir uns scheiden lassen!

22:08 Uhr

Ich: Mein Exmann und ich haben nach unserer Trennung auch noch eine Weile mit der Scheidung gewartet. Aber als wir dann endlich geschieden waren, fühlten wir uns erst wirklich frei. Warum das so war – keine Ahnung.

Du hältst mich wach ;o) – Träum süße Träume von den Lagerfeuern auf Zypern!

22:17 Uhr

Koray: Deine Erfahrung spricht für sich … ich verrate dir nicht, was ich träumen möchte :-) gute Nacht … du Engel …

28. Juli 2016

Dieser Mann berührte etwas in mir. Ich stellte fest, wie oft ich an ihn dachte. Sicherlich, nach fast zwei Wochen intensiver SMS-Kommunikation kein Wunder. Unser Kontakt, auf den ich nicht mehr verzichten wollte, gehörte inzwischen zu meinem Alltag.

Aber da war ganz plötzlich noch etwas anderes, wenn ich an ihn dachte. Was genau das war, wusste ich noch nicht.

Ich erinnerte mich an unser Telefonat. Ein türkischer Mann, der mit einer Fremden über seine Impotenz sprach? Ein Mann, der mit einer Fremden über die schrecklichen Ursachen für diese Impotenz und über innere Orgasmen redete? Ein sinnesorientierter, feinfühliger Mann mit Humor. Das war es, was mich berührte.

08:45 Uhr

Ich: Guten Morgen. Hoffe, du hattest eine gute Nacht mit süßen Träumen. Vielleicht liegst du noch im Bett, an das ich dir jetzt gedanklich eine Tasse frischen Kaffee stelle. Falls du schon heute was mit deinen Kids unternimmst – ganz viel Spaß und Lachen. Einen wunderschönen Tag!!!

09:57 Uhr

Koray: Ich war ganz früh im Wald spazieren … wie süß du bist … ja, wie fahren ins Allgäu! Ich umarme dich ganz fest.

19:40 Uhr

Ich: Ganz früh im Wald – herrlich. Und dann mit den Kids ins Allgäu. Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag mit deinen Kindern. Falls ihr noch zusammen seid – macht euch eine genussvolle Zeit. Ich gehe heute Abend früh ins Bett. Nicht, weil ich morgen ganz früh in den Wald will, sondern weil ich morgen ganz früh in Düsseldorf sein muss …

29. Juli 2016

07:53 Uhr

Koray: Guten Morgen … ich umarme dich ganz fest … meine Gedanken sind bei dir. :-)

08:58 Uhr

Ich: Und meine viel zu oft bei dir.

12:43 Uhr

Koray: In herrlicher Natur und bei bestem Wetter toben wir hier am Flussufer herum … habe mir gerade vorgestellt, wie ich dich packe (du wiegst ja nur einen Sack Zement) und mit dir ins Wasser springe … gleichgültig, ob du lautstark protestieren würdest … :-)

13:30 Uhr

Ich: Ich würde protestieren, aber auch herzlich lachen. Doch: Rache ist süß. Wenn du gleich von der Sonne schön aufgewärmt bist … brrr …

17:47 Uhr

Koray: Sehr aufmerksam von dir, dass du meinen Körper mit Sonnencrème einreiben möchtest … :-P

Er brachte mich wieder zum Lachen. Außerdem schlug mein Puls schneller als gewöhnlich.

17:54 Uhr

Ich: Da du das gerade auch bei mir gemacht hast, ist es doch nur fair, mich zu revanchieren. Gemein! Du brauchst einen geringeren Lichtschutzfaktor und bist schon viel brauner als ich.

20:42 Uhr

Ich: Wie viele Kids hast du eigentlich?

20:52 Uhr

Koray: Ich habe drei Kinder, Biberiye, Junior Alpay und die kleine Hatice. Wir kommen zwei Mal im Jahr zusammen und unternehmen so einiges wie jetzt. Hast du Kinder?

21:29 Uhr

Ich: So selten? Oh! – Ich Kinder? Nein, leider kam es bisher nicht dazu. Wie man die Namen deiner Kinder ausspricht, verrätst du mir, wenn wir telefonieren.

21:55 Uhr

Koray: Das mache ich. Ich sehe die Kinder natürlich öfter … aber zwei Mal im Jahr mache ich mit ihnen einen Kurzurlaub … wir reden in Ruhe über alles … freue mich schon auf Sonntag … Gruß aus einer Hütte in den Bergen!

23:45 Uhr

Koray: …die Kids sind jetzt unter sich … ich sitze auf der Terrasse mit einem kühlen Bier und … betrachte das Dirndl der Bedienung … stellte mir gerade vor, dass du es trägst … wunderschön!!!

Achteinhalb Wochen

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