Tiberius. Grausamer Kaiser - tragischer Mensch

Tiberius. Grausamer Kaiser - tragischer Mensch
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Er war nach antiken Vorstellungen fast ein Greis, als er 14 n. Chr. als zweiter Kaiser Roms den Thron bestieg: Tiberius Claudius Nero. Seine überaus ehrgeizige Mutter Livia Drusilla hatte ihm den Weg dorthin freigemordet. Nach anfänglich milder Herrschaft zog sich Tiberius, zu Schwermut neigend, misstrauisch und finster, für seine letzten Lebensjahre auf die Insel Capri zurück. Er überließ die Regierungsgeschäfte dem Prätorianerpräfekten Seianus, einem skrupellosen Mann, der in Rom eine beispiellose Schreckensherrschaft errichtete. Gerade noch rechtzeitig wurde er vom Kaiser entmachtet und wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Doch Tiberius’ Weigerung, nach Rom zurückzukehren, ließ bald die wildesten Gerüchte über die Grausamkeit und die sexuelle Abartigkeit des alten Mannes aufkommen. «Biberius» nannten ihn die Römer, den Trinker. Und als er gestorben war (37 n. Chr.), forderte das aufgebrachte Volk, seine Leiche im Tiber zu versenken. In den Annalen zeichnet der römische Historiker Tacitus ein düsteres Bild des Kaisers. Doch mancher Nachfolger sah in ihm den gerechten Herrscher schlechthin und erkor ihn zum Vorbild der eigenen Regentschaft. Mit der gebotenen Behutsamkeit des neuzeitlichen Forschers nähert sich Ute Schall der komplexen Persönlichkeit des Menschen und des Kaisers, wobei sie in erster Linie die alten Quellen vergleichend heranzieht.

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Ute Schall. Tiberius. Grausamer Kaiser - tragischer Mensch

Tiberius

Verwünschungen

Eine Begegnung

Kindheit und Jugend

Mord und Totschlag – die letzten Tage der Republik

Im Haus von Mutter und Stiefvater

Erste öffentliche Aufgaben

Der neue Staat

Das erfolgreiche Brüderpaar

Kränkungen

Familie, Familie

Tiberius und Augustus – Ein undurchsichtiges Verhältnis

Ende einer Ära

Der Übergang

Die ersten Regierungsjahre

Der Wandel

Schicksalsjahre

Der Kaiser und seine Römer

Die Bauten aus Tiberius’ Zeit

„So hielt man es mit Seianus …“

Der Wegzug

Ereignisreiche Jahre

Der Sturz des Verräters

Die letzten Jahre

Das Ende

Was bleibt

Die wichtigsten Personen

Zeittafel

Literaturverzeichnis

Danksagung

Die Autorin

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Ute Schall

Grausamer Kaiser - tragischer Mensch

.....

Misstrauisch verfolgte Livias unsicherer Ehemann die politische Entwicklung. Er stand noch immer auf der Liste der zum Tode Verurteilten, und es galt, den Häschern der Triumvirn unbeschadet zu entkommen. Beim Heranrücken derer, die ihm nach dem Leben trachteten – er befand sich gerade mit seiner jungen Familie im sicher geglaubten Neapel – bestieg er mit den Seinen heimlich und in aller Eile ein Schiff, das ihn nach Sizilien bringen sollte. Die Aufregung des überstürzten Aufbruchs muss sich auch auf seinen kleinen Sohn übertragen haben. Mit seinem Gewimmer hätte er die Absicht seiner Eltern beinahe verraten. Einmal, so berichtet der antike Biograf, als er von der Brust seiner Amme gerissen wurde, und das zweite Mal, als man ihn seiner Mutter wegnahm. Beides geschah jedoch nicht in böser Absicht. Man wollte den Frauen in der kritischen Lage, in der sich die Fliehenden befanden, ihre Last abnehmen, um schneller vorwärts zu kommen. Zu allem Unglück glitt Livia noch auf dem schmalen, glitschigen Steg aus, der auf das Schiff führte, und wäre ins Wasser gefallen, hätte ihr Mann sie nicht aufgefangen. Dass sie mit ihrem Gatten die Beschwernisse und Gefahren der Flucht teilte, zeugt davon, wie hoch sie die Pflicht der römischen Matrone achtete. Tiberius mochte nicht der Mann sein, den sich eine junge Frau in einsamen Nächten erträumte, aber sie war mit ihm verheiratet und hatte alles mit ihm zu erdulden. Nur darauf kam es an. Wenige Jahre später sollte sie auf ihn und ihre kleine Familie allerdings keine Rücksicht mehr nehmen.

Der eilige Aufbruch brachte die Reisegesellschaft schließlich nach Sizilien, wo Tiberius bei Sextus Pompeius, dem Sohn des Pompeius Magnus, nach anfänglichen Schwierigkeiten Aufnahme, Zuflucht und neue Aufgaben zu finden hoffte. Er glaubte, Pompeius, der sich selbst zum „Seekönig“ ernannt hatte und ein strikter Gegner des in Rom herrschenden Dreimännerbundes war, sei als Einziger in der Lage, die republikanische Freiheit wiederherzustellen. Aber er fand nur einen müßigen Feldherrn vor, der seine Zeit mit üppigen Festgelagen vergeudete und einer verlotterten Flotte vorstand. Anstatt für den in Tiberius’ Augen nötigen Freiheitskrieg zu rüsten, verprasste Sextus Pompeius die Abgaben, die die sizilischen Bauern zu leisten hatten, stellte sich blind, wenn seine Schergen wie gemeine Piraten Handelsschiffe überfielen und ausraubten und verjubelte das ohnehin wenige Geld, das er eigentlich für den Kampf um Rom vorgesehen hatte. Die lauen Nächte hallten wider vom Gegröle der Betrunkenen, und der Seekönig machte überhaupt keine Anstalten, sich ernsthaften Dingen zuzuwenden.

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