Читать книгу Bella und Paul - Uwe Kirst - Страница 7
Kreisel
ОглавлениеDer Rückspiegel machte ihn wahnsinnig. Sein leichtes Vibrieren ließ das, was er sehen wollte, so verschwimmen, dass kaum zu erkennen war, ob sich ein oder zwei Fahrzeuge von hinten näherten. Das alles bei Linksverkehr, der ihm zwar vertraut war, aber in den ersten Stunden nach seiner Ankunft Konzentration forderte.
»Ja, ich freue mich.« Sein Lächeln, das niemand sah, hätte trotzdem jeden für ihn eingenommen. »Eine schöne Aufgabe in meinem England!«
Er schmunzelte über diese Vereinnahmung all dessen, was wir irgendwann und irgendwo einmal erlebt oder nur wahrgenommen hatten. Was wem in der Welt alles gehören würde, gäbe es eine diesbezügliche Software, die das erfasste. Lange würde es nicht dauern, bis biomechanische Rechner im Nanobereich am Körper befestigt oder gar integriert waren. Sie lieferten das dann als nette Zusatzinfo. Und garantiert nicht nur dem Träger des digitalen Kunstwerks. Allein London gehörte so, laut dieser Statistik, fast der halben Welt. Der Halbwelt war es ja schon heute zugefallen, so wirkte es inzwischen zumindest auf ihn.
Diese Fahrt war seit langem wieder die erste auf den Britischen Inseln. Hierher eingeladen zu sein – ein Auftrag, der ihn im Herzen freute. Samt der Besonderheiten hiesiger Usancen im Verkehr. Die Kreisel vor allem – der erste kam sicher bald – und da war er schon. Rechts einordnen, rechts blinken, dann links in ihn einbiegen, sich dabei aber erneut rechts halten, um ihn vier Ausfahrten später wieder links verlassen zu können. Klingt wie ein Vortrag über den Gebrauch des Gerundiums in der englischen Sprache. Kaum Staus an solchen Knotenpunkten gaben den Erfindern dieses Verkehrsprinzips aber recht.
Er entspannte sich spürbar, als die weiten Flächen der Wiesen und Felder in leichten Wellen den mühsamen Straßen der Kleinstadt gewichen waren, gesäumt von niedrigen Mauern und Hecken, die, ebenso geschwungen, klare Areale schufen, Besitzverhältnisse verkündend. Sie waren niemals höher, als ein Pferd im Sprung überwinden kann, ohne zu scheuen, denn die Einfriedungen der Äcker durften die wilde Jagd der Landlords nicht stoppen. Ein altes Gesetz englischen Adels, das zunehmend bedeutungslos wurde. Obgleich – hier in Yorkshire tickten viele Uhren anders, als im Süden des Landes. Es war über zwei Jahrzehnte her, dass ihn sein Weg in diese Grafschaft geführt hatte; und so genoss er diesen Tag als zweiten Fußpunkt der Ereignisse seines Lebens, das aus einem wahren Kuppelbau solcher Erinnerungsbögen bestand.
Die Hecken am Straßenrand, durchbrochen von krumm gewachsenen Bäumen, verbargen oft Steinbalken, Bordsteinen ähnlich. Ihnen zu nahe zu kommen, vermied er; dem Gegenverkehr einen Außenspiegel zu opfern allerdings desgleichen. Trotzdem liebte er diese schmalen Straßen, die selten geradlinig verliefen und die ihm eine spontane Abstimmung mit entgegenkommenden Fahrzeugen abforderten; frei zu sein, erkunden und entdecken, auf sich selbst gestellt – das liebte er. Nur nicht zu Fuß in Kratergelände, sondern eher mit gefülltem Tank und Luxusfahrwerk.
Sein Ziel war nicht mehr weit und seine Gastgeber hatten einen Gesprächsort für das Treffen gewählt, den er in berührender Erinnerung hatte - als einen seiner ersten Aufenthalte in diesem Land: Middlethorpe Hall. Hochnäsig schlichtes Manor aus dem 18. Jahrhundert inmitten eines Prinzessinnenparks mit Springbrunnen und bemoosten Skulpturen. Die frühere Auffahrt wurde zum Hotelentree und hinter dem Gebäude eine langgestreckte Terrasse, auf der weiße Tische und Stühle standen – nur die Queen mit ihrem Gefolge fehlte.
Eine Dunststickerei schwebte über den Wiesen; die Sonne zog das Nass aus den Grasbüscheln und Kriechgehölzen, leckte Pfützen flach und versuchte sich am Schattenmalen.
Sein erstes Erlebnis in Middlethorpe Hall war die Einladung seines damaligen Geschäftsfreundes John Forbes aus York, ein verschmitzter Anwalt, dessen Leibesfülle seine Beweglichkeit nicht einschränkte. Präsident des Anwaltsvereins, in aller Gestik getragen von altenglischer Würde, die sich mit lebhafter Intelligenz verband. Seine nicht minder ausladende Ehefrau war Französin von Geburt und vereinte überzeugend die englische Küche mit südländischer Leichtigkeit und dem unnachgiebigen Anspruch auf Qualität und Einfachheit. Die Tochter war zur Zeit in Deutschland; den Fotos nach eine Schönheit.
Zum vorläufigen Abschied von England baten sie ihn zu einem Herrenessen im altenglischen Ambiente, an einer Tafel mit Silberbesteck, Römern und süffigem Wein. Alle waren ihm gewogen und in seinem Inneren formte sich ein Anker für diese Menschen, dieses Land und diesen Platz. Nach dem Dinner führte ihn sein Gastgeber zu einem Kaminzimmer, wo sie in dunkelbraunen Ledersesseln einen Whisky tranken, der vierundzwanzig Jahre alt war und von einer Destille aus Islay stammte. Die Erklärung fehlte in seiner Erinnerung, aber der Respekt, mit dem sein Gastgeber das Getränk behandelte, klang in ihm nach.
Jetzt wäre er fast von der Straße gerutscht. »Was für ein Idiot, zu schnell und auf der falschen Seite! Mietwagen! Naja. Wenn ich keine Ahnung habe, dann fahre ich doch langsam!«
Da fiel ihm sein erster Tag mit Linksverkehr ein, auf Malta – er hatte den Wagen zehn Minuten. Mitten über den Kreisel war er gefahren, weil er sich nicht entscheiden konnte: rechts oder links vorbei. Jeder war sofort stehengeblieben und hatte ihn durchgelassen, den Mietwagenfahrer – auf Malta ging das.
Wie es heute wohl hier aussehen wird? In den vergangenen Jahren gerieten ihm verinnerlichte Bilder zu Synonymen für Großbritannien. Gefühle, Formen, Farben hatten sich mit diesen Tagen in Yorkshire verwoben und dazu beigetragen, dass sein Interesse an diesem Land wachblieb, obwohl es nichts gab, das ihn beruflich damit verband. Die lukrative Vortragsreise durch Nordengland und Schottland würde das ändern – seine Agentur in Berlin hatte ihm den Kontakt vermittelt.
Warum es Middlethorpe Hall war, das zum Treffpunkt für den Erstkontakt wurde, konnte er nur vermuten. Offenbar war es nach wie vor ein bestens geeigneter Ort, um vom Glanz des britischen Empire zu künden, nachdem in der Gegenwart eher kleingeistige Strömungen von wenig staatsmännischer oder gar weltpolitischer Kompetenz kündeten.
Er hatte ernsthaft erwogen, diese Reise zu nutzen, um gegebenenfalls ein Refugium zu finden; hier, im Harry-Potter-Land. Zum Abschalten, Nachdenken, Ideenentwickeln – gepfiffen auf den Brexit. Er war allein, voller Sehnen nach Heimatlichkeit, die in Deutschland Gemütlichkeit hieß und wie Staub und Lavendelsäckchen roch.
Das erwartete Gespräch lockte ihn, denn der hiesige Partner hatte Letitia Brown angekündigt. Sie war Leiterin einer PR-Agentur mit einem speziellen Bildungsauftrag zur Förderung des europäischen Gedankens im Vereinigten Königreich. Das klang zwar fast anachronistisch in dieser Zeit, aber er trug gern dazu bei, die Vorzüge eines innovativen Europas zu erläutern, wo immer man ihm zuhörte. Er liebte es, wenn ihm Menschen aufmerksam lauschten. Sie hatte oft in Deutschland gearbeitet, er hoffte auf anregende Gedanken und den Geist einer Britin.
Nachdem die Straße durch eine moorige Fläche geführt hatte, in der versprengte Schafe mit roten Markierungen weideten, wuchs immer mehr Bebauung aus dem Horizont: Die Stadt York rückte näher. Sein Hotel zu finden, würde kein Problem sein, denn das Navigationsgerät kannte sich aus. Indes sprach es deutsch. Quelle größter Heiterkeit, wenn es zum Beispiel aus Cambridge »Kammbriddge« generierte.
Er sah die Gärten, die vielen Mäuerchen und erinnerte sich an John Forbes. Schade, dass er tot war; er hätte jetzt gern seine Meinung gehört zur Lage im Land. Er hatte immer gelassen reflektiert und pointiert geurteilt. Zu Gast in dessen Haus fiel ihm eines Morgens auf, dass tiefe Parallelspuren das um ein Haar perfekte englische Grün durchpflügt hatten.
»Was haben Sie über Nacht mit Ihrem Rasen gemacht?« fragte er seinen Gastgeber.
»Oh«, entgegnete Forbes. »Das war nicht ich, das waren die Diebe, die den Rasentraktor gestohlen haben.« Und ungerührt griff er zum gebutterten Toast, während er die Baked Beans seines Englisch Breakfast löffelte.
Sie war vorbei, diese Zeit. Sein unbewusstes Lächeln trug für einen Beobachter einen wehmütigen Zug. Wir erleben Menschen und merken nicht, dass wir sie im Grunde lieben, dass sie ihren Platz in unserem Alltag wie selbstverständlich besetzen, sich passend einrichten und Teil dieses Lebens bleiben. Immer verdeckt von akutem Handeln, aber stets präsent, glockenklar auftauchend, sobald unser Unterbewusstes die Gelegenheit bekommt, etwas ›nach oben‹ zu schicken, ins geistige Licht. Belangloses, so urteilen wir oft, doch nichts ist ohne Sinn, was uns das Innerste liefert. Passgenau, aber häufig unverständlich, da Verstehen an Einsicht geknüpft ist, die meist erst später kommt. Es heißt, dass wir sie ›gewinnen‹. Das stimmt, denn ständig tobt der Wettkampf mit unserer eigenen Dummheit.
Er erreichte sein Hotel, das, wie erwartet, kein Kasten war aus Glas und Beton, sondern viktorianische Architektur verkörperte. Trotz aller Renovierungsorgien nach wie vor harmonisch, aber mit den Hühnerstiegen, die hier Treppe genannt werden.
Sein Zimmer hatte eine freistehende Badewanne. Geeignet, einer nackten Schönheit im Bade zuzusehen, während man, den alten Sherry im Glas, darauf wartete, bis sie trocken genug war, um ihr beim Schließen der Verschlüsse zu assistieren. Das Badezimmer war kein enges Kabinett, sondern voller Licht und Raum, die Toilette wiederum ungeeignet für korpulente Gäste.
Die altertümliche Schließtechnik der Fenster war respektvoll erhalten worden und nach ihrer Überwindung konnte sein Blick die Stadt erfassen.
Die Kathedrale mit ihrer kantigen Silhouette, die tausend Schornsteine auf Pultdächern, das schwindende Licht, das rötliche Reflexe auf ungezählte Glasscheibchen zauberte.
Er räumte seine wenigen Utensilien in Bad und Schränke, zog die Reisekleidung aus und wählte eine Krawatte zum Hemd, die ihm gefiel. Er war es Middlethorpe Hall schuldig, selbst wenn alle Welt in Jeanslumpen und Fünf-Euro-T-Shirts sogar in Opernpremieren latschte. Er hatte keinen Einblick, wie Letitia, er nannte sie in Gedanken schon bei ihrem Vornamen, gekleidet sein würde. Ein Jeansberuf in einem Cut-away-Land? Was trugen Geschäftsfrauen heute zum Dinner in historischen Mauern?
Seine Gastgeber hatten ein Taxi geschickt; nicht ein solches, wie es für London typisch war, sondern eine moderne Marke südostasiatischer Herkunft und die recht kurze Fahrt endete, wie erwartet, vor dem Eingang, den er kannte. Nach dem Aussteigen hatte er, genau wie vor vielen Jahren, das Gefühl, klein zu sein vor diesem imposanten Haus und zugleich erhobenen Hauptes durch das verzierte Tor gehen zu dürfen, dazuzugehören, ein erwarteter Gast zu sein.
Die Lobby wirkte noch immer wie eine Szene aus Downton Abbey, nur, dass Flachbildschirme auf altem Holz mit den korrekten Sakkos der Angestellten und deren beflissenem Blick konkurrierten.
Leticia Brown stand am Tresen des Portiers und er war froh, dass er nicht die Casual-Variante gewählt hatte, da neben ihr zwei jüngere Männer mit Fliege posierten. Sie war es sicher, denn sobald sich die Tür hinter ihm schloss, kam sie auf ihn zu, mit fragendem Blick, der schnell strahlend wurde, da sie ihn ebenfalls erkannt hatte. Niemand trifft heutzutage irgendwen, den er nicht vorher googelt.
Es wurde ein Dinner, wie er es liebte, mit besten Weinen, wie es heute in England erwartet werden konnte. Er aß mit Appetit und Interesse, denn die englischen Speisen waren besser als ihr Leumund, vor allem, weil ausgesuchte Rohstoffe hier Standard waren und niemand auf die Idee kam, dass ein Stück bestes Fleisch billig zu haben sein müsse.
Seine Gastgeberin kannte sich aus und die Inhalte seiner Vorträge waren bald umrissen. Witzig war sie, vor allem, wenn sich ihre Mitarbeiter, das waren die beiden Herren in ihrer Begleitung, im Gespräch zu weit vorwagten. Er genoss das Geplänkel, denn er war geübt in der behutsamen Hartnäckigkeit, mit der Briten ihren Faden verfolgten, obwohl eine lockere Floskel die andere abzulösen scheint. Das Dessert, ein Crumble, wie es fast nur in England zu bekommen war, bot Gelegenheit, einen schweren Portwein zu kosten.
Dann war alles besprochen und vereinbart und es kam das, was er im Stillen gehofft hatte: Mrs Brown schickte ihre Begleiter nach Hause und lud ihn zu einem Whisky an den Kamin ein.
»Es interessiert mich doch sehr«, lächelte sie, »was Sie damals bei ihrem ersten Besuch in Yorkshire so erlebt haben.«
Das wunderte ihn zwar, aber welche Überschrift diesen Teil des Abends zieren würde, war im egal. Die Hauptsache, er hatte Gelegenheit, ihr weiter einige Zeit zuzuhören und sie zu betrachten, denn er nahm ihre Anziehungskraft wahr, die vom recht vertrauten Grundton herrührte, den sie ihm gegenüber von Anbeginn angeschlagen hatte.
»Aber sehr gern!« Er erhob sich ebenfalls. »Dann sehe ich gleich, ob der Kamin noch derselbe ist, an dem ich damals saß.«
Es waren zwei Sessel reserviert und bald saßen sie einander halb gegenüber, den Blick auf das Feuer gerichtet, das in dem Kamin, der in der Tat derselbe war, vom Personal präzise bei mittlerer Flamme gehalten wurde.
»Was möchten Sie trinken? Wirklich Whisky? Es gibt hier einen 16 Jahre alten Lagavulin; aber ich möchte vorher mit Ihnen noch etwas anderes trinken. Einverstanden?«
Er nickte; ihr Lächeln erinnerte ihn schon den ganzen Abend an irgendetwas.
Sie orderte zwei Champagner, dann erhob sie das Glas, sah ihn lange an und sagte, unvermutet im fast akzentfreien Deutsch: »Ich trinke darauf, dass Sie meinen Vater kannten und heute Abend gesagt haben, dass er wie ein väterlicher Freund für sie war.«
Er wusste zunächst nichts zu sagen, so verblüfft war er über ihren Toast.
»Ihr Vater?« Und auf einmal sah er das Foto vor sich, dass ihm John Forbes damals gezeigt hatte: die Tochter in Deutschland. Die Augen, die Kopfhaltung – sein Witz. »Letitia Forbes? Sie sind Letitia Forbes!«
»Ja, das bin ich. Brown hieß mein Mann.« Ihr Gesicht strahlte. »Und mein Vater hat immer wieder über den jungen Deutschen gesprochen, der garantiert Erfolg damit gehabt hätte, sich in England niederzulassen.«
Sie tranken ihren Champagner und seine verstaubten englischen Geschichten rissen nicht ab, immer wieder ergänzt durch die Ereignisse, die sie beisteuerte.
»Aber wir wollten doch Whisky trinken,« sagte sie, als die Champagnergläser leer waren. »Probieren wir den Lagavulin oder haben Sie einen anderen Wunsch?«
»Sehr gern«, entgegnete er, und erzählte von der Szene mit ihrem Vater an diesem Kamin. »Allerdings weiß ich nicht mehr, wie die Marke hieß, die wir im Glas hatten. Der war für mich das Beste, was ich bis dahin kannte.«
»Das bekommen wir vielleicht heraus.« Sie winkte einem Kellner und erklärte ihm die Geschichte, worauf er in den Nebenraum verschwand. »Er fragt seine Chefin, die hier schon gelernt hat. Sicher kennt sie die üblichen Marken ihres Kellers.«
Die Erwähnte kam und trug eine Flasche mit sich, fast leer und erkennbar alt. »Ich habe noch etwas gefunden von dem, was wir in der damaligen Zeit im Keller hatten. Diese Destille gibt es leider nicht mehr. Das könnte aber noch die Sorte sein, an die Sie sich erinnern.«
Sie freute sich merklich über seine Nachfrage: »Wir haben heutzutage immer seltener Gäste, die sich für Derlei interessieren.«
Sie reichte ihm die Flasche und aufmerksam betrachtete er das Etikett. Es hatte Patina angesetzt und nicht jedes Wort war leicht zu entziffern, nicht zuletzt wegen der handschriftlichen Signaturen darauf. Und da kam seine Erinnerung: Wenn er wolle, dürfe er seine Initialen auf das Etikett setzen. Es sei so ein Usus bei Ehrengästen. Das hatte John Forbes damals gesagt, und er hatte es getan, mit seinem schwarzen Mont Blanc, geschmeichelt von diesem Angebot: »PLA«. Sogar mit dem zweiten Vornamen, den er verabscheute, der im Pass verewigt war, sich für Initialen aber recht gut eignete, damit ein »PA« nicht wie die Abkürzung für »Personalausweis« wirkte.
Er zeigte die Flasche Letitia Forbes und wandte sie dann zum Licht, ob auf diesem Etikett gar ein prominentes Kürzel zu finden war und hielt jäh inne: PLA, fast verblasst. Das waren seine Initialen! Kein Zweifel – es war sein Signum!
Das raubte ihm die Fassung, aber warum sollten in einem Land, in welchem es zur Normalität gehörte, dass PCs auf dreihundertjährigen Tischen standen, nicht halbgefüllte Whiskyflaschen zwanzig Jahre überdauern? Das Licht begann für ihn zu schimmern und etwas berührte sein Inneres. Er reichte die Flasche der Kellnerin, die ihnen behutsam den Rest eingoss, vorsichtig abmessend, die letzten Tropfen eines Getränks, das es nie mehr geben würde.
Er nahm das birnenförmige, dünnwandige Gebilde in die Hand und brachte die Flüssigkeit zum Schwingen, so dass der alte Stoff durch das Glas hindurch seine Handfläche liebkoste. Die breiten Schlieren verliefen sich und das Aroma erreichte seine Nase. Er hob den Kelch und im Geiste tauchte das warme Lächeln von John Forbes auf. Der Blick seiner Gastgeberin ruhte auf ihm.
»Letitia«, sagte er.
Ein wenig vom goldenen Glanz, der in ihren Gläsern gefangen war, schimmerte in ihren Augen.