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Zwei

Liliann legte den roten Lederkoffer vorsichtig auf das Bett. Sie würde gemeinsam mit ihren Freundinnen den Inhalt einweihen. Ihre erste erotische Schmuckkollektion. Sie kostete ein Vermögen. Wenn es nach ihr ginge, sollten die kostbaren Spielzeuge in eigens dafür eröffneten Geschäften verkauft und angepasst werden. Die üblichen Läden, in denen die regulären Sexartikel angeboten und verkauft wurden, konnten sie mit ihrem Pseudoglamour, dem Latex- und Lederschick kein bisschen anmachen. Ihr ästhetischer Anspruch an die angebotenen Lust-Objekte war ein höherer. Luxus pur. Wobei für sie die Betonung auf dem Wort «pur» lag. Nicht zu verwechseln mit puristisch oder gar kühl. Purer Luxus waren edle und sündhaft teure Materialien, feinstes Design und Liebe zum Detail. Letzteres zeigte sich zum Beispiel im edelsteinbesetzten Drehmechanismus eines Vibrators, der selbstverständlich in einem schlichten Etui aus Gold aufbewahrt wurde, ähnlich einem Brillenetui. Luxus pur.

Die Einzelheiten ihrer Geschäftsidee wollte sie während ihres Mallorcaurlaubs mit Kathrin als Anwältin und Patricia als cleverer Geldfrau besprechen. Sicher würden die Freundinnen einige Anregungen für weitere Luxusspielzeuge haben. Bei den gemeinsamen Liebesspielen kannten sie keine Grenzen und konnten ihren kühnsten Phantasien freien Lauf lassen. Das würde sie inspirieren.

Sie schenkte sich ein zweites Glas Champagner ein und betrachtete ihren bis vor kurzem knabenhaft schlanken, nackten Körper eingehend vor dem großen Spiegel, der einen Großteil der Schlafzimmerwand einnahm. Sie ließ die Hüften kreisen, machte eine halbe Drehung, sodass sie sich nun im Profil betrachtete. Ihr Bauch war ein winziges bisschen runder geworden. Aber das lag an den Pastaorgien, die sie mit Carla in Florenz zelebriert hatte. Carlas feste Rubenshüften, rund und stramm, ihre kräftigen Schenkel mit dem dunklen Gekräusel, das sie beinahe jeden Morgen sorgfältig und provokativ nach dem Duschen in Form zupfte und kämmte, womit sie Liliann, die meist gemeinsam mit der Freundin das Bad benutzte, jedes Mal fast um die Besinnung brachte. Carla stellte immer ein Bein auf den Rand der pseudoantiken Wanne und bot Liliann aufreizend ihre langen, vollen Schamlippen dar, derweil sie die dunklen Locken drumherum in Form kämmte. Dies einzig und allein mit der Absicht, die Geliebte zu reizen, mit ihr zu spielen, ohne Worte Versprechungen zu machen.

An manchen Tagen, wenn Zeit dafür war, hielt Carla wortlos der Freundin die Flasche mit Bodylotion hin. Liliann trug mit sanftem, jedoch festem Streicheln die Lotion zuerst großflächig auf und verteilte sie dann sorgfältig und genießerisch noch in die kleinsten Ritzen und Falten. Auf den Nacken, über die runden Schultern und Arme, unter die vollen Brüste, deren braunes Zentrum aus den dunklen Warzenhöfen erregt aufstieg. In die Achselhöhlen, die ebenfalls regelmäßig penibel enthaart wurden und nur dunkle Schatten in der Mitte trugen. Zwischen die breiten Pobacken, hin zum inneren Schenkelansatz, hinab zu den Kniekehlen und schließlich zwischen jeden der erstaunlich kleinen Zehen.

Liliann genoss dieses morgendliche Ritual ebenso wie ihre Geliebte, die sich trotzdem nie herabließ, die zärtliche Zuwendung sofort zu vergelten. Das war Teil des Spiels. Wünsche entfachen und nicht zu erfüllen, zumindest nicht sogleich.

Carla Agnelli war nicht nur eine aufregende Liebhaberin, sondern auch eine begnadete Köchin. Kochen war für sie Lust und Lustgewinn. Ihr gesamter Freundeskreis kam in den Genuss ihrer Künste. Carla kochte, wenn sie traurig war. Carla kochte, wenn sie glücklich war. Carla kochte nur so zum Spaß oder um einen Wettbewerb zu gewinnen. Sie entwickelte ständig neue Rezepte und Kompositionen, die sie danach in einem weiteren Kochbuch sammelte. Liliann nahm durch die Liebe zu Carla sechs Kilo zu und nach der Trennung von ihr neun Kilo ab. Doch Carla hatte Liliann einen kleinen Bauch beschert, der sich weigerte zu verschwinden. Manche Spuren wurde man einfach nicht wieder los.

Liliann rieb sich kreisend über die kleine Rundung unterhalb des Nabels, zuckte aufreizend mit den Hüften wie Michael Jackson, drehte sich vor dem Spiegel, tanzte, trippelte, sprang. Lauschte – sie hörte nichts.

Mit zufriedenem Lächeln zog sie die Liebeskugeln langsam aus sich heraus. Mit diesen hier konnte man getrost zum Shopping gehen, ohne das Gefühl zu haben, jeder hörte bei jedem Schritt die tief eingeführten kleinen Lustspender klicken.

Sie wollte Nora vorschlagen, sie einmal auf ihren ausgiebigen Wanderungen auszuprobieren. In ihrer Vorstellung sah sie Nora sich an den Ästen eines alten Olivenbaumes festkrallen, während ein Orgasmus ihren Körper schüttelte. Vielleicht fand sich ja ein Schaf-oder Ziegenhirt oder ein versprengter Tourist, der sich ihrer Bedürfnisse annahm und die Kugeln durch seinen Lustspender ersetzte. Liliann schmunzelte vor sich hin. Seit Teenagerzeiten liebte sie es, sich diese kitschigen Szenen auszumalen, von denen sie wusste, dass sie absolut unrealistisch waren. Aber genau das machte diese Phantasien so reizvoll.

Das Klingeln des Telefons unterbrach ihre Gedanken, und für zwei Sekunden dachte sie freudig «Carla». Doch eher würde die Hölle zufrieren, als dass Carla sich noch einmal meldete. «Pronto», sagte sie und schob gleich «ja, hallo?» hinterher.

«Stimmt was nicht?» Kathrin klang gleichzeitig besorgt und gereizt.

Liliann glaubte zu wissen, dass Kathrin Sorgen für nutzlos und Energieverschwendung hielt. Zumindest wenn man sie sich im Nachhinein machen musste, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen, das Flugzeug abgestürzt, der Investor in Konkurs gegangen war.

«Hallo Kathrinchen, schön, dich zu hören.» Liliann gab ihrer Stimme einen aufgeräumten Unterton.

«Du weißt, wie sehr ich das hasse – Kathrinchen! Ich bin doch kein Neutrum.»

«Ich weiß», sagte Liliann seelenruhig und wartete ab.

Am anderen Ende der Leitung war ein ärgerliches Schnaufen zu hören. «Weshalb ich dich anrufe: Ein Mandant stellt mir seine Privatmaschine zur Verfügung. Wenn du also nach Frankfurt kommst, können wir morgen gemeinsam nach Palma fliegen. In einem netten kleinen Luxusjet.»

«Etwa allein?»

«Nein. So großzügig ist mein Mandant doch nicht. Der Hauptdarsteller eines Filmprojekts, dessen Finanzierung wir betreuen, fliegt zu Dreharbeiten nach Mallorca. Eben in besagter Maschine.»

«Wer?»

«Raul Wolfe!»

«Puuh.»

«Na? Wird dir bei dem Gedanken, mit Raul Wolfe zu fliegen, noch heiß? Oder hast du gänzlich zum anderen Ufer gewechselt?»

«Never say never.»

«Okay. Gerührt und dann geschüttelt. Also? Was ist? Kommst du?»

«Und Patricia?»

«Kann nicht. Sie kommt einen Tag später und bringt noch jemanden mit.»

«Das ist aber gegen unsere Abmachung. Mann oder Frau?»

«Weiß ich nicht.» Im Hintergrund war eine leise Frauenstimme zu hören. «Du, sorry, mein nächster Termin. Ruf mich an, wenn du hier bist. Komm am besten in mein Büro. Ich muss heute noch die halbe Nacht arbeiten, um mich für unser Treffen freizuschaufeln.» Kathrin legte auf.

Raul Wolfe. Teenieschwarm mit gestähltem Body und Dackelblick und gleichzeitig die Verkörperung des idealen Schwiegersohns, den selbst die Schwiegermutter nicht von der Bettkante stoßen würde. Das versprach ein interessanter Flug zu werden.

Liliann schob den roten Koffer beiseite, warf zwei riesige Schalenkoffer aufs Bett und betrat, immer noch nackt, ihren begehbaren Kleiderschrank. Wahrscheinlich würde sie sich wieder nicht entscheiden können, was sie einpacken sollte, und deswegen viel zu viel mitnehmen.

Nora stand in ihrem Atelier und bearbeitete mit energischen Strichen eine große Leinwand, auf der bislang nur blasses Grün und Ocker zu sehen waren. Als Alejandro leise den Raum betrat, hielt sie einen Moment inne. Sie neigte abwartend den Kopf, um Alejandro aufzufordern zu sprechen. Er kam näher.

«Das Zimmer für Patricias Freundin steht bereit. Eben ist auch Jaime eingetroffen», flüsterte Alejandro neben Noras linkem Ohr und fuhr kurz mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand über ihre nackte Schulter. Das große, mit Farben bespritzte T-Shirt war über ihre Schulter gerutscht, wie es dekorativer kein Modefotograf inszenieren konnte. Ihre leicht gebräunte Haut hätte ihn zu weiteren Zärtlichkeiten reizen können. Doch er wusste aus Erfahrung, dass Nora sich bei der Arbeit nur ungern länger stören ließ.

«Jaime?» Sie wählte einen anderen Pinsel und begann, auf der Palette ein silbriges Grün zu mischen.

«Jaime ist der dunkle Kunststudent.»

«Ach ja», Nora erinnerte sich, «der mit dem Bart. Wie heißt er noch?»

Die Frauen hatten sich darauf geeinigt, allen Männern ein Pseudonym zu geben. Bei der ersten Zusammenkunft dieser Art waren die Namen noch gemeinsam von den vier Freundinnen ausgewählt worden. Doch dann hatten sie diese Aufgabe ebenfalls auf Alejandro übertragen. Er hatte sich in diesem Jahr für spanische Namen entschieden, während es davor englische und französische gewesen waren.

Es war überhaupt schon eine ziemlich verrückte Idee von Patricia, sich auf Zeit ein paar potente, ausdauernde und irgendwie auch anonyme Lover zu kaufen, um «einmal so richtig durchgefickt zu werden». Patricia war die Initiatorin des Ganzen. Sie geriet auf einer Party rein zufällig an einen Callboy, der es ihr zu ihrem und seinem Vergnügen im Hotel bis zum Morgen besorgte und der völlig verblüfften Geschäftsfrau beim anschließenden Frühstück seinen Preis pro Nacht nannte. Da kam ihr die glorreiche Idee, so etwas öfter gezielt, geplant und mit möglichst geringem Risiko zu genießen.

Nora schmunzelte bei der Erinnerung still vor sich hin. Vor zwei Jahren hatten sie vier mit diesen Treffen begonnen, und es war fast schon eine liebe Gewohnheit geworden.

«Sein richtiger Name ist Bjarne. Ich glaube, sein Vater ist Däne. Oder Schwede?» Nachdenklich runzelte Alejandro die Stirn. «Jetzt ist er Jaime. Und mehr willst du doch gar nicht wissen.»

«Die Vereinbarung hat er unterschrieben?» Nora ging angespannt vor der drei Meter breiten Leinwand hin und her.

«Selbstverständlich. Das ärztliche Attest liegt vor. Den Vorschuss hat er erhalten. Alles so, wie es sein soll. Er liegt jetzt am Pool und sammelt Kraft.» Alejandro schmunzelte.

«Okay. Danke.» Das Silbergrün wurde im linken oberen Drittel aufgetragen.

«Ich bin in der Küche, wenn du mich brauchst.» Alejandro hauchte einen Kuss auf die verführerisch nackte Schulter und fragte sich, ob Nora ihn überhaupt wahrnahm. Solange alles nach ihrem Kopf ging, war sie eine äußerst umgängliche Chefin. Doch wenn etwas nicht klappte, mutierte sie zur wütenden Furie.

«Okay. Ich schau später mal vorbei. Am Pool also.» Nora tauchte erneut in ihre Arbeit ab und war für niemanden mehr erreichbar.

Bjarne, der sich in der kommenden Woche daran zu gewöhnen hatte, auf den Namen Jaime zu hören, räkelte sich auf der bequemen Sonnenliege am Pool. Er versuchte zu analysieren, was er empfand. War es Neugierde? Auch ein wenig Unsicherheit oder sogar Angst? Er war sich nicht sicher, ob es ihm wirklich gefallen würde, vier Frauen und möglicherweise auch dem einen oder anderen Mann zu Willen zu sein. Seinen Zweifeln stand jedoch eine keineswegs unbeträchtliche Summe gegenüber, die ihm aus der momentanen Finanzmisere half, die seit Monaten wie ein unsichtbarer chemischer Klebstoff an ihm haftete, langsam aber stetig sein Leben vergiftete. Er hatte Geld gebraucht, es sich bei den falschen Leuten geliehen, die ihn nun wöchentlich an seine Schulden erinnerten und ihm sprichwörtlich das Messer an die Kehle hielten.

Da kam Martins Tipp gerade rechtzeitig. Sein Freund hatte ihn beruhigt und ihm versichert, dass alles mit rechten Dingen zuging und nichts wirklich Perverses stattfinden würde. «Sonst hätte ich ja auch nicht mitgemacht», versicherte er ihm schulterklopfend. «Die Frauen sind echt lecker. Nicht mehr ganz jung, aber wen stört das, solange sie gepflegt sind. Sie sind attraktiv und vor allem sehr, sehr großzügig. Die Unterkunft und die Verpflegung sind Spitze und ...», er machte eine Kunstpause, «ob du es glaubst oder nicht: man kann von denen noch was lernen. Du glaubst mir nicht? Wirst schon sehen.»

So hatte Bjarne gleich anschließend mit Alejandro Kontakt aufgenommen. Erst per E-Mail, dann per Telefon. Schließlich hatten sie sich persönlich getroffen. Alejandro hatte darauf bestanden, dass Bjarne sich ihm nackt zeigte. Das war anders als beim Bund, in der Sauna oder beim FKK. Doch dann waren ihm bei all seinem Unbehagen wieder die Schulden eingefallen, die noch die letzten Bedenken über Bord gestoßen hatten.

Jetzt lag er am Pool dieser luxuriösen Finca. Im kleinen Safe seines exquisit ausgestatteten Zimmers ruhte ein dickes Bündel Euroscheine. Und das war lediglich der Vorschuss – ein Drittel der Gesamtsumme. Die Geschäfte wurden bar getätigt, was für Bjarne den Vorteil aufwies, dass seine Bank keinen Einblick hatte.

Doch eine Angst war geblieben. Die Angst, Claudia könnte erfahren, was er wirklich auf Mallorca tat, während er angeblich eine Woche als Trainer im Fitnessclub eines Freundes aushalf. Sollte Claudia jemals dahinter kommen, um welche Art von Fitnesstraining es sich hier handelte, konnte er seine Beziehung mit ihr für immer vergessen.

Er sah jetzt ihr Gesicht vor sich, wie sie ihn damals bei ihrem zweiten Treffen gefragt hatte, ob es eine andere Frau gebe, die er mehr begehrte. «Gibt es eine, auf die du schärfer bist? Willst du mit mir schlafen? Nur mit mir? Sag es. Komm, sag es.»

Er war noch immer scharf auf Claudia. Am liebsten würde er auch nur sie vögeln. Das Pech war, dass Claudia kein Geld hatte. Auf jeden Fall nicht genug Geld, um ihm aus dieser Zwickmühle zu helfen. Er wusste auch, dass sie kein Verständnis dafür haben würde, dass er sich (und seinen Schwanz) an ein paar reiche Ladys verkaufte. So offen und aufgeschlossen sie auch sein mochte — welche Frau hätte dafür Verständnis? Er kannte keine.

Nora schritt langsam auf den Liegestuhl zu. Sie ging auf einem unsichtbaren Catwalk, balancierte auf jeder Handfläche ein bunt dekoriertes Cocktailglas und wiegte sich geschmeidig in den Hüften. Sie trug ihr dunkles Haar offen, was ihrem Profil schmeichelte, es weicher erscheinen ließ. Sie verbarg ihre Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille und amüsierte sich über die offensichtliche Unsicherheit des jungen Mannes.

Ein wenig linkisch sprang er von der Liege hoch und fühlte sich bestimmt wie ein pubertierender Teenager.

«Holà. Herzlich willkommen in meinem Haus.» Sie reichte ihm eins der beschlagenen Gläser.

«Bjarne – äh, Jaime.»

«Ich weiß.» Sie setzte sich auf die nächste Sonnenliege, lehnte sich dann zurück und bot ihm die Gelegenheit, ihren Körper zu betrachten. Ihre Augen blieben immer noch hinter den fast schwarzen Gläsern ihrer Sonnenbrille verborgen.

Jaime schätzte die Frau auf Mitte dreißig. Nicht mehr ganz jung also. Ihr Körper war nicht so schlank wie Claudias, deren Hüften und Schenkel schmaler waren. Doch die Beine seiner Gastgeberin waren muskulös und fest, ihre Brüste wölbten sich stramm unter dem dünnen Stoff des Bikinioberteils. Er schätzte sie zufrieden auf Körbchengröße C. Mehr nicht. Mehr hätte ihn erschreckt. Er spürte, wie sein Schwanz auf den Anblick dieser Frau reagierte. Sah sie es? Was erwartete sie? Sollte er die Initiative ergreifen? Verflucht, warum hatte man ihm mit dem Vorschuss nicht auch ein Script mit Verhaltensregeln ausgehändigt? Er machte so was schließlich zum ersten Mal. Und daraus hatte er gegenüber diesem Alejandro auch keinen Hehl gemacht.

«Gehen wir schwimmen.» Sie stand auf, ließ den Pareo fallen, den sie bis dahin locker um die Hüften geschlungen hatte, und glitt vom Beckenrand in den grünblauen Pool.

Er folgte und schwamm schweigend drei oder vier Runden neben ihr durch das Becken. Sie war schnell, ihre Bewegungen waren kräftig und verrieten tägliches Training. Unvermittelt drehte sie sich um und paddelte vor ihm auf der Stelle wie ein junger Hund. Jetzt sah er, dass ihre Augen graugrün waren, dass sich erste feine Fältchen an den Augenwinkeln zeigten, dass ihre weiche Unterlippe ein wenig zu schmal geraten war.

Sie lachte laut. «Gefällt dir, was du siehst?»

«Sehr. Doch. Es ist absolut okay.»

«Schön. Denn wir haben die erste Nacht nur für uns. Ich habe als Gastgeberin sozusagen das Recht der ersten Nacht.» Ihre Stimme klang wie das Schnurren einer Katze. Sie tauchte knapp vor seinem Körper ab, strich dabei mit den Handflächen über seine Brust und seinen Bauch und umfasste die verräterische Erektion, die auch unter der knappen Badehose nicht zu verbergen war.

«Zufrieden?», dachte er. «Funktioniere ich, wie ich soll?»

Dann schnellte sie mit einem Satz vor ihm aus dem Wasser hoch, schwamm zur Treppe, ohne sich zu vergewissern, ob er auch den Pool verließ. Das schien sie vorauszusetzen. Neben den Sonnenliegen lagen mehrere Handtücher, die er zuvor gar nicht bemerkt hatte. Lässig warf sie ihm ein rotes zu, schlang sich selbst ein buntes um die Hüften und winkte ihm zu, ihr zu folgen.

Ihr Schlafzimmer wirkte wie eine opulente Bühnendekoration in Rot und Gold. «Ziemlich barock», murmelte er fast schon in Erwartung eines Tadels. Doch zu seinem Erstaunen ging sie in das Badezimmer, das an das Schlafzimmer anschloss. «Komm zu mir», lockte sie und zog ihn mit in die geräumige Duschkabine, wo sie ihm unter dem breiten, weichen Strahl des heißen Wassers die Badehose abstreifte. Sie drückte ein herb duftendes Duschgel aus einer großen Flasche über seine Schultern und seinen Rücken und schäumte ihn damit ein. Ihre Finger waren fest. Sie streichelte nicht, sie massierte seinen Rücken, umfasste mit beiden Händen seine Hinterbacken, schob die Handflächen darunter, spreizte die Backen und fuhr mit den seifigen, geschmeidigen Fingern durch die Spalte. Sein Penis bäumte sich auf, und er zog scharf die Luft ein.

«Das gefällt ihm. Jaah, ich spüre, wie sehr es ihm gefällt.»

Er war nicht in der Lage zu antworten. Es bedurfte aller Konzentration, bei dieser erregenden Massage einer ihm unbekannten Frau nicht sofort loszuschießen. Von seinem Schweigen unberührt, drehte sie ihn zu sich hin und widmete sich seinem besten Stück, wusch und rieb es sanft, schob die Vorhaut zurück, strich mit den Fingerspitzen über seine Hoden.

Gerade als er meinte, es keine Minute länger aushalten zu können, brach sie ab, um sich unter seinem Blick mit betont lasziven Bewegungen zu waschen, was seine Lust wach hielt. Um auch etwas zu tun, beugte er sich zu ihr, küsste sie auf den Mund und umkreiste mit den Daumen ihre harten Nippel, die noch mehr anschwollen. Sie griff seine rechte Hand und führte sie zu dem dunklen Gekräusel zwischen ihren Beinen, auf dem kleine Schaumbläschen zu sehen waren.

«Sag mir, wo wir es tun wollen. Gleich hier? In der Dusche? Willst du das?» Er wollte nicht länger warten. Er konnte nicht länger warten.

Doch schon stieg sie aus der Dusche, rieb sich flüchtig mit dem Handtuch vom Pool ab und zog sich danach ein knielanges rotes Seidenhemdchen über. Dann beugte sie sich über den Rand der weißen Marmorbadewanne, warf das Hemdchen wieder hoch, sodass es sich über Taille und Hüften kräuselte. Sie bot ihm ihre nackten Hinterbacken dar, hob den Kopf und sah in den Spiegel, der statt Kacheln über der Badewanne hing und fast den gesamten Raum spiegelte. «Jetzt fick mich von hinten und schau uns dabei zu. Im Spiegel.»

So unnahbar sie auf den ersten Blick wirkte, so schwanzgeil war sie in Wirklichkeit. Hier zeigte sie ihm ihr wahres Gesicht, und das erregte ihn maßlos. Sein Schwanz kam ihm ungewöhnlich groß vor. Mächtig. Gewaltig. Und diese Frau wollte ihn.

«Jaime! Los!» Sie beugte sich weiter vor und hob ihren Arsch noch ein Stück höher.

«Du willst es so», raunte er heiser. Er stieß hart in sie hinein. Alles auf einmal. Sie erwartete ihn, war offen, nass und angeschwollen.

Irgendetwas ging mit ihm durch. Er rammte und stieß in die weiche, heiße Möse vor ihm, deren Besitzerin nicht zurückschreckte, sondern jeden Stoß stöhnend und wimmernd entgegennahm, ihn dabei aber im Spiegel keine Minute aus den Augen ließ und alles verfolgte. Er hielt sich an ihren Hüften fest, während sie ihre Hände um den Wannenrand krallte, um ihnen beiden die Standfestigkeit zu geben, die für diesen wilden und hemmungslosen Akt nötig war. Als ihre Schreie sich veränderten und er spürte, wie ihn ihr Orgasmus noch enger und tiefer in ihr Innerstes hineinzog, war es mit seiner Beherrschung vorbei. Es zog sich in seinen Lenden zusammen. Nach zwei weiteren kräftigen Stößen spritzte er in sie hinein. Dann verharrten sie eine Weile still.

Langsam richtete sie sich auf, ihn noch immer im Spiegel betrachtend, Triumph in den Augen. Sie lehnte sich mit dem Rücken an seine Brust. Ihr Scheitel berührte ihn knapp unterhalb der Kehle. Sein Herz raste. Sein Körper war immer noch wie elektrisiert. Sie nahm ihn bei der Hand, und er folgte ihr wie ein Hündchen ins Schlafzimmer.

Die Decke des breiten Bettes war in der Zwischenzeit zurückgeschlagen worden. Auf einem Beistelltischchen stand eine Platte mit Tapas und eine geöffnete Flasche Champagner neben zwei gefüllten Gläsern.

Jaime wollte nicht wissen, wer im Zimmer gewesen war, während er sich mit der Hausherrin im Bad vergnügt hatte. Er verdächtigte Alejandro, denn er meinte, im Spiegel einen männlichen Schatten wahrgenommen zu haben, als er in der überquellenden Möse der Gastgeberin sein Vergnügen fand.

Nora betrachtete den schlafenden jungen Mann, der nackt neben ihr auf dem Bett lag, Arme und Beine ausgestreckt. Wie zur Folter aufs Rad gebunden oder ans Kreuz. Sein Penis, zart, seidig und kleiner als vorhin, wirkte jetzt schutzbedürftig. Alle Kraft war gewichen. Die Vorhaut umschloss die Eichel nicht ganz. Wie unentschlossen lugte die kleine Kerbe und das samtige Loch unter den dunklen Falten hervor. «Wie die Schnecke im Gedicht von Christian Morgenstern», dachte Nora. «Soll i raus aus dem Häusle? Soll i net raus aus dem Häusle?»

Leise und vorsichtig, weil sie ihn nicht wecken wollte, erhob Nora sich vom Bett. Sie ging in ihr Atelier und kehrte kurz darauf mit einem Skizzenblock und einem Päckchen Kohlestifte zurück. Es erinnerte sie an ihre Kunstausbildung, als die Studenten klassische Posen zeichneten und sich mit diversen Techniken quälten, um die Muskel- und Knochenstruktur des menschlichen Körpers darzustellen. Schon damals hatte es ihr viel mehr Freude bereitet, Zeichnungen von leibhaftigen Modellen anzufertigen als von Statuen.

Als Jaime eine halbe Stunde später erwachte, lagen bereits mehrere Blätter mit Aktskizzen auf Bett und Boden verstreut, auf denen er ganz deutlich zu erkennen war. Im Zentrum eines jeden Blattes war es sein ruhendes oder voll erigiertes Glied, das seinerseits den Betrachter aus seinem Zyklopenauge zu beobachten schien. Die Skizzen vibrierten vor erotischer Energie. Nora fieberte geradezu danach, sie zu vervollständigen und schließlich in Öl zu fertigen. Die Idee einer Masturbationsszene, in der Jaime seinen hoch erregten Schwanz in der Hand hielt, stand ihr ganz deutlich vor Augen. Sie wollte die wenigen Sekunden vor der Explosion festhalten, die Faszination und Konzentration zugleich.

«Ich konnte einfach nicht widerstehen.» Nora lachte entschuldigend. «Reine Verlockung», murmelte sie und schmunzelte, als sich das Objekt ihrer Begierde beim Wort «Verlockung» zart rührte. Mit der Spitze des Kohlestiftes drückte sie ihren Liebhaber sanft zurück auf das Laken, umfuhr die Umrisse seines sich langsam aufrichtenden Gliedes abwechselnd mit dem Kohlestift und den Fingerkuppen. Sie zeichnete die dunkle Haarlinie nach, die sich, einer Narbe gleich, zwischen Bauchnabel und Schambehaarung entlangzog, sich oberhalb des Nabels verlor und erst in Brusthöhe wieder breit gefächert zeigte. Doch schon bald war ihr dies Streicheln zu harmlos. Zumal sie ja sah, wie sehr es ihn erregte.

So rasch, dass er erst gar nicht begriff, was sie tat, rieb sie ihre Hände mit einem Gleitmittel ein, das bei den Sektgläsern auf dem Tischchen neben dem Bett stand. Sanft rieb und massierte sie seinen aufgerichteten Penis. Seine Hände umfassten ihre Hüften, wahrscheinlich weil er meinte, auch etwas für sie tun zu müssen. Doch Nora beschwichtigte ihn. «Lehn dich zurück und genieß einfach nur. Schließ die Augen und konzentrier dich auf deine Empfindungen.»

Er hatte kurz Martins Stimme im Ohr, die ihm wieder versicherte, dass nichts Perverses geschehen würde. So beruhigt, atmete er tief ein und aus und überließ sich Noras kundigen Händen.

Mit der linken Hand umgriff sie den Schaft an der Wurzel und zog dabei die Haut sanft nach unten. Nun griff sie mit der rechten Hand zu, nicht zu fest und nicht zu locker, und strich den Schaft entlang aufwärts. Mit beiden Händen wiederholte sie dies immer und immer wieder, wobei sie abwechselnd mit der einen Hand aufwärts und mit der anderen abwärts strich. Dabei fiel sie in einen geschmeidigen Rhythmus, der ihr Opfer immer mehr in den Wahnsinn trieb. Mit Adleraugen beobachtete sie jede Veränderung an Jaime, um ihn ja nicht zu schnell kommen zu lassen. Nora spürte, wie sie selbst dabei immer erregter wurde. Nichts fand sie so erregend, wie Macht über die Lust eines Mannes auszuüben. Macht über den Schwanz eines jungen, gut aussehenden Kunststudenten zu haben, dessen Eichel rot pulsierte, dessen Zehen sich lustvoll ins Laken krallten. Lange würde er wahrscheinlich nicht mehr durchhalten, wenn sie nicht sofort etwas änderte. Abrupt zog sie ihre Hände von ihm fort.

«Was ist los?» Verwirrt öffnete er die Augen.

«Du bringst es selbst zu Ende.»

«Wie?» Er schüttelte den Kopf.

«Wie du es immer machst, wenn du masturbierst. Doch diesmal darfst du mir währenddessen zuschauen, wie ich es mir mache.»

Ehe er sich’s versah, lag sie in die Kissen zurückgelehnt, die Beine für ihn gut sichtbar gespreizt. Sie tauchte langsam zwei Finger in ihre nasse Muschi und rieb dabei mit dem Mittelfinger der anderen Hand die Klitoris.

«Zier dich nicht so. Ich will dir nur dabei zusehen, wie du dir einen runterholst. Ist das so ungewöhnlich?»

Er gehorchte, anfangs noch zögernd. Nahm seinen Schwanz in die Hand, rieb die Spitze, zog die Vorhaut über die Eichel vor und zurück. Seine Augen waren auf die feucht glitzernde Möse vor ihm gerichtet, in der zwei Finger mit aufreizender Langsamkeit eintauchten, wieder fast ganz herausgezogen wurden und wieder hinabtauchten. Endlich hörte er auf, zu denken und zu analysieren, was er hier tat. Was tat er schon? Sex gehörte zu den elementaren und einfachen Dingen des Lebens. Er holte sich vor den Augen einer reichen und flippigen Lady einen runter, wie sie es gerade genannt hatte. Und er wurde sogar fürstlich dafür bezahlt. Was konnte er sich mehr wünschen?

«Jetzt spritz ab! Auf meinen Bauch und auf meine Brüste!», lockte sie.

Laut stöhnend gehorchte er. Sie verrieb sein Sperma auf ihrem Leib und ließ es dort.

Später am Abend fuhr sie mit Alejandro und Jaime zur alten mallorquinischen Windmühle bei Bunyola, in der ein deutscher Sternekoch gemeinsam mit seiner Frau ein Feinschmeckerlokal betrieb. Hier boten sie den Gästen nun eine exquisite mediterrane Küche mit mallorquinischen Produkten wie Olivenöl aus Sóller und Weine aus Santa-Maria-Binissalem.

Obwohl Alejandro einen Tisch in der Mühle reserviert hatte, entschlossen sich die drei, im windgeschützten Patio zu sitzen, der am Abend ausschließlich von Windlichtern beleuchtet wurde. Die Tische waren mit Leinendecken in Gelb und Blau eingedeckt. Auf jedem standen frische Blumen und blühende Zweige in schmalen Tonkrügen. Die Kristallgläser und das Silber funkelten im edlen Kontrast zum rustikalen Ambiente der Mühle und des aus grob gehauenen Steinen gemauerten Patios.

Die meisten der Gäste zogen es vor, im Restaurant zu speisen, sodass Alejandro, Jaime und Nora fast ungestört draußen saßen. Nur ein offensichtlich frisch verliebtes Paar flüsterte halb versteckt hinter einem Stützpfeiler und nahm um sich herum nichts wahr.

«Ist das nicht ein faszinierendes Plätzchen?» Alejandro rückte Noras Stuhl zurecht und berührte dabei wie unabsichtlich ihren Nacken.

«Kaum zu glauben, dass ich noch nie hier war», meinte sie und lächelte ihn an. «Es war eine gute Idee von dir, hierhin zu kommen.» Kaum dass sie Platz genommen hatte, ließ sie noch einmal ihren Blick schweifen, um alles genau aufzunehmen. Ihre Finca war noch lang nicht so eingerichtet, wie sie es gern gehabt hätte. Und so sammelte sie überall Anregungen, wo immer sie welche fand.

«Langsam wird es schwierig, kurzfristig einen Termin zu bekommen. Demnächst muss man wohl an Weihnachten für Ostern reservieren.» Alejandro blickte Jaime fragend an. «Gefällt es dir hier?»

Jaime nickte.

Als kurz darauf der Aperitif serviert wurde und sie die Bestellung beim Chef persönlich aufgaben, stieg Nora erneut Jaimes Duft in die Nase. Sie wollte ihn noch auf ihrem Körper bewahren und hatte aufs Schwimmen und Duschen für heute verzichtet. Sein Sperma haftete noch an ihr.

Über den Tisch hinweg lächelte Jaime sie an, als könne er ihre Gedanken lesen.

Mallorquinisches Feuer

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