Читать книгу Märchen aus Toffiland 1 - Verena K. Bauer - Страница 4

Ameise Tilly

Оглавление

Unten beim See, im nahen Wald, stand einst ein Ameisenhaufen. Es war der mächtigste Ameisenhaufen weit und breit. An einem schönen, warmen Tag schlüpfte die kleine Ameise Tilly aus einem der unzähligen Ameisen-Eier. Sofort sahen die älteren Ameisen, dass mit der Kleinen etwas nicht in Ordnung war. Nach einigem Begutachten und Beratschlagen und vielen Untersuchungen stellten sie endlich fest, dass Tilly acht Beine hatte. Das gab nun eine grosse Aufregung im Ameisenhaufen, denn so etwas hatte es noch gar nie gegeben. Jedenfalls hatte noch nie zuvor jemand eine Ameise mit acht Beinen gesehen. Als sie diese Ungehörigkeit endlich fest gestellt hatten, wichen sie angewidert von der armen kleinen Tilly zurück. „Iiiiih! Wenn das nur nicht ansteckend ist! Tötet sie!“ riefen sie im Chor. Diese verstand ja noch gar nicht, worum es ging. Aber das ganze Geschrei erschreckte sie und sie fing an zu weinen. „Aber, aber, nicht doch weinen, kleine Tilly“, meldete sich da eine greise Ameise zu Worte. „So schlimm ist das doch ganz gewiss nicht. Vielleicht kann sie, wenn sie gross ist, schneller arbeiten, weil sie acht Beine hat und nicht nur sechs.“ Da in einem Ameisenstaat viel wert darauf gelegt wird, dass einer richtig arbeiten kann, wurde der Vorschlag gut geheißen und die unglückliche, achtbeinige Tilly durfte am Leben bleiben.

Bald schon war sie gross genug, um mit den anderen Ameisen zu arbeiten. Aber das war nicht so leicht mit ihren zwei überzähligen Beinen. Immer wieder stolperte sie und riss dabei die anderen mit, so dass an ein wohlgeordnetes Arbeiten gar nicht zu denken war. Und in einem Ameisenstaat muss man wohlgeordnet arbeiten. Etwas anderes geht gar nicht. So wurde Tilly jeden Tag geschubst und ausgeschimpft, bis sie weinen musste. Eines Tages war es ganz besonders arg, denn wegen Tilly hatte die Kolonie einen grossen Ast fallen lassen und dieser hatte ein Stück des Ameisenhaufens weg gerissen. Jetzt verlor auch die letzte Ameise die Geduld mit der armen Tilly. Mit Schimpf und Schande wurde sie aus dem Ameisenstaat gejagt.

So stolperte Tilly ganz alleine und verlassen durch den Wald. Für eine Ameise ist es besonders schlimm, alleine zu sein, denn so etwas kennt sie nicht. Ihr ganzes Leben lang sind immer viele Ameisen um sie herum. Und nun fürchtete sich Tilly ganz arg, alleine in dem riesigen Wald voller Gefahren. Eins ums andere Mal fiel sie auf die Nase, weil sie die acht Beine nicht unter Kontrolle bringen konnte. Es war ein trauriges Bild. Die Tiere, denen sie begegnete, lachten sie alle aus. Dass Tilly so fest weinen musste, machte es noch schlimmer, denn mit Tränen in den Augen konnte sie gar nicht richtig sehen, wo sie hintrat. Als sie erneut hingefallen war, blieb sie einfach liegen und schluchzte zum Herzzerreissen. In diesem Moment flatterte eine junge Meise vor ihr durch die Luft. Sie war noch etwas unbeholfen und so plumpste sie genau vor der traurigen Ameise auf den Waldboden.

„Ups“, sagte die kleine Meise und stand auf, um ihre Federchen zu sortieren. Dann erst bemerkte sie Tilly und ging neugierig näher. „Ja, friss mich nur, Vögelchen, denn zum arbeiten kann man mich nicht gebrauchen. Und eine Ameise muss arbeiten können, sonst ist sie nichts wert.“ „Aber wieso bist du denn nicht zu gebrauchen?“ fragte die kleine Meise neugierig. „Weil ich acht Beine habe und immer stolpere. Jetzt ist auch noch der Ameisenhaufen kaputt wegen mir. Sie haben mich fort geschickt. Ganz alleine bin ich nun.“ klagte Tilly. Die kleine Meise wusste leider keinen Rat und so holte sie ihre Eltern.

Mama und Papa Meise hörten sich an, was der kleinen Tilly passiert war. Und dann sagten sie wie aus einem Schnabel: „Geh doch zu den Spinnen, kleine Ameise, die haben auch acht Beine. Dort fällst du nicht weiter auf.“ „Meint ihr?“ fragte Tilly hoffnungsvoll und dann stolperte sie durch den Wald, bis sie eine Spinnenfamilie fand, die sie bei sich aufnahm.So fand Tilly nicht nur ein neues Zuhause, nein, sie lernte sogar recht ordentlich mit acht Beinen gehen. Und manche behaupten, dass die Netze, die Ameise Tilly spann, besonders hübsch waren.

Märchen aus Toffiland 1

Подняться наверх