Читать книгу Perry Rhodan 3057: Thantur-Lok brennt - Verena Themsen - Страница 9
Оглавление3.
TARTS
18. April 2046 NGZ
Jedes Mal, wenn Atlan die Zentrale betrat, ging ein sichtbarer Ruck durch die Besatzung. Auch Mava straffte unwillkürlich den Rücken, ohne dabei aber ihr Gespräch mit dem Ersten Offizier zu unterbrechen. Sie alle hatten inzwischen gelernt, dass dem Mascanten mehr an einem reibungslosen Betrieb als an irgendwelchen Ehrenbezeugungen lag.
Als sie sich kurz danach umwandte, stand er genau vor ihr.
»Kommandantin, hättest du Zeit, mich in den Konferenzraum zu begleiten?«
Mava blinzelte kurz. »Steht nicht das Gespräch mit dem Botschafter des Ewigen Imperiums an?«
»Eben darum. Ich habe kaum Erfahrung mit den Leuten aus Tormanacs virtueller Messingwelt. Die ersten Jahrzehnte nach Gründung des Ewigen Imperiums habe ich auf einer Reise verbracht, die für mich einige Jahrhunderte gedauert hat, und als ich wieder da war, war ich dank Perry kurz danach auch schon wieder weg, dieses Mal wirklich einige Jahrhunderte. Ich habe mir zwar auf Rudyn und Zalit Aufzeichnungen angeschaut, aber das ist nicht halb so viel wert wie direkte, handfeste Erfahrung.«
Mava hätte einwenden können, dass sie ebenfalls bisher nicht direkt mit einem lebenden – wenn man das so nennen konnte – Mitglied des Ewigen Imperiums zu tun gehabt hatte, sondern immer nur mit den Robotkommandanten der imperialen EPPRIK-Raumer. Aber vielleicht würde bereits das helfen. Außerdem kannte sie Erzählungen aus dem Flottenstab. Nicht zuletzt war sie neugierig auf das Gespräch und wollte dabei sein.
Also machte sie eine knappe Geste der Zustimmung, übergab das Kommando an ihren Ersten Offizier und folgte dem Mascanten.
Der Konferenzraum zeigte die typische Mischung aus Stahl, Glas und Kunststoffen von Lichtgrau bis Schwarz. Der einzige Farbklecks war das im Zentrum des hufeisenförmigen Konferenztisches schwebende blaugoldene Holosignet des Bordrechners. Unterlegt war das optische Ambiente mit einer völligen Abwesenheit von Gerüchen, die das Gefühl der Sterilität unterstrich.
Als sie sich setzten, stob das Holologo auseinander, und die Lichtpunkte bildeten das Gesicht der Funkoffizierin Hanka Coretis.
»Die Verbindung zur Botschaft steht«, meldete sie. »Botschafter Morat da Klantir wäre so weit, wenn ihr es seid.«
»Sind wir«, bestätigte Atlan.
Das Bild wechselte. Sie sahen sich einem Arkoniden gegenüber, wie Mava nie zuvor einen gesehen hatte.
Grundsätzlich entsprach er dem archetypischen Arkoniden – langes weißblondes Haar, blassrote Augen in einem ebenfalls blassen Gesicht mit einer durchaus markanten Kinnpartie und dem blasierten Ausdruck, den viele mit arkonidischem Adel verbanden.
Allerdings war das Haar auf geradezu abenteuerliche Weise in ein Netz aus Zöpfen geflochten worden, das jegliche Symmetrie vermissen ließ. Dazwischen baumelten unzählige eingewobene Objekte, von denen Mava nur Granatperlen und einige blaugrün schillernde Federn auf Anhieb erkennen konnte; ob die weißen Stäbchen Knochenstücke oder etwas anders waren, wagte sie nicht zu beurteilen.
Das irritierende Muster der Haartracht setzte sich auch auf dem Gesicht des Botschafters fort. Es war überzogen mit willkürlich verschlungenen goldenen Linien und dazwischengesetzten farbigen Punkten und Strichen. Obwohl nur ein geringer Teil der Haut damit bedeckt war, irritierten die Linien Mava sehr, ohne dass sie genau hätte sagen können, warum.
»Ich grüße dich, Botschafter da Klantir«, sagte Atlan. »Danke, dass du dir Zeit für dieses Gespräch genommen hast.«
Kein Muskelzucken in Atlans Gesicht verriet, ob er den Anblick seines Gegenübers als ungewöhnlich empfand. Vielleicht war es eine Mode, die er irgendwann in seinem langen Leben schon einmal erlebt hatte. Es war vermutlich schwer, jemanden wie ihn noch mit etwas zu überraschen.
Da Klantir winkte müde ab. Sein Blick wirkte, als wären seine Gesprächspartner durchsichtig und er betrachtete etwas weit hinter ihnen Liegendes. Mit schleppender Stimme sagte er: »Du hast ja gar keine Ahnung, wie viel Zeit ich opfere. In unserer Welt vergehen Tontas in der Zeit, die hier allein ein Wimpernschlag braucht. Wie viele Veranstaltungen und Ereignisse ich während dieses Gesprächs verpassen werde, wage ich mir gar nicht auszumalen. Aber diese Opfer sind eben manchmal nötig. Lass es uns trotzdem kurz machen. Womit kann ich dir helfen, Atlan von den körperlich Langlebigen?«
Die Worte erinnerten Mava daran, dass das Ewige Imperium mindestens einen Einwohner aufwies, der keinen Körper mehr hatte und somit eine Form der geistigen relativen Unsterblichkeit lebte: den Ewigen Imperator Tormanac da Hozarius, der lange vor den Wirren der Cairanischen Epoche an einer Krankheit gestorben war.
Der Übergang seines Bewusstseins in die virtuelle Welt der Träume unter der Messinghaube war keineswegs einfach gewesen und war nichts, was sich jederzeit wiederholen ließe. Trotzdem zweifelte keiner daran, dass es inzwischen mehr reine Bewusstseine im Ewigen Imperium gab als nur das seines Herrschers. Den Nachweis zu führen war aber so gut wie unmöglich, und so blieb es bei Gerüchten.
»Da du es kurz halten willst«, sage Atlan, »kannst du mir zunächst mit einer Erklärung helfen, und ich bin sicher, du weißt, zu welchem Thema. Wir haben festgestellt, dass entgegen der ursprünglichen Unterstützungszusagen die EPPRIK-Raumer immer deutlicher großflächig auf dem Rückzug sind.«
»Ach, das«, sagte da Klantir und zwirbelte einen seiner Zöpfe. »Seit da Nardonn sich als Anführer der anderen Seite zu erkennen gegeben hat, ist die Angelegenheit ein Bruderkrieg zwischen Arkoniden. Du kannst nicht von uns verlangen, zu entscheiden, welchem unserer Brüder wir den Vorzug geben. Es ist eure Lebensart, um die es geht, und es ist nicht unsere Sache, uns da einzumischen.«
»Aber da Nardonn hat den Flotten der Naats und Ladhonen Tür und Tor geöffnet! Was hat das noch mit der Lebensart der Arkoniden zu tun?«
»Sehr viel, wenn man es aus imperialer Sicht betrachtet – oder solltest du vergessen haben, dass Arkon Jahrtausende lang seine Kriege auf den Rücken anderer Völker, insbesondere der Naats, ausgetragen hat? Es ist gute alte Tradition, und gerade das verbindet uns mit den Naats nahezu ebenso stark wie mit den Arkoniden beider Seiten.«
Mava sah Atlan an, dass jener Einwände erheben wollte, doch trotz seiner trägen Sprechweise gelang es dem Botschafter, nahtlos fortzufahren: »Imperator Hozarius der Ewige hat sogar eine ganz besondere Beziehung zu den Naats, denn er hat vor seiner Metamorphose die jahrtausendealte Tradition der Verachtung durchbrochen und einen Naat zu seinem engsten Berater gemacht, gewissermaßen seinem äußeren Extrasinn. Ist dein Extrasinn für dich nicht ebenso nahe wie ein Bruder, Atlan?«
»Mein Extrasinn hat herzlich wenig mit der Sache zu tun«, antwortete der Mascant eisig.
Mava erinnerte sich an Gerüchte, denen zufolge es zwischen ihm und seinem Extrasinn nicht immer zum Besten stand.
Was das Argument des Botschafters eher noch unterstreicht ...
»Fakt ist«, fuhr Atlan fort, »dass mit über zwölftausend Schiffen beinahe die ganze Flotte der Naats und dazu mehr als zehntausend Schiffe ladhonischer Piraten auf arkonidischem Kernterritorium agieren. Das ist etwas, das selbst die schlimmsten Umstürzler der Imperiumszeit nicht gewagt hätten. Wie soll ein Usurpator, der so wenig Unterstützer in den eigenen Reihen hat wie da Nardonn, seine Macht nach erfolgtem Umsturz aufrechterhalten? Das kann er nur, indem er seine Verbündeten weiter als Polizeimacht behält, und Arkon somit in die Hand von Fremden gibt.«
»Die Naats sind ebenso Kinder dieses Sternhaufens wie die Arkoniden«, widersprach da Klantir. »Eigentlich sogar mehr, denn die ersten Arkoniden waren Einwanderer. Was also würde dagegensprechen, wenn auch sie das Erbe ihrer Vorfahren würden antreten wollen? – Aber sie haben mit da Nardonn einen Vertrag der Nichteinmischung geschlossen, und Imperator Hozarius hat absolutes Vertrauen, dass sie ihn einhalten werden. Damit wären ein für alle Mal klare Verhältnisse geschaffen, und das wäre in jedermanns Interesse, oder?«
*
Atlan fehlten für einen Moment die Worte.
»Ich habe im Moment weder die Zeit noch die Energie, das Thema Naats weiter zu diskutieren«, sagte er schließlich. »Aber zumindest die Partnerschaft da Nardonns mit den Ladhonen kann Imperator Hozarius unmöglich akzeptieren. Es sind Piraten ...«
»Unseren Informationen zufolge haben sie sich in der laufenden Auseinandersetzung bislang durchaus nicht wie Piraten verhalten«, entgegnete der Botschafter. »Sie agieren sogar ausgesprochen zurückhaltend für ihre Verhältnisse. Da Nardonn scheint sie also gut im Griff zu haben. Natürlich gehen sie in Gefechten auf ihre ganz eigene Art vor, Maximierung von Chaos und Unberechenbarkeit, aber wer kann ihnen einen Vorwurf daraus machen, erfolgreiche Taktiken weiter zu verfolgen?«
»Wirst du trotzdem die eindringliche Bitte des Thantur-Barons und seines Mascanten um Einhaltung der ursprünglichen Zusagen an Imperator Hozarius weitergeben?«
»Das kann ich tun, aber versprich dir nicht zu viel davon«, antwortete da Klantir. »Die Zusagen wurden unter anderen Voraussetzungen gegeben. Seit diese sich geändert haben ...«
Atlan winkte ab. »Ich habe verstanden. Mir scheint, etwas oder jemand setzt das Ewige Imperium gewaltig unter Druck. Dabei hatte ich stets den Eindruck gehabt, mit seinen geheimen Basen und unantastbaren Ressourcen wäre das Ewige Imperium das sicherste Bollwerk für das Herz Arkons. Es scheint, als wären die Mauern marode geworden.«
Zum ersten Mal konnte Mava etwas wie eine Reaktion auf dem bemalten Gesicht des Botschafters lesen. Für einen Moment zeigte er eine Körperspannung, die Mava ihm gar nicht zugetraut hätte. Dann erschlaffte er unvermittelt wieder.
»Glaubst du nicht, dass du eventuell in zu kleinen Dimensionen denkst, Atlan? Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet einem ehemaligen Kosmokratendiener so etwas unterlaufen könnte. So oder so hätte ich es aber für unter deiner Würde gehalten, zu versuchen, Verbündete mit Beleidigungen zu halten.«
»Es ist nicht meine Absicht, jemanden zu beleidigen. Ich will lediglich Arkon schützen. Sollte Arkon angegriffen werden, kann das Ewige Imperium es sich meiner Meinung nach nicht erlauben, sich auf seiner Stärke auszuruhen und zuzusehen.«
Da Klantir schwieg einen Moment.
»Wo ist Arkon?«, fragte er schließlich. »Ist es in der Bleisphäre? Ist es in den Köpfen der Kristallbarone? In deinem? Meinem? Da Nardonns? Der Messingwelt? Ist nicht alles das ein wenig wahr und sehr viel falsch? Wer kann von sich behaupten, mit Fug und Recht für ganz Arkon zu sprechen? Doch nur das Volk von Arkon in seiner Gesamtheit. Ein Teil dieses Volkes hat seine Wahl getroffen und sich dem Ewigen Imperator unterstellt. Wenn der Rest da Nardonn nicht will, liegt es an diesem Rest, dafür zu sorgen, dass es ihn nicht bekommt, oder?«
Das Holo erlosch.
Atlan stützte den Kopf in die Hände. »Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient. Wer hätte gedacht, dass mir ausgerechnet hier Joseph de Maistres Gedanke an den Kopf geworfen wird.«
»Wer?«, fragte Mava irritiert.
Atlan straffte sich und winkte ab. »Ein lange toter terranischer Philosoph, an den sich außer vielleicht Perry, Bully und mir niemand mehr erinnert.«
Unvermittelt materialisierte Gucky auf einem freien Sessel. »Na, das lief ja prächtig«, sagte er. »Du hast wieder deinen ganzen diplomatischen Charme ausgespielt, alter Arkonidenhäuptling.«
Der Mascant seufzte. »Ich gebe zu, dass meine Stärken nicht unbedingt auf diesem Gebiet liegen.«
Das konnte Mava so nicht stehen lassen. »Das war keine Verhandlung, bei der du irgendwas hättest bewirken können. Der Entschluss stand meiner Meinung nach schon lange fest. Sie haben sich nur nicht aufraffen können, ihn uns mitzuteilen, bis wir nachgefragt haben.«
»Das sehe ich genauso«, sagte Atlan. »Ich hatte so etwas befürchtet, auch wenn ich auf diese Art der Argumentation wirklich nicht vorbereitet war. Es steckt allerdings eine gewisse verquere Logik dahinter, die jemandem, der nahezu ausschließlich in virtuellen Welten lebt, vielleicht glasklar erscheint. Trotzdem ...«
Mava neigte den Kopf fragend zur Seite. »Trotzdem ... was?«
»Trotzdem frage ich mich, ob nicht mehr dahintersteckt.«
»Wie etwa tatsächlich eine direkte Bedrohung des Ewigen Imperiums?«
Atlans Mund wurde schmal. »Vielleicht. Wenn wir davon ausgehen, dass die Ladhonen Spießgesellen der Cairaner sind, könnten sie von den Cairanern Hinweise auf geheime Stützpunktwelten mit Zentralrechnern der Messingwelt bekommen haben, um dort eine Bedrohung aufzubauen.«
»Aber?«, sagte Mava.
Der Mascant kniff die Augen zusammen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ausgerechnet den technisch eher rückständigen Ladhonen gelingen sollte, Hozarius einzuschüchtern. Nein, ich vermute etwas anderes dahinter. Eine eigene Agenda.«
Mava biss sich auf die Unterlippe. »Glaubst du, sie warten darauf, die Trümmer aufzuheben und ihrem virtuellen Imperium ein von ihnen dominiertes reelles anzuschließen?«
»Vielleicht ist es etwas in der Art. Aber vielleicht hat da Klantir auch recht, und wir denken einfach in zu engen Grenzen. Man darf nicht vergessen, dass dem Ewigen Imperium eine unglaubliche Rechenleistung zugrunde liegt, zu der noch die Köpfe einer unbekannten Anzahl teilweise hochbegabter Arkoniden kommen. Man könnte das Messingimperium durchaus mit einer Kreuzung aus NATHAN und ESCHER vergleichen.«
Mava hüstelte. »Entschuldige, aber da hast du mich völlig verloren. Wovon sprichst du gerade?«
»Einem terranischen Großrechner von allerhöchster Kapazität und einem anderen terranischen Rechner auf der Basis zusammengeschalteter Gehirne«, antwortete Atlan. »Aber ich kann nicht beurteilen, wie nahe das an der Wahrheit liegt, und Spekulationen verbieten sich eigentlich. Lassen wir das also. – Gucky, kannst du Ma-Anlaan herholen? Ich denke, das ist ein guter Zeitpunkt, um in die zweite Runde der Planung zu gehen.«
*
Gucky holte nicht nur Ma-Anlaan per Teleportation, sondern er brachte auch gleich den TARA-Psi mit.
»Der Blechkollege kann gemeinsam mit mir darauf achten, dass wir nicht belauscht werden – ich im psionischen und er im elektronischen Äther«, erklärte er dazu. »Außerdem gehe ich ohnehin davon aus, dass ihr ihn mit einspannen werdet, also kann er gleich mit dabei sein und seine Schaltkreise schon mal auf die kommenden Herausforderungen ausrichten.«
»Keine Einwände«, sagte Atlan.
Gucky schwang sich wieder in seinen Sessel. »Also gut, mit dem Ewigen Imperium ist wohl nicht mehr zu rechnen. Umso wichtiger, dass wir mit unseren Alternativplänen in die Galoschen kommen.«
Ma-Anlaan kam Mava zuvor. »Galoschen?«
»In die Hufe, aus den Pantoffeln, rein in die Kartoffeln, was auch immer. Hauptsache, es bewegt sich endlich was!«
Mava verkniff sich jede weitere Rückfrage. Sie würde wohl damit leben müssen, immer nur die Hälfte von Guckys Aussagen zu verstehen. Solange sie trotzdem den Sinn dahinter begriff, war es unerheblich.
Atlan sah zu Ma-Anlaan. »Eine Sache aus dem Gespräch mit dem Botschafter hat mir zu denken gegeben. Er sagte, die Ladhonen agierten ungewöhnlich zurückhaltend. Bislang haben wir unsere Gegner vielleicht zu undifferenziert betrachtet. Ich möchte daher, dass du dem in nächster Zeit nachgehst, Aro.«
Der Strategietheoretiker machte eine knappe Geste der Zustimmung.
»Gut. Dann zurück zum eigentlichen Thema. Wie gehen wir gegen da Nardonn vor?«
Ma-Anlaan rief über seiner Armlehne die Projektion eines Planeten auf und schob sie zum Hauptholo. Ein breiter Streifen aus Ödnis dominierte die ausgedehnten Landflächen der Kugel, lediglich um die Pole reihten sich weiträumige Grünzonen.
»Das ist Murnark«, erläuterte der Strategietheoretiker. »Dritter von zwölf Planeten der gelben Sonne Parauv, die etwa 49 Lichtjahre von Zalit entfernt im Territorium der Kristallbaronie Girmomar liegt. Etwas mehr als arkongroß, Schwerkraft 1,3 Gravos.«
Mava hatte den Planeten ebenfalls bereits erkannt.
»Ein Werftplanet und gleichzeitig eine Waffenschmiede der Flotte, und das seit der Gründung der Kolonie irgendwann zur Zeit des Großen Imperiums«, fuhr Ma-Anlaan fort. »Der Rohstoffreichtum der Himmelskörper im System hat damals zur Besiedelung geführt. Viele Werftanlagen sind allerdings aufgrund der hohen Schwerkraft rein robotisch. Die Bevölkerung ist so gering, dass die wenigen Landflächen sie ernähren können. Notfalls ist Murnark also auch über längere Zeit autark, was sich in turbulenteren Zeiten bewährt hat.«
»Was für Leute leben und arbeiten dort?«
»Seltsame«, kam Mava dem Strategietheoretiker mit dem Antworten zuvor. »Die Wirtschaft des Planeten wird schon seit Jahrtausenden durch die Arbeit für die Flotte geprägt. Die Produktionsstätten sind dabei der unwichtigere Faktor; wie Ma-Anlaan schon gesagt hat, sind die weitgehend robotisiert und brauchen nur ein wenig Aufsichts- und Wartungspersonal. Wichtiger sind die Entwicklungsschmieden. Prinzip war und ist dort, Aufträge zu erledigen, ohne allzu viele Fragen zu stellen. Gleichzeitig sind die Leute, die dort arbeiten, aber auch hochintelligent. Das erzeugt gelegentlich psychologische Schieflagen.«
»Kann ich mir vorstellen«, merkte Atlan an. »Du klingst, als wärst du schon dort gewesen?«
»War ich, und ich muss sagen, der Umgang mit den Ingenieuren war stellenweise alles andere als einfach. Einerseits leben sie arkonidische Tradition wie eine Religion, andererseits pochen sie auf Selbstbestimmung. Sie mögen es nicht, wenn man ihnen reinredet. Wie passt das denn bitte zu ihrer Verherrlichung der Imperatorenzeit, als Arkoniden noch richtige Arkoniden waren?«
Atlan schmunzelte. »Das ist nicht so unvereinbar, wie du anscheinend denkst. Man kann die Werte einer gewissen Epoche – selbst, wenn es sie vielleicht nur in einer romantisierten Sicht gibt – für gut halten, ohne sich die Epoche selbst zurückzuwünschen. Unter Terranern wird gerne der Kodex mittelalterlicher Ritter als moralische Richtschnur zitiert, ohne dass jemand sich ernsthaft in dieses von Dreck, Elend und Willkür geprägte Zeitalter würde zurückversetzen lassen wollen.«
Gucky seufzte hörbar. »Warn mich vor, falls jetzt ein historischer Exkurs aus deiner Zeit als Einsamer von Terra kommt. Dann schaue ich nämlich derweilen nach meiner Mohrrübenzucht.«
Atlan winkte ab. »Keine Sorge, ich kann mich beherrschen. – Aro, ich nehme an, du weist uns aus einem bestimmten Grund auf diesen Planeten hin?«
Der Strategietheoretiker bestätigte mit einer Geste. »Ich denke, dort finden wir die Waffe, die uns einen Vorteil im Kampf gegen da Nardonn verschafft.«