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Irrwisch-Fritze.

Franz Berthold (Adelheid Reinbold).

Vorwort

Adelheid Reinbold, geboren 1802 (?), aus einer hannoverischen Beamtenfamilie stammend, entwickelte frühzeitig Sinn für geistige Beschäftigung. Familienverhältnisse veranlassten sie, im Hause Pereira zu Wien die Erziehung einer Tochter zu übernehmen, aus welcher Stellung sie nach sieben Jahren mit einer Pension, die sie über die gewöhnlichen Sorgen des Lebens erheben konnte, schied. Allein sie machte es sich zur Pflicht, für ihre jüngeren Geschwister zu sorgen, und da ihre Versuche, in vornehmen Häusern als Erzieherin oder Gesellschafterin unterzukommen, teils an den Umständen teils an der Selbständigkeit ihres Charakters scheiterten (Erfahrungen, die sie in einer ihrer Novellen niedergelegt hat), so griff sie, ermutigt durch den Beifall, den sie mit Einsendungen im Morgenblatt gefunden hatte, zur Feder, schrieb jedoch, vermutlich aus weiblicher Scheu vor der Öffentlichkeit unter einem angenommenen männlichen Namen. Sie lebte meist in Dresden, wo Tieck ihr ein teilnehmender Freund und Berater war.

"In der Blüte der Jahre, gesund, kräftig, schön, unermüdlich tätig, von keinem Wechsel der Witterung gestört, erkrankte sie plötzlich an der brandigen Halsbräune und war in acht Tagen gesund und tot"

. Sie starb am 14. Februar 1839, nachdem sie sich wenige Monate des Erfolges ihrer Erzählung "Irrwisch-Fritze" erfreut und noch die ersten Druckbogen ihres Romans "König Sebastian" korrigiert hatte. Ihre Schriften hat Tieck herausgegeben und eingeführt. Die beste ihrer Leistungen ist unstreitig der "Irrwisch-Fritze", der, als er unter der Bezeichnung "Idyll-Novelle" in der Urania mit des "Lebens Überfluss" von Tieck, der "Entführung" von Eichendorff und dem "Gekreuzigten" von L. Schefer zusammen erschien, trotz der Nachbarschaft dieser damals so gefeierten Namen das größte Aufsehen erregte. Heute freilich, wo man andere Maßstäbe anlegen gelernt hat, wird man nicht mehr ganz mit Tieck übereinstimmen können, der die Erzählung ein echtes bäurisches Idyll nennt, das niederdeutsche Sitten und Menschen ohne alle sogenannte poetische Verschönerung mit der höchsten Treue und Wahrheit abschildere. Aber treue und in anmutigen Zügen hervortretende Beobachtung ländlicher Natur und ländlichen Lebens wird man ihr auch jetzt noch nicht absprechen können; besonders meisterhaft ist der kleine Widerwart, die jüngere Schwester der Heldin, gezeichnet; und obgleich "Irrwisch-Fritze" dem "Münchhausen", mit dessen erstem Teil er gleichzeitig im September 1838 ausgegeben wurde, nicht völlig ebenbürtig an die Seite treten kann, so darf er sich doch einer entschiedenen Verwandtschaft mit ihm rühmen, ja er hat sogar, was die Wirkung betrifft, der Zeit nach den Vortritt, sofern er bereits abgeschlossen vorlag, während die gewaltigen idyllischen Bestandteile von Immermanns "Geschichte in Arabesken" noch des Erscheinens harrten. Diese beiden Idyllen sind es, die dem gesunden Realismus der neueren Erzählungskunst die Bahn gebrochen haben, und ihre Schuld ist es nicht, wenn die neue Richtung, wie dies übrigens im Wesen jeder Entwicklung liegt, zum Teil einseitig und handwerksmäßig breitgetreten wurde. Indessen ist noch eine Bemerkung anderer Art hervorzuheben, zu welcher die vorliegende Erzählung Anlass gibt. Wir haben früher gesagt, die Romantik habe ihren Rocken nur langsam und unter vielfachem Gestaltenwechsel abgesponnen: und wir behielten uns damals vor, als ein artiges Beispiel dieses Übergangs eben den "Irrwisch-Fritze" aufzustellen. Hier hält die Muse, die doch mit fliegenden Fahnen dem realen Leben zueilt, noch einen Augenblick still, um einen Blick des Heimwehs auf die verlassene Märchenwelt zurückzuwerfen. Denn es wird Niemand entgehen, dass in dieser liebenswürdigen Erfindung die Irrlichter keineswegs bloß naturwahr im Aberglauben der handelnden Personen sich betätigen, sondern dass auch der aufgeklärte Leser sie von dem Verdachte, etwas mehr als billig in die Handlung zu Gunsten ihres Helden eingegriffen zu haben, nicht völlig freisprechen kann. Oder, wenn auch der Hergang sich natürlich deuten lässt, so hat man doch den Eindruck, dass dem Natürlichen ein Überrest des Wunderbaren von ehedem zur Seite schleicht, und wäre es auch nur, um zuletzt als romantische Dekoration am Wege zu stehen.

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Deutscher Novellenschatz 4

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