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Оглавлениеgut auch ich hatte einen anfang
aber darauf muss man sich nicht beziehen
es gibt eine wellenbewegung
in die musst du eintreten
also bei mir
es war maximal eine kleinstadt
bei uns zu hause gabs keine welle
da gabs den jugendclub aber da sind nicht mal die wellenausläufer hingelangt
das war stehendes dreckswasser
aber das weißt du nicht anfangs
du paddelst ja immer zuerst in dem tümpel rum
in dem du geboren wurdest
nicht weil er dir so gut gefällt
oder weil er ideale lebensbedingungen hat
sondern einfach nur weil du da in die welt geworfen wurdest
aber die meisten
anstatt sich mal zu überlegen
wo es besser ist
bleiben ihr leben lang da hocken
in einer mentalen kauerstellung
dass man nur heulen könnte
warum sonst
hat darüber eigentlich schon mal wer nachgedacht
leben menschen in der tundra
wo nur moos wächst und der wind pfeift
und man kuhscheiße verbrennen muss
damit es warm wird
nur weil es nach heimat riecht?
oder in der wüste wo man ständig sand zwischen den zähnen hat
oder es reicht ja schon ein bergdorf
ein bergdorf in den alpen mit einer höhenstraße
die touristen anliefert mit sonnenbrand und schlechten witzen
da arbeitest du dann auf so einer gästeterasse mit aussicht in dunstige berge
und musst dir jeden abend dieselben scheiß witze anhören
weil gesellig
gesellig werden die meschen alle gleich
man passt sich an den durchschnitt an
masse und macht
in der gruppe sind die menschen blöder als individuell
das ist erwiesen
deshalb immer von gruppen fernhalten
individuelle netzwerkverbindungen schaffen
die knotenpunkte in angemessenem abstand belassen
aber nie zu nahe kommen nie zu einer gruppe werden
sonst passiert nivellierung
eindampfen auf den konsens
//
deshalb sind diese abendhüttengesellschaften
immer gleich
gleiche anoraks
gleiche witze
gleiche anmache
gleiche saufrituale
alkohol als bindeglied
das sind doch diese amöbenartiken strukturen
die jede art von totalitären regimes erst ermöglichen
erkennt ihr die zusammenhänge?
jetzt schon?
war das noch nicht zuviel?
///
ja gut denkt ihr
aber wir sind ja nicht in den bergen
da komm ich später darauf zurück
da war ich auch
aber
wir sind erstmals in einer kleinen deutschen stadt
der tümpel
eins nach dem anderen
alles unter kontrolle
manchmal passiert unvorhergesehenes
das auch
muss man damit umgehen
kein frage
ist mir auch schon passiert
aber damit kann man umgehen
/
exkurs 1 2 3
also
der tümpel
in dem ich gequakt habe
bis ich erkannt habe
ich bin kein frosch
ich bin der fuchs
denn ich habe damals schon in kein konzept gepasst
nur war mir das anfangs nicht bewusst
du wunderst dich nur
dass es bei allen anderen rund läuft
und bei dir selbst so gar nichts funktioniert
zum beispiel konzept erste freundin
das hat nicht ansatzweise geklappt
ich war denen viel zu unruhig
oder sie waren mir alle zu lahm
je nach perspektive
dieses erstmals ewige ungeschickte mit-der-zunge-propellern
auf dem kinderzimmerbett
bist du sie mal soweit hast
dass du an die titten kannst
und in dem moment weißt
dass du von den verheißungsvollen zonen
zwischen den schenkeln nach wie vor lichtjahre entfernt bist
und bis dahin musst du für alles verständnis haben
und dich für die cat stevens kasette bedanken
die sie dir überspielt hat
oder das konzept kleine schwester
sie nervt dein leben lang und dann
plötzlich ist sie eine tussi
und bringt freundinnen mit nach hause
die in knappen jeanshöschen
und tief ausgeschnittenen tanktops
oder gleich bauchfrei
in deinem zimmer aus und ein spazieren
und dich für luft halten
weil du einfach nicht der angesagte typ bist
oder das konzept beste kumpels
ich hab es versucht
wir waren so eine gang
und sind durch die straßen gezogen
und haben laut über alles gelacht oder geschimpft
aber trotzdem gibt es dann nur das trumpfoder das herzschlag oder vielleicht noch das seitensprungwo du dir dann die ekelhaften tequilaräusche holen kannst
dafür das beste alter verschwenden
für diese traurigen spätpupertären pseudoexzesse
kotzen im stadtpark
einbrechen ins freibad
spannen in der umkleide
natürlich machst du das alles
und gleichzeitig weißt du
es ist nichts als klebrig
es ist niemals groß
es ist immer aus der zweiten reihe
du machst es weil du nicht anders kannst
stopp
oder weil du glaubst
dass du nicht anders kannst
weil du noch nie was vom optimum gehört hast
das ist jetzt kein lokal
das optimum
ist die beste aller möglichkeiten die beste aller welten
die du dir erobern musst
und es machen musst
alleine schon
weil dus kannst
///
mich hat die welle erfasst
es war im jugendclub
da war elektra aus detroit
als gast dj
die war scharf
das hast du am plakat
schon gesehen
zwei wochen lang haben wir von nichts anderem gesprochen
rübe meinte
er würde sie hundert pro flachlegen
rübe war der beste kumpel meines besten kumpels
(das war dann nicht ich – – –)
//
/
die stand dann da recht gelangweilt hinter den plattentellern
sie hatte ich erinnere mich
so riesennetzstrümpfe an
und silberne glitzerplateuaschuhe
war weniger hübsch als auf dem plakat
//
aber da war dieser beat
diese monotonie
die flächen die kamen und gingen
schräge flächen
das hat niemand begriffen
meine kumpels waren da maximal auf grunge
und haben nicht mehr als pogo zusammengebracht auf dem dancefloor
und waren hilflos in bezug auf die ekstatik dieser musik
aber ich hab diesen sound eingeatmet
und hab die reichweiten des lebens erkannt
und wie klein wir bisher gedacht haben
ch war der fuchs
ich hab das in dem moment begriffen
ich bin der fuchs
und das wollte ich ihr zeigen
//
ich bin zuerst um ihr dj pult rumgeschlichen
die lage sondiert
die plattencover studiert
dann hab ich sie ins auge gefasst fixiert
so
ohne text
blick halten
stark sein
die beats hämmern
sie schaut mich an
lächelt kurz
hört in ihre kopfhörer
blickt wieder auf
ich
eiserner blick
oben bleiben
niemals nachgeben
niemals blinzeln
meine augen tränen
der synth quäkt
sie sieht mich wieder an
eher ratlos
startet eine platte
der bass rollt
ich total hart jetzt
atme kaum noch
aber halte den blick
sie schaut wieder zu mir
eher genervt diesmal
zieht skeptisch eine augenbraue hoch