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Die neuen Fußballschuhe

Nach den Sommerferien waren wir die Größten im Kindergarten. Niemand konnte uns mehr wegjagen.

„Du darfst nicht mitspielen.”

„Hau ab! Mach bloß die Fliege!"

Das war vorbei. Jörg, Sandra und ich waren im Kindergarten immer in der gleichen Mannschaft. Und wir haben jedes Spiel gewonnen, fast jedes. Nur mit Sandra gab es manchmal Streit, wenn sie den Ball in die Hände nahm. „Handspiel, das gibt Freistoß — und Gelbe Karte."

Sandra hat den Ball an sich gedrückt und ist weggelaufen. Und den Einwurf hat sie jedes Mal falsch gemacht. Mit einer Hand hat sie geworfen, dabei muss man den Einwurf mit beiden Händen und über den Kopf machen. Das Blöde ist, Sandra lässt sich einfach nichts erklären. Sie stellt sich dann stur. Wir haben halt mit falschem Einwurf gespielt. Spaß gemacht hat's trotzdem. Einmal habe ich den Ball über den Zaun geschossen. Das war vielleicht ein Schuss! Zuerst war ich richtig stolz. Dann habe ich mich fürchterlich geärgert. Frau Naumann, unsere Kindergärtnerin, hat sich nämlich nicht getraut, bei dem Nachbarn zu klingeln.

„Der schimpft nur über den Kindergarten. Das ist so ein unfreundlicher, älterer Mann."

Und der Ball blieb im Nachbargarten liegen, und der Mann hat ihn auch nicht rübergeworfen. Am nächsten Morgen habe ich von zu Hause einen Ball mitgebracht, nicht unseren guten, sondern den alten, rotgelben. Was waren meine Hosen grün am Knie vom vielen Reingrätschen. Oder wenn ich gefoult wurde. Wenn es geregnet hat und wir nicht in den Hof durften, waren wir alle traurig.

Und Sophia hat mich genervt. Im Oktober ist sie in den Kindergarten gekommen. Ohne mich ist sie nicht aufs Klo marschiert. Immer musste ich mit. Am Anfang ist sie alle zehn Minuten gegangen. Ich glaube, ihr haben die kleinen Klos so gut gefallen. Da hat sie sich dann draufgesetzt, ich musste ihre Hände halten, und Sophia hat gedrückt und gedrückt. Zwei, drei Tröpfchen sind herausgekommen, mehr nicht. Und draußen hat Jörg „Tor" gerufen und Marco „Nein, nein, kein Tor", und ich habe nichts mitgekriegt.

Eines Nachmittags ist Papa mit einer Plastiktüte von der Arbeit gekommen.

„Rate mal, was da drin ist."

Ich habe meine Rollschuhe angehabt und bin in unserem Garten hin- und hergefahren. Vorne am Geländer stand Yvonne.

„Ich habe sogar Disko-Roller", hat sie mir zugerufen.

Dabei habe ich Yvonne noch nie mit Disko-Rollern gesehen. Papa hat die Tüte hochgehalten, ganz hoch, so dass ich nicht drankam.

„Na, was ist drin?"

„Eine Brücke für die Holzeisenbahn? Ein Sandlaster? Fingerfarben? Ein Buch vom Räuber Hotzenplotz?"

„Falsch, ganz falsch, alles falsch."

Yvonne stand immer noch am Geländer. Früher ist sie nach dem Kindergarten manchmal zu uns in den Garten hereingekommen. Aber das macht sie jetzt nicht mehr.

„Na, fällt dir schon nichts mehr ein?"

Einmal hat Mama zu Yvonne gesagt: „Hör mal, Yvonne, du darfst gerne zu uns kommen. Aber deine Eltern müssen wissen, dass du hier bist, sonst machen sie sich Sorgen. Ich kann ja mal bei deiner Mama und deinem Papa anrufen."

Da ist Yvonne wie der Blitz von der Schaukel heruntergesprungen und abgehauen und nie mehr in unseren Garten gekommen. Nur vorn an der Straße steht sie und schaut zu, wie wir schaukeln oder wie ich Rollschuh fahre.

„Ich komm nicht drauf, was in der Tüte ist."

Plötzlich hat Papa, ich glaube, ich sehe nicht recht, ein paar Fußballschuhe in seine Hand gezaubert.

Ganz neue, richtige Fußballschuhe!

„Das, das gibt's doch nicht! Super!"

Ich habe angefangen zu stottern. Im nächsten Augenblick hatte ich die Rollschuhe schon ausgezogen.

„Die sind noch etwas groß, die Fußballschuhe, aber du kannst ja hineinwachsen."

Mama hat ein paar dicke Socken gesucht, und ich habe mir die Fußballschuhe genau angesehen. Ganz lange Schnürsenkel waren dran..

„Die musst du um den Fuß binden", hat Papa erklärt. Schraubstollen waren dran, weiße Schraubstollen aus Plastik. Ein kleiner Stollenschlüssel lag dabei.

„Mit dem schraubst du die Stollen an. Wenn die alten abgelaufen sind, kommen neue dran. Wenn der Platz matschig ist, brauchst du lange Stollen aus Metall. Und auf einem Hartplatz wieder andere."

Papa hat nicht mehr aufgehört zu reden. Ich habe nur mit halbem Ohr hingehört. Die schönen Fußballschuhe, das weiche, schwarze Leder.

„Ich habe auch so Fußballschuhe!"

Yvonne hatte ich ganz vergessen. Sie stand immer noch vorn auf dem Gehweg.

„Lüg doch nicht! Du und Fußballschuhe. Keine hast du und auch keine Disko-Roller!"

„Hab ich doch!"

Mama hat die Socken gebracht, und ich habe Yvonne einfach nicht mehr beachtet. Die Fußballschuhe waren wirklich zu groß. Aber egal. Papa hat gleich ein Spiel angefangen.

„Unser armer Rasen."

An Papas Stimme habe ich gleich gemerkt, dass er es nicht ernst meinte.

„Jetzt könntest du doch in den Fußballverein gehen und in der Mannschaft spielen. Mit so wundervollen Fußballschuhen."

Ich bekam einen Schrecken. Ob das mit den Fußballschuhen nur ein Trick war? Ob Papa sie mir gleich wieder abnahm? Aber Papa hat nichts mehr vom Fußballverein gesagt.

„Ach, Sophia, du bist schon groß. Und schön schaukeln kannst du."

Wieder Yvonne. Das hat sie bestimmt nur gesagt, weil sie sich einschmeicheln wollte. Wenn im Kindergarten ein anderes Kind abgeholt wird, fängt Yvonne manchmal an zu heulen. Ganz ohne Grund. Nur damit sich jemand um sie kümmert, damit sie bedauert wird. Und Frau Naumann fällt drauf rein, nimmt sie in den Arm und tröstet sie. Wie Yvonne mit Sophia-hinten, Sophia-vorne angefangen hat, habe ich eine schreckliche Wut gekriegt.

„Wir können ja deinen Papa anrufen und ihm sagen, dass du hier am Gartenzaun stehst."

Fies war das von mir. Yvonne war sofort weg.

Sophia hat eine ganz schöne Schau abgezogen, weil Papa ihr nichts mitgebracht hatte. Ich habe mich nicht drum gekümmert. Am Abend habe ich meine neuen Fußballschuhe wieder saubergemacht und neben mein Kopfkissen gestellt.

Martin spielt im Mittelfeld

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