Kleine Dämonen
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Walther von Hollander. Kleine Dämonen
Kleine Dämonen
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Отрывок из книги
Walther von Hollander
Aus den Papieren des Journalisten Ferdinand F. - B.
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„Gemeinheit schützt vor Liebe nicht“, lachte Spernser. „Die beiden kommen nicht voneinander los ... bis daß der Tod sie beide scheidt.“
Tatsächlich war Vittorio am nächsten Tag nach Berlin abgereist, angeblich um den neuernannten Verteidiger Berlins, der übrigens ein Bayer war, soweit ich mich erinnere, zu photographieren. Fräulein Schütze lief mit verquollenen Augen durch die Gänge unseres komischen Hotels, hockte nach Tisch mit Spernser in einer dunklen Ecke des Speisesaals und trank mit ihm eine halbe Flasche Orangenlikör, Trentis Spezialmarke, die sie aus seinem Kleiderschrank gestohlen hatte. Oder sagen wir besser: entnommen. Denn Trenti, äußerst schlampig in allen Angelegenheiten des äußeren Lebens, hatte ihr die Verwaltung aller seiner Angelegenheiten übertragen. Es war das, wie ich erst später erfuhr, eine Art von leichtsinniger, aber ritterlicher Kapitulation vor dem weiblichen Geschlecht. So sehr er die Fügung und Lösung seiner Freundschaften beherrschte, so sehr ließ er sich in den Dingen des Alltags von der jeweiligen Freundin beherrschen. Die Auslieferung aller Schlüssel an die Königin der Situation war so ein vertracktes Symbol für seine Unterwerfung unter das weibliche Geschlecht an sich. Aber da die Herrscherinnen sehr schnell zu wechseln pflegten, kann man sich denken, wieviel Verwirrungen dadurch in Vittorios Leben angerichtet wurden. Er pflegte übrigens allen Damen gegenüber kein Geheimnis aus dem Stande seiner Gefühle zu machen. Er schwärmte, wie er oft betonte, für Ehrlichkeit und Wahrheit. So hatte er auch, wie mir Spernser gleich danach mit vor Orangenlikör schwimmenden Augen berichtete, dem unglücklichen Fräulein Schütze mitgeteilt, daß er nach Berlin fahre, um Manuela „diesem SS-Knilch schleunigst abzuknöpfen“. Denn bei der Lage der Dinge sei ja diese Verbindung für sie äußerst gefährlich. Spernser und Fräulein Schütze waren am Ende der halben Flasche Orangenlikör zu dem Ergebnis gekommen, daß Vittorio schneidig und edelmütig zugleich handele. Die brave Schütze war am Abend vollständig betrunken. Da sie aber von ihrer ostpreußischen Heimat her gewohnt war, sich gut und gerade auf den Beinen zu halten, merkte man das nur an ihrer ungewöhnlichen Redseligkeit und der Hartnäckigkeis, mit der sie mir immer wieder versicherte, Vittorio werde Manuela zwar retten, weil er eben schneidig und edelmütig sei, aber er werde sie nicht einmal mehr mit dem Hintern angucken. Da sie diesen kräftigen Satz im Laufe des Abends etwa fünfzehnmal wiederholte, sehr zur Freude der Generaldirektorsfrauen Didi Seifert und Herma Zacke, und da der Orangenlikör unerschöpflich war, verlief dieser Abend in einer verschwimmend-eintönigen Langeweile. In den alkoholischen Nebel hinein brachte der kleine, glatzköpfige Direktor Kölle, der anscheinend in seinem Zimmer mit seinem Kofferapparat eifrig die feindlichen Sender abhörte, immer neue sensationelle Schreckensnachrichten. Die Amerikaner seien nur noch achtzig Kilometer von Koburg, die Russen hätten die Oder überschritten. Die telephonische Verbindung mit Berlin sei abgerissen, und schließlich sei ein Blitztelegramm des Verlages eingetroffen, das uns den Befehl gebe, uns in den nächsten Tagen weiter nach Süden abzusetzen.
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