Читать книгу Gottes hauchdünnes Schweigen - Wilhelm Bruners - Страница 9
ОглавлениеVorwort
„Und es braucht eine neue Sprache für den Glauben. Eine Sprache, die sich nach Erde anfühlt, die nach dem Schweiß der Angst und der Arbeit riecht, eine Sprache mit dem Geschmack allen Glücks und aller Bitterkeit der Welt, die heutig klingt und die Augen öffnet für Gottes Welt – und was ihr entgegen steht.“1
Um diese „neue“ Sprache geht es in den vorliegenden Überlegungen. Bisher hatte die Kirchensprache der Gottesdienste und Katechesen den Primat im Sprechen mit und über Gott. Hinzu kamen mehr und mehr spirituelle Texte. Und schließlich gibt es die wissenschaftlichen Theologien mit ihren je eigenen, oft schwierigen Sprachspielen. Zur Umgangssprache der Menschen aber entstand ein immer tieferer Graben. Erst recht betraf dies in der Vergangenheit Lehrschreiben der vatikanischen Zentrale. Sie zu lesen blieb meist den Fachtheolog/-innen überlassen und, in seltenen Fällen, den Prediger/-innen. Nicht besser ergeht es bis heute den Briefen der „Hirten“ – mit wenigen Ausnahmen. Selten gelangt ein Bischofswort in die Kommentare der allgemeinen Medien, es sei denn, es nimmt (kontrovers) Stellung zu sozial-politischen oder allgemein ethischen und medizinischen Problemen.
Die folgenden Überlegungen gehen der Frage nach, wie heute von Gott zu reden ist, wenn er denn in der Kollektiverinnerung bleiben soll und nicht aus der Sprache verschwindet. Ist Gott sprachlich noch zu retten? Eine Überforderung für alle, die sich dafür verantwortlich fühlen? Muss die Frage nicht vielmehr lauten: Wie redet Gott heute den Menschen an, um in seiner Schöpfung und auch Kirche von Menschen wahrgenommen zu werden? Welche Sprache muss der Mensch lernen, wenn er Gott hören und verstehen will? Bedient sich Gott ausschließlich einer exklusiven Theolog/-innen- oder spirituellen Sondersprache? Oder ist seine Ansprache an uns nicht gerade voll menschlicher Freude, aber auch voll Schweiß und Angst und hat tatsächlich den „Geschmack allen Glücks und aller Bitterkeit der Welt“ (Peter Hundertmark), weil sie eine Sprache ist, die sich nach Erde anfühlt? – Diesen Fragen geht der Text nach und ermutigt, den eigenen Erfahrungen bei der Suche nach der Gottsprache in unserer Welt zu trauen.