Читать книгу Wyatt Earp Classic 39 – Western - William Mark D. - Страница 3

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Der Reiter saß schon seit dem Morgengrauen im Sattel. Er war von der Wasserstelle aufgebrochen, als die Sterne zu verblassen begannen. Die Kühle des beginnenden Tages mußte für den Ritt ausgenutzt werden. Der Weg, der vor ihm lag, war weit; und schon gegen neun Uhr schleuderte die Sonne in diesem Landstrich eine erbarmungslose Hitze auf den Sand.

Sand – yeah, es war der große Sand. Unten am Südrand des gefürchteten Llano estacado, nur wenige Meilen von der Grenze New Mexicos entfernt, in der westlichen Ecke von Texas.

Der Reiter war ein großer breitschultriger Mann. Er trug ein graues Kattunhemd und einen breitrandigen, flachkronigen Hut, der irgendwann einmal schwarz gewesen sein mußte. Jetzt jedenfalls hatte ihn der mehlfeine Flug-sand gelb gepudert. Eine Handbreit unter dem Gürtel der engen schwarzen Levishosen trug der Mann einen breiten Waffengurt aus schwarzem Büffelleder, der an beiden Hüftseiten je einen großen Revolver im Lederschuh trug.

Der einsame Reiter war der Marshal Wyatt Earp aus Dodge City in Kansas.

Nirgends, so weit das Auge reichte, bot sich ein Rastplatz, der Schatten gespendet hätte.

Es mochte so gegen halb zwei sein, als Wyatt Earp den Einschnitt einer durchbrochenen, ziemlich hohen Sanddüne passierte.

Der Marshal hatte den Paß kaum hinter sich, da zerriß ein Schuß die wabernde Luft.

Wyatt verspürte noch den fürchterlichen Stoß seitlich am Kopf und glitt dann nach links aus dem Sattel.

Hart schlug er auf dem glühenden Sand auf und blieb reglos liegen.

Oben aus der Dünensenke tauchten zwei Reiter auf, die in voller Karriere auf den Einschnitt zuhielten.

Bei dem Niedergeschossenen sprangen sie von den Pferden.

Der eine von ihnen hatte ein olivfarbenes Gesicht und dunkle Kohlenaugen. Er trug einen breiten Sombrero, ein blaues Hemd und eine weite ausgefranste Hose. Er war mittelgroß und schlank. Es war der einunddreißigjährige texanische Peon Ric Hunter.

Der andere war groß, von kräftiger Statur und hatte ein hageres, von harten Falten durchzogenes Gesicht. Quer über der Nasenwurzel brannte eine feuerrote Nase. Es war der Cowboy Jubal Chett aus Oklahoma. Seine etwas zu weit auseinanderstehenden schiefergrauen Augen hafteten auf dem reglosen Mann im Sand.

Der Texaner lockerte seinen Colt im Halfter.

Da legte sich Chetts Hand auf seinen Arm. »Laß das! Der Gewehrschuß könnte ohnehin gehört worden sein. Er ist tot.« Chett wies auf das Einschußloch hinten im Hut Wyatts, bückte sich und zerrte dem Niedergeschossenen den Waffengurt vom Körper. Dann tastete er hastig dessen Taschen ab, packte den Falben am Zügel und schwang sich wieder in den Sattel.

Hunter stand noch steif da und blickte auf den Mann im Sand. Dann schob er mit den Stiefeln Sand über ihn.

Gleich darauf zog auch er sich in den Sattel.

Er war schon mehrere Yards entfernt, als er sein Pferd noch einmal herumnahm, zurückkam und den Revolver aus dem Halfter zog.

Der Schuß brüllte los.

Aber er war schlecht gezielt, obwohl er nur aus fünf Yards Entfernung kam.

Die Kugel streifte nur den Nacken des Mannes im Sand – und brachte den Betäubten zu sich.

Wyatt wirbelte herum und im gleichen Augenblick blitzte in seiner Linken ein kleiner doppelläufiger Revolver vom Typ Derringer auf.

Obgleich der Verbrecher den Colt in der Hand gehabt hatte, war er nicht mehr zum Schuß gekommen. Die Derringer-Kugel riß ihn aus dem Sattel.

Wyatt hatte den Revolver noch in der vorgestreckten Faust, als er sich erhob und auf den Banditen zuging.

Der texanische Pferdeknecht Ric Hunter war tot. Die Kugel hatte ihn genau ins Herz getroffen.

Drei kurze Jahrzehnte waren vergangen, seit die Mexikanerin Conchita Hunter dem kleinen Ric das Leben unten in der Sierra Blanca, unweit vom Nordufer des Rio Grande des Norte geschenkt hatte. Rics Vater war Peon auf einer Ranch – und Ric wurde das gleiche. Bis er vor zwei Jahren auf den Oklahoma-Cowboy Jubal Chett traf.

Chett hatte es verstanden, aus dem bis dahin harmlosen Pferdeknecht einen mit allen Wassern gewaschenen gewissenlosen Verbrecher zu machen, wie er selbst einer war.

Seit einigen Tagen schon trieben sie sich hier in den Sanddünen sieben Meilen nördlich vor der kleinen Texasstadt El Bravo herum. Aber es kam nur selten ein Reiter hier durch diesen heißen Landstrich. Und die Leute, die in die Stadt mußten, wählten die Fahrstraße, die viele Meilen weiter drüben im Osten entlanglief.

Noch vor drei Tagen hatten die beiden in der Pferdewechselstation Halarinca neun Meilen weiter westlich die Overland überfallen, zwei Männer angeschossen und den Begleitfahrer lebensgefährlich verletzt. Ihre Beute war karg gewesen. Die Oberland hatte nur einen Passagier, und das war ein Tramp gewesen, der sich ohne Wissen des Fahrers in den Wagenraum eingeschlichen hatte.

Chett hätte den Landstreicher vor Wut fast erschossen.

Dann war vor einer Viertelstunde der Reiter im Westen aufgetaucht.

Chett hatte den Schuß auf ihn abgegeben. Chett, der jetzt bereits hundertfünfzig Yards zwischen sich und die Überfallstelle gebracht hatte, der bereits hinter einer Düne war, als er Hunters Schuß und gleich darauf den hellen Klang des Derringers hörte.

Jubal Chett hielt an und nahm die beiden Pferde herum.

Als er das Dünenende erreichte und einen Blick auf die Paßstelle werfen konnte, kam ihm Hunters Pferd entgegen.

Chett fing es sofort ein und starrte dann mit engen Augen auf den Mann hinüber, der mit torkelnden Schritten auf den reglos im Sand liegenden Körper Hunters zuging.

Der Verbrecher stand einen Augenblick steif vor Schreck da!

By Gosh! Der Mann mußte doch tot sein. Er hatte die Kugel doch hinten in den Schädel bekommen!

Oder…

Da hob der Mann drüben den Kopf. Sein Blick fiel auf Chett.

Der Bandit stand wie angewachsen da. Vierzig Schritte trennten ihn und den Mann, den er für tot gehalten hatte.

Der Blick des anderen bannte den Desperado auf den Fleck. Und erst als Wyatt sich bewegte, blitzschnell Hunters Revolver an sich nahm und vorwärts stürmte, warf Jubel Chett sich herum und rannte zu den Pferden. Er sprang in den Sattel und preschte davon.

Den Falben hatte er an seinem Sattelhorn fest; Hunters Pferd folgte den beiden anderen.

Als Wyatt das Ende der Sanddüne erreicht hatte, hielt er inne. Keuchend starrte er hinter dem flüchtigen Verbrecher her.

Er hätte ihn vorhin auf die Distanz von vierzig Schritten mit dem Derringer niemals treffen können.

Und da preschte der Bandit nun mit den Pferden davon.

Der Marshal wischte sich mit dem Handrücken über das Kinn, betastete dann seinen Hinterkopf, nahm den Hut ab und sah das Loch, das die Kugel in den schwarzen Filz geschlagen hatte. Seine Hand tastete auch die Beule ab, die das Geschoß in die kleine Metallplatte geschlagen hatte, die er seit langem hinten im Hut trug und die bereits drei Kugeln abgefangen hatte.

Dann fühlte er den brennenden Schmerz oben am Nacken. Der Streifschuß hatte eine große Fleischwunde gerissen.

Wyatt riß einen Streifen von seinem Hemd und preßte ihn auf die Wunde; dann band er sein Halstuch darum.

Wabernd stand die Hitze über dem glühenden gelbbraunen Sand des Llanos.

Und drüben lag der stumme Mann und blickte mit starren Augen in den tiefblauen Himmel.

Halbbenommen vom Schmerz ging der Missourier daran, Sand über den Körper des toten Banditen zu scharren, dann machte er sich auf den Weg.

Weg?

War es noch ein Weg, der Trail ohne Pferd durch den glühenden Sand?

Seine Haut brannte wie Feuer. Die Augen schmerzten, und die Halswunde schickte ein drohendes Hämmern in seinen Schädel.

Wenn nur dieser verheerende Durst nicht gewesen wäre!

Schon seit zehn Uhr hatte er gegen den Durst anzukämpfen gehabt, sich aber bezwungen, um den ohnehin knapp bemessenen Wasservorrat zu erhalten.

Nun war auch der verloren.

Der zweite Dünenräuber hatte ihn samt dem Falben, der Winchester, den Satteltaschen und allem anderen, was der Missourier nicht gerade am Leibe trug, mitgehen lassen.

Auch den Waffengurt und die beiden Revolver hatte er mitgenommen.

Wyatt wandte sich nach Nordwesten, um aus den Dünen herauszukommen.

Als er das geschafft hatte, ließ er sich nieder und schaufelte sich mit den Händen ein Loch in den glühenden Sand.

Zu Tode erschöpft, ließ er sich in die Mulde fallen.

Vielleicht kam er jetzt zurück, der andere. Mit dem Gewehr konnte er einen weiten Kreis bestreichen und den Verwundeten auf eine Distanz erledigen, die ihm selbst keinerlei Gefahr brachte.

Denn der Marshal hatte ja nur den Derringer und den Revolver des Toten – beide Waffen trugen ja nicht allzu weit.

Doch Jubal Chett kehrte nicht um.

Als das Hämmern im Schädel nachließ, richtete sich der Missourier etwas auf und blickte über den Rand seiner Sandburg.

Es war nirgends ein lebendes Wesen zu sehen.

Wyatt hatte das Gefühl, als habe er glühendes Blei in den Adern.

Ich darf nicht hier liegenbleiben!

Aber in der sengenden Sonne konnte er nicht weiterlaufen. Die Schwäche, die er durch den starken Blutverlust erlitten hatte, hätte ihn unweigerlich schon nach kurzer Zeit in die Knie gezwungen.

Er mußte den Abend abwarten.

Der Mann, der die Pferde mitgenommen hatte, war also nicht zurückgekommen.

Wyatt wartete noch auf ihn, weil dem Banditen der Gedanke an das Gewehr einfach kommen mußte.

Mit brennenden Augen suchte der Marshal immer wieder den Horizont

ab.

Dieser fürchterliche Tag schien nicht vergehen zu wollen.

Aber dann – nach einer Ewigkeit – färbte sich das Licht rot, und die Sonne senkte sich dem Horizont zu.

Der Missourier blieb in seiner Mulde, weil er immer noch mit dem Angriff des Verbrechers rechnete.

Erst als die Sonne längst gesunken war und der Himmel sich in ein ganz

tiefes Schwarzviolett gefärbt hatte, erhob er sich, klopfte sich den Sand aus den Kleidern und machte sich auf den Weg.

Wohin aber sollte er sich wenden? Darüber hatte er sich schon den ganzen Tag Gedanken gemacht. Als er im Morgengrauen aufgebrochen war, hatte er geglaubt, am Abend die Fahrstraße der Overland nach Guilia zu erreichen. Aber bis dorthin kam er selbst bei härtestem Fußmarsch nicht bis zum nächsten Morgen.

Wohin hatten die Banditen gewollt? Sie waren von Süden gekommen, und der andere war auch nach Süden geflohen.

Wyatt wartete, bis der Mond aufging und sein milchig-fahles Licht auf das Land warf.

Vorsichtig näherte er sich der Stelle, wo der Desperado mit den Pferden gestanden hatte.

Er hatte sich nicht getäuscht, die Hufspur der drei Tiere war noch deutlich im Sand zu erkennen.

Sehr vorsichtig folgte er ihr. Und immer, wenn das Gelände unübersichtlich wurde, wich er von der Fährte ab und hielt sich so, daß er nicht von einem etwaigen Gegner überrascht oder gar wieder von hinten angegriffen werden konnte.

Die Sanddünenlandschaft schien kein Ende nehmen zu wollen. Wyatt stapfte stundenlang hügelauf-hügelab nach Süden.

Kurz vor Mitternacht hielt er erschöpft inne. Er hatte sich auf das rechte Knie niedergelassen und den Hut abgenommen.

Immer noch drang die Sonnenglut des Tages aus dem Boden.

Nach kurzer Rast richtete der Mann sich auf und ging weiter.

Im Osten begann der neue Tag bereits zu grauen, als der Marshal die Ebene erreicht hatte. Noch war die Luft kühl und erträglich.

Als sich der Horizont zur Linken blut-rot färbte, hielt Wyatt inne.

Dreißig Yards voraus, direkt auf der Fährte, sah er es metallisch im Sande blinken.

Ein Sporn, ein großer texanischer Sternradsporn lag da mit zerrissenem Lederband im Sand.

Und die Hufspuren ringsum erzählten dem einsamen Mann die Geschichte, die sich hier vor Stunden abgespielt haben mußte.

Ganz ohne Zweifel hatte der Tramp hier einen Kampf mit dem Hengst auszustehen gehabt, dabei war ihm das Spornband zerrissen. Vielleicht hatte er es nicht einmal gemerkt.

Die Fährte lief dann weiter.

Schnurgerade durch die Ebene nach Süden.

Der rote Feuerball stieg im Osten aus dem Sand und warf sein gleißendes Licht über den Llano.

Gegen neun Uhr kam die Hitze.

Sie kam fast übergangslos und fiel den Wanderer an wie ein reißendes Tier.

Jede Meile, ja, jeder Schritt wurde dem Verletzten zur Qual.

Aber er marschierte weiter.

Wohin konnte die breite Spur der drei Pferde führen? Wo war das Ziel des Verbrechers?

Wyatt kannte das Land hier im Süden nur wenig. Da unten irgendwo mußte Pyote liegen. Aber bis dahin waren es wenigstens noch vierzig Meilen.

Wyatt vermochte auch nicht zu glauben, daß der Bandit tatsächlich da hinunter wollte.

Aber wohin sonst?

Lag zwischen Pyote und Jal noch eine Ansiedlung?

Eine Sand-Ranch vielleicht?

Kaum anzunehmen.

Es war die Hölle, die zwischen den kleinen Ansiedlungen Pyote im Süden und Jal im Norden lag.

Die Hölle von El Bravo.

Aber davon wußte der Missourier noch nichts. Die Spur führte nach Süden.

Gegen Mittag stieg das Land an und war von Sandwellen durchzogen, die allmählich die Sicht wieder verkürzten.

Sollte wieder ein Tag wie der vergangene vor ihm liegen? Sollte der Desperado mit dem Marsch seines Gegners gerechnet haben? Sollte er da vorn irgendwo auf ihn warten?

Der Marshal mußte damit rechnen. Deshalb verließ er die Fährte wieder und wanderte nach Südosten, wo er die Dünen zunächst umgehen konnte. Es war ein Uhr. Die Sonne stand im Zenit und schleuderte eine mörderische Glut auf die Erde.

Der Mann hatte sich auf einem Hügelkamm, der ihm einen Blick nach Süden und Südwesten hin erlaubte, niedergelassen.

Wyatt starrte mit rotgeränderten, brennenden Augen über den Sand, in dieses irisierende Flimmern und Wabern.

Da hindurch sollte er laufen?

Mit zusammengekniffenen, spaltengen Augen starrte der gequälte Mann auf den dunklen Strich, der sich von Nordwesten her fast schnurgerade durch die Ebene nach Süden zog.

Da war der Mann geritten, der Mann mit den drei Pferden. Er hatte die kühlen Nacht- und Frühstunden zu dem Ritt benutzt, während Wyatt sich um die Dünen herumgeschleppt hatte.

Wohin führte die Spur?

So weit das Auge reichte, gab es keinen Yard Schatten. Nirgends ein Gestrüpp oder eine Kaktee, die dem Erschöpften etwas Kühle hätte spenden können.

Die Mittagshitze nahm zu.

Unten im Tal mußte sie zur Brutofenglut werden. Der Sand schien unter ihm zu schwimmen.

Schwimmen! Yeah, es sah aus wie ein klares, leicht zitterndes Wasser.

Wyatt wischte sich über die Augen.

Damned! Hatte ihm die Hitze bereits so zugesetzt, daß er…

Er wandte den Kopf und sah zurück. Selbst diese kleine Bewegung verursachte ihm Schmerzen.

Hinter ihm lag das Dünenland. Aber auch dort war es heiß.

Nur heiß. Aber da stand die Luft. Und vor ihm trieb ein Südwind sie gegen die Dünen, ein Wind, der aus der Hölle zu kommen schien.

Der Missourier preßte die Zähne knirschend aufeinander. Nein! Er würde nicht umkehren. Aber konnte er sich da hinunterwagen?

Mit verzweifelter Wut schaufelte er sich wieder ein Loch. Der Sand schien seine Hände verbrennen zu wollen. Es konnte kaum schlimmer sein, in der Esse eines Blacksmith zu wühlen.

Die Mulde vertiefte sich nur langsam.

Dann fiel der total erschöpfte Mann mit dem Gesicht nach vorn hinein, lag in halber Ohnmacht da, spürte den Sand in seinem Mund, in seinen Augen und Ohren.

Die Sonne kannte kein Erbarmen.

Sie schien stillzustehen, zu verharren, um dem unglücklichen Mann den Tod zu bringen.

Für Sekunden geisterte es spukhaft durch das zermarterte Hirn des Verzweifelten: Vielleicht ist der Tod jetzt noch das beste…

Da riß sich der Missourier hoch, verließ die Mulde und stieg talabwärts auf die Ebene zu, stakste auf steifen, unsicheren Beinen in das Tal hinein, in die Höllenglut, die ihn aus dem Schlund der offenen Feuerklappe einer Lokomotive ansprang.

Völlig apathisch marschierte er vorwärts. Er fühlte den Schmerz kaum noch, der in seinem ganzen Körper bohrte. Auch den Gluthauch, der ihn unablässig anwehte, spürte er nur noch wie von fern.

Waren das die Stunden vor dem Ende? War es die Empfindungslosigkeit, die dem Tod im großen Sand voranzugehen pflegte?

Ich werde weitergehen! Nur dieser eine Gedanke saß in seinem Hirn.

Weitergehen!

Ich muß der Fährte folgen, mein Pferd finden und den Mann…

Sieben Stunden marschierte der Dodger Marshal durch die Hölle von El Bravo.

Dann sah er in der Ferne in einer Talsenke plötzlich die Stadt.

Wie aus dem Erdboden gewachsen sah er die Häuser vor sich.

Zum Greifen nah.

Eine knappe Meile nur entfernt.

Und keine Fahrstraße führte hin, keine Spur, außer der von den drei Pferden.

Es mußte ein Spuk sein, eine Sinnes-täuschung. Nannte man so etwas nicht Fata Morgana?

Als er den Rand der Talsenke erreicht hatte, stürzte er wieder hin… und blieb liegen.

Auch die letzten Kraftreserven waren verbraucht. Er vermochte nicht einmal mehr seinen Kopf zu heben.

Das grelle Licht der sinkenden Sonne verfinsterte sich für den Mann urplötzlich und wich einer geradezu ägyptischen Finsternis.

Bleierne Ohnmacht umgab ihn.

Als er wieder zur Besinnung kam, hörte er wie aus weiter Ferne ein Geräusch.

Er glaubte es jedenfalls gehört zu haben.

Das Geräusch von Schritten.

Er wollte den Kopf hochreißen – aber es gelang ihm nur, ihn wenige Inches aus dem Sand zu heben.

Was er da durch einen grauroten Schleier vor sich sah, jagte das Leben augenblicklich wieder in seinen ausgebrannten Körper zurück.

Er sah ein Stiefelpaar vor sich.

Ein großes, verstaubtes, hochhackiges Stiefelpaar – mit einem Sporn.

Woher er die Kraft genommen hatte, wußte der Marshal später selbst nicht mehr. Jedenfalls warf er sich herum. In seiner linken Faust blinkte der Derringer.

Aus brennenden Augen starrte er auf den Mann, der da drei Yards vor ihm stand.

Es war ein kleiner Mann mit schwerem Leib, olivfarbenem Gesicht und martialisch schwarzem Schnurrbart. Die Kohlenaugen starrten entsetzt auf den Derringer.

Da brach sich ein heiseres Lachen aus der Kehle des Missouriers.

Gleich darauf sank er wieder nieder.

Der Derringer entglitt seiner Hand.

Er fühlte, wie ihn eine Hand berührte, wie er herumgedreht wurde – und als er die Augen öffnete, sah er das feiste Gesicht mit den Kohlenaugen und dem großen Schnauzbart über sich.

»Señor…!«

Wyatt sah in dieses Gesicht, hörte die Worte und vermochte nichts mehr zu antworten.

Er spürte wohl, daß der Mann ihn in sitzende Stellung aufrichtete, und dann spürte er etwas auf seinen Lippen, das wie Eis in ihn hineinrann.

Wasser!

Kaltes Wasser!

Seit fast achtundvierzig Stunden hatte er dieses Wort aus seinem Hirn verbannt, mit eisernem Willen.

Wasser!

Dann hörte er wieder die Stimme des anderen. »Santa Madonna! Er stirbt! Er stirbt mir unter den Händen!«

Er glitt zurück in den Sand, hörte hastige Schritte.

Gleich darauf war der Mann wieder bei ihm. »Whisky, Señor! Ich habe Whisky! Vielleicht ist das jetzt falsch, aber wenn noch etwas hilft, dann Whisky!«

Wie ätzendes Gift rann der Alkohol durch seine ausgedörrte Kehle, schien seinen Schlund zu verbrennen und lag wie glühendes Blei in seinem Magen.

Der Mann murmelte etwas in spanischer Sprache vor sich hin.

Es war ein Gebet.

Wyatt lauschte ihm stumm.

Dann merkte er, daß sich der Mann wieder über ihn neigte.

»Er ist tot«, hörte er es wieder in Spanisch von den Lippen des Mannes kommen. »Tot! Der heiße Sand hat ihn getötet! Dieses höllische Tal…«

Ein ächzender Laut aus der Kehle des Halbohnmächtigen ließ den Dicken zusammenfahren.

»Wasser!«

Der Dicke zuckte zurück. Dann kam er hastig näher. »Sie leben noch, Señor?«

»Wasser…«

Da ergoß sich ein wahrer Regen über seine Lippen, schwemmte darüber hinweg und benetzte das ganze Gesicht, lief in den Hemdkragen und brach sich winzige Bahnen über die Brust.

Der Dicke richtete den Marshal wieder auf. »Señor! Kommen Sie, ich bringe Sie zu meinem Pferd. Nein, das geht nicht. Ich hole den Gaul her…«

Er sprang auf und rannte los.

Wyatt hörte das leise Stampfen von Pferdehufen im Sand.

»Ich bin wieder da. Und…, he, Señor!« Der Mann kniete neben ihm, nahm sein Gesicht in seine rauhen Hände und starrte in die Augen des anderen. »Señor…«

»Ja?«

»Ah, ich befürchtete schon…«

Wyatt schluckte. »Wasser!«

»Wasser, si, si!« Der Mann öffnete die Flasche wieder und goß sie über dem Hilflosen aus. »Sie leben! Das ist das Wichtigste. Ich werde Sie hinunter in die Stadt bringen. Doktor Baker versteht sich auf so was. Ich bin übrigens Pedro Miretta. Ja, die Cantina del Sole, die gehört mir… Ach, vielleicht wollen Sie nichts mehr von Sole hören. Well, ich kann das verstehen. Santa Madonna, ich bin ein Esel und rede wieder zuviel. Kommen Sie, Sie müssen schleunigst zu Doc Baker gebracht werden.«

Er packte Wyatt unter den Armen und versuchte, ihn keuchend und ächzend hochzuzerren.

»Diavolo, Sie sind ja schwer wie drei Brandyfässer!«

Wyatt schlug die Augen auf. »Lassen Sie doch…«, kam es krächzend aus seiner Kehle.

»Nichts da, Señor! Sie können nicht hierbleiben. Der Sand ist jetzt noch heiß, aber in ein paar Stunden kommt die Kühle – und mit ihr der sichere Tod für Sie. Sie müssen hier weg. Ich werde Sie schon…«

Er hatte das alles rasend schnell in schlechtem Englisch hervorgesprudelt, zerrte wieder an den Armen des Missouriers und wich erschrocken zurück, als er bemerkte, daß sich der andere selbst aufzurichten versuchte.

»Nein, das geht nicht, Señor. Sie sind zu schlapp. Sie haben sich bis hierher geschleppt. Welch ein Irrsinn, überhaupt. Und wie lange liegen Sie hier! Sie können nicht selbst hoch…«

Da mußte der texanische Salooner Pedro Miretta erleben, wie sich der noch vor einer Viertelstunde zu Tode Erschöpfte aus dem Sand aufrichtete, schwankend dastand und dann auf das kleine Pferd zutorkelte.

Miretta half ihm und nahm dann das Pony beim Zügel.

»No, so geht es nicht. Sie fallen mir runter. Ich muß Sie festbinden.«

Ein schmerzliches Lächeln zog sich um die Mundwinkel des Missouriers.

»Thanks, ich bin ja – in – den Bügeln.«

Miretta ging voran. Er hatte den Gaul am Halfter gepackt und nahm den Blick nicht von dem Fremden.

»Können Sie sich noch halten?«

»Yeah – es wird – schon gehen.«

»Si, si! Halten Sie aus, es ist nicht mehr weit.«

Es ging über den Rand der Ebene hinweg bis zum Muldenrand, dann rutschte der Mann zur Seite und konnte nur durch den Dicken aufgefangen werden.

»Well, es geht nicht«, stöhnte der Wirt. »Dann muß ich Sie eben hier zurücklassen. Ich hole den Doc. Madonna, wenn der so spät noch Lust hat, herauszureiten auf die Ebene, fresse ich meine Stiefel auf.«

Wyatt lag wieder im Sand.

Der Salooner stieg leise fluchend in den Sattel.

Da richtete sich der Marshal mit einem Ruck hoch. »Señor! Warten Sie noch!«

Verblüfft sah der Mexikaner sich um. »Ja?«

»Ihr Gewehr! Sie haben ein Gewehr im Scabbard.«

»Ja, sicher. Meine alte Sharpsflinte.«

»Lassen Sie es mir hier«, bat der Missourier.

»Das Gewehr? Bitte. Aber ich wüßte nicht, was Sie damit anfangen wollten. Madonna!« Plötzlich hatte der Kneipenwirt einen bösen Gedanken. »Hören Sie, Señor. Sie werden doch nicht so dumm sein. Noch dümmer, als Sie schon waren. Sie haben es bis hierher geschafft. Da müssen Sie doch eine Pferdenatur haben. Und den Rest werden Sie doch überstehen. Wozu wollen Sie das Gewehr? Das hätten Sie ja mit dem Colt auch…«

Er rutschte aus dem Sattel und riß dem Marshal blitzschnell den Colt aus dem Hosenbund.

»Sie brauchen keine Waffe, Señor. Von einem Halbidioten will hier niemand etwas.« Dann besann er sich. »Sie hatten doch noch einen Derringer. Bitte – geben Sie ihn mir.«

»Gegen das Gewehr.«

Der Dicke trippelte von einem Fuß auf den anderen. »Aber ich werde doch nicht verrückt sein. Ich kann doch nicht einem Selbstmord Vorschub leisten.«

»Señor, ich brauche das Gewehr. Ich werde verfolgt von einem Mann, der auch ein Gewehr hat.«

»Was?« Miretta ging keuchend in die Hocke und starrte in Wyatts Gesicht. Dann erhob er sich, ging zu seinem Pony und zog das alte Sharpsgewehr aus dem Lederschuh. »Well, hier haben Sie Ihren Willen. Aber das sage ich Ihnen, wenn ich zurückkomme, und Sie sind tot, dann…«

»Dann?« Wyatt zwang ein mattes Lächeln auf sein Gesicht. Dann ließ er sich zurückfallen und untersuchte die Flinte mit geschlossenen Augen. »All right, Mister, ich warte…«

»Ich komme in zwei Stunden zurück, Señor.«

Das Pony trabte los.

Wyatt öffnete die Augen und sah gegen den Nachthimmel die merkwürdige Silhouette des kleinen rundlichen Reiters davonziehen.

Jetzt hatte er ein Gewehr.

Eine Büchse mit noch vier Schuß Munition.

Zum erstenmal seit dem Augenblick des Überfalls fühlte er sich sicher.

Der Marshal richtete sich auf.

War da nicht ein Geräusch gewesen? Er lauschte angestrengt in die Nacht.

Aber nur das Hämmern des eigenen Blutes war in seinen Ohren.

Wyatt erhob sich.

Zounds! Das Wasser und der Whisky hatten ihn benommen gemacht. Er knickte sofort wieder in die Knie ein – und schrak jäh zusammen.

Ganz deutlich hatte er ein Geräusch gehört. Seinem scharfen Ohr war es diesmal nicht entgangen.

Und der erfahrene Präriemann wußte es auch sofort zu deuten. Diese Erkenntnis jagte ihm einen neuen Schrecken über den Rücken.

Es war das dumpfe Hufgeräusch zweier unbeschlagener Pferde gewesen. Und unbeschlagene Pferde ritten in diesem Lande nur Indianer.

Wyatt wußte, daß er es auf keinen Kampf mit diesen Rothäuten ankommen lassen durfte.

Und zum dritten Mal auf diesem höllischen Trail schaufelte er sich mit seinen Händen ein Loch in den Sand, legte sich auf den Bauch, warf den Sand, soweit es ihm möglich war, wieder über sich und lauschte dann angestrengt in das Dunkel.

Das Hufgeräusch war jetzt so nahe, daß er durch den Mund atmete, um besser horchen zu können.

Immer näher kam der dumpfe Hufschlag.

Die Roten ritten im leichten Trab.

Und dann waren sie da.

Wyatt konnte ihre Konturen wie schwarze Schemen gegen den Nachthimmel westlich von seinem Standort erkennen.

Eine Gänsehaut rann über seinen Rücken.

Damned, wenn sie näher kommen, dann wird es mehr als brenzlig. Ich liege unter dem Sand verschüttet; nur ein Teil des Kopfes ist noch frei.

Wenn sie ihn entdecken, was dann?

So schnell hatte er die Sandmassen nicht von sich geschüttet, um noch zum Gewehr greifen zu können.

Er hatte die Büchse fest umspannt unter sich liegen. Die Linke hielt er über die Mündung gepreßt, um sie vor dem Sand zu schützen.

Der Hufschlag kam noch näher.

Devils! Sie hielten anscheinend direkt auf die Stelle zu, an der er im Sand lag.

Jeder Muskel im Körper des Missouriers war angespannt, bereit, sich herumzuwerfen, den schweren Sand von sich zu schütteln, das Gewehr hochzureißen…

Dann waren sie heran.

Dreißig Yards vor ihm.

Der Hufschlag verstummte.

Immer noch verharrten die beiden Redmen wie leblose Gestalten drüben vor ihm.

Was führten sie im Schilde?

Wyatt spielte bereits mit dem Gedanken, aufzuspringen, um das Gewehr hochzureißen, als er sah, daß der eine von ihnen vom Pferderücken rutschte.

Der andere folgte.

Sie ließen die Tiere stehen und kamen langsam heran.

Fünf Yards kann ich ihnen noch geben! schoß es durch den Kopf des Marshals.

Er war jetzt plötzlich ganz kühl und ruhig. Hundertmal hatte er in solcher Lage gesteckt. Nur mit dem einen Unterschied, daß er sich niemals zuvor in einer solchen elenden körperlichen Verfassung befunden hatte.

Einer der beiden Indianer schritt die ihnen zugestandenen fünf Yards noch voll aus. Und in dem Augenblick, als sich der Weiße aus dem Sand schnellen wollte, blieb der Rote stehen.

»Was will Einauge nun tun?« fragte er im gutturalen Tonfall seiner Rasse.

Wyatt hatte die Worte genau verstanden. Sie waren in dem seltsamen Gemisch von der Sprache der Prärie-Indianer und der Arizona-Rothäute vorgebracht worden, einem Idiom, das der Missourier schon in sehr jungen Jahren unten auf einer Ranch in Texas von zwei Indianern gelernt hatte, die dort als Peone arbeiteten.

Der andere Rote ließ sich Zeit. Er schien älter zu sein, hatte eine hohe, schlanke, sehr sehnige Gestalt und langes, im Sternenschein silbern schimmerndes Haar.

»Wir reiten auf den breiten Pfad zwischen den Häusern zu. Das Lagerhaus ist zur Linken. Während du die Brandpfeile auf die gegenüberliegenden Häuser abgibst, zertrümmere ich mit dem Beil das Tor. Wir haben dann Zeit, weil der Brand die Weißen festhält. Mehr als drei Ballen können wir nicht schleppen.«

Tuchräuber also! Der Marshal war sofort im Bilde. Es war schließlich nicht zum erstenmal, daß Rote eine Stadt anfielen, um sich Stoff zu beschaffen.

Diese beiden Comanchen hatten es auf ein Stofflager in der Stadt abgesehen.

Wyatt war zunächst ein Stein vom Herzen gefallen, als er feststellen konnte, daß die beiden ihn noch nicht ausgemacht hatten. Das konnte allerdings schon in den nächsten Minuten geschehen.

Aber diese beiden Comanchen waren so in ihr Vorhaben vertieft, daß sie in ihrer sonstigen Wachsamkeit auf ihre Umgebung stark nachgelassen hatten.

Einem Apachen oder einem Sioux-Indianer oder gar einem Pineridge wäre das allerdings nie unterlaufen.

Das Stofflager wollten sie überfallen. Dieses Vorhaben hätte den Missourier kaum interessiert. Er hatte Mühe genug, sein Leben zu erhalten. Aber da war etwas, das ihn zwang, in jedem Fall zu handeln. Auch wenn die beiden ihn nicht bemerkten: Sie wollten Brandpfeile auf die gegenüberliegenden Häuser abschießen.

Was das in einer kleinen Westernstadt, die zu neunzig Prozent aus Holz, aus dürrem, sonnenvertrocknetem Holz erbaut war, bedeutete, braucht nicht erst geschildert zu werden.

Anscheinend hatten sich die beiden nicht viel mehr zu sagen. Sie standen noch eine Weile stumm da und blickten zu der Talsenke hinüber, auf deren Sohle die Stadt lag.

Sie hatten dem Missourier die ganze Zeit über den Rücken zugekehrt.

Da hörte Wyatt den älteren sagen: »Saunders muß sterben. Er hat uns an den Rand des Verderbens gebracht. Unsere Kinder sind krank, unsere Weiber sind krank…«

Der andere nickte, und nach einem Augenblick des Schweigens fragte er: »Was wird Narone dazu sagen?«

Der Ältere stieß einen unterdrückten Ton des Ärgers aus. »Er ist alt, die vielen Winter seines Lebens haben den Schnee auf sein Haupt gelegt. Er kann nicht mehr kämpfen, deshalb müssen wir es tun. Wenn morgen früh der rote Feuerball im Osten aufgehen wird, gibt es keine Stadt mehr, die El Bravo heißt. Komm!«

Sie wollten zu den Pferden.

Da riß sich der Mann aus dem Sand hoch.

Heavens, es war noch schwerer, als er bereits befürchtet hatte. Dennoch kam er mit einer Gewaltanstrengung in kniende Stellung und hatte das Gewehr im Anschlag, als die beiden herumfuhren.

»Hände nach oben!« schlug den beiden überraschten Redmen da eine rostige Stimme in ihrer eigenen Sprache entgegen.

Langsam nahmen die beiden Comanchen die Hände in Schulterhöhe.

Wyatt blieb vorsichtshalber knien. Er wußte nicht, was er seinen Beinen zumuten konnte.

Die Indianer sahen den Gewehrlauf im Sternenlicht schimmern. Sie waren erfahren genug, um die Situation, in der sie sich da befanden, richtig einzuschätzen.

Da vor ihnen kniete ein Weißer am Boden, der ein Gewehr im Anschlag hielt.

Wyatt machte das Sprechen Mühe, aber der Whisky hatte seine Lebensgeister doch so weit zurückgerufen, daß ein Teil seiner alten Spannkraft wieder von ihm ausstrahlte.

»Ich habe gehört, was die beiden roten Männer besprochen haben.«

Die Comanchen starrten ihn stumm an.

Da bemerkte Wyatt, daß die Hand des älteren zum Gürtel kroch.

»Laß deine Hand oben, Einauge, sonst bist du ein toter Mann.«

»Was willst du von uns?« zischte der Comanche, der sichtlich verstört darüber war, daß das Blaßgesicht sogar seinen Namen kannte.

»Ich habe es euch schon gesagt: Zufällig habe ich euer Gespräch belauscht.«

»Zufällig?« unterbrach ihn der Rote.

»Yeah, zufällig! Ich habe euch nicht hierhergebeten, wo ich lag. Genug davon.«

»Und was will der weiße Mann jetzt tun?«

»Ich kann nicht dulden, daß das, was ihr vorhabt, geschieht«, sagte Wyatt rauh.

»Wohnst du in El Bravo?«

»Nein.«

»Was kannst du denn dagegen haben? Wir geben dir von dem Tuch ab.«

Wyatt schüttelte den Kopf. »Ich will offen sprechen. Daß der Agent euch um Tuch betrügt und vielleicht auch um andere Dinge, die euch zustehen, ist ein Verbrechen. Aber das, was ihr tun wollt, ist auch eines, sogar ein schlimmeres. In den Häusern, die ihr anzünden wollt, schlafen Frauen und Kinder.«

Wie Holzfiguren standen die Indianer da.

Endlich öffnete der ältere wieder den Mund. »Was willst du tun?«

»Ich muß euch töten«, sagte Wyatt rauh, obgleich er keinesfalls diese Absicht hatte.

Wieder schwiegen die beiden Indianer eine Weile, bis ›Einauge‹ mit brüchiger Stimme erklärte: »Das wirst du nicht tun.«

»Ihr werdet es erfahren.«

»Wir sind zwei Männer…«

Da riß der Missourier den runden Ladebügel knarrend durch.

Die Roten rührten sich nicht, obgleich ihnen das metallische Geräusch scharf in die Nerven schnitt. Mit heißen Augen starrten sie auf den Mann und auf den schimmernden Lauf seines Gewehres.

»Habt ihr noch etwas zu sagen?« kam es ihnen da entgegen. »Soll ich im Reservat noch einen Gruß bringen, vielleicht an Narone?«

»Narone!« kam es im Doppellaut von beiden Lippen.

»Yeah, er ist ein weiser und gerechter Häuptling, der Schnee seines Alters liegt auf seinem Haupt, und die zahlreichen Sommer und Winter haben ihn still gemacht. Still und weise. Er hat nicht befohlen, in der Stadt der Weißen Feuer zu schießen, obgleich auch er betrogen worden ist.«

Da löste sich die Zunge des älteren Indianers. »Das Blaßgesicht redet seltsame Worte. Aber ich weiß, daß die Bleichen gespaltene Zungen haben.«

»Es ist mir einerlei, was du von mir hältst. Jedenfalls wirst du nicht in die Stadt reiten und Brandpfeile auf die Häuser schießen.«

Wieder herrschte Schweigen zwischen den drei Männern.

»Es ist gut«, sagte da der alte Indianer rauh. »Töte uns also.«

Damit hatte der Missourier nicht gerechnet. »Ich bin ein Feind des Tötens, Einauge. Ich hätte lieber gehört, daß du mir gesagt hättest: Wir werden nicht nach El Bravo reiten.«

Verblüfft starrte der Rote ihn an. »Ich kann es ja sagen und dann doch anders handeln.«

»Das tust du nicht. Ich kenne dich erst drei oder vier Minuten, aber ich weiß, daß du ein roter Krieger bist, der sein Wort hält.«

»Soll das heißen, daß du uns nicht töten willst?«

»Wenn du mir dein Wort als Comanche gibst, nicht in die Stadt zu reiten, ja.«

Ein bitteres Lachen brach von den Lippen des Indianers. »Solche Worte habe ich noch nicht aus dem Mund eines weißen Mannes gehört. Wir können also wegreiten?«

»Noch nicht. Erst wird dein Bruder zu den Pferden gehen und die Brandpfeile aus den Köchern werfen.«

Einauge überlegte einen Augenblick, dann gab er seinem Gefährten einen stummen Wink.

Der jüngere wandte sich um und ging zu den Pferden.

Wyatt richtete sich auf.

Devils, er schwankte, aber er ging vorwärts, dicht an den älteren Comanchen heran.

»Ich werde dir und deinem Wort Glauben schenken, Einauge. Den gleichen Glauben, den ich dem großen Häuptling Rote Wolke oben in der Prärie geschenkt habe.«

Der Indianer sah ihn an. »Du hast Rote Wolke gesehen?«

»Ja.«

Da sagte er heiser: »Du kannst auch mir Glauben schenken.«

Als er sich abwenden wollte, hörte er den Weißen sagen: »Ich trage einen Stern. Du weißt, was das bedeutet?«

»Ja«, kam es frostig zurück, »du bist ein Sheriff, aber nicht der Sheriff von El Bravo.«

»Nein.«

»Der ist ein doppelzüngiger Mann, der Narone schon oft versprochen hat, für unser Recht zu sorgen, und sein Versprechen nie gehalten hat.«

»Wie heißt der Agent?«

»Ted O’Brian.«

Wyatt nickte. »Es ist gut, wenn ich etwas für euch tun kann, werde ich es tun. Ich verspreche es dir.«

Die beiden Redmen saßen auf.

Da trieb Einauge sein Pferd noch einmal zurück. Drei Yards vor dem Missourier blieb er halten.

»Wie ist dein Name?«

»Wyatt Earp.«

Der Rote sah ihn an. »Wyatt Earp?« Rauh stieß er dann hervor. »Ich hatte dir geglaubt. Jetzt weiß ich, daß auch du bist wie der Sheriff von El Bravo und die anderen Bleichgesichter. Du lügst.«

»Weshalb?«

»Weil du nicht Wyatt Earp bist. Weil du es gar nicht sein kannst.«

»Und weshalb nicht?«

»Weil er oben in Kansas lebt. Und weil er viel älter ist als du.«

»Kennst du ihn denn?«

»Nein, aber Jaca-Inna kennt ihn. Er hat ihn vor vielen Sommern in Camp Davidson, das sie heute Wichita nennen, gesehen. Und schon vorher haben wir seinen Namen gekannt. Er muß viel älter sein.«

Da griff Wyatt mit der Linken in die Tasche. »Hier, fang auf.«

Der Rote fing den schimmernden kleinen Metallstern auf, den Wyatt ihm zuwarf.

»Mein Name ist hinten eingraviert. Reite jetzt mit deinem Bruder zurück ins Reservat und sage dem Chef, ich ließe ihn grüßen. Ich werde ganz sicher etwas für den Stamm tun können.«

Da riß der Rote ein Zündholz an.

Nur für einen ganz kurzen Augenblick flammte der winzige Lichtschein hell auf.

Wyatt sah dabei das Gesicht des Indianers.

Das linke Auge fehlte ihm. Das andere tastete die Rückseite des Sterns ab.

Das Zündholz war längst erloschen. Immer noch hielt der Comanche vor dem Marshal, hatte die Rechte um den Stern gespannt und nahm dann auf einmal sein Pferd herum.

Langsam ritten die beiden Roten nach Westen davon.

Wyatt sah ihnen nach, und als er sie nicht mehr erkennen konnte, lauschte er dem dumpfen Hufschlag ihrer Pferde nach.

Ich muß in die Stadt hinunter! schoß es durch seinen Kopf.

So sehr er auch innerlich hoffte, es richtig gemacht zu haben, so sehr er auf seine große Erfahrung mit den Indianern baute, wer wollte sagen, ob die beiden ihn nicht doch täuschten?

Well, ihre Brandpfeile lagen am Boden. Es waren siebzehn Stück. Damit hätte ein guter Schütze sehr viel Unheil in einer Kistenholzstadt anrichten können.

Wyatt nahm die Pfeile auf und ging vorwärts.

Als er eine Dreiviertelmeile zurückgelegt hatte, drang ein sonderbarer Laut an sein Ohr.

Es war ein lautes Mahlen und Knirschen, wie ihn nur ein eisenbeschlagenes Räderpaar im Sand verursachen konnte.

Das Gefährt kam näher.

Und dann war es zwanzig Yards vor dem Marshal.

»Halt!« rief Wyatt krächzend.

»Madonna!« kam es vom Bock des Wagens. »Da sind Sie ja schon! Aber das ist doch ausgeschlossen. Sie können doch nicht bis hier gelau…«

»Sind Sie allein?« unterbrach Wyatt den Salooner.

»Yeah, der Teufel hol’s.«

Miretta trieb den Gaul wieder an und hielt dann neben dem Marshal.

Prustend stieß er in seiner kurzatmigen Weise hervor: »Der Doc, dieser Halunke, ist voll wie tausend Mann. Ich konnte ihn nicht einmal vom Stuhl in der Schenke bewegen. Eigentlich ist er immer betrunken. Aber seine Schwester hat mir Verbandszeug mitgegeben. Auch zwei Flaschen mit Arzneien, um Ihre Wunden zu reinigen.«

Wyatt stieg auf den Wagen und drückte dem Dicken die Hand. »Ich danke Ihnen, Mister Miretta.«

»Ich bin Mexikaner.«

»Dachte ich mir schon.«

Miretta wich plötzlich zur Seite bis an den Rand des Kutschbocks. »Was haben Sie denn da?«

»Brandpfeile.«

»Aber wie kommen Sie denn an das Zeug?«

»Ich habe sie von zwei Comanchen bekommen.«

»Von…?« Der Wirt riß plötzlich den Gaul herum und trieb ihn mit diskanthohen schrillen Schreien an. »Lauf, alter Halunke! Elender Schinder. Lauf, friß nicht nur mein Futter! Zum Teufel, laufen sollst du!«

Wie von Furien gejagt, hetzte der dicke Salooner seinen kleinen Gaul durch den Sand.

Mitten in den Anfeuerungsschreien, die Miretta seinem Gaul zubrüllte, wandte er den Kopf und rief seinem Nachbarn zu: »Wo haben Sie sie gesehen?«

»Da oben, wo Sie mich gefunden haben.«

»Wie viele waren es?«

»Zwei.«

»Waren sie weit weg?«

»Im Gegenteil, ganz nah. Ich habe mit ihnen gesprochen.«

Der Dicke hätte beinahe die Zügelleine losgelassen. »Señor, ich habe es nicht verdient, daß Sie Ihre Scherze mit mir machen.«

»Ich habe auch nichts dergleichen vor.«

Wyatt erklärte dem völlig verstörten Mann, was sich oben auf der Ebene zugetragen hatte.

Miretta schluckte und schluckte. »Santa Madonna«, stieß er wieder hervor. »Comanchen, so nahe bei der Stadt! Das gibt Mord und Totschlag. Schnell, alter Gauner, lauf, renn, jage, hetze, reiß die Beine auseinander! Wir müssen in die Stadt…«

Nach einer Weile tauchten dunkle Häuserkonturen aus dem hellen Sand auf.

Und dann rollte der Wagen in die breite Mainstreet von El Bravo ein. Nirgends brannte mehr Licht.

Hier unten in der Senke lag immer noch eine Bruthitze, die aus dem Talkessel einfach nicht entweichen wollte. Der Wind hatte nachgelassen und ließ die Luft zwischen den Häusern stehen.

Als der Wirt endlich vor einem dunklen Haus anhielt, erklärte er: »Hier wohnt der Sheriff. Schnell, wir müssen ihn wecken!«

»Schläft er schon?«

»Schon? Es ist zwei Uhr.«

Dann flog die Tür knarrend auf.

»Was gibt’s denn?« fragte eine schläfrige Stimme aus dem Korridor. »Miretta? Sind Sie wahnsinnig geworden? Wo brennt’s denn?«

»Es wird gleich brennen. Und zwar auch in Ihrem Haus! Die Comanchen kommen.«

Ted Duncer war ein Mann in den Dreißigern, aber für seine Jahre wirkte er alt. Sein aschblondes Haar war schütter, und seine wäßrigen Augen blickten müde aus einem verlebten Gesicht. Dieser Gesetzesmann hatte kaum einen anderen Platz verdient als dieses El Bravo. Hier wußte übrigens niemand, daß er aus zwei Städten wegen Unfähigkeit verwiesen worden war und daß der County Sheriff der Ward Countys ihn nur aus dem Grund als Deputy Sheriff nach El Bravo geschickt hatte, weil sich kein anderer Sternträger für diesen Platz hergeben wollte.

Breitbeinig stand er jetzt in seiner Tür, hatte die Hände hinter den Hosenträgern und den Bauch vorgestreckt. Strümpfe und Schuhe trug er nicht.

»Was bellen Sie da zu nachtschlafender Zeit durch die Gegend, Miretta?« knurrte er den Wirt an.

»Die Comanchen kommen! Ich habe es Ihnen doch gesagt.«

»Die Comanchen? Sie müssen verrückt sein, Mensch. Was sollten die Roten denn hier im Sand? Nur ein Verrückter kann sich hierher verirren – und verrückt sind die Redmen ganz sicher nicht.«

»Aber Sie kommen. Mit Brandpfeilen kommen sie, sie haben es auf das Tuchlager abgesehen…«

»Hören Sie, Miretta, gehen Sie heim und schlafen Sie sich mal ordentlich aus«, knurrte der Sheriff unwillig. »Ich jedenfalls werde mich jetzt wieder hinhauen.«

»Aber so hören Sie doch, Duncer! Es ist Ernst, bitterer Ernst.«

Der Sheriff sah ihn aus schläfrigen Augen an. »Lassen Sie mich jetzt gefälligst in Ruhe, Mann. Ich habe ganz andere Sorgen.«

Da packte der kleine rundliche Schankwirt den lauen Gesetzesmann an den Schultern und rüttelte ihn. »Sie müssen wach werden, Duncer! Die Co…«

Mit einem derben Stoß vor die Brust warf der Sheriff den Salooner zurück.

Miretta stürmte nun auf ihn ein wie ein wildgewordener Puma und redete und redete mit Händen und Füßen.

Endlich hob Duncer abwehrend die Hände. »Well – well – hören Sie auf mit diesem Geschwafel. Wo ist der Kerl, den Sie im Sand gefunden haben wollen? Ich werde ihn mir mal vorknöpfen.«

»Ja, tun Sie das, Sheriff. Reden Sie mit dem Mann. Es ist ein netter Bursche. Er…« Miretta hatte sich umgewandt und blickte auf den Wagen. Da, wo gerade noch der Fremde gesessen hatte, war ein leerer Platz. Der Mann war nirgends zu sehen.

Duncer blickte an dem Schankwirt vorbei. »Wo ist denn nun der Kerl?«

Der Mexikaner deutete mit einer hilflosen Geste und verstörtem Gesicht auf den Wagen. »Da – er hat doch eben noch oben auf dem Bock gesessen.«

Duncer wandte den Kopf und warf dem Wirt einen scheelen Blick zu. »Hören Sie, Miretta, wenn Sie schlecht schlafen können, dann suchen Sie sich einen anderen Idioten aus, mit dem Sie nachts auch noch herumnörgeln können.«

Duncer wandte sich um und wollte in das Haus zurück.

Da packte ihn der Dicke am Arm und hielt ihn auf. »Sheriff! Sie müssen warten! Der Mann war gerade noch da. Wir müssen ihn suchen.«

Duncer wandte nur den Kopf. »Wir?«

»Yeah, wir! Sie noch dringlicher als ich. Denn Sie sind der Sheriff. Der Mann ist oben im Sand angeschossen und ausgeraubt worden. Er hat sich zwei Tage durchs Valley nach Süden geschlagen…«

»Diesen Unsinn haben Sie mir schon einmal erzählt«, brauste der Sheriff nun auf. »Jetzt reicht’s mir. Kein Mensch kann zu Fuß und dann auch noch bei Tage von Norden her durchs Tal nach El Bravo kommen. Das ist ein ausgemachter Schwindel. Es wird ein Tramp sein. Ein ganz verdammter Tramp. Ein Kerl, der sich hier einschleichen wollte. Seien Sie froh, daß er verschwunden ist. Ich hätte ihn einsperren müssen. Und dann der Unsinn mit den Comanchen. Sind Sie tatsächlich so kindisch, daß Sie glauben, die Roten treiben sich oben im Sand herum? Mensch, denen ist es genauso angenehm im Llano wie uns. Ihr Reservat ist viele Meilen westlich von hier. Sie müßten geradezu verrückt sein, wenn…«

Da stieß der Wirt seinen Zeigefinger hart gegen die Rippen des Sheriffs. »So, Ihnen reicht’s? Jetzt will ich Ihnen was sagen, Sheriff! Mir reicht’s auch, und zwar mit Ihnen.« Und nun sprudelte es nur so über die Lippen des aufgeregten Mannes. Heißblütig hielt er dem Hüter des Gesetzes seine stadtbekannte Trägheit vor und donnerte ihn schließlich an: »Damit Sie ganz klar sehen, Mister. Sie werden den Mann jetzt suchen. Sie werden sich anhören, was er über die Comanchen zu sagen hat. Vorwärts. Ich fordere Sie als Bürger dieser Stadt, die Sie bezahlt, auf, unverzüglich…«

»Was wollen Sie denn«, unterbrach ihn der Sheriff, »der Tramp ist doch verschwunden!«

»Er kann nicht verschwunden sein! Ich werde ihn suchen. Und Sie kommen mit!«

Miretta rannte auf die Straße, lief um den Wagen herum und wäre fast über den Körper, der da neben dem rechten Rad lag, gestolpert.

»By Gosh! Hier liegt er. Kommen Sie, helfen Sie mir! Er ist vom Wagen gestützt. Er ist ohnmächtig…«

*

Als der Missourier wieder zu sich kam, fluteten rotgoldene Sonnenstrahlen ins Fenster und erfüllten die kleine schrägwandige Kammer.

Er lag in einem Bett.

Das Zimmer war nur dürftig möbliert. Außer dem Bett standen da ein schmalbrüstiger Schrank, ein Tisch und ein abgeschabter grüngepolsterter Sessel.

Wyatt erhob sich und stellte fest, daß er noch immer den gleichen Verband trug, den er sich selbst angelegt hatte.

Er zog seine Stiefel an, die man ihm ausgezogen hatte, trat ans Fenster und öffnete es. Tief sog er die frische Luft ein.

Heavens, es war wenigstens drei Uhr nachmittags.

Unten auf der Straße war alles still.

Die Hitze, die auch den kleinen Raum stickig erfüllt hatte, lastete draußen brütend auf den Häusern, flimmerte über ihren Giebeln und waberte über dem Sand der breiten Straße.

Der Marshal setzte seinen Hut auf, zog seine Weste an und ging hinunter.

Hatte er es sich doch gedacht! Er war im Haus des kleinen feisten Schankwirtes Miretta.

Der Dicke stand hinter der Theke und goß gerade einem vierschrötigen Mann einen Whisky ein.

»Hallo, Señor. Da sind Sie ja. Gott sei Dank. Der Doc sagte schon, daß Sie wieder zu sich kämen.«

»Hat er denn nach mir gesehen?«

»Yeah, heute morgen, er warf einen Blick ins Zimmer und meinte, ich sollte Sie schlafen lassen. Das sei die beste Medizin für Sie.«

»Sehr praktisch. Wo wohnt er?«

»Gleich nebenan.« Miretta kratzte sich den Kopf. »Señor, Sie sollten die Stadt verlassen«, kam es unsicher von seinen Lippen.

Wyatt trat an die Theke und warf dem Wirt wortlos ein Geldstück hin. Glücklicherweise hatte der Räuber, der ihn in den Sanddünen angeschossen hatte, das Geld im Gürtel nicht gefunden. Es war nicht sehr viel, bewahrte den Missourier aber vor Kopfschmerzen, was die geldlichen Sorgen der nächsten Tage betraf.

Wyatt trat auf den Vorbau hinaus.

Die Straße war immer noch leer.

Nebenan, im Schatten des Überdaches, saß ein Mann im Schaukelstuhl und wippte langsam hin und her. Er mochte vielleicht vierzig sein, hatte ein aufgeschwemmtes Gesicht, flachsblondes Haar und einen schweren Leib. Er trug einen grauen, mit Flecken besäten Anzug, hatte die kurze Weste fast nur oben über der Schulter sitzen. Der Kragen stand offen.

Wyatt trat an ihn heran. »Können Sie mir sagen, wo ich den Doc finde?«

Der Mann blinzelte ihn an. »Was wollen Sie?«

»Ich bin verwundet.«

»Aha. Kommen Sie morgen früh gegen zehn Uhr. Da mache ich den Arzneikasten auf.«

Wyatt trat nahe an den Mann heran. »Sie sind also der Arzt?«

Der Mann nickte träge. »Und jetzt lassen Sie mich zufrieden, ich genieße den Nachmittag.«

»Sie können ihn gleich weiter genießen, Mister«, versetzte Wyatt grob, »aber erst verbinden Sie mir die Wunde.«

Wyatt Earp Classic 39 – Western

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