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Erste Szene

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Rom. Eine Straße

Flavius, Marullus und ein Haufe von Bürgern

 

 Flavius.

 

 Packt euch nach Haus, ihr Tagediebe! fort!

 

 Ist dies ein Feiertag! Was? wißt ihr nicht,

 

 Daß ihr als Handwerksleut an Werkeltagen

 

 Nicht ohn ein Zeichen der Hantierung dürft

 

 Umhergehn? – Welch' Gewerbe treibst du? sprich!

 

 Erster Bürger.

 

 Nun, Herr, ich bin ein Zimmermann.

 

 Marullus.

 

 Wo ist dein ledern Schurzfell und dein Maß?

 

 Was machst du hier in deinen Sonntagskleidern? –

 

 Ihr, Freund, was treibt Ihr?

 

 Zweiter Bürger.

 

 Die Wahrheit zu gestehn, Herr, gegen einen feinen Arbeiter gehalten, mache ich nur, sozusagen, Flickwerk.

 

 Marullus.

 

 Doch welch Gewerb? Antworte gradezu.

 

 Zweiter Bürger.

 

 Ein Gewerbe, Herr, das ich mit gutem Gewissen treiben kann, wie ich hoffe. Es besteht darin, einen schlechten Wandel zu verbessern.

 

 Marullus.

 

 Welch ein Gewerb, du Schuft? welch ein Gewerb?

 

 Zweiter Bürger.

 

 Nein, ich bitte Euch, Herr, laßt Euch die Geduld nicht reißen. Wenn aber ja was reißt, so gebt Euch nur in meine Hand.

 

 Marullus.

 

 Was meinst du damit? Mich in deine Hand geben, du naseweiser Bursch?

 

 Zweiter Bürger.

 

 Nun ja, Herr, damit ich Euch flicken kann.

 

 Flavius.

 

 Du bist ein Schuhflicker, nicht wahr?

 

 Zweiter Bürger.

 

 Im Ernst, Herr, ich bin ein Wundarzt für alte Schuhe: wenn's gefährlich mit ihnen steht, so mache ich sie wieder heil. So hübsche Leute, als jemals auf Rindsleder getreten, sind auf meiner Hände Werk einhergegangen.

 

 Flavius.

 

 Doch warum bist du in der Werkstatt nicht?

 

 Was führst du diese Leute durch die Gassen?

 

 Zweiter Bürger.

 

 Meiner Treu, Herr, um ihre Schuhe abzunutzen, damit ich wieder Arbeit kriege. Doch im Ernst, Herr, wir machen Feiertag, um den Cäsar zu sehen und uns über seinen Triumph zu freuen.

 

 Marullus.

 

 Warum euch freun? Was hat er wohl erobert?

 

 Was für Besiegte führt er heim nach Rom

 

 Und fesselt sie zur Zier an seinen Wagen?

 

 Ihr Blöck'! ihr Steine! schlimmer als gefühllos!

 

 O harte Herzen! arge Männer Roms!

 

 Habt ihr Pompejus nicht gekannt? Wie oft

 

 Stiegt ihr hinan auf Mauern und auf Zinnen,

 

 Auf Türme, Fenster, ja auf Feueressen,

 

 Die Kinder auf dem Arm, und saßet da

 

 Den lieben langen Tag, geduldig wartend,

 

 Bis durch die Straßen Roms Pompejus zöge?

 

 Und saht ihr seinen Wagen nur von fern,

 

 Erhobt ihr nicht ein allgemeines Jauchzen,

 

 So daß die Tiber bebt' in ihrem Bett,

 

 Wenn sie des Lärmes Widerhall vernahm

 

 An ihren hohlen Ufern?

 

 Und legt ihr nun die Feierkleider an?

 

 Und spart ihr nun euch einen Festtag aus?

 

 Und streut ihr nun ihm Blumen auf den Weg,

 

 Der siegprangt über des Pompejus Blut?

 

 Hinweg!

 

 In eure Häuser lauft, fallt auf die Knie

 

 Und fleht die Götter an, die Not zu wenden,

 

 Die über diesen Undank kommen muß!

 

 Flavius.

 

 Geht, geht, ihr guten Bürger! und versammelt

 

 Für dies Vergehen eure armen Brüder;

 

 Führt sie zur Tiber, weinet eure Tränen

 

 Ins Flußbett, bis ihr Strom, wo er am flachsten,

 

 Die höchsten ihrer Uferhöhen küßt.

 

 (Die Bürger ab.)

 

 Sieh, wie die Schlacken ihres Innern schmelzen!

 

 Sie schwinden weg, verstummt in ihrer Schuld.

 

 Geht Ihr den Weg, hinab zum Kapitol;

 

 Hierhin will ich. Entkleidet dort die Bilder,

 

 Seht Ihr mit Ehrenzeichen sie geschmückt.

 

 Marullus.

 

 Ist das erlaubt?

 

 Ihr wißt, es ist das Luperkalienfest.

 

 Flavius.

 

 Es tut nichts: laßt mit den Trophäen Cäsars

 

 Kein Bild behängt sein. Ich will nun umher

 

 Und will den Pöbel von den Gassen treiben.

 

 Das tut auch Ihr, wo Ihr gedrängt sie seht.

 

 Dies wachsende Gefieder, ausgerupft

 

 Der Schwinge Cäsars, wird den Flug ihm hemmen,

 

 Der, über Menschenblicke hoch hinaus,

 

 Uns alle sonst in knechtscher Furcht erhielte. (Beide ab.)

Julius Caesar

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