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Vierte Szene

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Perikles, Helicanus, andere Lords.

PERIKLES.

Es stör' uns niemand. –

Wie muß denn diese Wandlung der Gedanken,

Befreundet mit blödäugiger Melancholie,

Ein steter Gast mir sein? Daß keine Stunde,

In Tages frohem Glanz, in stiller Nacht,

(Dem Grab der Sorge) Ruhe mir gewährt?

Hier schmeichelt Lust dem Aug', mein Auge flieht sie;

Dräu'nde Gefahr ist dort zu Antiochien.

Zu kurz scheint wohl sein Arm, mich hier zu treffen;

Doch kann die Lust nicht meinen Geist erfreu'n,

Noch kann die Ferne jenes Trost gewähren;

Natürlich ist's, die Leidenschaft der Seele,

Die anfangs schwanger von Befürchten wird,

Bekommt von Sorge Nahrung dann und Leben;

Erst ist es Furcht, was wohl geschehen möchte,

Nun älter, Sorge, daß es nicht geschieht.

So ist's mit mir. – Antiochus der Große,

Den zu bestreiten ich zu klein nur bin,

Setzt durch in Übermacht, was er nur will,

Er meint, ich spreche, schwör' ich gleich zu schweigen;

Mir frommt nicht, daß ich sag', ich ehre ihn,

Hat er Verdacht, ich möchte ihn entehren;

Was ihn erröten mag, wird es bekannt.

Rät Wegräumung, wodurch es wird bekannt,

Er wird das Land mit Heerskraft überziehn',

Und so gewaltig schau'n im Maß des Krieges,

Daß das Entsetzen allen Mut verscheucht.

Mein Volk besiegt, noch vor dem Widerstand,

Gestraft der Untertan, der nie beleidigt.

Aus Sorg' um sie, aus Mitleid nicht mit mir,

(Der ich den Wipfeln nur der Bäume gleiche,

Die Schirm den Wurzeln sind, durch die sie wachsen)

Mein Leib die Qual, die Seele Angst gewinnt,

Und straft voraus, was er zu strafen sinnt.

ERSTER LORD.

Nur Freud' und Trost sei Eurer heil'gen Brust.

ZWEITER LORD.

Und mache Euer Herz, da Ihr zurück

Uns kommt, vergnügt, erfüllt mit Frieden.

HELICANUS.

Still! Laßt die Zunge der Erfahrung sprechen!

Die kränken nur den König, die ihm schmeicheln,

Denn Schmeicheln facht, ein Blasbalg, an die Sünde;

Das, dem geschmeichelt wird, ist nur ein Funke,

Vom Winde erst bekömmt es Kraft und Glut;

Doch Tadel, der in Demut vorgebracht,

Geziemt dem König; er ist Mensch, kann irren,

Wenn hier Herr Süß mit Frieden Euch gesegnet,

Es schmeichelt nur, führt Krieg mit Eurem Leben.

Vergebung oder Schlag erwart' ich hie,

Viel tiefer fall' ich nicht als auf die Knie.

PERIKLES.

Ihr andern laßt uns, forscht mit Sorgfalt nach,

Was Schiffe hier im Hafen fertig liegen,

Und kommt zurück dann. –

Sie gehn.

Helicanus, du

Bewegst uns; was siehst du in unsern Blicken?

HELICANUS. Ein Zürnen, hoher Herr.

PERIKLES.

Schreckt solches Dräu'n auf eines Fürsten Stirn,

Wie darf dein Wort solch' Zürnen dort erregen?

HELICANUS.

Wie dürfen Pflanzen auf zum Himmel schau'n,

Von welchem sie doch ihre Nahrung zieh'n?

PERIKLES.

Du weißt, ich kann des Lebens dich berauben.

HELICANUS.

Ich schärfte selbst das Beil, tut denn den Schlag.

PERIKLES.

Steh' auf, ich bitte! Sitz', du bist kein Schmeichler,

Ich danke dir dafür. Beim Himmel, nein!

Nie darf ein Fürst dem Tadler feindlich sein.

Du, so geschickt zum Rat und Fürstendiener,

Des Weisheit dir den Fürsten macht zum Diener,

Was willst du, daß ich tu?

HELICANUS.

Zu tragen solchen Kummer mit Geduld,

Den Ihr nur selbst Euch selbst habt auferlegt.

PERIKLES.

Du sprichst, mein Helicanus, wie ein Arzt,

Du überreichst mir einen solchen Trank,

Den du nur selbst mit Zittern nehmen würdest,

So hör': ich ging nach Antiochia,

Wo, wie du weißt, dem Tode ins Gesicht,

Ich hohe Schönheit zu gewinnen strebte,

Die mir ein solch' Geschlecht gebären möchte,

Das meine Kraft, des Landes Glück vermehrte.

Ihr Antlitz schien mir mehr als wundervoll,

Das andre, (dir ins Ohr) blutschändrisch schwarz;

Dies fand ich aus; der sündenvolle Vater,

Statt schlagen, streichelte; doch, du wirst wissen,

Zeit ist's zu fürchten, wenn Tyrannen küssen;

So groß war diese Furcht, ich floh hierher,

Verhüllt von einer Nacht, die für mich sorgte

Und mir Beschützerin schien; hier bin ich nun,

Bedenke, was geschah, was kommen mag;

Er ist Tyrann, Tyrannen Furchtsamkeit

Vermindert nicht, wächst schneller als die Zeit,

Und wenn er glaubt, (wie er gewißlich glaubt)

Daß ich der Luft, der lauschenden, entdecke,

Wie mancher Fürsten Blut vergossen ward,

Das Lager seiner Gräuel zu verbergen. –

Zu töten diese Furcht, bringt er ein Heer,

Schützt Kränkung vor, die ich ihm angetan;

Dann büßt mein Fehlen, (wenn man es so nennt)

Das Volk im Krieg, der keine Unschuld kennt;

Aus Liebe aller, deren einer du,

Der du mich deshalb tadelst. –

HELICANUS.

Ach! Mein König.

PERIKLES.

Flieht Schlaf dies Auge, Röte von den Wangen,

Bedenk' ich stets mit tausendfält'gen Zweifeln,

Wie ich den Sturm beschwicht'ge, eh' er kommt;

Ich fand nicht Trost, wie ich auch suchte herzlich,

Drum hielt ich's Fürstenmilde; klagen schmerzlich.

HELICANUS.

Da Ihr, mein Fürst, mir Freiheit gebt zu sprechen,

So sprech' ich dreist. Antiochus Ihr fürchtet,

Und nicht mit Unrecht scheut Ihr den Tyrannen,

Der öffentlich mit Krieg, still mit Verrat

Euch nach dem Leben trachten wird.

Drum, eine Zeitlang reiset fort, mein Fürst,

Bis daß sein Zorn und seine Wut vergessen,

Oder Geschick sein Leben ihm zerschneidet.

Gebt andern Händen Euer Reich: wenn meinen,

Soll Licht dem Tage nimmer treuer scheinen.

PERIKLES.

Ich zweifle nicht an deiner Treue;

Doch sollt' er, wenn ich fort, das Reich bedrücken –

HELICANUS.

Dann fließe unser Blut auf dieses Land,

Das uns gebar, das Mutter wir genannt.

PERIKLES.

So wend' ich dir den Rücken, Tyrus, reise

Nach Tharsus, wo ich von dir hören werde,

Und mich dann ganz nach deinen Briefen fügen.

Die Sorg' um meine guten Untertanen

Leg' ich auf dich, des Weisheit Kraft sie trägt.

Dein Wort ist mir genug, schwör keine Eide,

Wer eins nicht achtet, bricht ohn Anstand beide.

So sicher weben wir in unsern Kreisen,

Uns beiden gibt die Zeit dies Zeugnis immer;

Der Diener wie der Fürst strahlt' echten Schimmer.

Sie gehn ab.

Perikles

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