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Kapitel 2

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Rika Svetlanova stellte die Büchse mit den Keksen weg und stand still. Sie lauschte, denn sie war sich sicher, dass sie in der Ferne etwas gehört hatte.

Ein Motor? Hoffentlich war es ein Motor.

Aber das Geräusch wiederholte sich nicht und sie hatte trotz der zunehmenden Kälte nicht vor, die Sicherheit der Vorratskammer zu verlassen. Sie zog die Jacke enger um sich, dankbar, dass sie ihre Outdoor-Kleidung getragen hatte, als sie hatte wegrennen müssen. Sie war nun schon zwei Tage hier, wenn ihre Armbanduhr richtig ging und sie hatte keine anderen Stimmen gehört und hatte mit niemandem geredet. Ihrem Handy war schon vor Stunden der Saft ausgegangen, auch wenn die Chance gering war, hier unten ein Signal zu empfangen, in der Mitte der vielen Lagen aus Stahl. Doch sie hatte nicht vor, den Raum zu verlassen und nach Gesellschaft zu suchen.

Denn es war nicht sicher.

Es war vielleicht nie mehr sicher.

Das Boot schaukelte unter ihr sanft hin und her. Soweit sie wusste, waren sie immer noch im Hafen vor Anker, neben der Bohrinsel festgemacht. Der Antrieb war aus, denn sonst hätte sie das Dröhnen des Motors unter den Füßen gespürt und den Trommelrhythmus der Turbinen. Stattdessen spürte sie nur das sanfte Schaukeln, das sie fast hatte einschlafen lassen.

Fast.

Sie hatte ein wenig Licht, also funktionierte eine Reservebatterie irgendwo noch, aber die Glühbirne über ihr war in den letzten Stunden beträchtlich schwächer geworden. Nicht mehr lange und sie würde in vollkommener Finsternis dasitzen.

Sie war nun schon über achtundvierzig Stunden wach und bereits mehrmals eingenickt, doch sie schreckte immer wieder auf, wenn ihr Kopf auf die Brust sank. Ein kompletter Nachtschlaf musste noch eine ganze Weile warten, und bis sie wieder ruhig durchschlafen konnte, würde es sicher noch länger dauern, denn sie hatte in den letzten Tagen viel zu viel gesehen, um je wieder fest schlafen zu können.

Vielleicht schlafe ich, wenn ich nach Moskau zurückkehre … mein eigenes Bett, ein gutes Essen und ein paar große Gläser Wodka wären nicht übel.

Sie lachte bei dem Gedanken daran. Angesichts der Umstände für die Zukunft zu planen, war keine gute Idee. Sie befand sich gerade wenigstens im Hauptvorratsraum des Schiffes, hatte genug zu essen und zu trinken und es kam Luft herein, auch wenn diese manchmal nach Tod stank, konnte man sie atmen. Aber sich aus der Tür zu bewegen konnte für sie schnell den Tod bedeuten und sie wusste nicht, wie lange sie standhaft genug bleiben konnte, um sie nicht zu öffnen.

Denn irgendwann würde sie hier durchdrehen, wenn sie weiterhin nichts zu tun hatte.

Wenn ich nicht von hier verschwinden kann, dann kann ich vielleicht wenigstens einen Bericht anfertigen. Der könnte für irgendjemanden in den nächsten Wochen hilfreich sein.

Sie sah sich das Diktiergerät genauer an und überprüfte, ob die Batterien noch genug Saft hatten, dann begann sie zu reden.

Ich habe beschlossen, die Geschichte unseres Scheiterns zu erzählen, in der Hoffnung, jemand, der darüber stolpert, macht nicht dieselben Fehler, die wir gemacht haben. Fehler, die uns alle umgebracht haben … oder sogar Schlimmeres.

Wir sind im späten Frühjahr hier angekommen. Ich weiß, wir sollten überhaupt nicht in kanadischen Gewässern sein, aber es steht zu viel auf dem Spiel, um den Reichtum zu ignorieren, der zum Greifen nahe ist und vom wärmeren Wasser der Arktis gefördert wird. Irgendjemand wird den Reichtum ernten, der hier liegt und der bisher noch unerschlossen ist. Wenn wir es nicht machen, dann tut es ein anderes Land und die Amerikaner sind genauso ignorant, wenn es um diplomatische Nettigkeiten geht, wie wir. Wir haben also den Polarkreis überquert, um es zu versuchen.

Wir sind mehrere Wochen die Küste auf- und abgefahren und haben seismische Tests durchgeführt, bevor wir uns den besten Ort zum Bohren ausgesucht haben. In der Woche, in der die Bohrausrüstung an Ort und Stelle gebracht und für den Einsatz vorbereitet wurde, war es sehr langweilig und ich habe mehr Wodka getrunken, als ratsam für mich war. Dafür habe ich mit grässlichen Katern und Seekrankheit bezahlt, die mich eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt haben. Aber schließlich war alles erledigt und wir konnten endlich bohren.

Mein Job als leitende Wissenschaftlerin war es, ein Auge auf die Sedimente zu haben, die wir hochgeholt haben und sie auf ihren Wert hin zu überprüfen. Wie sich zeigte, hatte ich mehr zu tun, als mir lieb war. Der Bohrer arbeitete meistens sehr zuverlässig, aber das Sediment, und dann der Fels, durch den wir bohrten, variierte sehr in seiner Porosität und Dichte, also wussten wir von Tag zu Tag nie, wie tief wir kommen würden oder auf was wir dabei genau stoßen würden. Ich verbrachte meine Zeit auf der Bohrinsel in der Nähe des Bohrgestänges und versuchte sicherzustellen, dass alles glattlief. Die Abende verbrachte ich in der Messe mit einer nicht enden wollenden Prozession an Wodkagläsern und einer Marlboro nach der anderen.

Als mir der Schnaps ausging, ging ich dazu über, mich vom Captain im Schach schlagen zu lassen. Der kleine Mann aus Murmansk war ruhig, hatte aber einen Verstand wie ein stählernes Fangeisen und spielte dementsprechend. Ich zwang ihn ein paar Mal ins Remis, aber weiter kam ich nicht. Wir redeten über wenig, außer das Spiel und das Bohren, aber er war dennoch eine angenehme Gesellschaft. Ich werde ihn vermissen.

Anfang Mai feierten wir, als wir endlich ein Ölfeld trafen und ich fürchte, ich erlag erneut den Verlockungen des Wodkas. Ich stolperte zu meiner Koje und fiel in ein tiefes Loch. Ich wachte mit furchtbaren Kopfschmerzen auf, was noch durch das laute Klingeln eines Alarms verstärkt wurde und das unablässige Tuten des Nebelhorns, obwohl helles Sonnenlicht durch das Bullauge über meiner Koje in meine Augen stach.

Ich ging auf das Hauptdeck und stolperte mitten hinein in ein Szenario, das beinahe komisch wirkte, so chaotisch war es.

Stefan der Koch, stand auf dem Seitendeck und schlug mit einer Bratpfanne auf etwas an seinen Füßen ein, wieder und wieder, bis es nur noch ein Haufen Matsch war, was immer es auch gewesen sein mochte. An anderer Stelle trampelten die Mitglieder der Crew auf dem Boden herum und schrien in einer Art makabrem, schlecht choreografierten Tanz. Erst als ich sah, womit es der Kapitän zu tun hatte, wurde mir klar, dass es hier nichts zum Lachen gab.

Zuerst sah es aus wie Pfeilschwanzkrebse; sie hatten etwa dieselbe ovale Form wie eine Servierplatte. Aber diese hatten Klauen unter der Schale, Krallen an den Beinen und scharfe Beißwerkzeuge. Lange Antennen peitschten durch die Luft, als würden sie damit schmecken und ein gedrungener, stummeliger, rechteckiger Schwanz ragte nach oben und half ihnen, die Balance zu halten, während sie über das Deck krabbelten. Als einer stehen blieb, den Kopf hob, und schnupperte, konnte ich ihn identifizieren. Ich hatte so etwas schon in Büchern und im Internet gesehen, aber das war mein erstes Zusammentreffen im richtigen Leben mit dieser Spezies. Es war ein Isopode, Bathynomus Giganteus, ein fleischfressender Meeresbodenbewohner.

Sie waren jetzt allerdings nicht mehr in der Nähe des Meeresbodens. Sie schwärmten über das ganze Deck aus. Der gerade mit den Fühlern geschnuppert hatte, drehte sich auf den, unter dem Panzer verborgenen Beinen um und rannte jetzt direkt auf mich zu. Ich überlegte nicht länger, sondern machte sofort einen Schritt nach vorn und trat hart dagegen, sodass er über das gesamte Seitendeck flog.

»Ich brauche hier Hilfe«, rief der Captain. Er war momentan am Haupteingang des Deckaufbaus und versuchte ihn zu schließen, während zig Isopoden darauf zu drängten. Drei Maate folgten gemeinsam mit mir dem Befehl und wir taten, was wir konnten, um ihm zur Hilfe zu eilen. Wir traten und stampften und hinterließen dabei Spuren aus Matsch und Schleim.

Der Mann neben mir bückte sich und versuchte eines der Dinger mit der Hand aufzuheben, doch es griff ihn sofort an und zerfleischte zwei seiner Finger bis auf die Knochen mit seinen groben Beißwerkzeugen. Wir trampelten immer wilder auf ihnen herum, trotzdem drohte die schiere Anzahl dieser Dinger, uns zu überwältigen. Der Lärm der Klauen auf dem Stahlblech des Decks hörte sich an wie zerreißendes Metall und das Getrappel ihrer Beine, während sie herumrasten, war wie Feuer aus einem Sturmgewehr. Überall, wo ich hinschaute, waren noch mehr von ihnen und schließlich entdeckte ich die Quelle. Sie kamen den Bohrschacht hoch und über die Landungsstege der Bohrstation. Wie eine Welle trafen sie auf das Deck.

Ich vermutete, dass wir eine Kolonie von ihnen auf dem Meeresboden gestört hatten, genug, um sie neugierig zu machen … oder hungrig. Ich wollte lieber nicht genauer darüber nachdenken.

Ich trat und stampfte. Hinter mir schrie jetzt einer der Besatzungsmitglieder schmerzerfüllt auf und bückte sich, um nach dem zu schnappen, was seinen Knöchel attackiert hatte. Doch sofort krabbelten drei der Dinger seine Arme hoch und über seinen Körper. Ich sah, wie sein linkes Ohr abgerissen wurde, dann fiel er hin und war sofort in einer wogenden, krabbelnden Masse von Isopoden verschwunden, die sich alle gierig auf ihn stürzten und ihm das Fleisch von den Knochen rissen. Seine Schreie waren furchtbar, dauerten aber zum Glück nicht lange an.

Wir hatten den Kapitän an der Tür zum Aufbau jetzt beinahe erreicht. Er versuchte immer noch energisch die angreifenden Isopoden mit einem langen Brecheisen zurückzudrängen, mit dem er wie mit einem Schwert Schneisen durch die Biester hieb. Wir vier, die noch übrig waren, schafften es, die Tür freizumachen, retteten uns dahinter und schlugen sie anschließend mit einem lauten Knall zu.

Wir hasteten jetzt die Treppe zur Brücke hoch, wo wir einen Moment lang herumstanden, uns ansahen und uns fragten, was zur Hölle da gerade passiert war. Auf dem ganzen Deck schwärmten diese Biester herum. Sie krabbelten und krochen übereinander, während sie eifrig nach Nahrung suchten. Ich sah jetzt niemanden mehr von der Mannschaft. Ich hoffte, dass die meisten es wie wir geschafft hatten, sich in Sicherheit zu bringen. Zumindest waren die Ladeluken geschlossen. Ich konnte nur hoffen, dass alle verbliebenen Zugänge unter Deck genauso fest geschlossen waren, denn der Gedanke daran, dass diese Dinger in den Korridoren und Kabinen herumwuselten und fraßen, war einfach unerträglich.

»Und was jetzt?«, fragte eines der Crewmitglieder, der bei uns war. Mir wurde klar, dass die Frage an den Kapitän gerichtet war.

»Jetzt entfernen wir diese Mistviecher von meinem verdammten Schiff«, sagte er und sein Gesicht wirkte dabei grimmig entschlossen. »Brutale Gewalt funktioniert anscheinend, aber wir sollten etwas probieren, das ein wenig schneller ist. Holt das Kerosin. Wir verbrennen diese Bastarde.«

So begann der längste Tag meines Lebens. Der Kapitän schickte Teams los, die auf dem ganzen Boot nur eine Aufgabe erfüllen sollten … alle Isopoden an Bord finden und sie mit egal welchem Mittel entfernen. Wie sich herausstellte, war Feuer verdammt effektiv und die Dinger jagten in Windeseile davon, um sich vor den Flammen zu verstecken. Wir konnten große Mengen von ihnen in den Frachtraum treiben, wo sie dann verbrannten; schmurgelnd und platzend wie hastig gebratener Speck. Ich hatte damit gerechnet, dass sie wie gegrillte Meeresfrüchte riechen würden, aber ich hatte mich gewaltig getäuscht. Der Gestank, den sie verbreiteten, war beißend, wie verbrannter Essig und sie verkohlten, nicht wie gebratenes Krabbenfleisch, sondern zu einem grünen, öligen Matsch, der sogar noch schlimmer roch.

Aber unsere Taktik funktionierte.

Während ich mithalf, zehn weitere Isopoden in die dunkle Öffnung des Frachtraums zu treiben, sah ich zum ersten Mal die Lumineszenz. Es war nur ein schwaches, blaues Leuchten, denn das helle Sonnenlicht kam durch die offenen Türen des Frachtraums und überstrahlte den Effekt. Aber jetzt, wo ich es einmal gesehen hatte, bemerkte ich es auch in anderen dunklen Ecken, wo wir die Biester aufstöberten. Ich wusste sofort, was ich da sah. Das Licht, das sie nutzten, um in den Tiefen zu jagen, verriet sie hier auf dem Schiff.

Als der Tag sich dem Ende zuneigte, die Sonne sich am Himmel weiterbewegte und längere Schatten in Korridore und Laderäume warf, sah ich das Leuchten immer stärker und damit verbunden, hörte man jetzt auch ein hohes, fiependes Brummen. Ich musste näher an eines der Dinger herangehen, um zu sehen, was die Ursache dafür war. Es rieb seine größten Beine zusammen, schnell und energisch und sendete dabei offenbar wie eine Grille eine Nachricht, die nur die anderen Isopoden verstehen konnten. Aber als ich es näher inspizierte, offenbarte sich mir auch etwas anderes und es war etwas, das man unbedingt näher untersuchen sollte. Ich wollte diese Information zuerst mit niemandem teilen, aber wenn es stimmte, dann steckten wir in wesentlich schlimmeren Schwierigkeiten als gedacht.

Sehr zum Missfallen des Kapitäns bestand ich darauf, eines der Dinger lebend zu fangen, um es studieren zu können. Wir fingen schließlich eines in einem stabilen Fischernetz und ich ließ es zum Labor über dem Bohrloch auf der Station bringen. Ich hatte allerdings keine Zeit, es mir anzusehen, denn das Schiff war noch längst nicht von den Dingern befreit und es dauerte noch mehrere anstrengende Stunden, bis der Kapitän schließlich verkündete, zufrieden zu sein.

Das Letzte, was wir an diesem langen Tag taten, war, raus auf die Bohrstation zu gehen und Kerosin über das Bohrgestänge und in den Bohrschacht zu schütten und es anschließend anzuzünden. Ich hörte das hohe Pfeifen jetzt nicht mehr, aber ich sah, wie mehrere kleine Körper brennend in die See fielen, tief unter dem Hauptteil des Bohrturmes. Als die Nacht hereinbrach, suchten wir das Schiff nach weiteren leuchtenden Stellen ab, aber wir fanden keine. Der Job war offenbar endlich erledigt.

Der Kapitän ließ jedoch eine Wache auf dem Bohrturm, nur für alle Fälle, und ich schleppte mich müde in meine Koje, wo ich, komplett angezogen in eine willkommene Bewusstlosigkeit fiel, die ausnahmsweise keinerlei Wodka erforderte.

Erneut wurde ich schroff geweckt, auch wenn es dieses Mal noch dunkel vor dem Bullauge war. Es war der Kapitän höchstpersönlich, der an meiner Schulter rüttelte.

»Wir haben eines übersehen«, sagte er, als ich benommen aufstand.

»Ist es noch am Leben?«

»Nicht mehr. Aber Sie sollten es sich dennoch ansehen, und wir müssen außerdem über etwas reden.«

Er führte mich zur Kombüse und durch den kleineren Kühlraum am Ende. Es sah aus, als wäre ein Wirbelwind hindurchgefahren … gefrorenes Fleisch, teilweise gegessen, war überall verstreut. Aber deswegen hatte er mich nicht hergebracht. Die Reste eines der Isopoden waren auf dem Boden zu Matsch zerquetscht, wenige Zentimeter von dort entfernt, wo er offensichtlich hereingekommen war. Es war ein Loch in der Metalltür des Lagerraums, entweder hineingekratzt oder gefressen. Ein Loch, das etwa die Breite und Höhe eines Isopoden hatte.

Wir überließen es den Köchen, die Unordnung zu beseitigen, und gingen in die Kabine des Kapitäns, wo er, ohne zu fragen, für jeden drei Fingerbreit Wodka einschenkte, die wir so schnell tranken, dass ich nicht einmal eine Zigarette anzünden konnte, bevor er noch einen eingeschenkt hatte.

»Erzählen Sie mir noch mal von der Diskontinuität«, sagte er schließlich, nachdem wir beide eine Zigarette angezündet hatten.

Wir hatten schon vorher kurz über diese Theorie geredet, also war mir klar, dass es wenig gab, was er nicht bereits wusste, aber es war ebenso offensichtlich, dass er reden wollte. Dass die Isopoden in solchen Massen erschienen waren, und der daraus resultierende Tod des Besatzungsmitglieds, hatte uns alle aufgewühlt. Also erklärte ich es ihm noch einmal, während wir die Flasche leerten. Ich erzählte, wie unsere russischen Wissenschaftler eine anomale Schicht zwischen Mantel und Erdkruste entdeckt hatten, wo sich Schallwellen unterschiedlich verhielten und die Theorien darüber, was das verursachen konnte, von einer porösen Gesteinsschicht zu großen Ölvorkommen oder vielleicht sogar eine Schicht aus flüssigem Metall.

Zuerst dachte ich, dass er vielleicht gar nicht auf meinen Bericht reagierte, aber dann stellte ich fest, dass er sich durchaus Gedanken gemacht hatte, und dass diese in eine Richtung führten, auf die ich selbst gar nicht gekommen wäre.

»Diese Dinger, die Isopoden, wie Sie sie nennen – Sie sagen, die leben auf dem Grund, dem Meeresboden?«

Ich nickte, auch wenn ich nicht wusste, worauf er hinauswollte.

»Aber sie kamen erst den Schacht hoch, als wir auf Öl gestoßen sind und durch eine andere Schicht gebohrt haben. Ich habe mir gedacht, was ist, wenn sie in Wirklichkeit von dort gekommen sind und nicht vom Meeresboden? Sie haben gesehen, wie es sich durch die Metalltür gefressen hat. Was, wenn das die Diskontinuität verursacht? Was, wenn es diese Dinger da unten sind, die sich durch Fels und Sediment und was immer sie sonst noch finden, hindurchfressen? Sie sind auf jeden Fall gefräßig genug dafür.«

Ich hätte fast gelacht, dann sah ich, dass es ihm todernst war, also zog ich lange an der Zigarette, bevor ich antwortete, und versuchte mir eine Antwort einfallen zu lassen, die nicht herablassend klang. Ich schüttelte den Kopf.

»Die Unterschiede in Druck und Temperatur wären zu groß in dieser Tiefe, als das irgendein Wesen überleben könnte, mal ganz davon abgesehen, dass sie in solchen Mengen gedeihen. Das ist unmöglich …«

»Es ist auch unmöglich, dass sich eines davon durch eine Metalltür frisst, und doch haben sie es getan.« Er gab mir keine Zeit, zu antworten. »Wenn sie am Meeresgrund leben und wir sie gestört haben, wieso sind sie dann nicht hochgekommen, als wir anfingen zu bohren und nicht erst, als wir so weit unter dem Meeresboden waren?«

Seine Frage erinnerte mich an etwas, das ich ganz vergessen hatte – der Grund, wieso ich überhaupt ein lebendes Exemplar hatte haben wollen.

»Ich habe noch keine Antworten für Sie. Aber vielleicht können wir etwas von dem Tier erfahren, das wir lebend gefangen haben.«

Wir gingen an Deck und auf den Bohrturm und dann zu dem breiten Schiffscontainer aus Metall, der über dem Bohrschacht lag und mir als Labor diente. Aber unser Ausflug war umsonst. Die Box lag zur Hälfte auf und zur Hälfte unter dem Regalbrett und war eindeutig von innen heraus aufgebrochen worden.

»Ich glaube, jetzt haben wir herausgefunden, woher das Tier kam, das wir übersehen hatten«, sagte der Kapitän trocken. »Gab es einen besonderen Grund, dass Sie es eingefangen haben?«

Ich hatte bisher gezögert, es zu erwähnen, aber nun machte ich mir Sorgen und wollte mich mehr als alles andere wieder dem Wodka hingeben, doch der Kapitän akzeptierte mein Schweigen nicht als Antwort und war beharrlich.

»Die Antwort wird Ihnen nicht gefallen«, sagte ich.

»Ich bin sowieso schon ziemlich durch den Wind«, erwiderte er. »Wie viel schlimmer kann es denn noch kommen?«

»Deswegen mache ich mir ja Sorgen«, erwiderte ich und redete leise, damit nur der Kapitän verstand, was ich zu sagen hatte, denn es befanden sich noch andere Männer auf dem Deck und rauchten. »Ich hab es nicht so genau gesehen, aber ich glaube, diejenigen, die an Bord gekommen sind, waren alle noch nicht ausgewachsen und sind erst vor Kurzem geboren worden.«

»Sie sagen, es gibt noch mehr?«, entgegnete er und ich sah meine eigene Sorge in seinen Augen reflektiert. Ich wollte es nicht noch schlimmer machen, aber als Kapitän verdiente er eine Antwort.

»Ich will damit sagen, es gibt noch größere

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