Читать книгу Das Geheimnis des Zauberbergs 4. Teil - Wilma Burk - Страница 3
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ОглавлениеMit den Geschichten:
Ein blauer Teddybär
Und: Die kleine Tanne Edelpit
Malipu wurde unruhig. Die Berge hatten gebebt, der rätselhafte Ungeist geschrien, ein Sturm war durch die Täler gefegt, wie es in Magihexanien seit aller Magizeit noch nie vorgekommen war - und noch immer war Jubila, der Glückliche, von seiner Steinsuche nicht zurück. Malipu schwebte hin und her; er schaute nach allen Seiten.
„Soll ich nach ihm suchen?“, fragte Babahu, der Schabernack.
„Nein! Keiner von uns schwebt jetzt allein in den Bergen irgendwohin, solange wir nicht wissen, was das für ein Ungeist in dem Zauberberg ist“, sagte er.
Lange mussten sie nicht mehr warten. Völlig aufgelöst, den Zipfelhut schief auf dem Kopf, kam Jubila angeschwebt. Er war so abgehetzt, als wäre ein Ungeheuer hinter ihm her. Erschöpft ließ er sich auf den Boden sinken und hielt sich einen Arm, der verwundet war. Schnell sprach es sich herum, dass er zurück war, und alle eilten herbei.
„Hat das der Ungeist getan?“ Maliputti deutete auf Jubilas verletzten Arm.
„Nein, nein!“ winkte der ab.
„Magifa muss her!“, rief Imada sogleich aufgeregt.
„Was schreist du so? Ich bin ja hier!“, murrte Magifa und holte seinen Zauberstab hervor. Sacht strich er Jubila damit über die Wunde. Dann legte er noch ein Schmerztuch darauf.
„Tut das gut!“, stöhnte Jubila. „Bin ich froh, wieder hier zu sein! Ich hatte bereits gedacht, ich werde das nie mehr erleben.“
„Oh, oh! Erzähle!“ Alle drängten näher heran.
„Wo bist du gewesen?“, fragte Malipu.
„Fast am Zauberberg. Nur kurz davor“, antwortete Jubila.
„Wie konntest du das wagen, nachdem wir wissen, dass darin ein Ungeist hausen kann. Vielleicht ist es wirklich ein Bronchotaurier aus der Magivorzeit. So einer kann uns gefährlich werden. Das weißt du!“, warf Malipu ihm vor.
„Ich habe bei meiner Steinsuche nicht gemerkt, wie weit ich gekommen war. Alles ringsherum war so ruhig. Dass ich bereits am Zauberberg war, wurde mir erst klar, als das Ungeheuer herauskam.“
„Der Ungeist kam heraus?“, riefen alle sofort entsetzt. Und doch drängten sie zugleich gespannt näher.
„Ja. Alle Berge bebten, es donnerte und dann kam das Ungeheuer aus der Höhle geflogen. Oben auf die Spitze des Zauberberges setzte es sich.“
„Und dann? Wie sah es aus?“
„Es ist riesengroß, schrecklich anzusehen. Mit gewaltigen Flügeln schlug es um sich, blickte mich furchterregend an, riss seinen Schnabel auf und schrie ohrenbetäubend.“
„Bist du nicht sofort in deinen Zipfelhut gekrochen?“, fragte Malipu.
„Dazu kam ich nicht. Der Sturm durch den Flügelschlag hatte mich gepackt und mitgerissen. Ich dachte, es zerfetzt mir meinen Wolkenkörper. Herr des Lebens, das war schrecklich! Und erst der Schmerz, als es mir fast den Arm abriss.“
„Unglaublich! Es war dir nicht möglich, in deinen Zipfelhut zu kriechen?“
„Nein.“
„Wie konnte es das geben?“
„Der Sturm war es. Er warf mich gegen einen Felsen. Ich dachte, der Zipfelhut würde mir dabei zerbrechen. Er hatte die ganze Zeit heftig gezittert. Es war, als wollte er weg von mir. Als ich von dem Felsen herabfiel und in eine kleine Höhle kriechen konnte, musste ich ihn mit beiden Händen festhalten. Ich glaube, sonst hätte er sich auf und davon gemacht.“ Jubila war auch jetzt noch der Schock über dieses fürchterliche Erlebnis anzusehen.
Allein bei der Vorstellung davon duckten sich alle vor Angst.
„Danach bist du aber in deinen Zipfelhut gekrochen. Und was geschah dann?“, wollte Malipu wissen.
„Nichts mehr.“
„Das Ungeheuer blieb da oben sitzen?“
„Ich denke schon.“
„Du denkst das? Hast du nicht gesehen, was es noch getan hat?“
„Nein. Ich war ja im Zipfelhut in der kleinen Höhle. Da bin ich erst wieder herausgekommen, als der Ungeist verschwunden und alles ruhig war.“
„Das ist aber ziemlich lange her. Wo warst du noch? Wir haben uns Sorgen gemacht“, sagte Malipu vorwurfsvoll.
„Nirgends!“ Jubila blickte ihn unsicher an. „Ich habe mich einfach nicht herausgetraut und abgewartet. Das hättet ihr auch getan, wenn das Ungeheuer euch mit diesen schrecklichen Augen angesehen hätte.“
„Ist ja gut! Ich mache dir keinen Vorwurf. Doch jetzt entfernt sich keiner mehr so weit von uns, es sei denn, er wird zur Erde gerufen“, forderte Malipu.
Dazu hatte wirklich niemand Lust, wenn man so etwas Schreckliches dabei erleben konnte. Es gab wohl nicht einen von ihnen, den die Angst vor dem unbekannten Geistwesen des „Nun wird sicher keiner mehr sagen, es könne harmlos sein und wir hätten fantasiert, als wir glaubten, dort einen Ungeist gesehen zu haben“, flüsterte Imada Babahu zu.
Und Larifax überlegte, ob er nicht einen Grund finden könnte, erneut zur Erde zu fliegen, um sobald nicht wiederzukommen.
Doch nicht er wurde nach einiger Zeit zur Erde gerufen, sondern Malipu, der Wissende, Maliputti, der kleine Wissende, Babahu, der Schabernack, und Imada, der Eifrige. Sogar Jubila, dem Glücklichen, war keine Ruhepause nach dem schockierenden Erlebnis gegönnt. Es reichte gerade, dass er sich an der Quelle erfrischen, ein Weilchen in seine Höhle zurückziehen und die Wunde ausheilen konnte, nachdem sie Magifa noch einmal behandelt hatte. Dann musste auch er mit zur Erde.
„Bleibt beieinander, während wir weg sind und kriecht sofort in eure Zipfelhüte, wenn die Berge zu beben beginnen. Magifa, gib Acht! Du kannst von uns allen noch am ehesten das Rätsel um diesen Ungeist lösen“, ermahnte Malipu, ehe sie sich auf den Weg zum schwarzen Loch machten.
Schnell waren sie hindurchgeglitten und weiter ging es.
„Auf dem Teil der Erde, zu dem wir fliegen, ist jetzt Winter. Denkt daran, das ist nicht ungefährlich für uns. Du kennst das noch nicht, Maliputti, darum musst du besonders vorsichtig sein“, erinnerte Malipu.
Schnee konnte den Magihexern zwar nichts anhaben, doch vor Eis auf Seen und Flüssen mussten sie sich hüten. Darum waren sie nicht erfreut, wenn sie im Winter zur Erde mussten. Doch auch in dieser Zeit wurden sie bei den Menschen gebraucht.
So flogen sie an Sonne und Mond vorbei auf die Erde zu, Maliputti voran. Er staunte, je näher sie kamen. „Was ist geschehen? Warum sieht alles so weiß, so anders aus als sonst?“
„Das macht der Winter. Es hat geschneit und überall liegt Schnee. Darum sieht alles weiß aus“, erklärte Malipu.
Sacht glitten sie das letzte Stück zu einem kleinen See vor einem Weihnachtsmarkt hinunter und ließen sich nieder.
Babahu sauste gleich umher. „Schnee macht Spaß. Das ist lustig“, freute er sich.
„Wieso?“, wunderte sich Maliputti.
„Weil man dann mit Wasser werfen kann“, grinste Babahu und warf eine Hand voll Schnee nach ihm.
„Hihihi!“, kicherte Maliputti, als der Schnee seinen Wolkenkörper traf. Das war ein eigenartiges Gefühl. Er schüttelte sich.
„Lass das, Babahu! Wenn das ein Mensch sieht! Er kann es sich nicht erklären, wieso Schnee von allein durch die Luft fliegt“, wies Malipu ihn zurecht.
„Dann denkt er, der Wind wirbelt die Flocken umher“, entgegnete Babahu, griff erneut in den Schnee und warf damit nach Maliputti. „Hier kommt gefrorenes Wasser“, rief er dabei.
„Sei nicht albern, Babahu.“ Malipu gefiel das nicht.
Da mischte sich Jubila ein: „Doch es ist richtig: Schnee ist gefrorenes Wasser.“
„Stimmt! Genau genommen ist es gefrorener Regen“, gab Malipu zu. „Nur Eis ist auch gefrorenes Wasser und ...“
„Schnee ist viel besser als Wasser“, rief Imada dazwischen. „Den kann man greifen. Man kann auch seine Hand hineinstecken und muss sie nicht gleich wieder herausziehen wie beim Wasser. Schau, Maliputti, wie ich das mache!“ Und schon schoss er auf einen Schneeberg zu. Doch vor Eifer tat er das mit einer solchen Geschwindigkeit, dass nicht nur seine Hand, sondern er selbst darin verschwand.
Verdutzt schauten die andern auf die Spitze des Zipfelhutes, die gerade noch herausragte. Dann lachten sie.
„So ein Verrückter!“, rief Jubila.
„Er hat das Bremsen vergessen!“, amüsierte sich Babahu.
Maliputti wunderte sich. „Wie geht das? Können wir durch Schnee genauso gleiten wie durch eine Mauer?“
Noch ehe einer antworten konnte, schrie Imada: „Hilfe! Hilfe! Holt mich hier raus?“ Deutlich war zu sehen, wie verzweifelt er in dem Schneeberg herumstrampelte.
„So komm einfach raus. Das ist nicht schwer“, rief Jubila zurück.
„Flixdiwix! Der schafft es nicht!“ Babahu schlug vor Vergnügen einen Purzelbaum.
„Hör auf, zu frohlocken, Babahu! Hilf ihm lieber!“, forderte Malipu.
Das jedoch tat Jubila.
Kaum war Imada wieder aus dem Schneeberg heraus, sahen ihn alle verblüfft an. Über und über war er mit glitzernden Schneeflocken übersät, die an ihm hängen geblieben waren.
„Seht mal, er ist ein Schneemann geworden“, stellte Babahu fest und dann: „Wie witzig! Ein Schneemann mit Zipfelhut! Hahaha!“ Er wollte sich ausschütten vor Lachen.
„Was lachst du? Es macht keinen Spaß, durch Schnee zu gleiten.“ Imada war gekränkt.
„Durch Schnee zu gleiten? Du meinst, im Schnee stecken zu bleiben, so dass sogar die Schneeflocken Zeit haben, sich bei dir festzukleben“, frohlockte Babahu.
Imada blickte beleidigt an ihm vorbei. „Brrr! Ist das schrecklich darin“, sagte er und schüttelte sich heftig. Dabei fielen alle Schneeflocken wieder von ihm ab.
Verwundert blieb ein Kind stehen. Eben hatte es noch die Umrisse einer Figur aus Schneeflocken gesehen, die sich bewegte. Doch als es den Vater darauf aufmerksam machte, war sie verschwunden und alle Schneeflocken herabgefallen, so dass der Vater nachsichtig über die Fantasie seines Kindes lächelte.
Die Magihexer merkten nichts davon. Auch Maliputti hatte mit großen Augen zugesehen, wie Imada die Schneeflocken abschüttelte. „Wie geht das? Wieso können sie an uns haften bleiben?“, fragte er.
„Das kommt davon, wenn man sich im Schnee befindet und so arg darin herumstrampelt wie Imada“, erklärte Malipu.
Neugierig näherte sich Maliputti selbst dem Schneeberg. Doch dann sah er Menschen auf dem See im Schnee herumrutschen. „Was machen die da?“, wollte er wissen und schwebte geschwind näher heran. Noch ehe die andern ihn warnen konnten, formte er aus seinem Wolkenkörper zwei Beine. „Das muss ich ausprobieren“, rief er und machte, wie er es sich selbst beigebracht hatte, halb schwebend, halb laufend, die ersten Schritte zum See.
Voller Panik glitten die andern ihm hinterher.
„Halt! Nicht weiter!“, schrie Jubila.
„Du bist verrückt! Bleib hier!“, versuchte Babahu ihn aufzuhalten.
„Komm sofort zurück!“, befahl Malipu.
Und Imada jammerte: „Das darfst du nicht! O weh! Nein!“
Fast hatte Maliputti den See erreicht, als Malipu ihn zu fassen bekam und zurückzog. Erleichtert plusterten sich alle wieder auf und setzten sich.
„Herr des Lebens, hab Dank!“, seufzte Jubila.
Malipu hielt Maliputti noch immer fest.
Der versuchte sich zu befreien. „Was habt ihr? Ich wollte nur wie die Menschen durch den Schnee rutschen. Ich hätte es bestimmt geschafft. Warum lasst ihr mich nicht?“
„Das ist ein See“, sagte Malipu und ließ ihn los.
„Oh! Das hätte böse ausgehen können“, klagte Jubila.
„Der Schnee täuscht“, warnte Babahu. Sogar ihm war jedes Frohlocken vergangen.
„Darunter ist gefrorenes Wasser“, beeilte sich Imada zu erklären.
„Ja, Maliputti! Unter dem Schnee ist das Wasser des Sees zu Eis geworden. Du weißt doch, damit darfst du nie in Berührung kommen. Niemals, hörst du?! Sonst erstarrst du, kannst nicht mehr schweben, verlierst deine Gedankenkraft und kannst niemanden zu Hilfe rufen. Dann bist du in Gefahr, auf der Erde zu verdampfen, wenn dich keiner von uns rechtzeitig nach Magihexanien zurückbringen kann.“
„O Magischreck!“ Entsetzt ahnte Maliputti in welcher Gefahr er gewesen war. „Es sieht aber alles aus wie Schnee, der uns nicht gefährlich ist“, wunderte er sich.
„Wenn du Schnee auf einem See oder Fluss siehst, ist darunter das Wasser immer zu Eis gefroren. Merke dir das! Davon musst du dich fernhalten. Du darfst nur darüber hinwegschweben“, betonte Malipu.
Nachdenklich schwieg Maliputti und sah zu den fröhlich auf dem Eis entlangrutschenden Menschen.
„Das war ein Schreck!“, seufzte Jubila noch einmal erleichtert. Dann fragte er: „Ist es nicht Zeit, dass wir uns um das kleine Mädchen und ihre Mutter kümmern?“
„Ja, zu unserem eigenen Wintervergnügen sind wir nicht hier“, stimmte Malipu zu und wandte sich dem Weihnachtsmarkt in der Stadt neben dem See zu.