Читать книгу Perry Rhodan 3058: Für Galaktiker verboten! - Wim Vandemaan - Страница 8
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Ganud
14. Mai 1637 NGZ
Im Panoramaholo der HEKÉNER SHAROUN strahlten die drei roten Riesensonnen vom Spektraltyp M2, die die Terraner nach einem altväterlichen Zeichensystem Alpha, Beta und Gamma genannt hatten – eine wahre Orgie der Originalität.
Reginald Bull saß auf dem COMMAND-Podest neben dem Sessel des Schiffskommandanten. Fero Luuk schien manchen Besatzungsmitgliedern als Kommandant eines Schiffes der TRITON-Klasse reichlich jung zu sein. Luuk dagegen bemerkte es nicht oder wollte es nicht bemerken.
Mit seinem breiten Erscheinungsbild – angefangen beim Gesicht über das gelegentliche Grinsen und die Schultern bis hin zur etwas untersetzten Gestalt – mochte er auf den ersten Blick wie ein Ebenbild Bulls wirken. Aber anders als Bull war Luuk die Ruhe selbst.
Meist jedenfalls.
Ich stand einige Schritte hinter den beiden, nah genug, um ihre Hirnströme wahrnehmen zu können. Beide Gehirne strahlten Gamma-Wellen aus, Signale im Frequenzbereich über 30 Hertz: höchste Konzentration!
Die Steuerstation von Archi-Tritans meldete sich. Diese neue Station war noch von Hekéner Sharoun in Dienst gestellt worden, anno 1558 NGZ, im Jahr, nachdem Tymler Gunt, der Bote der Stadt Allerorten, Bulls Familie – Shinae und Toio – nach Pha Gashapar geholt hatte.
Seitdem hatte die Einsamkeit etwas wie einen weißen Kreis um Bull gezogen; nicht sichtbar für menschliche Augen, aber spürbar für menschliches Gemüt.
Eine Báalol kommandierte die Steuerstation. Warum auch nicht? Trakarat lag nah, und das Doppelsonnensystem Aptut hatte einst, ebenso wie der Archimedes-Sonnendreieck-Transmitter, zum 81. Tamanium der Lemurer gehört.
»Noch nichts Neues, Jophenna?«, fragte Fero Luuk.
Die Báalol schüttelte so kräftig den Kopf, dass ihre schulterlangen auberginefarbenen Haare flogen. »Nichts Neues«, bestätigte sie. »Der Sonnentransmitter kann weder senden noch empfangen. Wir wissen nicht, was diese Fehlfunktion verursacht. Und das seit einem Monat.« Ihre Augen verengten sich kurz, dann waren ihre Iriden wieder ganz zu sehen mit ihrem Stich ins Violette. Sie schaute Bull an. »Das Dadion-Trio? Molanc? Der Sonnendodekaeder von Kharag?«
»Alle Sonnentransmitter der Milchstraße sind außer Betrieb«, sagte Bull. »Jedenfalls soweit wir sehen. Der Tamaron wird uns, sobald er eingetroffen ist, sicher noch etwas über Vengil sagen können. Ob uns das weiterhilft ...« Bull ließ den Satz offen.
»Welche Transmission war die letzte uns bekannte?«, fragte die Báalol.
Bull sagte: »Das Ecloos-Trio in Draco hat vor 36 Tagen eine Sendung aus Andromeda empfangen. Absender war, soweit wir wissen, das Holoin-Sonnenfünfeck im Sektor Kota-72. Es handelte sich unserer Rekonstruktion zufolge um eine Kommunikationssonde der Tefroder. Sie ist unmittelbar nach der Rematerialisation explodiert.«
Es war seit etwa eineinhalb Jahrhunderten gängige Praxis, dass die großen Mächte der beiden benachbarten Galaxien Informationen austauschten. Für einen Warenhandel waren die Distanzen und die damit zusammenhängenden logistischen Aufwände allerdings zu gigantisch, um profitabel zu sein.
Auch der Austausch an Personen zwischen den beiden Schwestergalaxien hatte sich, seit der Weltenbrand erlosch, in engen Grenzen gehalten.
Leider erfolgte das Abklingen der Ekpyrosis nicht in allen Regionen der Milchstraße gleichmäßig. Zu den Sektoren, deren Bevölkerungen noch spürbar unter dessen Auswirkungen zu leiden hatten, gehörten die Eastside und damit neben etlichen Jülziish-Staaten das kleine Sternenreich der Linguiden sowie das Neue Tamanium.
Zwar hatten die Tefroder sich während der vergangenen 80 Jahre in das Innere ihrer Planeten geflüchtet und dort Unterstädte gebaut, oder sie waren in sternferne Habitate ausgewichen, aber für den Tamaron und seine Regierung hatte es immer eine Rolle gespielt, mit dem Sonnentransmitter von Vengil über eine Art Notausgang zu verfügen. Auch – oder gerade – weil das Vengil-Trio in der Grymrel-Ballung lag, etwa 8500 Lichtjahre unterhalb der galaktischen Hauptebene: Wer Grymrel erreichte, war dem Weltenbrand fast schon entkommen.
Jophenna und Bull sahen einander eine Weil stumm an.
»Alles ist möglich«, sagte sie. »Eine großflächige Störung. Eine Veränderung in den Transmissionsbereichen des Hyperraums. Ein Angriff mit uns unbekannten Mitteln.«
»Wer sollte denn angreifen?«
Die Báalol lachte kurz und trocken auf. »Als hätte es euch Terranern je an Angreifern gemangelt. Möglich, dass der Raptus von Terra und Luna nur das Vorspiel gewesen ist.«
Ich hörte, wie Fero Luuk sich räusperte, sah die Wärme, die sich auf seinen Wangen und seiner Stirn ausbreitete, spürte, wie seine Gehirnwellenfrequenz sich änderte: 35 Hertz, 36, 37. Alarmbereitschaft! »Lass uns bei der Sache bleiben«, bat er. Seine Stimme klang plötzlich rau.
Bull warf ihm einen besorgten Blick zu.
Das Terranische Odium, dachte ich. Dieses befremdliche, psychomentale Phänomen, das vor allem jüngere Terraner betrifft. Davon Befallene wollten nichts mehr von Terra hören. Manche halten dieses Odium für eine Modeerscheinung, die Äußerung einer Jugendkultur, ein Lass-uns-mit-diesen-alten-Geschichte-in-Ruhe. Die übliche, wenn auch stark emotionalisierte Absetzbewegung junger Erwachsener von der älteren Generation.
Ich hatte da meine Zweifel. Ich sah mir die elektrischen Wellen an, die sich in den Gehirnen anderer Besatzungsmitglieder der Zentrale abspielten: dasselbe Muster. Eine geradezu synchronisierte Reaktion.
Reginald Bull wirkte geradezu erleichtert, als einer der Ortungsoffiziere mitteilte: »Die VOHRATA ist aus dem Linearraum getreten und ruft uns an. Der Tamaron bittet um Einflugerlaubnis in den Archimedes-Sektor.«
»Erlaubnis erteilt«, sagte Bull.
*
Der Tamaron hatte höflich darauf bestanden, dass wir an Bord seines Schiffes wechselten. Wir setzten mit einer Space-Jet über, die Bull im Handbetrieb steuerte.
Ich hatte Vetris-Molaud seit einem kurzen Gespräch nicht mehr gesehen, das wenige Wochen nach dem Raptus der Erde und ihres Mondes Anfang des Jahres 1614 NGZ stattgefunden hatte. Seitdem hatte sich für diese vier verhängnisvollen Tage der Begriff der Quadratur eingebürgert. Die VOHRATA hatte sich in den 23 Jahren nach der Quadratur nicht sehr verändert; die Milchstraße schon. Ihrer beiden alten Zentren beraubt, des Arkonsystems einer- wie Terras und Lunas andererseits, schien sie mehr und mehr aus den Fugen zu geraten, wie sehr sich der Resident und mit ihm die Liga auch dagegenstemmten.
Der Verlust von staatsmännisch erfahrenen Persönlichkeiten wie Perry Rhodan, Bostich, Atlan oder Homer G. Adams, der Tod von Hekéner Sharoun, das Schweigen des Tormanac da Hozarius, die Abwendung seines Messingimperiums von den Belangen der Stofflichkeit, all dies hatte zur Destabilisierung der galaktopolitischen Lage beigetragen.
Viele Menschen, mit denen ich in den letzten Jahren gesprochen hatte, hatten den Eindruck, als wäre die Galaxis in einen verhängnisvollen Sog geraten, der sie unaufhaltsam einem namenlosen Abgrund entgegenzerrte.
Mir schien diese apokalyptische Sorge kurzsichtig. Doch ich musste zugeben, dass – anders als in vielen anderen Krisenfällen, die im Solsystem oder bei Arkon ihren Brennpunkt gefunden hatten – der Weltenbrand von anderer Qualität war. Die Ekpyrosis hatte sich unentrinnbar in jedermann abgespielt, der nicht die Flucht ergriff. Jeder hatte gelitten; jeder hatte seine Kinder und jedes Kind hatte seine Eltern leiden sehen. Jeder hatte wenigstens einmal an eine Flucht gedacht. Aber zu fliehen bedeutete, seine Wurzeln aufzugeben und den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Der Weltenbrand hatte in der gesamten Milchstraße eine mentale Landschaft hinterlassen, die wie erschöpft von einem langen, hohen Fieber darniederlag.
Und im Reich des Tamarons wütete er immer noch, wenn auch in allmählich nachlassender Intensität.
Meine Behauptung, die VOHRATA hat sich nicht verändert, umschreibt natürlich nur ihre materielle Gegebenheit. Die Mannschaft war neu. Den Kommandanten des Schiffes hatte ich vor Jahrzehnten als jungen Jägerpiloten kennengelernt, hatte ihn einmal sogar auf einem der 39-Monde-Flüge um die Trabanten des Gasriesen Laumhu begleitet, mit denen tefrodische Offiziere ihre Beförderung im Helitassystem feierten. Sein Name war Kakola-Barr, mit lange rollendem R, worauf er Wert legte.
Kakola-Barr empfing uns persönlich im Hangar. Er nickte mir zu und salutierte auf tefrodische Art vor dem Residenten. Seine Uniform war schmucklos bis auf das Symbol knapp oberhalb des Herzens, das ihn als Kommandanten des NEBERU-Raumers auswies; weder Sicherheitspersonal noch Roboter begleiteten ihn. Wir wechselten ein paar Worte über die alten Zeiten. Dann beförderte uns ein Antigravschacht etwas mehr als 200 Meter hoch in die Zentrale der VOHRATA.
Die Besatzung erhob sich kurz in einem synchronen Akt, als der Resident die Zentrale betrat. Auf einen Wink Kakola-Barrs setzte man sich wieder. Kakola-Barr nahm im Kommandantensessel Platz.
Ein Schott öffnete sich: Der Tamaron traf ein.
Fast unmerklich strafften sich etliche Besatzungsmitglieder. Kaum einen ließ der Auftritt des Tamarons kalt. Ich hatte immer wieder erfahren, wie attraktiv er mit seinem schmalen, fast asketischen Gesicht auf Humanoide wirkte: Die Augen leuchteten in einem intensiven, hellen Blau. Kinnbart und Haar waren dezent geschnitten; er trug einen schwarzen Anzug ohne jedes Rangabzeichen.
Der Tamaron und der Resident reichten einander die Hand, und in einem merkwürdigen Moment legte der Tamaron seine linke Hand auf Bulls rechte. »Gehen wir in mein Quartier.«
Auch dieses Quartier war, was Terraner als spartanisch bezeichnet hätten: ein Kleiderschrank mit Hygienefunktion, eine mobile Servoeinheit, eine Liege, ein Tisch mit zwei Stühlen, beide aus rotem Holz, wie es auf Tefor wuchs. Beide Stühle waren ohne Lehne.
Sie setzten sich.
Bulls richtete seinen Blick auf den einzigen Luxus, den der Tamaron sich gönnte: das offenbar in Öl gemalte Porträt einer nicht mehr ganz jungen Frau in einem knöchellangen Kleid, die barfuß auf einer Wiese stand, dahinter eine Landschaft, mehr angedeutet als ausgeführt, in der eine Szenerie auf Tefor zu erkennen war. Es war Abend: Pector und Photor, Tefors zwei Monde, standen blass wie fremder Länder Münzen am Himmel; Photor, kleiner und näher, schickte sich eben an, Pector auf der Innenbahn zu überrunden. Die Frau sah den Betrachter frontal an, ein wenig nachdenklich, doch offenbar zuversichtlich. Ein Abzeichen am Kragensaum des Oberteils wies sie als Angehörige des diplomatischen Korps des Tamaniums aus.
»Wie geht es Saliana?«, fragte Bull.
»Es geht ihr gut. Das solltest du aber wissen, Reg«, sagte Vetris-Molaud mit mildem Tadel.
Saliana war im Jahr 1517 geboren, und zwar zur selben Zeit, als ihre Mutter hingerichtet wurde. Sie war nun 119 Jahre alt, eine der demokratisch gewählten Stellvertreterinnen des Tamarons. Als Kind eines Zellaktivatorträgers alterte sie deutlich langsamer. Sie war der Liga gegenüber freundlicher eingestellt als ihr Vater. Die Liga wusste, dass die Annäherung des Tamarons an das Sternenreich der Terraner maßgeblich ihr zu verdanken war, und nicht nur einmal hatte der Tamaron, auch mir gegenüber, Saliana als Bulls beste Agentin bezeichnet. Mit einem Spott, der allmählich milder geworden war.
Dass es nach ihrem Tod zur Gründung der Lemurischen Allianz kommen sollte, war nicht zuletzt ihr Letzter Wille, den der Tamaron im Jahr 1755 NGZ erfüllte.
Aber damals lebte sie noch, und ich mochte sie gerne, und Bull, obwohl er ihr selten begegnete, mochte sie auch.
»Gibt es Nachrichten von Shinae? Von Toio?«, fragte Vetris-Molaud, während der Servoroboter zwei halbkugelige Gläser mit einem dunkelroten und von haarfeinen, goldfarbenen Fasern durchzogenen Getränk füllte: Goldfadenwein von Trissner, einem der 39 Monde Laumhus.
»Nein, Caer«, sagte Bull. Caer-Cedvan lautete der Geburtsname des Tamarons; in dieser Galaxis dürfte Reginald Bull der Einzige sein, der ihn mit diesem verschollenen Namen ansprach.
Merkwürdig, wie die Zeit über uns hinweggeht, Mascant. Wie lange wir denken, die Zeit sei unser Palast, unser Haus für immer. Und dann kommt ein Windstoß und hebt das leichte Zelt auf, in dem wir in Wahrheit gewohnt haben, und weht es fort, einfach so.
»Was nun die Sonnentransmitter betrifft«, sagte der Tamaron, »so ist Vengil außer Betrieb, und, soweit wir sehen, die anderen Sonnentransmitter auch.«
»Weil?«, fragte Bull.
»Wir wissen es nicht«, sagte der Tamaron. »So wenig wie ihr.«
Auch zu den drei Transmittern im Halo der Milchstraße – dem gewaltigen Kharag-Sonnendodekaeder und dem Tellox-Duo in Omega-Centauri sowie dem weiter entfernt in der Satellitengalaxis Sagittarius errichteten Mhargo-Trio – bestand wohl noch Hyperfunk-, aber kein Funktionskontakt.
Zu den sieben bislang einsatzfähigen Sonnentransmittern zwischen der Milchstraße und Andromeda war jede Verbindung abgebrochen.
»Das ist der Stand der Dinge«, resümierte der Tamaron. »Die Milchstraße ist transmittertechnisch abgeschnitten.«
»Ob das nur die Sonnentransmitter in der Milchstraße betrifft oder auch ihre Gegenstücke in Andromeda?«, überlegte Bull laut. »Immerhin wissen wir, dass vor etwa einem Monat das Holoin-Sonnenfünfeck eine Sonde zum Ecloos-Trio in Draco verschickt hat.«
Der Tamaron nickte. »Ich weiß. Aber diese Sonde hat den Transport nicht überstanden, und seitdem schweigt Holoin, nicht wahr?«
»Ja.« Bull nippte am Goldfadenwein.
Der Tamaron beugte sich ein wenig vor und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. »Was hieltest du davon, wenn wir einmal in Andromeda nachschauten, Reg?«
Bull starrte ihn an, mindestens überrascht, wenn nicht sogar fassungslos. »Caer, erstens fehlen uns im Augenblick alle dazu nötigen Kapazitäten. Die RAS TSCHUBAI ist, wie deiner Aufmerksamkeit kaum entgangen sein wird, nicht wieder zurück. Zweitens haben wir in der Milchstraße alle Hände voll zu tun, wenn wir den Laden am Laufen halten wollen.«
»Es wäre nicht das erste Mal, dass man, eine gegenwärtige Gefahr vor Augen, die weit größere künftige Bedrohung übersieht.«
»Jedenfalls werde ich mich nicht verzetteln.« Bull spreizte die Finger der linken Hand und zählte daran auf: »Der Verschluss des Solsystems nach dem Raptus; die Reorganisation der Liga; der fortschreitende Autoritätszerfall des Galaktikums, den doch wohl nicht nur ich sehe und den ich gerne aufhalten möchte; das Odium, das unser Denken mehr und mehr vergiftet und Terra zum Tabu erklärt; der mögliche Rückbau zahlloser Unterstädte und die Neubesiedlung Tausender Planetenoberflächen...« Bull atmete heftig aus, fünf Finger ausgestreckt.
»Brauchst du noch ein paar Finger?«, bot der Tamaron hilfsbereit an.
»Caer, wenn ich in dieser Situation das Projekt Rettet die Sonnentransmitter! ausrufe und Mittel bereitstelle für eine groß angelegte Expedition nach Andromeda, werde ich des Amtes enthoben. Und zwar völlig zu Recht. Ich kann in dieser Situation kein Schiff bauen lassen, das nach Andromeda fliegt.«
Der Tamaron setzte ein Lächeln auf, das beinahe lausbubenhaft wirkte. »Da trifft es sich gut, dass wir im Tamanium bereits über ein solches Schiff verfügen.«
*
»Warum tut er das?«, fragte Bull, nachdem wir die Space-Jet gestartet und den Hangar der VOHRATA verlassen hatten. »Warum bereitet er eine Expedition nach Andromeda vor, und das offenbar seit Jahren? Oder hat er ein intergalaktisch flugtaugliches Schiff in einer Lotterie gewonnen?«
»Viele Fragen«, sagte ich. »Das mit der Lotterie schließe ich übrigens aus. Dass die Tefroder Andromeda nie aus den Augen verloren haben, sollte dich nicht wundern.«
»Ach ja?«, brummte Reginald, während er mit einem Blick den Zugangscode zum Hangar der HEKÉNER SHAROUN überprüfte und dann mit einem Fingertipp bestätigte. »Wieso? Ist diese Sehnsucht nach Andromeda erblich bedingt? Ein tefrodischer Gendefekt? Oder lernen die kleinen Tefroderinnen und Tefroder in der Schule, dass es sich nicht lohnt, ihre Zimmer aufzuräumen, weil es bald zurückgeht nach Karahol?«
Der Hangar öffnete sich. Die Space-Jet bremste und begab sich in das Traktorfeld, das sie sanft ins Innere des Schiffes zog.
»Für euch Terraner ist die Milchstraße eine verbindliche Heimat«, sagte ich. »Vielleicht haben Tefroder eine etwas größere Perspektive. Die Lemuroiden reiften auf Lemur, fanden von dort zurück zu den Sternen. Und schließlich erreichten sie Andromeda, eine unermessliche Galaxis mit unermesslichen Möglichkeiten.«
»Hübsch«, sagte Bull. »Und du hältst es nicht für möglich, dass der gute Caer noch nicht alle Ambitionen aufgegeben hat, seinen ... hm ... Wirkungsbereich ein wenig auszudehnen und seine wohlmanikürten Finger nach dem Virthanium auszustrecken?«
»Ich halte es nicht für wahrscheinlich«, antwortete ich. Das Virthanium, das Sternenreich der Tefroder in Andromeda, war alt, gewaltig, mächtig. Ein Bissen, an dem sich nicht nur das Tamanium verschlucken würde.
Die Space-Jet setzte auf. Die Hangartore schlossen sich wieder. Damit erlosch auch das purpurne Licht, mit dem die Rote Riesensonne vom Spektraltyp M2 – die Beta-Sonne von Archi-Trans – den Raum übergossen hatte. Es machte der normalen terranischen Arbeitsbeleuchtung Platz.
Wie stiegen aus und verabredeten uns mit der Báalol Jophenna und ihrem Team. Reginald ließ sich nicht anmerken, wie schwer ihn dieser weitere Rückschlag getroffen hatte. Ich glaube, er hatte in diesem Moment die Hoffnung aufgegeben, die Sonnentransmitter in absehbarer Zeit wieder in Betrieb zu nehmen.
»Irgendwann stehen wir ganz allein«, murmelte er auf dem Weg zur Zentrale und dann trotzig; »Wenn schon.«
»Schreiben wir Andromeda nicht ab«, sagte ich.
Er lachte bitter. »Wer behauptet denn, dass wir Andromeda abschreiben? Ich glaube eher: Sie schreiben uns ab!«
»Das ist nur eine Vermutung.«
Bull grummelte etwas Unverständliches und ging weiter. Kurz bevor wir die Zentrale erreichten, fragte er: »Wie hieß noch einmal das Schiff, mit dem die Tefroder nach Andromeda wollen?«
»SCIMOR«, antwortete ich. »Benannt nach einem legendären lemurischen Wissenschaftler, der ...«
»Ja, ja.« Bull machte eine wegwerfende Handbewegung. Das Schott zur Zentrale glitt auf. »Tu mir einen Gefallen«, sagte Bull, als wir hineingingen.
»Und zwar?«
»Flieg mit!«
»Nach Andromeda?«
Bull nickte grimmig. »Du könntest den Tamaron ein wenig für uns im Auge behalten.«
»Aye«, sagte ich.