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II. Herzeleide

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Da sein Vetter, König Kailet, den er zu Sevilla vergebens aufsucht, gen Kanvoleis zum Turnier gezogen ist, so macht auch Er mit hundert neuen Speren sich dahin auf. Dieß Turnier hatte die Königin Herzeleide, die jungfräuliche Wittwe, ausgeschrieben, und dem Sieger ihre Hand und beide Königreiche, Waleis und Norgals, mit den Hauptstädten Kanvoleis und Kingrivals, verheißen. Gahmuret läßt sein vor Patelamund erworbenes Prachtgezelt aufschlagen, und hält einen glänzenden Einzug in Kanvoleis: durch beides erregt er die Bewunderung der Königin, deren stralende Schönheit auch ihn durchzuckt. Hier findet er auch Kailet, Killirjakag und Gaschier wieder. Kailet bittet ihn, ihm im Turnier gegen Hardeiß, König von Gaskon, beizustehen, der ihn haßt, weil er seine Schwester Aleiß verschmäht hat, welche jetzt dem gleichfalls gegenwärtigen Herzogen Lämbekein von Brabant vermählt ist. Die zum Turnier anwesenden Ritter haben sich in ein inneres und äußeres Heer getheilt, jenachdem sie in der Stadt oder draußen auf dem Felde liegen. Zum innern Heere, dem sich Gahmuret beigesellt, halten sich, außer dessen schon genannten Freunden, der alte Brittenkönig Utepandragon, dessen Sohn Artus schon drei Jahre seiner von dem Zauberer Klinschor entführten Mutter nachzieht, ferner König Lot von Norwegen, mit seinem unmündigen, hier zuerst erwähnten Sohne Gawan, die Könige von Patrigalt und Portugal, die Provenzalen und Waleisen u.s.w. Zum äußern gehören, außer König Hardeiß von Gaskon, und seinem Schwager, dem Herzogen Lämbekein von Brabant, noch die Könige Brandelidelein von Punturtois und Schaffilor von Arragon, dann König Lähelein, und der König von Askalon, ferner Morhold von Irland, Cidegast von Logrois, Poitewin von Prienlaskros u.s.w. Als Theilnehmer am Turnier werden ferner erwähnt Schiolarz de Poitou, Gurnemans de Graharz, und Riwalin, König von Lohneis, der Vater Tristans. Schon am Vorabend beginnt der Kampf mit einem Vesperspiel (Vorturnier). Gahmuret, in Eisenharts Rüstung, besiegt und fängt unter Andern die Könige Hardeiß von Gaskon, Brandelidelein von Punturtois, Schaffilor von Arragon und Lähelein; Kailet sticht den Herzogen von Brabant nieder, wird aber selbst von den Punturteisen gefangen, wie Killirjakag, der zuvor den König Lach niedergerannt hat, von Morholden. Doch bleibt der Sieg den Innern, vornämlich durch Gahmurets Tapferkeit. Traurig empfängt er gleichwohl die Königin Herzeleide, die ihn am Abend in seinem Zelte besucht. Ihn foltern die widersprechendsten Gefühle, denn während des Kampfs hatte ihm seine Jugendgeliebte, die Königin Anflise von Frankreich, deren Gemahl gestorben ist, ihre Hand antragen laßen; auch verdüstert seinen Sinn die Ahnung von dem Tode seines Bruders Galoes, denn ein Fürst des Landes Anschau hatte dessen Wappenschild umgekehrt, mit emporgerichteter Spitze, getragen. Dazu peinigen ihn Gewissensbiße über seine treulose Flucht von Zaßamank, dessen schwarze Königin er immer noch liebt, da ihn doch auch Herzeleidens Schönheit nicht unempfindlich läßt. Kailet und Killirjakag, von den Aeußern zur Auswechselung gegen König Brandelidelein hereingeschickt, kommen hinzu, und erklären Gahmuret für Sieger im Turnier, da die Aeußern, deren Stärke Gahmuret gefangen genommen hat, es bei dem Vesperspiel bewenden laßen wollen. Da hiernach Herzeleide, dem Gesetze des Turniers gemäß, seine Hand anspricht, und zugleich Anflisens Boten deren Rechte verwahren, gelobt Gahmuret, Kanvoleis nicht zu verlaßen, bis über Herzeleidens Sache entschieden sei. Als sie sich entfernt, erfährt Gahmuret durch Kailet die Bestätigung seiner Ahnung von dem Tode seines Bruders, und zugleich die Nachricht, daß auch seine Mutter Schoiette gestorben ist. Er zieht sich in sein Zelt zurück, und bringt die Nacht mit Jammer hin. Am andern Morgen finden Schiedsrichter, seiner Einrede, daß gar kein Turnier Statt gefunden, ungeachtet, das Urtheil, Gahmuret, als Sieger im Ritterspiel, dürfe Herzeleidens Hand nicht ausschlagen. Er unterwirft sich dem Spruch, worauf Anflisens Boten unwillig hinwegreiten. Da ihm nun mit der Hand Herzeleidens zwei Königreiche, und als Erben seines Bruders auch die Krone von Anschau zugefallen, entschließt er sich als Volksherrscher zur Freude, vertauscht den Anker mit seines Vaters Wappen, dem Panther, und begeht, nachdem er Hardeißen mit Kailet versöhnt hat, eine glänzende Hochzeit. Von Herzeleiden hatte er sich monatlich ein Turnier ausbedungen: darin trägt er das seidene Hemde seiner Frauen über dem Harnische, welches sie dann, durchstochen und zerhauen, wieder anlegt. Dieß war achtzehnmal geschehen, als er wieder über Meer fährt, um dem Baruch, der von jenen babylonischen Brüdern abermals überfallen ist, beizustehen. Herzeleide, die schwanger zurückgeblieben ist, wird eines Tags von einem Traume geängstigt, der ihr den Tod des Gemahls und zugleich ihres Kindes Schicksale vorbedeutet. Als sie erwacht, bringt Tampaneis, Gahmurets Meisterknappe, die Trauerbotschaft von dessen Tod durch den Verrath Ipomidons. Vierzehn Tage später gebiert sie die Blüthe aller Ritterschaft, Parzival.

Dort zu Spanien in dem Land

War ihm der König wohlbekannt;

Das war sein Vetter Kailet;

Zu diesem fuhr er gen Toled.

Der war nach Ritterschaft gefahren,

Wo es galt den Schild nicht sparen.

Da läßt auch er bereiten sich

(So lehrt die Aventüre mich)

Mit Speren, die von Buntheit stralen

Und mit grünen Zindalen:

Denn jeder hatte sein Panier,

Härmeline Anker drauf so zier,

Daß man sie köstlich pries und reich;

Sie waren lang und breit zugleich,

Und reichten nieder auf die Hand,

Wenn man sie zur Spitze band

Oder tiefer eine Spanne.

Deren ward dem kühnen Manne

Einhundert da zurecht gemacht

Und durch die Lande nachgebracht

Von seines Vetters Hausgetreuen.

Ehren und mit Dienst erfreuen

Konnten sie ihn nach Würdigkeit;

Das war auch ihrem Herrn nicht leid.

Er strich ihm nach wer weiß wie lang,

Bis er Herberg sich errang

In dem Lande Waleis.

Geschlagen war vor Kanvoleis

Mancher Pavillon auf einen Plan.

Ich sag es nicht nach eitelm Wahn;

Gebietet ihr, so ist es wahr.

Halten ließ da seine Schar

Der Herr, und sandte vor ihm ein

Den klugen Meisterknappen sein:

Er sollte, wie sein Herr ihn bat,

Herberge nehmen in der Stadt.

Der eilte sich, er war kein Träumer;

Man zog ihm hinterdrein die Säumer.

Kein Haus mocht er gewahren,

Des Dach nicht Schilde waren;

Auch die Wände sah er all behangen

Und mit Speren rings umfangen.

Die Königin von Waleis

Hatt angesagt zu Kanvoleis

Ein Turnier von solcher Strenge,

Manchem Zagen wird es enge

Ums Herz, wo er dergleichen sieht;

Auf sein Gebot es nicht geschieht.

Eine Jungfrau war sie, nicht ein Weib,

Zwei Länder und den eignen Leib

Bot sie Dem, der Sieger wäre.

Manchen fällte diese Märe

Hinters Ross auf den Sand.

Wer ein solch Gefälle fand,

Viel Glück ward dem nicht nachgesagt.

Des pflagen Helden unverzagt,

Sie zeigten Muth zur Ritterschaft:

Mit hurtiglicher Schenkel Kraft

Ward da manches Ross ersprengt,

Und der Schwerter viel erklängt.

Ueber einen Fluß geschlagen

Eine Brücke sah man ragen,

Mit einem Thor beschloßen,

Das ein Knappe unverdroßen

Aufthat, wenn man ihm befahl.

Darüber stand der Königssaal.

Auch saß des Landes Königin

In den Fenstern darin

Mit Mägdelein und Frauen,

Die sah man spähn und schauen

Was die Knappen drüben thaten.

Sie hatten sich berathen

Und schlugen ein Gezelt hier auf.

Zu ungewährter Minne Kauf

Ward des einst ein König ledig,

Dem Belakane war ungnädig.

Mit Mühen ward aufgeschlagen,

Das dreißig Säumer musten tragen,

Ein Zelt von höchster Kostbarkeit.

Auch war der Plan wohl so breit,

Daß sich die Schnüre streckten dran.

Gahmuret der werthe Mann

Nahm im Freien erst den Imbiß,

Darauf mit Fleiß er sich befliß,

Wie er höfisch käm geritten.

Verzug ward nicht gelitten;

Die Knappen hatten ihm zumal

Gebunden seiner Spere Zahl,

Jedweder fünf mit Einem Band;

Den sechsten führt' er in der Hand

Mit dem Anker im Paniere:

So zog heran der Ziere.0

Vor der Köngin ward vernommen,

Daß ein Fremdling kommen

Sollt aus einem fernen Land,

Der hier Niemand wär bekannt.

»Höfisch ist sein Volk, aus beiden

Gemischt, Franzosen und Heiden;

Mancher mag ein Anschewein

Wohl nach seiner Sprache sein.

Ihr Muth ist stolz, ihr Gewand ist klar,

Wohl geschnitten auch fürwahr.

Seiner Knappen sprach ich einen;

Die werden nicht um Mangel weinen.

Sie sagen, wer um Habe flehe,

Wenn der zu ihrem Herren gehe,

So scheid er ihn von Kummers Schwere.

Bei ihnen fragt' ich nach der Märe:

Da sagten sie mir sonder Wank,

Der König wärs von Zaßamank.«

Die Kunde bracht ihr ein Garzon.

»Avoi! welch ein Pavillon!

Eure Krone stünd und euer Land

Wohl nicht halb dafür zu Pfand.«

»So sehr zu loben brauchst du's nicht.

Mein Mund dir das nicht widerspricht,

Es gehört wohl einem reichen Mann,

Der wenig Armut je gewann.«

Also sprach die Köngin hehr.

»Weh, was kommt er selbst nicht her?«

Das zu erfragen bat sie ihn.

Durch die Stadt höfisch ziehn

Sah man nun diesen Kecken

Und die Schlafenden wecken.

Viel Schilde fand er hangen.

Posaunen schmetternd klangen

Voraus auf seinen Wegen;

Mit Wurf, mit mächtgen Schlägen

Zwei Trommeln gaben lauten Schall,

Ueber all die Stadt erscholl der Hall.

Es war jedoch der Ton gemischt,

Mit Flötenstimmen süß erfrischt.

Es war ein Marsch, den sie bliesen.

Vergeßen wir nicht über diesen,

Wie ihr Herr gekommen sei;

Dem ritten Fiedelspieler bei.

Da legte der Degen werth

Ein Bein vor sich übers Pferd,

Zwei Stiefel an den bloßen Beinen.

Den Mund sah man ihm röthlich scheinen

Wie ein glühender Rubin;

Die Lippen dick und nicht zu dünn.

Sein Leib war allenthalben klar,

Schön gelockt das lichte Haar

So weit es sehen ließ der Hut;

Köstlich war auch der und gut.

Grün sammten war der Mantel sein;

Der Pelz davor gab schwarzen Schein

Auf einem Hemde fein und blank.

Von Gaffern war da großer Drang.

Die Frage viel vernommen ward,

Wer der Ritter wäre sonder Bart,

Der solchen Reichthum möge zeigen?

Sie brauchtens Niemand zu verschweigen:

Man sagt' es ihnen ohne Trug.

Nach der Brücke nahm den Zug

Ander Volk und auch das seine.

Von dem lichten Scheine,

Der ausgieng von der Königin,

Bis in das Bein durchzuckt' es ihn.

Auf richtet sich der Degen werth

Wie ein Federspiel, das gehrt.

Die Herberge däucht ihn gut;

Also stand des Helden Muth.

Sie empfand auch wohl, die Wirthin,

Von Waleis die Königin.

Der König Spaniens erfuhr,

Es stünd auf der Löwenflur

Ein Gezelt, das Gahmureten

Von Raßalig erbeten

Einst wurde vor Patelamunt:

Das that ihm ein Ritter kund.

Auf sprang er hurtig wie der Wind,

Er war der Freuden Ingesind.

Noch sprach derselbe Ritter da:

»Eurer Muhme Sohn ich sah

Kommen in alter Ziere:

Es sind hundert Paniere

Bei einem Schild ins grüne Feld

Gestoßen vor sein Prachtgezelt;

Die Fähnlein alle grüne.

Endlich hat der Kühne

Von Harm drei Anker licht und schön

Auf jeglichem Zindal stehn.«

»Ist er unterm Helme hie?

Avoi! so soll man schauen, wie

Er die Scharen weiß zu mengen

Und im Sturm einher zu sprengen!

Der stolze König Hardeiß

Hat mit Zorn seinen Fleiß

Nun lang genug auf mich gewandt;

Den soll hier Gahmuretens Hand

Mit seinen Tjosten neigen.

Nun will mein Glück sich zeigen!«

Seine Boten sandt er gleich hindann,

Wo Gaschier der Normann

Mit großem Ingesinde lag,

Und der lichte Killirjakag:

Die waren da, von ihm erbeten.

Zum Pavillone mit Kaileten

Giengen die zwei Helden gut.

Da empfiengen sie mit frohem Muth

Den werthen König von Zaßamank.

Die Weile däuchte sie zu lang

Bis sie ihn wiedersahen:

Das gestanden sie beim Nahen.

Da fragte sie der Held um Märe,

Wer zum Turnier zugegen wäre.

Da sprach seiner Muhme Kind:

»Aus fernem Land gekommen sind

Ritter, die die Minne jagt,

Viel kühner Helden unverzagt.

Hier hat manchen Breton

Roi Utepandragon.

Diesen sticht es wie ein Dorn,

Daß er sein Weib hat verlorn,

Die Artusen ihm gebar.

Ein Pfaffe, der ein Zaubrer war,

Hat die Frau ihm entwandt;

Dem ist Artus nachgerannt.

Es geht ins dritte Jahr nun schon,

Daß er Weib vermisst und Sohn.

Hier ist auch seiner Tochter Mann,

Der Waffenspiel wohl spielen kann,

Lot von Norwäge,

Zu falscher That der träge,

Geschwind jedoch zum Preise,

Der kühne Degen weise.

Hier ist auch sein Sohn Gawan,

So schwach noch, daß er nie gethan

Ritterschaft im Ehrenfeld.

Er war bei mir, der kleine Held:

Er sagte, könnt er einen Schaft

Zerbrechen, fehlt' ihm nicht die Kraft,

So thät' er gerne Rittersthat.

Wie es früh sein Muth begonnen hat!

Auch der König hat von Patrigalt

Von Speren einen ganzen Wald;

Doch heißt noch nichts ihr Wesen all

Gegen Die von Portugal.

Die heißen wir die Frechen,

Die durch Schilde wollen stechen.

Hier haben Provenzalen

Schilde, die von Helle stralen.

Hier sind endlich die Waleise,

Die da reiten ihre Kreise

Durch die Haufen nach Gelüsten,

Mit ihres Landes Kraft sich brüsten.

Noch Viel sind hier um Weibesgruß,

Deren Namen ich verschweigen muß.

Von denen ich sie kund gethan,

Wir alle liegen sonder Wahn

Mit großem Aufwand in der Stadt,

Wie die Königin geboten hat.

Nun hör auch Wer im Felde liegt

Und unsre Stärke leicht besiegt.

Der werthe König Askalons

Und der stolze König Arragons,

Cidegast von Logrois

Und der König von Punturtois;

Der heißet Brandelidelein.

Da ist auch der kühne Lähelein;

Da ist Morhold von Irland:

Der raubt uns hier gar manches Pfand.

Drüben liegen auf dem Plane

Die stolzen Allemane:

Der Herzog von Brabant

Kam gefahren in dieß Land

Für den König Hardeiß.

Seine Schwester Aleiß

Gab ihm der König von Gaskon:

Sein Dienst empfieng voraus den Lohn.

Die stehn mit Zorn entgegen mir;

Jedoch vertrauen will ich dir.

Gedenke nun der Sippe dein;

Bei Lieb und Treue, warte mein.«

Da sprach der Held von Zaßamank:

»Von Dir begehr ich keinen Dank,

Was dir mein Dienst zu Ehren thut:

Wir haben billig Einen Muth.

Steht dein Strauß noch sonder Nest?

Du sollst dein Sarapandratest

Wider seinen halben Greifen tragen.

Mein Anker wird in Grund geschlagen

Bei seines Antritts schnellstem Hurt:

Er selber suche die Furt

Hinterm Ross auf dem Grieße.

Wenn man uns zusammen ließe,

Ich fällt' ihn, oder Er mich,

Bei meiner Treu versichr ich dich.«

Heim ritt da Kailet erfreut;

Bei seiner Freude war kein Leid.

Jetzt erhob sich Kampfgeschrei

Von erlauchter Helden zwei:

Von Poitou Schiolarz

Und Gurnemans de Graharz,

Die tiostierten auf dem Plan.

Da hob das Vesperspiel sich an,

Hier ritten sechse, dorten drei;

Da gesellten leicht sich Haufen bei.

Sie begannen rechte Rittersthat;

Es gab nun auch nicht andern Rath.

Noch war es um den mitten Tag;

Der Held in seinem Zelte lag:

Da erfuhr der König von Zaßamank,

Die Ritte wären weit und lang

Auf dem Feld geworden

Nach rechtem Rittersorden.

Da fuhr auch hin der Kühne

Mit manchem Banner grüne.

Noch sollte nichts von ihm geschehn:

Er wollte nur in Muße sehn

Wie es stünd auf beiden Seiten.

Seinen Teppich ließ er spreiten

Wo die Haufen sich verwirrten,

Und gestochne Rosse kirrten.

Von Knappen war umher ein Ring,

Dazu von Schwertern Klinge Kling.

Wie nach Preis die Helden rangen,

Deren Klingen also klangen!

Die Spere krachten auch wohl so,

Man brauchte nicht zu fragen wo?

Geschwader waren statt der Wände;

Da wirkten Wunder Rittershände.

Dieses Kampfspiel war so nah,

Von dem Saal hernieder sah

Manche Frau der Helden Streit.

Doch wars der Königin leid,

Daß von Zaßamank der König hehr

Sich nicht drängte mit der Andern Heer

»Weh, wohin ist er gekommen,

Von Dem ich Wunder viel vernommen?«

Nun war auch Roi de Franze todt,

Des Weib ihn oft in große Noth

Gebracht mit minniglichem Sinn.

Die erlauchte Königin

Hatte Boten ausgesandt,

Ob er nicht wieder wär ins Land

Gekommen aus der Heidenschaft:

Sie zwang dazu der Liebe Kraft.00

Da ward im Streite viel gethan

Von manchem kühnen armen Mann;

Doch jagten Die dem Ziel nicht nach,

Das die Königin versprach:

Ihre Hand und beide Länder;

Sie begehrten andrer Pfänder.

Nun war auch Gahmuretens Leib

In jener Rüstung, die sein Weib

Einst der Sühne hatt ermahnt,

Dem sie der Schotte Friedebrand

Zur Gabe schickte für den Schaden,

Womit sein Streit sie überladen.

Die Erde Beßres nicht besaß.

Da schaut' er nun den Adamas,

Den Helm. Darüber man ihm band

Einen Anker; der bestand

Aus verbundnen Edelsteinen,

Großen, nicht zu kleinen;

Das war doch eine schwere Last:

So gehelmziert war der Gast.

Wie der Schild geschmückt ihm war?

Aus arabschem Golde klar,

Eine theure Buckel drauf geschlagen,

Schwer von Gewicht, die must er tragen.0

Sie gab von Röthe solchen Glanz,

Drin spiegeln mochte man sich ganz.

Ein Anker stand von Zobel drauf.

Ich lüde gern mir selber auf

Womit der Held sich hat beschwert,

Denn manche Mark war es werth.

Sein Wappenrock war räumig weit,

Ich wette, daß man in den Streit

So guten selten führte,

Der lang den Teppich rührte.

Er glänzte, wenn ichs kenne,

Wohl so als ob da brenne

Bei der Nacht ein queckes Feuer;

Verblichne Farbe war da theuer.

Sein Schimmer mied die Blicke nicht,

Doch mied Ihn gern ein schwach Gesicht.

Er war von Gold gebildet, das

Am Gebirge Kaukasas

Greifenklauen aus dem harten

Felsen zerrten und bewahrten,

Und noch bewahren heute.

Aus Arabien kommen Leute,

Die erwerben es mit List

(Beßres nicht zu finden ist)

Und bringens heim gen Arabie,0

Wo man die guten Achmardi

Wirket und die Pfellel reich:

Kein Gewand kommt diesem gleich.

Den Schild der Held zu Halse nahm.

Da stand ein Ross gar lobesam,

Gewappnet schier bis an den Huf;

Dabei von Knappen Ruf auf Ruf.

Er sprang hinauf, als er es fand.

Da verschwendete des Helden Hand

Manch starken Schaft im Lanzenspiel,

Der Haufen auch zertrennt' er viel,

Immer durch, und jenseits wieder aus;

Dem Anker folgte nach der Strauß.

Gahmuret stach hinters Ross

Poitewin de Prienlaskros

Und sonst noch manchen werthen Mann,

Von dem er Sicherheit gewann.

Wenn er bekreuzte Ritter sah,

Die genoßen seiner Stärke da:

Die erkämpften Rosse gab er ihnen;

Sie mochten viel an ihm verdienen.

Gleicher Paniere

Ihm entgegen fuhren viere0

(Darunter sah man Rotten reiten;

Auch wuste wohl ihr Herr zu streiten):

Auf jedem eines Greifen Schweif.

Zahllosen Rittern war vom Greif

Dieser Schwanz ein Wappenbild;

Den vordern Theil auf seinem Schild

Der König von Gaskone trug,

Den halben Greif, ein Ritter klug.

Gerüstet war der Held zu schauen,

Daß er wohl gefiel den Frauen.

Er hob sich vor den Andern aus,

Als er auf dem Helm ersah den Strauß;

Doch kam der Anker erst an ihn.

Da stach ihn hinters Ross dahin

Der werthe König von Zaßamank

Und fieng ihn. Groß war da der Drang:

Furchen wurden glatt getennt,

Mit Schwertern wirres Haar gekämmt;

Da ward verschwendet der Wald,

Daß zur Erde Mancher niederprallt.

Die wandten sich (so hört ich sagen)

Nach hinten, wo da stehn die Zagen.

Das Kampfgetümmel war so nah,

Die Frauen sahen wohl, wer da

Sich erwarb des Ruhms Gewinn.0

Vom Sper des minnenden Riwalin

Schneite von Splittern ein neues Gleis;

Das war der König von Lohneis:

Laut krachte seiner Stöße Schall.

Einen Ritter ihnen Morhold stahl,

Den er aus dem Sattel zu sich hub:

Das war ein ungefüger Schub.

Der Ritter hieß Killirjakag.

Von Dem hatte König Lach

Zuvor empfangen solchen Sold,

Den man fallend an der Erde holt;

Auch hatt er sonst noch viel gethan.

Da gelüstete den starken Mann,

Ihn zu bezwingen ohne Schwert:

Also fieng er den Degen werth.

Zu Boden stach Kailetens Hand

Den Herzogen von Brabant,

Der hieß mit Namen Lämbekein.

Was thaten da die Degen sein?

Sie beschirmten ihn mit Schwerten,

Die eitel Kampf begehrten.

Da stach der König von Arragon

Den alten Utepandragon

Hinters Ross auf den Plan,0

Diesen König von Bretan.

Es stunden Blumen viel um ihn.

Seht, wie höfisch ich doch bin,

Daß ich den werthen Bretaneis

Bette so schön vor Kanvoleis,

Wohin nie eines Bauern Fuß

(Wie ich in Wahrheit sagen muß)

Noch trat, vielleicht auch nimmer tritt –

Da er doch einmal niederglitt

Von dem Ross, drauf er geseßen.

Doch ward sein länger nicht vergeßen:

Ihn beschirmten, die da um ihn stritten.

Da wurde mancher Stoß erlitten.

Da kam der König von Punturteis:

Der ward allhier vor Kanvoleis

Auf seines Rosses Spur gefällt,

Daß er dahinter lag im Feld.

Das that der stolze Gahmuret.

Tret ihn nieder, trete, tret!

Im Streite fanden sie zu treten.

Seiner Muhme Sohn, Kaileten,

Fiengen die Punturteise:

Da wurde rauh die Reise.

Als man ihnen Brandelideleinen,

Ihren König nahm, die Seinen0

Einen andern König für ihn fiengen.

Hin und wieder liefen, giengen

Helden viel in Eisenschienen.

Mich dünkt, da ward der Braten ihnen

Zermürbt mit Schlegeln und mit Keulen;

Ihre Haut trug schwarze Beulen.

Von Quetschung mochten melden

Die wohlgethanen Helden.

Lautre Wahrheit bleibt mir Pflicht:

Ruhe liebte man hier nicht.

Die Werthen führte Lieb ins Feld,

Manchen Schild von Kunst erhellt

Und manch hochgekrönten Helm:

Hier lagen sie in Staub und Melm.

Im Felde sah man Blumen blühn

Und kurzes Gras so saftig grün:

Darauf fiel mancher werthe Mann,

Dem solche Ehre ward gethan.

Mein Ehrgeiz ward bescheidner längst:

Ich sitze lieber auf dem Hengst.

Hin ritt der Held von Zaßamank

Aus des Kampfgetümmels Drang,

Wo ein geruhtes Ross ihm stand.

Man band ihm ab den Diamant,

Daß Wind ihn kühle von der Hitze,0

Sonst aus keinem Aberwitze.

Man streift' ihm ab sein Härsenier;

Ihm war der Mund so roth und zier.

Ein Weib, die ich genannt vorher,

Hier kam nun ihr Kaplan daher

Und kleiner Jungherren drei,

Nebst starken Knappen, welche zwei

Säumer führten an der Hand.

Die Boten hatte hergesandt

Anflise, Frankreichs Königin.

Der Kaplan mit klugem Sinn

Alsbald erkannt er seinen Mann

Und sprach ihn auf französisch an:

»Bien sois venü, beau Sir,

Meiner Frauen so wie mir

Es ist die Reine de Franze:

Die traf deiner Minne Lanze.«

Einen Brief ihm gab er in die Hand,

Darin der Degen Grüße fand

Und ein kleines Ringelein:

Das sollt ein Wahrzeichen sein;

Empfangen hatt es seine Frau

Einst von dem Helden von Anschau.

Er neigt, als er die Schrift ersieht:

Nun höret, wie ihn die beschied.0

»Dir entbietet Minn und holden Gruß

Mein Herz, das immer trauern muß,

Seit es deine Minn empfand.

Deine Minn ist Schloß und Band

Vor meines Herzens Herzenslust,

Deine Minn erstickt mir die Brust.

Bleibt mir deine Minne fern,

So glänzt mir nie der Minne Stern.

Komm her, und nimm von meiner Hand

Krone, Zepter und ein Land:

Da sie mir sind anerstorben

Hat sie deine Minn erworben.

Auch nimm zum Soldimente

Die reichen Präsente

In den vier Saumschreinen.

Als mein Ritter sollst du auch erscheinen

In dem Lande zu Waleis

Vor der Hauptstadt Kanvoleis.

Sieht es auch die Königin:

Das bringt mir wenig Ungewinn.

Schöner, reicher bin ich sicher,

Dazu kann ich minniglicher

Minn empfahn und Minne geben.

Willst du nach werther Minne streben,

So nimm meine Krone

Deiner Minne zu Lohne.«0

Das wars, was in dem Briefe stand.

Das Härsenier des Knappen Hand

Wieder ihm zu Häupten zieht.

Gahmureten Kummer mied.

Man setzt' ihm auf den Adamas,

Der dick und hart war ohne Maß.

Da wollt er wieder streiten.

Die Boten ließ er leiten

Sich auszuruhn in sein Gezelt.

Wo Gedränge war, das schied der Held.

Dieser verlor, jener gewann.

Nachholen mochte wohl ein Mann

Was er versäumt an kühner That;

Hier war dazu genugsam Rath.

Die Einen sah man tiostieren,

Die Andern rottenweis punieren.

Sie begaben sich der Schliche,

Die man nennet Freundesstiche;

Trauliche Gevatterschaft

Ward zunicht vor Zorneskraft.

So wird die Krümme selten schlicht.

Man saß nicht lange zu Gericht:

Wer was gewann behielt sich das

Sorglos um des Andern Haß.

Aus manchen Landen stammten sie,0

Die mit Rittershänden hie

Schildesamtspflichten übten,

Sich um Schaden nicht betrübten.

Da geschah von Gahmureten

Was Anflise sich erbeten,

Daß er ihr Ritter wäre;

In dem Brieflein stand die Märe.

Avoi! nun ließ er erst sich los!

Thats Minne oder Kühnheit bloß?

Große Lieb und starke Treu

Schuf ihm seine Kräfte neu.

Nun sah er wie der König Lot

Den Schild dem Sturm entgegenbot;

Schier hätt er sich zur Flucht gewandt:

Das wehrte Gahmuretens Hand.

Die Haufen er im Anritt brach

Und Arragoniens König stach

Hinters Ross mit einem Rohr;

Der König hieß Schaffilor.

Der Sper hatte kein Panier,

Mit dem er stach den Degen zier;

Er bracht ihn aus der Heidenschaft.

Die Seinen wehrten ihn mit Kraft;

Er fieng jedoch den Degen hehr.

Vom innern ward das äußre Heer

Zurück geschlagen tief ins Feld.

Ihr Vesperspiel war wohl bestellt:

Wohl durft es heißen ein Turnei,

Denn mancher Schaft lag hier entzwei.

Da begann zu zürnen Lähelein:

»Sollen wir so entehret sein?

Das schuldet Der den Anker trägt.

Unser Einer heut noch legt

Den andern wo er unsanft liegt:

Schier haben sie uns schon besiegt.«

Raumes schuf ihr Anlauf viel:

Da gieng es über Kinderspiel.

Ihre Hände schufen bald,

Daß verschwendet ward der Wald.

Sie trugen beid ein gleich Begehr:

»Spere her, her neuen Sper!«

Doch muste dulden Lähelein

Eine schmähliche Pein:

Ihn stach der König von Zaßamank

Hinters Ross, des Speres lang,

Der in das Rohr geschäftet saß.

Seine Sicherheit er an sich las;

Doch läs ich lieber süße Birn,

Wie die Ritter vor ihm niederschwirr'n.

Von Vielen ward der Ruf erhoben

Die vor seiner Tjost entstoben:

»Hier kommt der Anker, flieh o flieh!«

Entgegen ritt dem Helden hie

Ein Fürst des Landes Anschau

(Trauer trug er jetzt zur Schau),

Des Schildes Spitz empor gekehrt:

Das hatt ihn Jammersnoth gelehrt.

Der Held die Wappen bald erkannte:

Warum er sich da von ihm wandte?

Wollt ihr, ich bescheid euch des:

Dieß Wappen gab ihm Galoes,

Fils dü Roi Gandein,

Der vielgetreue Bruder sein,

Eh Minne dem das Looß erwarb,

Daß er von einer Tjost erstarb.

Da band er nieder seinen Helm.

Weder Gras noch Staubesmelm

Sein Kampf noch eben bahnte,

Weil ihn großer Jammer mahnte.

Mit sich selber lag sein Sinn im Streit,

Warum ers nicht erfragt zur Zeit

Von seiner Muhme Sohn Kailet,

Was sein Bruder doch wohl thät,

Daß er nicht turnierte hie.

Leider wust er noch nicht, wie

Der vor Montori gestorben.

Viel Leid hatt er erworben:

Einer reichen Königin

Minne zwang ihm Herz und Sinn.

Die kam darauf um Ihn in Noth:

Ihr gab der Treue Schmerz den Tod.

Wie Gahmuret nun stand in Klage,

Doch hatt er an dem halben Tage

So manchen Sper verstochen,

Wär des Turniers Tag angebrochen,

Verschwendet würd ein Wald zumal.

Hundert war der farbgen Zahl,

Die verthan hatt dieser Ziere.

Seine schimmernden Paniere

Waren den Krieurs geworden;

Wohl gefiel das ihrem Orden.

Da ritt er nach dem Pavillon.

Der Waleisin Garzon

Folgte ihm dahin in Eil,

Wo der theure Wappenrock zu Theil

Ihm ward, durchstochen und zerhauen;

Den trug er hin zu seiner Frauen.

Er war von Gold und noch so gut,

Er glänzte gleich der glühnden Glut.

Man sah daran, wie reich er war.

Da sprach die Königin: »Fürwahr,

Den hat ein werthes Weib gesandt

Mit diesem Ritter in dieß Land.

Nun muß ichs klug zum Ziele lenken,

Die Andern alle nicht zu kränken,

Die Aventüre hergebracht;

Glück hätt ich Jedem zugedacht,

Denn mir sind Alle Sippe,

Die entstammen Adams Rippe.

Doch ist es Gahmuretens That,

Die den Preis erworben hat.«

Die Andern übten Ritterschaft

Noch mit solchen Zornes Kraft,

Daß sie stritten bis zur Nacht.

Die Aeußere stieß der Innern Macht

Zurück bis an ihr Pavillon;

War nicht der König von Askalon

Und Morholt von Irland,

Man wär ihnen durch die Schnur gerannt.

Da war gewonnen und verloren:

Die Einen hatten Schmach erkoren,

Die Andern Preis und Ehre.

Nun ist Zeit, daß man sie kehre

Von einander: Niemand sieht hier mehr.

Der Pfandner giebt kein Licht mehr her.

Wer trieb' im Dunkeln gern das Spiel?

Den Müden wird es so zuviel.

Leicht der Finsterniss vergaß

Man dort, wo Gahmuret nun saß

Als wär es Tag. Das war es nicht;

Doch leuchtend schien manch großes Licht,

Und kleine Kerzen ohne Zahl

Auf Oelbaumlaub vertheilt im Saal;

Zum bequemen Sitz für Viele

Reiche Polster auf der Diele,

Breite Teppiche davor.

An die Schnüre ritt die Köngin vor

Mit Mägdelein und Frauen:

Sie wollten gerne schauen

Den werthen König von Zaßamank;

Ihre Ritter Müdigkeit bezwang.

Das Tischtuch war schon abgenommen

Eh sie zu dem Zelt gekommen.

Der Wirth erhob sich gleich vor ihr

Mit gefangner Könge vier;

Etliche Fürsten sah man auch.

So empfieng er sie nach höfschem Brauch.

Er gefiel ihr wohl, als sie ihn sah.

Die Waleisin sprach mit Freuden da:

»Ihr seid hier Wirth wo ich euch fand,

Und ich bin Wirthin hier im Land:

Wollt ihr, daß ich euch küssen soll,

So geschiehts mit meinem Willen wohl.«

Da sprach er: »Euer Kuss sei mein,

Wollt ihr diesen Herrn ihn auch verleihn:

Soll Fürst und König des entbehren,

So darf auch ich es nicht begehren.«

»Wohl habt ihr Recht; es soll geschehn;

Die Herren hab ich nie gesehn.«

Sie küsste, die es waren werth:

Das hatte Gahmuret begehrt.

Nun lud er sie zu sitzen ein.

Der König Brandelidelein

Ihr höfisch dort zur Seite saß.

Grüne Binsen, thauig naß,

Dünn auf den Teppich ausgestreut,

Da saß er drauf, des hier sich freut

Der Waleisen Königin.

Seine Minne zwang ihr doch den Sinn.

So nahe saß er wohl bei ihr,

Sie hob ihn auf und zog ihn hier

Zur Seite neben sich genau.

Eine Jungfrau war sie, keine Frau,

Die ihn so nahe sitzen ließ.

Wollt ihr nun hören wie sie hieß?

Die Köngin Herzeleide.

Ihre Base hieß Rischeide,

Vermählt dem König Kailet,

Dem Muhmensohn von Gahmuret.

Frau Herzeleid gab solchen Schein,

Erlöschen all die Kerzen sein,

Es wär doch hell von ihr genug.

Wenn seiner Freude hohen Flug

Nicht hemmte bittres Herzenleid,

Seine Minne wär ihr wohl bereit.

Sie sprachen manches höfsche Wort.

Nun traten Schenken ein von dort,

Und Gezier von Aßagog,

Dran großer Reichthum Niemand trog,

Das trugen Jungherren ein.

Theure Näpfe mustens sein

Vom edelsten Gesteine,

Weite, nicht zu kleine;

Sie waren alle sonder Gold,

Einst erworben von des Landes Sold,

Das Eisenhart so manchmal bot

Belakanen in der Minne Noth.

So reichte man das Trinken dar

In manchem Steine hell und klar,

Smaragden und Sardinen;

Darunter auch Rubinen.

Zu seinem Zelte ritten dort

Zwei Ritter auf ihr Ehrenwort.

Die Aeußern hatten sie gefangen;

Hier kamen sie herein gegangen.

Der Eine war Herr Kailet.

Der sah wie König Gahmuret

Da saß, als wär er unfroh.

Da sprach er: »Wie gebahrst du so?

Dein Preis ist doch dafür erkannt,

Frau Herzeleiden und ihr Land

Hast du dir errungen,

So gestehn hier alle Zungen:

Es sei Breton, sei Irischmann,

Oder Wer hier wälsche Sprache kann,

Aus Brabant oder Frankreich,

Einhellig sagen Alle gleich,

Es komme dir bei solchem Spiel

Voraus kein Andrer an das Ziel.

Des les ich hier den wahren Brief,

Da deine Kraft fürwahr nicht schlief,

Als sie diese Herren bracht in Noth,

Deren Hand nie Sicherheit entbot:

Der König Brandelidelein,

Und der kühne Lähelein,

Hardeiß und Schaffilor.

O weh, Raßalig der Mohr,

Der dir vor Patelamunt

Auch einst that Fianze kund!

So bedarf dein Preis im Streite

Der Höhe wie der Breite.«

»Die Köngin denkt gewiss du tobst,

Daß du also mich belobst.

Verkaufen wirst du doch mich nicht,

Leicht sieht der Käufer, wo's gebricht.

Du hast den Mund zu voll genommen.

Doch wie bist du hieher gekommen?«

»Das werthe Volk von Punturtois

Hat mich und diesen Champanois

Freigelaßen dieses Mal.

Morholt, der meinen Neffen stahl,

Von dem soll er entledigt sein,

Wenn Herr Brandelidelein

Ledig wird von deiner Hand.

Wir stehn noch beide sonst zu Pfand,

Ich und meiner Schwester Sohn:0

Du lösest uns, das weiß ich schon.

Ein Vesperspiel nur gab es hier;

Es kommt nun gar nicht zum Turnier

Diesesmal vor Kanvoleis,

Wenn ich die rechte Märe weiß.

Der Aeußern Stärke sitzet hie:

So sage selbst, wie könnten sie

Vor uns das Feld noch halten?

Großen Preises magst du walten.«

Da wandte sich die Königin

Zu Gahmureten bittend hin:

»Was mein Recht nun an euch sei,

Ich flehe, laßet mich dabei:

Gern wär ich eurer Huld auch werth.

Könnte, wenn ihr dieß gewährt,

Euer Preis zu Schaden kommen,

So würde mir Entsagung frommen.«

Anflise, der Königin,

Der weisen mit bescheidnem Sinn,

Auf sprang ihr Kapellan alsbald.

Er sprach: »Nicht doch, Sein hat Gewalt

Meine Frau, die in dieß Land

Um seine Minne mich gesandt.

Schon lang verzehrt sie sich um ihn:

Ihrer Minne hat er sich verliehn,

Sie soll ihn auch behalten, traun,

Denn sie liebt ihn über alle Fraun.

Ihre Boten sind hier Fürsten drei,

Kinder alles Tadels frei.

Der eine heißet Lanzidant

Von hoher Art aus Grünland:

Der ist gen Kärlingen gekommen

Und hat die Sprache angenommen;

Der andre heißet Liedarz

Fils dü Comte Schiolarz.«

Wer denn nun der dritte wäre?

Davon vernehmet auch die Märe.

Seine Mutter hieß Belleflur

Und sein Vater Pansamur:

Die waren von der Feien Art;

Das Kind hieß Liachturteltart.

Die liefen alle drei vor ihn

Und sprachen: »Herr, hast du nun Sinn

(Dir zollt la Reine de Franze

Der werthen Minne Schanze),

So magst du spielen sonder Pfand,

Deine Freud ist Kummers frei zuhand.«

Als diese Botschaft ward vernommen,

Kailet, der näher war gekommen,

Sprach heimlich mit der Königin;

Da wandte sie das Wort an ihn:

»Sag an, ist dir noch mehr geschehn?

Ich habe Blut an dir gesehn.«

Da begriff sie ihm zur Stunden

Sein Quetschungen und Wunden

Mit ihren linden Händen weiß,

Auf die verwandt war Gottes Fleiß.

Da hatt er manchen Schaden,

War mit Schrunden überladen

An Hüfte, Kinn und an der Nase.

Vermählt war ihm der Köngin Base,

Die ihm diese Ehr erzeigte,

Sich so nahe zu ihm neigte.

Da sprach sie, wie die Zucht sie hieß,

Zu Gahmureten nur noch dieß:

»Der Franzosen Königin

Entbeut euch minniglichen Sinn.

Nun ehrt an mir die Frauen all

Und bringet nicht mein Recht zu Fall.

Bleibt hier bis ich mein Recht genommen,

Ihr laßt mich sonst zu Schaden kommen.«

Das versprach der werthe Mann;

Mit Urlaub schied sie da hindann.

Sie hob Kailet, der Degen werth,

Ohne Schemel auf ihr Pferd.

Wieder trat er dann herein

Wo er fand die Freunde sein.

Er sprach zu König Hardeiß:

»Eure Schwester Aleiß

Bot mir einst Minne, die ich nahm.

Da nun ein Andrer sie bekam

Und ein Beßrer als ich,

So erlaßt doch eures Zornes mich.

Sie hat den Fürsten Lämbekein;

Soll sie auch nicht gekrönet sein,

Sie herrscht doch als gewaltge Frau.

Brabant und Hennegau

Dient ihr, und mancher Ritter gut.

Grüßt mich nun wieder frohgemuth,

Laßt mich in euern Hulden stehn;

So soll mein Dienst euch nicht entgehn.«

Gaskoniens König sprach dagegen

Ernstlich, wie Männer pflegen:

»Eure Rede stäts war süße:

Wenn ich euch wieder grüße,

Dem ihr so manche Schmach gethan,

So scheint es, Furcht wär Schuld daran.

Mich fieng hier eurer Muhme Sohn;

Der wägt zwar Niemand übeln Lohn.«

»Euch giebt wohl ledig Gahmuret:

Das sei zuerst von ihm erfleht.

Wenn ihr dann ungezwungen seid,

So erlebt mein Dienst wohl noch die Zeit,

Daß ihr mich zum Freunde nehmt.

Ihr habt euch nun genug geschämt.

Was mir auch von euch geschicht,

Eure Schwester schlüge mich doch nicht.«

Der Rede lachten sie zumal,

Bald ward getrübt der Freude Schall.

Versunken saß aufs Neue

Der Wirth in Leid und Reue,

Denn Jammer ist ein scharfes Reis.

Sie sahen Alle rings im Kreiß,

Wie er schwer mit Kummer rang

Und seine Freude Leid bezwang.

Seiner Muhme Sohn hub zürnend an

Und sprach: »Du thust nicht wohl daran.«

»Nein, ich weiß warum ich traurig bin:

Aus Sehnsucht nach der Königin.

Ich ließ zu Patelamunt,

Um die mir noch das Herz ist wund,

Von reiner Art ein süßes Weib.

Ihre Reinheit legt mir Seel und Leib

In des Minnekummers Band.

Sie gab mir Leute, gab mir Land.

Mannliche Freuden meinem Sinn

Raubt Belakane, die Königin:

Scham geziemt dem Mann doch gut

Um der Minne Wankelmuth.

Da mich ihre Zärtlichkeit

Hütete vor Kampf und Streit,

Da wähnt ich, daß mir Ritterschaft

Sänftete des Unmuths Kraft;

Hier hab ich doch genug gethan.

Wohl denkt manch unverständger Mann,

Daß ihre Schwärze mich vertrieb:

Die war mir wie die Sonne lieb.

Mir schafft der Werthen Preis dieß Leid:

Sie hat die gröste Würdigkeit.

Ich muß das Ein und Andre klagen:

Meines Bruders Wappen sah ich tragen

Mit emporgekehrtem Ende.«

Weh diesem Elende!

Wie laut der Jammer da erscholl!

Die Augen wurden Waßers voll

Auch dem kühnen Spaniole:

»O weh, Königin Fole,

Um deine Mine starb den Tod

Galoes: das ist die Noth,

Die treulich klagen sollten

Alle Frauen, wenn sie wollten,

Daß es ihrer Sitte brächte

Ruhm, wo man des gedächte.

Ja, Averrens Königin,

Rührt es dir auch nicht den Sinn,

Den Freund verlor ich doch durch dich,

Dem das Ende ritterlich

Gab eine Tjost, die ihn erschlug

Als er deine Farben trug.

Nun wollen Fürsten, die ihm waren

Genoßen, keine Klage sparen.

Sie haben ihres Schildes Breite,

Als zum Trauergeleite,

Zu der Erden gekehrt,

Wie sie großer Kummer lehrt.

Also thun sie Ritterschaft.

Sie überwältigt Jammers Kraft,

Da Galoes, meiner Muhme Sohn,

Nicht Dienst mehr thut um Minnelohn.«

Als er vernahm des Bruders Tod,

Das schuf ihm neue Herzensnoth.

Da sprach der Degen jammerhaft:

»Wie hat nun meines Ankers Haft

Grund erfaßt bei einem Grab!«

Da legt' er dieses Wappen ab.

Das Herz ihm schier vor Jammer brach.

Der Held aus wahrer Treue sprach:

»Von Anschau Galoes!

Wohl versichert sind wir des:

Nie wurde so mannliche Zucht

Geboren; wahrer Milde Frucht

Dir aus dem Herzen blühte:

Nun erbarmt mich deine Güte.«

Da begann er zu Kailetten:

»Wie ergeht es nun Schoietten,

Meiner Mutter, der Freudenarmen?«

»So daß Gott es mag erbarmen:

Da ihr erstorben war Gandein,

Und Galoes, der Bruder dein,

Und sie auch dich nicht bei sich sah,

Im Tode brach das Herz ihr da.«

Da sprach der König Hardeiß:

»Nun kehrt auf Mannheit euern Fleiß.

Wenn ihr Mannheit wißt zu tragen,

Sollt ihr das Leid mit Maßen klagen.«

Sein Kummer leider war zu groß:

Ein Guß ihm von den Augen floß.

Er schuf den Rittern gute Ruh;

Er selbst gieng seiner Kammer zu,

Ein kleines Zelt von Sammt: die Nacht

Ward mit Jammer zugebracht.

Als der andre Tag erschien

Vereinten Alle sich dahin,

Das innre wie das äußre Heer:

Wer zum Streit zugegen wär,

Sei er alt oder jung,

Sei er schwach, sei stark genung,

Sie tiostierten heute nicht.

Da schien der mitte Morgen licht.

Sie waren auch so aufgerieben,

Die Pferde schon so abgetrieben,

Daß die Ritter kühn im Streit

Doch übernahm die Müdigkeit.

Selber ritt die Königin

Zu Felde nach den Werthen hin

Und nahm sie mit sich in die Stadt,

Wo sie die Allerbesten bat,

Daß sie zum Löwenplane ritten.

Da geschah nach ihren Bitten:

Sie kamen, als man Messe sang

Dem traurgen König von Zaßamank.

Da nun gegeben ward der Segen,

Frau Herzeleide war zugegen.

Nun sprach sie Gahmureten an:

Ihr Recht erkannte Jedermann.

Da sprach er: »Frau, ich hab ein Weib,

Die ist mir lieber als der Leib.

Wenn ich der ledig wäre,

Wüst ich noch andre Märe,

Damit entgieng ich euch fürwahr,

Nähm Jemand meines Rechtes wahr.«

Sie sprach: »Die Möhrin laßet

Und nach meiner Minne faßet;

Die Taufe hat viel beßre Kraft.

Begebet euch der Heidenschaft,

Nach unserm Glauben Mich zu minnen;

Eure Minne liegt mir in den Sinnen.

Oder bringt mir Ungewinn

Der Franzosen Königin?

Ihre Boten haben süß gesprochen

Und nie habt ihr sie unterbrochen.«

»Ja, Die ist mir Gebieterin!

In Anschau schuf ihr Rath Gewinn

Mir an Zucht und sittgem Muthe,

Ihre Hülfe kommt mir noch zu Gute:0

Sie bildete mich erst zum Mann,

Denn sie floh, was Fraun entstellen kann.

Wir waren Kinder beide noch

Und sahn wir uns, es freut' uns doch.

Anflise hat, die Königin,

An allem Frauenpreis Gewinn.

Was ihr steuern mocht ihr Land

Gab sie mir mit milder Hand

(Ich war da noch ein armer Mann):

Das nahm ich Alles willig an.

Zählt mich jetzt noch zu den Armen.

Ihr solltet, Frau, euch mein erbarmen;

Mir ist mein werther Bruder todt,

Erlaßt mir gnädig andre Noth.

Kehrt Minne hin, wo Freude wohnt;

Mein Herz hat Jammer nicht verschont.«

»Soll ich noch länger mich verzehren?

Sagt, womit wollt ihr euch wehren?«

»Vernehmt Bescheid der Frage:

Ein Turnier sollt an dem Tage

Hier sein: es hat nicht Statt gefunden;

Das können Zeugen viel bekunden.«

»Ein Vesperspiel hat das erlähmt;

Die Kühnsten sind schon jetzt gezähmt:

Davon verdarb das Turnier.«

»Eure Stadt nur wehrt' ich hier

Mit Andern, Siegern in der Fehde.

Erlaßt mir weitre Gegenrede:

Hier thaten Viele mehr als ich.

Ihr seht, ihr habt kein Recht an mich;

Nur euer Gruß geziemt mir wohl,

Wenn ich Den noch haben soll.«

Wie mir die Aventüre sagt,

Da nahm der Ritter und die Magd

Schiedsrichter über ihre Klage;

Es nahte schon dem mitten Tage.

Man sprach dieß Urtheil zuhand:

»Wer hier den Helm sich überband,

Wenn zum Turnier er war gekommen,

Hat er den höchsten Preis genommen,

Dem vermähle sich die Königin.«

Die Folge war dem Spruch verliehn.

Da sprach sie: »Herr, nun seid ihr mein.

Ich will euch Huld und Dienst verleihn,

Geb euch an Freuden solchen Theil,

Daß ihr vom Jammer werdet heil.«

Er hatte doch von Jammer Pein.

Nun war schon des Aprilen Schein

Zergangen und das ganze Feld

Von kurzem grünen Gras geschwellt.

Man sah es überall ergrünen.

Das mag ein blödes Herz erkühnen

Und verleihen Hochgemüthe.

Man sah die Bäum in Blüthe

Von der süßen Luft des Maien.

Vom Geschlecht war er der Feien:

Das muß minnen oder Minne gehren;

Seine Freundin wollt ihm die gewähren.

Frau Herzeleiden blickt' er an,

Mit Zucht sein süßer Mund begann:

»Frau, soll Ich bei euch gedeihn,

So müßt ihr nicht mein Hüter sein.

Läßt ab von mir des Jammers Kraft,

So thät ich gerne Ritterschaft.

Laßt ihr nicht turnieren mich,

So kann ich noch den alten Schlich,

Womit ich meinem Weib entrann,

Die ich auch mit Ritterschaft gewann:

Weil sie Streitens mich entband,

Ließ ich ihr Volk und ließ ihr Land.«

Sie sprach: »Herr, nehmt euch selbst ein Ziel;

Ich laß euch eures Willens viel.«

»Viel Speere brech ich noch entzwei.

Alle Monat ein Turnei:

Wenn ich die besuchen will,

Darüber, Herrin, schweiget still.«

Sie versprachs, ward mir gesagt:

Er empfieng die Länder und die Magd.

Anflisens kleine Junker drei

Stunden wohl so nah dabei,

Und der Königin Kaplan,

Da Spruch und Urtheil ward gethan,

Daß er wohl Alles hört' und sah.

Zu dem König sprach er heimlich da:

»Meiner Herrin wurde kund,

Ihr hättet von Patelamunt

Den höchsten Preis erhalten,

Dürftet zweier Kronen walten.

Sie hat auch Land und solchen Muth,

Daß sie euch Leben giebt und Gut.«

»Seit Sie mir gab die Ritterschaft,

Must ich nach des Ordens Kraft,

Und wie des Schildes Amt mir sagt,

Dabei mich halten unverzagt.

Durch Sie hab ich den Schild gewonnen;

Ich hätt es sonst wohl nie begonnen.

Es sei mein Schaden, sei mein Glück,

Mich hält hier Ritters Spruch zurück.

Nun sagt ihr meinen Gruß daheim,

Ich woll ihr Ritter dennoch sein.

Wären alle Kronen mir bereit,

Nach Ihr hab ich mein höchstes Leid.«

Da bot er ihnen große Gabe;

Doch sie verschmähten seine Habe

Die Botschaft fuhr zu Lande

Ohn ihrer Frauen Schande.

Um Urlaub hielten sie nicht an,

Wie es im Zorn wohl wird gethan.

Den Fürsten sah man, diesen Kinden,

Die Augen schier vor Leid erblinden.

Die im Feld den Schild verkehrt getragen,

Hörten ihre Freunde sagen:

»Frau Herzeleid die Königin

Ist des Anscheweins Gewinn.«

»Wer war von Anschau hier am Ort?

Mein Herr ist leider längst schon fort

Um Rittersehre zu den Heiden:

Das ist hier unser gröstes Leiden.«

»Der hier den Preis erwarb im Feld,

Der so manchen Ritter hat gefällt,

Derselbe, der so stach und schlug,

Und der den theuern Anker trug

Auf dem Helme lichtgesteinet,

Der ist es, den man meinet.

Mir sagt der König Kailet,

Der Anschewein war Gahmuret.

Dem ist hier wohl gelungen.«

Zu den Rossen ward gesprungen.

Ihr Kleid ward von den Augen naß

Als sie hinkamen wo er saß.

Sie empfiengen ihn, er empfieng auch sie:

Freud und Jammer sah man hie.

Da küsst' er die Getreuen all:

»Ihr sollt euch meines Bruders Fall

Nicht allzusehr zu Herzen ziehn:

Ich hoffe, ich ersetz euch ihn.

Kehrt auf den Schild nach alter Art,

Nach der Freude Brauch gebahrt.

Meines Vaters Wappen will Ich tragen:

Mein Anker hat sein Land beschlagen.

Der Anker sei ein freies Ziel:

Den nehm und trage, Wer da will.

Ich muß nun wie ein Lebemann

Gebahren, da ich Gut gewann.

Ich soll des Volkes Herscher sein:

Dem schüfe leicht mein Jammer Pein.

Frau Herzeleide, helfet mir,

Daß wir bitten, Ich und Ihr,

Könge und Fürsten insgemein,

Daß sie mir zu Willen sei'n,

Und bleiben, bis Ihr mir gewährt

Was Lieb von süßem Lieb begehrt.«

Die Bitte bat da beider Mund:

Da versprachens jene gleich zur Stund.

Ein Jeder fuhr zu seiner Ruh.

Die Köngin raunt dem Freunde zu:

»Verlaßt euch nur auf meine Pflege.«

Da wies sie ihn geheime Wege.

Der Gäste ward doch wahr genommen,

Wohin der Wirth auch sei gekommen.

Beider Ingesinde ward gemein;

Den König sah man ganz allein,

Nur mit zweien Jungherrn, ziehn.

Jungfrauen und die Königin

Ihn führten, wo er Freude fand

Und all sein Kummer gar verschwand.

Seine Trauer lag darnieder,

Hochgemüthe kam ihm wieder:

Das hat die Liebe stäts verliehn.

Frau Herzeleid die Königin

Ihres Magdthums ohne ward.

Die Munde blieben ungespart,

Mit Küssen wurden die verzehrt,

Und dem Leid mit hoher Lust gewehrt.

Eine höfsche Zucht ward da begangen:

Er gab sie frei, die er gefangen.

Hardeißen und Kailet,

Seht, die versöhnte Gahmuret.

Da ergieng eine solche Hochzeit,

Wer Gleiches schuf nach seiner Zeit,

Wohl hatt er Reichthum und Gewalt.

Gahmuret entschloß sich bald,

Seiner Habe ward nicht viel gespart.

Arabisch Gold gespendet ward

Dürftgen Rittern insgemein;

Den Köngen manchen Edelstein

Schenkte Gahmuretens Hand,

Und allen Fürsten, die er fand.

Da ward das fahrnde Volk ihm hold,

Sie empfiengen reicher Gaben Sold.

Nun laßt die Gäste reiten heim

Mit Urlaub von dem Anschewein.

Den Panther, den sein Vater trug,

Auf den Schild man ihm von Zobel schlug.

Von weißer Seide lind und fein

Der Königin ein Hemdelein,

Das ihr berührt den bloßen Leib,

Die nun geworden war sein Weib.

Das deckte seinen Halsberg da.

Ihrer achtzehn man durchstochen sah

Und mit Schwertern ganz zerhauen,

Eh er schied von der Frauen.

Sie legt' es auf die bloße Haut,

Wenn aus dem Streite kam ihr Traut,

Wo er durchstochen manchen Schild.

Ihre Minne war der Treue Bild.

Er hatte Würdigkeit genug,

Als ihn seine Mannheit trug

Zum andern Mal über Meer.

Mich jammert diese Reise sehr.

Ihm kam gewisse Botschaft,

Der Baruch wär mit Heereskraft

Ueberfallen vor Babylon.

Der Eine war Ipomidon,

Pompejus der andre hieß;

Die Aventüre meldet dieß.

Das war ein stolzer, werther Mann

(Nicht jener, der von Rom entrann

Julius Cäsarn hiebevor);

Der König Nabuchdonosor

Seiner Mutter Bruder war,

Der in verlognen Büchern gar

Las, er wäre selber Gott:

Das wäre nun der Leute Spott.

Sie schonten weder Leib noch Gut.

Edel war der Brüder Blut:

Von Ninus, der der Herschaft pflag

Eh gestiftet wurde Baldag;

Er stiftete auch Ninive.

Ihnen that ein Schimpf, ein Schade weh:

Der Baruch sprach sie an für eigen;

Drum muste sinken Glück und steigen

Im Krieg zu beiden Seiten:

Man sah die Helden streiten.

Nun schifft' er wieder über Meer

Und mehrte seines Herren Wehr.

Mit Freuden er empfangen ward

Wie mich auch jammert seiner Fahrt.

Was da geschah, wie's da ergeh,

Wie es um Gewinn, Verlust da steh:

Das weiß Frau Herzeleide nicht.

Sie war als wie die Sonne licht

Und hatte minniglichen Leib.

Jugend und Gut besaß das Weib

Und Freuden mehr noch als zuviel:

Sie überflog der Wünsche Ziel.

Ihr Herz sann nur auf gute Kunst,

Das erwarb ihr aller Leute Gunst.

Frau Herzeleid die Königin0

Erwarb durch Sitte Lobs Gewinn;

Ihre Reinheit ward mit Preis erkannt.

Drei Lande dienten ihrer Hand:

Waleis und Anschau,

Die beherschte sie als mächtge Frau;

Auch trug sie Krone zu Norgals

In der Hauptstadt Kingrivals.

Ihr war auch wohl so lieb ihr Mann,

Wenn nimmer eine Frau gewann

So werthen Freund, was that ihr das?

Dawider trug sie keinen Haß.

Als er außen blieb ein halbes Jahr,

Seines Kommens harrte sie: es war

Ihr Wunsch und Leibgedinge.

Doch ihrer Freuden Klinge

Brach mitten in dem Heft entzwei.

Weh o weh und heia hei!

Daß Güte solchen Kummer trägt

Und immer Treue Jammer regt!

Seht das Looß der Menschheit!

Heute Freude, morgen Leid.

Die Frau um einen mitten Tag

In ängstlichem Schlafe lag.

Plötzlich schreckte sie empor,

Als ob ein Blitz, so kams ihr vor,

In die Lüfte sie entführte,

Wo sie mit Schlägen rührte

Mancher feurge Donnerstral.

Ringsher flogen sie zumal

Nach ihr: mit Knistern sengte Glut

Ihres langen Haares Flut.

Der Donner mit Gekrach erscholl,

Sein Guß von heißen Zähren schwoll.

Als sie Besinnung wieder fand

Griff ihr ein Greif die rechte Hand.

Das Bild mit Eins verwandelt sich

Da sah sie Dinge wunderlich:

Wie sie mit einem Wurme kreiße,

Der ihr den Mutterschooß zerreiße,

Ihr ein Drach die Brüste söge,

Und dann plötzlich von ihr flöge,

Daß sie ihn nimmer wiedersah.

Das Herz im Leibe brach ihr da

Der Schrecken, den sie muste sehn.

Wohl nie ist einer Frau geschehn

Im Schlaf ein Unheil diesem gleich.

Bis dahin war sie freudenreich;

Nun fürcht ich, das verkehrt sich gar,

Sie hat nun Jammer immerdar.

Ihr Schade wird noch lang und breit,

Ihr droht ein nahend Herzeleid.

Die edle Frau begonnte

Was sie bisher nicht konnte,

Im Schlaf die Glieder zu rühren,

Ein laut Geschrei zu verführen.

Vier Jungfrauen saßen hie,

Die sprangen hin und weckten sie.

Da kam geritten Tampaneis,

Ihres Mannes Meisterknappe weis

Und kleiner Jungherren viel.

Ihre Botschaft gab der Freud ein Ziel:

Sie klagten ihres Herren Tod.

Da kam Frau Herzeleid in Noth,

Sie sank besinnungslos dahin.

Die Ritter sprachen: »Den Gewinn

Nahm unser Herr im Wappenkleid?

Er ritt doch wohlverwahrt zum Streit.«

Wie den Knappen Jammer plagte,

Die Helden sah er an und sagte:

»Kein langes Leben Gott ihm gab.

Er zog das Härsenier sich ab;

Die Hitze zwang ihn zu der Frist.

Verfluchte heidnische List

Hat uns geraubt den Ritter gut.

Ein Ritter hatte Bocksblut

Genommen in ein langes Glas;

Das schlug er auf den Adamas:

Da ward er weicher denn ein Schwamm.

Den man oft gebildet als ein Lamm

Und ihm ein Kreuz zu tragen gab,

Den erbarme was sich da begab.

Als die Scharen auf einander ritten

Aooi! wie wurde da gestritten!

Des Baruches Ritterschaft

Wehrte sich mit Muth und Kraft.

Vor Baldag auf dem Gefilde

Durchstochen wurden viel der Schilde

Da sie sich treffen mochten.

Wie die Haufen sich verflochten,

Panier sich wirrte mit Panier!

Da fielen viel der Helden zier.

Hier wirkte meines Herren Hand,

Daß aller Andern Preis verschwand.

Da fuhr heran Ipomidon:

Mit Tod er meinem Herren Lohn

Gab; er stach ihn nieder da,

Daß es manch Tausend Ritter sah.

Vor Alexandrien der Stadt

Hatt er ohne falschen Rath

Sich dem König zugekehrt,

Des Tjost ihn Sterben hat gelehrt.

Der Sper durchschnitt ihm Helm und Stirn,

Das Eisen fuhr durch Haupt und Hirn,

Daß man den Splitter drinne fand.

Noch saß zu Ross der Weigand;

Sterbend ritt er aus dem Streit

Auf einen Plan, der war breit.

Da kam zu ihm sein Kapellan.

Er hob mit kurzen Worten an

Zu beichten, und sandte her

Dieß Hemde und denselben Sper,

Der ihn von uns geschieden hat.

Er starb ohn alle Missethat.

Euch, Frau Königin, befahl

Er Kind' und Knappen allzumal.

Zu Baldag ward der Held besargt.

Da hat der Baruch nicht gekargt:

Mit Golde ward das Grab geschmückt,

Des Reichthums Siegel drauf gedrückt;

Auch glühn viel edle Steine

Wo bestattet ist der Reine.

Gebalsamt ward sein junger Leib.

Jammer faßte Mann und Weib.

Es deckt ein köstlicher Rubin

Sein Grab: durchscheinend sieht man ihn.

Nach Christensitte ließ man auch

Ein Kreuz ihm, nach der Marter Brauch,

Durch die uns Christi Tod erlöste,

Daß es seine Seele tröste

Und schirme, bilden auf sein Grab.

Der Baruch gern die Kosten gab.

Es ist von köstlichem Smaragd.

Ohne der Heiden Rath ward dieß vollbracht,

Die nicht das Kreuz zu ehren pflegen,

Daran Christ uns sterbend ließ den Segen.

Ihn selber beten sonder Spott

Die Heiden an als ihren Gott,

Zwar nicht dem Kreuz zur Ehre,

Noch nach der Taufe Lehre,

Die uns einst am jüngsten Tag

Von Höllenstricken lösen mag.

Die ritterliche Treue sein

Giebt ihm im Himmel lichten Schein

Und seine reuge Beichte,

Den Falschheit nie erreichte.

In seinen Helm, den Diamant,

Ein Epitaph geschrieben stand,

Das man ins Kreuz versenken ließ.«

Die Buchstaben melden dieß:

»Eine Tjost durch diesen Helm erschlug

Den Werthen, der Mannheit trug.

Gahmuret war er genannt;

Drei Reiche dienten seiner Hand.

Sein Haupt trug dreier Kronen Zier

Und reiche Fürsten folgten ihr.

Er war von Anschau geboren

Und hat vor Baldag verloren

Das Leben für den Baruch.

Seine Tugend nahm so hohen Flug,

Kein Anderer erreicht das Ziel,

Man prüfe Ritter noch so viel.

Von der Mutter ist noch ungeboren,

Dem er als Dienstmann Treu geschworen,

Uebt' er anders Schildesamt.

Doch lieh er Hülf und Rath gesamt

Mit Stätigkeit den Freunden sein.

Von Fraun erlitt er scharfe Pein.

Er war getauft nach Christenbrauch;

Der Sarazene klagt ihn auch:

Das ist ohne Lüge wahr.

Seit er bei vollen Sinnen war

Hat seine Kraft nach Preis geworben

Bis er mit Ritterpreis gestorben.

Der Falschheit hat er obgesiegt.

So wünscht ihm Heil denn, der hier liegt.«

Also sprach der Knappe da;

Der Waleisen viel man weinen sah.

Die hatten Grund zu klagen.

Schon hatt ein Kind getragen

Die Frau, das ihr im Leibe stieß,

Die man hier hülflos liegen ließ.

Schon lebt' es achtzehn Wochen lang,

Des Mutter mit dem Tode rang,

Frau Herzeleid die Königin.

Die Andern hatten Thorensinn,

Daß man nicht half dem Weibe,

Denn sie trug in ihrem Leibe

Der aller Ritter Blume wird,

Wenn ihn der Tod daran nicht irrt.

Da kam ein altgreiser Mann

Klagend zu der Frau heran,

Die da mit dem Tode rang:

Ihre Zähn er von einander zwang,

Man goß ihr Waßer in den Mund:

Alsbald ward ihr Besinnung kund.

»O weh, wo ist mein Herzenstraut?«

Sie beklagt' ihn überlaut.

»Vor Freude ward das Herz mir weit

Ueber Gahmuretens Würdigkeit.

Sein Hochsinn ließ ihn mir nicht mehr.

Ich war viel jünger als Er

Und bin ihm Mutter doch und Weib:

Trag ich hier nicht seinen Leib

Und von seinem Fleisch den Samen?

Wir gaben ihn und nahmen

Durch unser beider Minne.

Hat nun Treue Gott im Sinne,

Laß er ihn mir zu Reife kommen.

Zuviel Schaden hab ich schon genommen

An meinem stolzen werthen Mann.

Wie hat der Tod an mir gethan!

Ward je ihm eines Weibes Minne,

Ihre Freuden freuten seine Sinne,

Ihr Leid sein Herz betrübte,

Weil er immer Treue übte,

Denn alles Falsches war er leer.«

Nun vernehmet andre Mär

Was die edle Frau begieng:

Kind und Mutterschooß umfieng

Sie mit Armen und mit Händen.

Sie sprach: »Gott soll mir senden

Die werthe Frucht von Gahmuret:

Das erfleht mein herzliches Gebet.

Gott wahre mich vor dummer Noth:

Das wär Gahmuretens andrer Tod,

Wenn ich mich selber schlüge,

Dieweil ich bei mir trüge

Was ich von seiner Minn empfieng,

Der immer Treu an mir begieng.«

Unbekümmert wer es sah

Das Hemd vom Busen riß sie da,

Ihre Brüstlein lind und weiß

Pflegte sie mit Mutterfleiß,

Und hob sie an den rothen Mund:

Weiblich Gehaben thät sie kund.

Also sprach die weise:

»Du wahrst meines Kindes Speise:

Die hat es sich voraus gesandt,

Seit ichs im Leibe lebend fand!«

Es schuf der Frau kein Ungemach,

Daß ihr überm Herzen lag

Die Milch in ihrem Tüttelein:

Die drückte draus die Köngin rein.

Sie sprach: »Du kommst von Treue her.

Wär ich noch ungetauft bisher,0

Mit Dir ich gern mich taufen ließe;

Ich weiß, daß ich mich oft begieße

Mit Dir und mit den Augen mein

Oeffentlich und insgeheim;

Denn Gahmureten will ich klagen.«

Sie ließ ein Hemd zur Stelle tragen,

Das von Blut geröthet war,

Darinnen vor des Baruchs Schar

Das Leben Gahmuret verlor,

Der ein herrlich Ende kor

Mit rechter mannhafter Wehr.

Da fragte sie auch nach dem Sper,

Der Gahmureten schuf das Weh:

Ipomidon von Ninive

Gab also wehrlichen Lohn,

Der stolze Held von Babylon:

In Fetzen hieng das Hemd von Schlägen.

Die Herrin wollt es an sich legen

Wie sie sonst auch wohl gethan,

Wenn vom Turnieren kam ihr Mann:

Sie nahmen ihr es aus der Hand.

Die Fürsten allzumal im Land

Begruben Sper und auch das Blut

Im Münster, wie man Todten thut.

Da ward in Gahmuretens Land

Allwärts Jammer bekannt.

Darauf am vierzehnten Tag

Ein Kindlein bei der Frauen lag,

Ein Sohn, der hatte solche Glieder,

Kaum erholte sie sich wieder.

Hier beginnt der Aventüre Spiel:

Wir stehn an ihres Anfangs Ziel;

Nun ist er erst geboren

Dem die Märe ward erkoren.

Seines Vaters Freud und Noth,

Sein Leben und zumal sein Tod,

Davon vernahmet ihr bisher.

So habt ihr Kunde denn, woher

Dieser Märe Held entsprang

Und wie man ihn bewahrte lang:

Man barg ihn vor Ritterschaft

Bis er erwuchs zu Sinn und Kraft.

Als die Köngin zu sich kam,

Und ihr Kindlein wieder nahm,

Mit den dienenden Frauen

Begann sie nachzuschauen

Was es zwischen den Beinen trug.

Geliebkost ward ihm genug

Als er männlich war von Glieden.

Mit Schwertern lernt' er schmieden:

Den Helmen Feuers viel entschlug,

Des Herze Kraft und Mannheit trug.

Die Köngin kannte kein Gelüste,

Als daß sie ihn fleißig küsste.

Sie sprach viel tausendmal gewiss:

»Bon Fils, scher Fils, beau Fils.«

Die Köngin ohne lange Wahl

Nahm das rothbraune Mal,

Ihres Brüstleins Zutscherchen

Und schob es in sein Lutscherchen.

Selber wollt ihm Amme sein,

Die ihn trug im keuschen Schrein:

Sie erzog ihn an der Brust,

Der aller Falsch war unbewust.

Sie däucht', als wär ihr Gahmuret

In ihren Arm zurück erfleht.

Sie legte sich auf keinen Trug;

Demuth hatte sie genug.

Frau Herzeleid sprach mit Sinn:

»Die allerhöchste Königin

Jesu ihre Brüste bot,

Der für uns den scharfen Tod

Am Kreuze menschlich empfieng

Und seine Treu an uns begieng.

Der eignen Seele Schaden bringt,

Wer ihn nun zum Zorne zwingt,

Wie verständig sonst er wäre:

Des weiß ich sichre Märe.«

Sich begoß des Landes Frau

Mit ihres Herzens Jammerthau.

Ihre Augen regneten auf das Kind;

Getreuer war kein Weib gesinnt.

Seufzen, Lachen konnt ihr Mund

Beides wohl in Einer Stund.

Des Sohns Geburt erfreut' ihr Herz;

In der Klage Furt ertrank ihr Scherz.

Wolfram von Eschenbach - Parzival

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