Читать книгу Die verrückte Viererbande - Wolfram Hanel - Страница 7
2. Kapitel
Оглавление„Platz da, ich komme! Ich kann nicht bremsen, haut ab!“
Adler schlägt wie wild mit den Flügeln und landet gackernd auf Müslis Rücken, rutscht ab – und flattert weiter und knallt gegen den Zaunpfosten.
„Oh Mann“, regt sich Müsli auf. „Kannst du nicht wie jeder andere Hahn auf dem Misthaufen sitzen und krähen? Du bist KEIN Adler, begreif das endlich!“
Adler rappelt sich auf und hüpft ein bisschen benommen im Kreis auf der Wiese herum.
„Aber ich kann fliegen“, behauptet er trotzig. „Habt ihr’s gesehen? Das waren mindestens zehn Meter! Nur bremsen muss ich noch üben.“
„Was willst du hier überhaupt?“, frage ich jetzt, weil Adler sonst nur zwischen den Apfelbäumen hin und her flattert.
„Ich hab was entdeckt. Da! Im Matsch! Auf der anderen Seite vom Zaun, da ist es! Groß und lang und leuchtend rot! Ich wette, das ist der längste Regenwurm, den es auf der ganzen Welt gibt. Und den hole ich mir!“
Adler flattert wieder mit den Flügeln und streckt den Kopf vor, um zwischen den Zaunlatten hindurchzukommen. Gleich darauf sehen wir nur noch den Schlamm hoch aufspritzen.
„Ich hab dich!“, gackert Adler aufgeregt. „Jeder Widerstand ist zwecklos, komm raus und ergib dich!“
„Was macht er da?“, fragt Müsli und schiebt ihren Kopf über die obere Zaunlatte, um besser sehen zu können.
„Kämpft mit einem Regenwurm. Ich fürchte nur, dass es gar kein Regenwurm ist.“
Ich habe nämlich inzwischen auch Rübe entdeckt, der platt in seinem Matschloch liegt. Nur die Ohren und ein Stück vom Rüssel leuchten rosa, der Rest ist so mit Schlamm eingeschmiert, dass man echt zweimal hingucken muss, um Rübe überhaupt zu sehen. Aber die Sache ist schon klar! Rübe hat sich eindeutig etwas ausgedacht, um Adler zu ärgern.
Das ist mal wieder typisch für ihn, denke ich. Rübe vom Matschloch ist zwar gleich nach Müsli mein bester Freund, aber er schreckt vor nichts zurück, wenn es darum geht, anderen einen Streich zu spielen. Und wenn dann auch noch irgendwas zu fressen ins Spiel kommt, ist es Rübe sogar völlig egal, ob er mit jemandem befreundet ist oder nicht!
Ich erinnere mich noch gut, wie Rübe mal angeschwabbelt gekommen ist, als ich gerade einen schönen Knochen abnagen wollte, den ich mir aus dem Mülleimer geholt hatte.
„Nicht fressen, Charlie!“, hat Rübe mich grunzend gewarnt, „das ist ein Stück vom Bein des Bauern!“
Natürlich habe ich ihm nicht geglaubt, aber dann hat Rübe behauptet, der Bauer würde nur noch auf einem Bein in der Küche rumhüpfen. Und das wollte ich natürlich sehen! Aber kaum war ich losgerannt, da hat sich Rübe meinen Knochen geschnappt und ist damit abgehauen. Und wenn der Dicke erst mal was zwischen seinen Zähnen hat, gibt er es so schnell nicht wieder her. Und von dem Knochen war dann auch im Nullkommanichts nichts weiter übrig als – nichts!
Aber bis auf diese kleine Macke, dass er einfach ALLES frisst, ist Rübe voll in Ordnung. Ein echter Kumpel. Und wenn es darum geht, mit vollem Anlauf in ein Matschloch zu springen, ist er eindeutig das größte Matschlochspringerschwein auf der Welt!
Und irgendwas passiert dann mit ihm, wenn er sich im Matsch wälzt. Ich habe keine Ahnung, wie es genau funktioniert, aber hinterher hat er jedes Mal eine neue Idee, wie er einen von uns reinlegen kann. Und heute ist Adler dran, so viel ist sicher!
„Ich hab dich, ich hab dich!“, gackert Adler immer noch und hackt mit dem Schnabel in den Matsch. „Und jetzt packe ich dich und lasse nicht mehr los! Und ich ziehe und ziehe und …“
Müsli und ich können ganz deutlich sehen, dass Adler tatsächlich irgendwas erwischt hat. Und das rote Ding, an dem er zieht und zerrt, wird immer länger. Und noch länger – und dann knallt es plötzlich und ist in der Mitte durchgerissen. Adler macht einen halben Salto rückwärts und landet direkt vor meinen Pfoten. Mit dem Rest von einem schönen, roten Gummiband im Schnabel!
„War gar kein Regenwurm“, stellt Adler enttäuscht fest. „Ich hab mich geirrt. Schade eigentlich.“
„Flieg einfach noch eine Runde um den Hof“, meint Müsli tröstend. „Ich glaube, im Fressnapf vom Kater lagen vorhin jede Menge Regenwürmer, und alle schön lang und glibberig.“
„Echt?“
„Echt.“
„Gute Idee. Die hole ich mir. Vorsicht, Platz da, ich komme!“
Adler flattert los. Drei Schritte auf dem Boden, dann ein paar Meter in der Luft, haarscharf am ersten Apfelbaum vorbei und voll in die Tomaten, die der Bauer vorm Haus gepflanzt hat.
Rübe wühlt sich aus dem Schlamm und kommt zum Zaun geschwabbelt.
„Habt ihr den Salto gesehen, den der Spinner hingelegt hat?“, grunzt er. „War das gut?“
„Nicht schlecht“, stimme ich ihm zu.
„Hühner sind bescheuert“, meint Müsli. „Und Adler ist oberbescheuert.“
„Da sind wir uns einig“, grunzt Rübe zufrieden und schlackert mit den Ohren, dass der Schlamm nur so nach allen Seiten spritzt. „Ein Glück, dass wir anders sind.“
Gleich darauf hören wir ein Auto auf den Hof fahren. Der Bauer ist zurück. Und er kann im letzten Moment bremsen, als Adler aus den Tomaten geflattert kommt und auf der Motorhaube landet.
Hinter dem Bauern drückt sich wieder mal gerade noch rechtzeitig der bucklige Kater aus der Tür, springt mit einem Satz auf die Regentonne und verschwindet auf dem Dach. Er schleppt irgendwas mit sich, was ich auf die Schnelle nicht richtig erkennen kann. Ein bisschen sieht es aus wie die gute Mütze vom Bauern, die er immer nur sonntags aufsetzt, wenn er zu seiner Freundin ins Dorf geht. Aber warum sollte der Kater die Mütze vom Bauern klauen?
Der Bauer steigt aus dem Auto und zupft ein paar Federn von der Windschutzscheibe. Adler flattert gackernd um ihn herum.
Jetzt steckt der Bauer zwei Finger in den Mund und stößt einen gellenden Pfiff aus.
„Hierher, Charlie!“, ruft er dann. „Bei Fuß!“
„Ich glaube, er meint dich“, grunzt Rübe unnötigerweise.
„Und du sollst zu ihm kommen“, schnaubt Müsli. Als ob ich das nicht selber wüsste.
„Wenn es Ärger gibt, haben wir nichts mit dir zu tun. Denk daran!“, grunzt Rübe.
„Dann kennen wir dich gar nicht“, erklärt Müsli. „Nie gesehen.“
Ich gähne nur und trotte los. Manchmal gehen mir die Witze der beiden ziemlich auf die Nerven. Auch wenn sie meine besten Freunde sind!
Erst als ich schon fast über die Wiese bin, sehe ich, dass der Bauer nicht alleine zurückgekommen ist. Da sitzt noch jemand auf der Rückbank und drückt sich die Nase an der Scheibe platt. Allerdings kann ich nicht viel mehr als ein paar weiße Fussel erkennen. Im nächsten Moment ist das Gesicht auch schon wieder verschwunden, nur die Sonne spiegelt sich in der Scheibe.
Alter Hundefloh, denke ich und habe das ungute Gefühl, dass es gleich ein Problem geben wird. Und was für eins!