Читать книгу Die letzte Rechnung zahlt der Mörder… Berlin 1968 Kriminalroman Band 39 - A. F. Morland - Страница 7

2

Оглавление

Körner hatte schon bessere Zeiten erlebt. Es war noch nicht lange her - vier Jahre etwa -, da hatte er als Direktor einer kleinen, aber solventen Spezialwaagenfirma ein fürstliches Gehalt bezogen, war glücklich verheiratet gewesen und hatte seiner Familie ein angenehmes Leben bieten können.

Aber eines Tages verließ ihn das Glück. Die kleine Firma, die zum Pool eines Branchenmultis gehörte, wurde von heute auf morgen geschlossen, weil einige Aufsichtsratsmitglieder es so wollten. Man bot Körner keinen Ersatzjob an, und so saß er auf der Straße.

,Tut uns schrecklich leid, Ludwig ...‘

Um seine finanziellen Verpflichtungen kümmerte sich niemand. Um sie abzudecken, gingen seine gesamten Ersparnisse drauf. Seine Frau wurde unzufrieden, hielt nicht mehr zu ihm, wollte auf ihr angenehmes Leben nicht verzichten. In diesen Tagen lernte er sie richtig kennen. Sie zeigte ihm ihr wahres Gesicht, nannte ihn einen Versager, von dem sie nichts mehr wissen wollte.

Einen Job suchen? Mitverdienen? Sie? Niemals.

Wenn er seine Familie nicht mehr allein ernähren könne, müsse man sich eben trennen, meinte Karoline kalt.

Er hätte nichts dagegen gehabt, dass sie ging, aber da war Katja, die kleine Tochter, an der er sehr hing. Von Katja wollte er sich nicht trennen, deshalb unternahm er alle Anstrengungen, um wieder auf die Beine zu kommen. Er nahm unterbezahlte Arbeiten an, verschleuderte sich unter seinem Wert, ging am Nachmittag bei der einen Firma hinaus und bei der anderen hinein, um dort bis in die Nacht weiterzuarbeiten.

Freunde sagten ihm, er würde sich auf diese Weise umbringen, aber er tat es trotzdem - nicht für Karoline, dieses faule Stück, sondern für Katja, die er nicht verlieren wollte.

Aber er hatte kaum noch was von seiner Tochter, sah sie nicht einmal an den Wochenenden. Da arbeitete er als Platzanweiser in einem Autokino.

Seine persönliche Niederlage war nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben, der Weg nach unten war ihm vorgezeichnet, und er musste den Kelch bis zur bitteren Neige leeren.

Da war eines Abends ein fürchterlicher Schmerz in seiner Brust. Er brüllte wie ein verletztes Tier, während er das Gefühl hatte, jemand würde ihm mit einem scharfen Messer die Rippen herausschneiden.

Er befand sich allein zu Hause, brach wie vom Blitz getroffen zusammen, hatte Todesangst, und kalter Schweiß bedeckte seinen Körper.

Das ist er, dachte er. Der Tod ...

Mit klappernden Zähnen schleppte er sich zum Telefon, wählte die Nummer der Rettung und schrie um Hilfe. Dann wurde er ohnmächtig.

Als er zu sich kam. lag er auf der Intensivstation irgendeines Krankenhauses, und ihm wurde klar: So geht es nicht.

Karoline besuchte ihn nur einmal. Es hätte ihm gutgetan, wenn sie geweint hätte, wenn sie wenigstens ein bisschen Gefühl gezeigt hätte. Doch sie sagte nur, er wäre verrückt, hätte wissen müssen, dass dieser Stress nicht lange gutgehen könne.

„Wenn ich rauskomme, müssen wir miteinander reden“, sagte er zu seiner Frau.

„In Ordnung“, meinte sie gleichgültig und ging.

Als er heimkam. war sie ausgezogen, und ihr Anwalt reichte die Scheidung ein. An einer Aussöhnung war sie nicht interessiert. Als er sie vor dem Scheidungsrichter wiedersah, merkte er, dass er einer Fremden gegenüberstand. Da war nichts mehr, was sie verband. Auf so einer Basis konnte man nicht mehr zusammenleben.

Karoline hätte es gern verhindert, aber sie schaffte es nicht. Ihrem Mann wurde das Recht zugesprochen, seine Tochter an jedem ersten Wochenende im Monat sehen und zu sich nehmen zu dürfen.

Katja wurde krank, und weder Karoline noch Ludwig Körner waren in der Lage, das Geld für die teure Behandlung aufzutreiben. Körner wusste, dass seine Tochter sterben würde, wenn er nicht schnellstens eine Geldquelle fand. Er fand eine und war mit den Wucherzinsen einverstanden.

Heute war Katja wieder gesund, aber ihr Vater drohte in seinen Schulden zu ersticken. Er brachte jetzt nicht einmal mehr das Geld für die enormen Wucherzinsen auf, und das nahm ihm Moritz Müller übel, denn er war es, von dem sich Körner das Wuchergeld geholt hatte.

Er Stand im Fahrstuhl, der sich auf dem Weg zur Tiefgarage befand. Zum ersten Mal seit langem konnte er einen Silberstreifen an seinem persönlichen Horizont sehen. Er hatte sich um eine Stellung beworben, und er hatte - er wäre vor Freude beinahe an die Decke gesprungen - den Job bekommen. Man beabsichtigte die Gründung einer Messgerätefirma und wollte Körner als Direktor haben. Die Talsohle lag also hinter ihm, es ging wieder aufwärts. Es war nur noch eine Durststrecke von vier Wochen zu überwinden, denn erst dann hatte sein Dienstvertrag Gültigkeit.

Er hätte um einen Vorschuss bitten können, und man hätte ihn ihm auch bestimmt gegeben, doch das hätte ihn in ein schlechtes Licht gestellt, deshalb sagte er sich, es wäre besser, die Zähne zusammenzubeißen und durchzuhalten. Es waren ja nur noch vier Wochen ...

Wenn er geahnt hätte, was ihn in der Tiefgarage erwartete, hätte er auf jeden Fall um das Geld gebeten.

Körner war klein und hässlich, hatte wulstige Lippen und tief in die Wangen gegrabene Lachfalten. Manche schreckte sein Aussehen beinahe ab, doch wer sich die Mühe machte, ihn näher kennenzulernen, kam sehr schnell dahinter, dass er einen überaus sympathischen, intelligenten, großartigen Menschen vor sich hatte.

Er dachte an Katja.

„Unser“ Wochenende steht bevor, überlegte er, und ein kleines Lächeln umspielte seinen Mund. Was werde ich dir diesmal bieten, Kleines? Es müssen zwei unvergessliche Tage für dich werden, denn danach sehen wir uns wieder einen ganzen Monat lang nicht.

Der Lift hielt, die Türen öffneten sich. Ludwig Körner trat aus der Kabine.

„Da ist er“, sagte Moritz Müller zu seinen Komplizen. „Jetzt könnt ihr mal sehen, wie man mit einem Kerl wie dem Schlitten fährt!“

Sie warteten noch einige Augenblicke. Als Körner seinen Wagen fast erreicht hatte, stiegen sie auf Müllers Kommando aus.

„Körner!“, rief Müller.

Ludwig Körner stoppte und blickte in ihre Richtung. Müller wurde von Gärtner links und von Wessler rechts flankiert.

‚Die Dreieinigkeit des Bösen!‘, dachte Körner unwillkürlich, und sein Mund trocknete aus. ‚Ich hätte mich mit Müller niemals einlassen dürfen, aber um Katja zu retten, hätte ich sogar mit dem Teufel persönlich Geschäfte gemacht‘.

Müller setzte sich langsam in Bewegung. Manfred Gärtner und Hans Wessler blieben stehen, ihr Komplize wollte es so, und was Moritz wollte, war für sie beinahe so viel wie ein Gesetz.

„Überrascht, mich zu sehen?“, fragte Müller knurrend.

„Eigentlich nicht“, gab Ludwig Körner zurück.

„Mein lieber Mann, Sie haben sich Freiheiten herausgenommen, die ich nicht dulden kann. Habe ich Sie nicht gewarnt? Habe ich Ihnen nicht gesagt, was passiert, wenn Sie nicht zahlen? Als Sie den Termin überzogen, rief ich Sie an. Ich hätte das nicht tun müssen, aber ich sagte mir: Gib ihm noch eine Chance, er ist ein so netter Bursche. Aber Sie sagten mir eiskalt in mein empfindliches Ohr, Sie hätten die Piepen nicht, ich müsse leider warten. Ich! Warten! Mann, Sie scheinen immer noch nicht begriffen zu haben, worauf und mit wem Sie sich eingelassen haben.“

„Doch, das ist mir längst klargeworden“, erwiderte Körner bitter.

„Ich würde an Ihrer Stelle Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um von dem Schuldenberg herunterzukommen.“

„Das würde ich furchtbar gern tun, aber Ihre verdammt hohen Zinsen fressen mir die Haare vom Kopf.“

„Sie kannten die Bedingungen und waren damit einverstanden!“

Körner warf einen Blick auf Müllers Komplizen, die sich nicht vom Fleck rührten. Sie würden wohl erst eingreifen, wenn Müller es von ihnen verlangte.

„Hören Sie“, sagte Ludwig Körner eindringlich, „ich werde Ihnen Ihr Geld geben.“

„Wann?“

„In ... in einem Monat.“

„Sie nehmen mich auf den Arm, Körner.“

„Denken Sie, dazu hätte ich den Mut?“

„Meine Geduld ist heute schon zu Ende, Körner. Ich warte nicht noch einen Monat länger!“

„Ich habe wieder einen gut bezahlten Job.“

„Wie schön für Sie, aber das interessiert mich nicht. Ich will mein Geld wiedersehen. Warum verlangen Sie keinen Vorschuss?“

„Was macht das denn für einen Eindruck?“

„Verdammt noch mal, das ist mir doch scheißegal!“

„Vier Wochen, Müller. Ich bitte Sie ... “

„Nein, Körner. Sie haben nur noch sechs Stunden, und keine Minute länger! Und das kriegen Sie, damit Sie wissen, wie ernst Ihre Situation ist.“

Der Mann schlug zu. Der Angriff kam für Körner so unverhofft, dass er zu spät reagierte. Müllers Faust landete mitten in Körners hässlichem Gesicht. Sterne sprühten vor seinen Augen, in die Tränen schossen, während er das Gefühl hatte, seine breite Nase wäre auf einmal doppelt so breit.

Er war kein Kämpfer, erledigte seine Probleme normalerweise ausschließlich mit dem Kopf, doch er war auch keiner, der sich einfach hinstellte und den Prügelknaben spielte. Wenn man ihn schlug, schlug er zurück. Von dem Spruch: ‚Wenn dich einer auf die linke Backe schlägt, halte ihm auch die rechte hin‘ hielt er nichts. Er sah Moritz Müller durch den Tränenschleier nur verschwommen, und er legte sein Herz in die Fäuste.

Er hatte keine Ahnung, wie man boxte, kannte keine Tricks, hatte zwar schon mal von einem Schwinger oder Uppercut gehört, hämmerte jetzt aber nur im Freistil auf den Verbrecher ein.

Müller beherrschte die Technik, er pendelte die meisten Schläge des Mannes, der um einen Kopf kleiner war als er, geschickt aus und setzte ihm ein Ding an die Rippen, dass ihm die Luft wegblieb.

‚Vorsicht!‘, schrie es in Körner, während ihn die Wucht des Schlages gegen einen Kastenwagen warf.

Moritz Müller setzte nach. Körner hatte den Eindruck, der Gangster hatte um vier Fäuste mehr als er. Er wusste nicht, wie er sich vor ihnen in Sicherheit bringen sollte.

‚Ich gehe unter!‘, dachte Körner verzweifelt. ‚Ich kann es nicht verhindern! Er macht mich fertig!‘

Dass er sich immer noch auf den Beinen hielt, grenzte für ihn an ein Wunder, aber er erkannte, dass sich hinter ihm ein Abgrund auftat, in den er gleich stürzen würde.

Da riss er urplötzlich das rechte Bein hoch und versetzte dem Verbrecher einen Tritt. Müller brüllte auf, krümmte sich, konnte nicht mehr weiter auf ihn eindreschen.

Wut, Schmerz und Hass verzerrten Moritz Müllers Gesicht. Es war lange her, seit Müller zum letzten Mal die Kontrolle über sich verlor. Heute passierte es wieder. Er dachte plötzlich nicht mehr an das Geld, das ihm dieser Mann schuldete, sondern nur noch an den Schmerz, den ihm dieser zugefügt hatte. Und er wollte nicht mehr nur Körners Geld.

Ludwig Körner hetzte zu seinem Wagen, während Müller die Hände auf seinen Leib presste.

Manfred Gärtner und Hans Wessler wussten nicht, ob sie jetzt eingreifen sollten, ihr Blick pendelte zwischen Körner und Müller ratlos hin und her. Sie wollten nichts tun, womit Müller nicht einverstanden war. Sicherheitshalber rissen sie ihre Pistolen aus dem Leder.

„Lasst das!“, brüllte Müller. „Der gehört mir!“

Er zog seine Waffe, während Körner den Motor startete. Die Maschine heulte auf, und Müller rannte wankend und gekrümmt los.

„Du kommst hier nicht lebend raus, du Bastard!“, schrie er.

Die Pneus quietschten schrill, und Körners Fahrzeug schoss aus der Parktasche. Der Mann kurbelte heftig am Lenkrad, und dann nahm das Auto Kurs auf Moritz Müller, denn in dieser Richtung befand sich die Ausfahrt.

Der Gangster blieb stehen und brachte seine Waffe in Anschlag. Zum ersten Mal in seinem Leben blickte Ludwig Körner in die Mündung einer Waffe.

Es war ein scheußliches Gefühl.

Er sah alles ganz genau, den kurzen Lauf, die Trommel, die Faust, die sich um den Kolben krampfte, den Arm und das Gesicht des Gangsters ...

Und das Mündungsfeuer, als Moritz Müller abdrückte!

Körner warf sich instinktiv zur Seite, drückte noch mehr aufs Gas und versuchte mit verrenktem Körper das Fahrzeug auf Kurs zu halten.

Das Krachen des Schusses ging im Brüllen des Motors unter. Auch das Klatschen war nicht zu hören, als die Kugel des Verbrechers die Windschutzscheibe durchschlug.

Wenn Körner aufrecht sitzen geblieben wäre, hätte ihn Müllers Geschoss getroffen, aber er hatte diesmal zum Glück rasch genug reagiert. Dasselbe konnte man von Müller nicht behaupten. Jeder Mensch hat mal einen schwarzen Tag, und der von Müller war heute. Hatte er sich eingebildet, er könne den Wagen mit einer Kugel stoppen? War er so perplex darüber, Körner nicht getroffen zu haben, dass er nicht daran dachte, sich mit einem weiten Satz in Sicherheit zu bringen?

Was auch immer der Grund sein mochte, er schaffte es jedenfalls nicht rechtzeitig, sich aus dem Gefahrenbereich zu katapultieren, und das wurde ihm zum Verhängnis.

„Moritz“, brüllte Hans Wessler, und das Blut wich aus seinem Gesicht. Er hielt sich für einen abgebrühten Hasen, aber als er sah, was gleich passieren würde, standen ihm die Haare zu Berge.

Die Katastrophe war nicht mehr zu verhindern, sie lief vor Wesslers und Gärtners Augen wie in Zeitlupe ab. Sie begriffen, dass es doch noch Dinge gab, die auch sie schocken und lähmen konnten.

Jetzt duckte sich Moritz Müller zum Sprung ...

Viel zu spät! Er stieß sich ab, kam aber nicht mehr weg, denn im selben Moment war der Wagen heran. Die Stoßstange hatte den ersten Kontakt, dann der Kühlergrill und schließlich die Motorhaube, auf die Müllers Körper mit großer Wucht aufschlug. Es riss ihm die Beine unter dem Körper weg, sie schwangen nach oben und er vollführte einen Salto in der Luft, flog über das Wagendach und schlug hinter dem Auto auf den harten Betonboden auf.

Körners Auto raste mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, erreichte die Auffahrt und schoss diese hinauf, während Gärtner und Wessler wie geschockt dastanden.

Nicht einen einzigen Schuss hatten sie auf Körner abgefeuert, obwohl sie ihre Waffen in der Hand hielten.

„Mensch!“, sagte Hans Wessler gepresst.

„Verdammte Scheiße!“, fluchte Manfred Gärtner.

Sie eilten zu Müller, der mit verrenkten Gliedern auf dem Boden lag.

„Der ist hin“, stellte Wessler mit kratziger Stimme fest.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Gärtner nervös.

„Wir können Moritz nicht hier liegen lassen.“

„Das ist klar. Verdammter Bockmist!“ Gärtner stieß seinen Revolver ins Leder. „Hättest du gedacht, dass Körner das schafft? Dass er Moritz kaltmacht?“

„Nee, nie.“

„Ich auch nicht. Da sieht man wieder mal, dass man den harmlosesten Kerl nicht unterschätzen darf.“

„Mann, das gibt Stunk. Moritz war keine so bedeutungslose Figur wie wir. Nach uns würde kein Hahn krähen, uns kann man jederzeit austauschen, aber mit Moritz hatte man einiges vor.“

„Los, fass mit an! Wir legen ihn in den Kofferraum unserer Karre und sehen zu, dass wir von hier wegkommen.“

Sie hievten ihren toten Komplizen hoch und trugen ihn zu ihrem Auto. Nachdem sie den Leichnam in den Kofferraum verfrachtet hatten, schwang sich Hans Wessler hinter das Steuer. Er ließ den Anlasser mahlen. Manfred Gärtner stieg auf der Beifahrerseite ein und schüttelte betroffen den Kopf.

„Ich kann’s nicht fassen, ich kann’s einfach nicht fassen.“

„Er ist selbst schuld daran“, brummte Wessler und fuhr los. „Er wollte die Sache ja unbedingt allein erledigen.“

„Vielleicht kriegen wir Ärger.“

„Quatsch! Wir sind doch nicht schuld, dass Moritz über den Jordan ging.“

„Mach das denen mal klar“, sagte Gärtner. „Sie werden sagen: ,Ihr wart dabei, ihr hättet rechtzeitig eingreifen müssen. Wozu hat Moritz euch schließlich mitgenommen?‘“

„Weißt du, was die mich können? Kreuzweise können sie mich - und zurück.“

„Nimm bloß den Mund nicht so voll, im Großen und Ganzen hast du genauso Schiss vor ihnen wie ich. Niemand kann es sich leisten, bei ihnen in Ungnade zu fallen. Sie werden uns Versager nennen.“

Wessler fuhr die Auffahrt hoch und bog rechts ab. Der Autoverkehr war spärlich und verlangte dem Fahrer nicht viel Aufmerksamkeit ab. Er wandte sich an Gärtner.

„Mir kann keiner einen Strick drehen. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Ich habe lediglich getan, was Moritz Müller von mir verlangte.“

„Verdammt, wenn wir wenigstens Körner umgelegt hätten, aber wir standen ja da wie die Ölgötzen. Mir war, als hätte mir jemand mit ’nem Vorschlaghammer auf die Birne gehauen.“

„Denkst du, mir ging es anders? Ich hab’ 'ne Idee, Manfred: Wir werden die Geschichte einfach färben. Niemand kann wissen, was wirklich passierte, also wird unsere Story wahr sein.“

„Lass hören!“, verlangte Gärtner, der hoffte, dass die Geschichte so gut war, dass sie beide den Kopf aus der Schlinge ziehen konnten.

„Wir waren nicht bei Moritz, befanden uns nicht mit ihm in der Tiefgarage.“

„Schön, waren wir nicht, und wo waren wir?“

„Moritz verlangte von uns, auf der Straße zu warten. Er begab sich allein in die Garage, sagte, mit einem Hampelmann wie Körner würde er ohne uns fertig werden, und wir hatten keinen Grund, daran zu zweifeln.“

„Hatten wir ja wirklich nicht“, sagte Manfred Gärtner.

„Eben, deshalb wird man uns die Story auch abkaufen.“

„... ein Hampelmann wie Körner ...“, meinte Gärtner und nickte. „Das könnte Moritz gesagt haben.“

„Wir warteten also auf Moritz‘ Rückkehr hinter dem Gebäude“, fuhr Hans Wessler mit seiner Geschichte fort. „Als uns die Sache zu lange dauerte, begaben wir uns in die Tiefgarage, um nachzusehen, wo Moritz so lange blieb. Da fanden wir ihn - tot. Wir holten unseren Wagen und packten den Freund in den Kofferraum.“

Manfred Gärtner nickte zustimmend.

„Klingt nicht schlecht.“

„Man wird uns glauben, und wir brauchen keinen Ärger zu befürchten“, sagte Wessler, und sein Komplize sah, wie erleichtert er nun war. Hans hatte recht, wenn sie beide dieselbe Version ablieferten, konnte ihnen nichts passieren.

Die letzte Rechnung zahlt der Mörder… Berlin 1968 Kriminalroman Band 39

Подняться наверх