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Ein alter Weg in Cornwall

Andreas Berg

»Das ist doch kein Weg, das ist eine Kuhweide – da sind ja sogar Kühe drauf.« Eva verdrehte die Augen. Eben erst hatten sie das »Tinners Arms« verlassen, wo sie sich bei Schinken- und Käsesandwichs eine längere Pause gegönnt hatten. Schon war Sabine wieder stehengeblieben, genau wie auf dem Küstenweg von St. Ives hierhin hatte sie panische Angst sich zu verlaufen. Solange man das Meer auf der richtigen Seite hatte, ging das bei einem Küstenpfad zwar nicht, aber der Hinweis hatte nicht geholfen.

»Das hat Eva gerade erklärt. Der Weg geht querfeld ein, ist aber gut markiert.«

Gregor wies mit der linken auf ein Schild mit der Aufschrift »Path to St. Ives«. Ohne auf eine Antwort zu warten schloss er zu Eva auf. »Geh einfach weiter, die kommt schon.«

Sie liefen den kaum sichtbaren Pfad über die Kuhweide hinweg, durch eine Hecke auf die nächste. Noch müde vom Küstenpfad und der wohligen Wärme des Pubs sprachen sie wenig. Der Weg war leicht zu gehen und folgte nun einem Feldweg, der ein kurzes Stück asphaltiert war. Die Sonne war gnädig und versteckte sich immer wieder hinter Wolken, so dass es nicht zu heiß wurde. Etwas ab vom Weg lag ein Wohnhaus. Ein hand- geschriebenes Schild stand vor dem Zugang. »Der Hund wird ihnen folgen. Bitte schicken sie ihn zurück!« Sie blieben einen Moment stehen. Zu gerne hätten sie das Tier gesehen, aber leider war er momentan mit einer anderen Gruppe unterwegs oder schlief im Garten.

Nach einer Weile kamen sie zu einem Hof, wo mehrere Schilder darauf hinweisen, dass man zwischen den Ställen in den schmalen Durchgang gehen solle. Vermutlich waren viele Wanderer geradeaus quer über den Hof gelaufen. Hinter den Gebäuden wartete einer der vielen Stiles, aufgeschüttete Felsstücke, mithilfe derer man einen Zaun überklettern konnte. Eva ging voran und wartete, falls einer der anderen eine helfende Hand brauchte. Als sie sich umdrehte, traf sich ihr Blick mit Karins. Einen kurzen Moment schauten sie sich an, dann wand Karin den Kopf ab und kletterte hastig über die Einzäunung.

»Merkwürdig,« Eva sah ihr kurz hinterher,bevor sie sich umdrehte, um Gregor zu helfen. Ein paar hundert Meter weiter hörte sie wieder Sabines Stimme, »sind wir hier richtig?«

Sie gingen auf ein Fachwerkhaus zu, das, umgeben von Bäumen, unmittelbar am Weg stand. Auf der anderen Seite des Weges lag ein eingezäunter Garten.

»Wir können den Leuten doch nicht direkt durch den Vorgarten laufen. So eine Idylle und wir trampeln da durch und stören. Wer legt denn so einen Weg an?«

»Der Weg ist älter«, erklärte Eva, »Das Haus wurde an den Weg gebaut, nicht umgekehrt. Diesen Pfad sind Menschen bereits zur Bronzezeit gegangen.«

»Trotzdem könnte man auch woanders lang gehen.«

»Können ja, dürfen nicht. Das sind alles Privatgrundstücke, die Du nicht betreten darfst.«

Sie gingen an dem Anwesen vorbei und kamen in einen kleinen Wald, dessen Bäume bizarr geformt waren und teilweise auf Bodenhöhe, teilweise auf Brusthöhe den Weg versperrten.

»Siehst Du,« nervte Sabine wieder, »Kein Weg.«

»Doch, wir klettern einfach zwischen den Ästen durch.«

»Wenn das ein Weg ist, warum stehen dann die Bäume hier?«

Gregor verdrehte die Augen. »Vielleicht ist Dir aufgefallen, dass es eine Straße von Zennor nach St. Ives gibt? Dieser Weg wird allein von Touristen benutzt und die haben selten Äxte dabei. Der Weg gehört niemanden. Er ist lediglich solange da, dass jeder ihn benutzen darf.«

»Trotzdem«, entgegnete Sabine und stieg betont umständlich über den ersten Ast.

Inzwischen hatten sie einen Großteil des Weges zurückgelegt und näherten sich St. Ives. Vorm Stadtrand lag ein kleiner Wald, oder eine große Hecke, das war ein wenig unklar. Jedenfalls mussten sie hinter- einandergehen und auch dann streifen Äste die Armen, griffen Dornen nach den Schultern. Zudem warteten zahlreiche Pfützen und Kuhmisthaufen darauf unvorsichtig abgesetzte Wanderstiefel zu versauen.

»Immerhin können wir uns auf diesem Stück nicht verlaufen«, rief Eva den anderen hinter ihr zu.

Sabine verstand die Ironie nicht. »Das ist doch kein Weg,«, grummelte sie vor sich hin.

»Sabsi«, antwortete Gregor.

»Ja?«

»Halt die Klappe, wenigstens für die letzte halbe Stunde. Es nervt langsam.«

Eva musste grinsen, obwohl ihr klar war, dass am Ende ihrer Gruppe jemand tödlich beleidigt sein würde. Der Weg knickte nach rechts ab. Sie schob die überhängenden Äste aus dem Weg und schaute direkt auf einen Kuhhintern.

Die Kuh hatte sich auf den engen Pfad gezwängt und kaute genüsslich an frischen Zweigtrieben. Scheinbar hatte sie etwas gehört, denn sie sah nun Eva an.

»Mach bloß keinen Scheiß«, dachte die, wich zurück und stieß gegen Karin, die direkt hinter ihr stehengeblieben war. Weiter ging es nicht, da der Rest der Gruppe die Kuh bisher nicht sehen konnte.Ganz ruhig«, flüsterte die ihr ins Ohr. »die tut nichts.«

Jetzt erst fiel Eva auf, dass Karin ihr die Hand auf die Hüfte gelegt hatte. Was sie wirklich irritierte war weder die Hand noch die Kuh, sondern wie angenehm sich Karins Atem auf ihrer Haut anfühlte. Gleichzeitig war ihr das viel zu eng und sie konnte nur mit Mühe den Reflex unterdrücken sich Platz zu verschaffen. Schließlich wurde es der Kuh zu viel. Sie setzte sich in Bewegung. Eva folgte ihr und vergrößerte dabei den Abstand zu Karin. Die von der Kuh angeführte Prozession durch den Dornbusch ging eine Weile weiter, bevor die Kuh auf eine Weide abbog und der Weg sich öffnete. Eva hielt quer über die Wiese auf ein Haus zu.

»Bist Du sicher?«, fragte Gregor, als er zu ihr aufschloss.

»Ach, komm fang Du nicht auch noch an. Ich bin den Weg bereits gegangen. Wir müssen da rüber, danach geht es auf der Straße weiter.«

»Hast ja Recht«, kam es kleinlaut zurück.

»Ist ja nur, weil da drüben ein Trampelpfad zu sehen ist.«

»Vertraust Du mir?«, lächelte Eva ihn an.

»Gerne«, zwinkerte er ihr zu. Der Weg erreichte den Stadtrand und führte durch ein Wohnviertel hinab zum Zentrum von St. Ives. Schließlich kamen sie an ihrem Bed and Breakfast an. Sabine schloss zu ihnen auf. Seit Gregors Zurechtweisung hatte sie keinen Ton mehr gesagt.

»Boah, war das anstrengend. Ich mach mal einen ruhigen Abend.« Winkend drehte sie sich um.

»Tschüsikowski, bis Morgen.«

»Sollen wir etwas unternehmen?«, fragte Karin, an Gregor gewandt.

»Also ich wollte in den Pub, heute spielt Arsenal gegen Liverpool. Mal echte englische Fußball-Atmosphäre schnuppern. Ich nehme an, ihr habt keine Lust mitzukommen?«

»Komisch«, dachte Eva, »seit wann interessiert der sich für Sport?«

Da hatte er sich schon mit einem fröhlichen »Bis Morgen« umgedreht.

»An der Hafenpromenade gibt es einen kleinen Mexikaner«, hörte sie Karin sagen. »Der liegt im ersten Stock mit einem großartigen Blick über den Hafen. Die machen einen fantastischen Tomatensalat.«

Sie schaute auf die Uhr. »Also ich hätte schon Hunger. Sollen wir uns in einer halben Stunde wieder hier treffen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, wand sie sich zur Tür und war verschwunden. Eva blickte ihr nach.

»Oh Mann«, dachte sie, »das kann ja ein Abend werden. Was ziehe ich bloß an?«

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