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Der alte Cesar

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Einige Tage später kam Tante Marie wieder in Maries Zimmer. Wie immer, wenn Marie am Abend schaukelte. Manchmal sah sie ihr nur zu, manchmal erzählte Tante Marie etwas von früher. Doch heute ging es mit dem Schaukelpferd weit weg. Zu dem Reiterhof, wo sie mit ihrem Vater war. Sie gingen leise in den Stall. Dann sahen sie die Frau und zwei fremde Männer. Einer der Männer sagte:

„Tut mir leid, aber er ist schon sehr alt und sehr schwach. Da kann ich nichts mehr machen. Wir können nur mehr sein Leiden lindern.“

„Ja, dann machen sie das“, sagte die Frau traurig, die mit ihr und Cesar geritten war, und drehte sich um.

Der Mann gab dem Pferd eine Spritze, dann gingen alle hinaus. Ohne die beiden zu sehen.

„Was ist mit Cesar?“, fragte Marie ihre Tante.

„Er ist schon alt und müde. Er kommt dann zu mir in den Himmel und wir machen dann viele Ausflüge.“

„Armer Cesar“, sagte Marie und streichelte seine Mähne.

„Haben sie dir immer noch nicht die Haare geschnitten oder dir einen Zopf gemacht?“

Marie ging wieder daran, ihm einen Zopf zu flechten. Sie nahm ihre blaue Spange aus dem Haar, die sie sich von ihrem Pony geliehen hatte und steckte so die Haare zusammen. Dann streichelte sie ihn noch mal. Cesar machte noch einen Atemzug und schlief friedlich ein. Marie sah, wie sein Körper liegen blieb und sein Geist aufstand. Er ging sofort zu Tante Marie.

„Jetzt können wir gehen. Er hatte nur mehr einen Wunsch. Dich noch einmal zu sehen. Du warst das netteste Mädchen, das er je getragen und das ihm auch noch einen Zopf geflochten hatte.“

Danach gingen sie aus dem Stall und Marie flog mit ihrem rosa Pony nach Hause.

„Armer Cesar“, sagte Marie im Schlaf, als ihre Mutter gerade ins Zimmer sah.

Sie glaubte, sie träumte von dem Ritt an ihrem Geburtstag. Es war die Silvesternacht und am Morgen rief Frau Meier bei ihnen an. Ob sie kurz vorbeikommen könne und wie ihre Adresse wäre. Sie wunderten sich, warum gerade heute Frau Meier zu ihnen wollte. Eine Stunde später läutete sie an der Tür. Karl machte auf und ließ sie herein. Sie setzten sich ins Wohnzimmer. Marie spielte in ihrem Zimmer. Karl und Gabi sahen sie erstaunt an und warteten ab, was Frau Meier wollte.

„Sie waren ja einen Tag vor Weihnachten mit ihrer Tochter bei uns.“

Beide bejahten und wussten nicht, was das sollte.

„Da flocht sie Cesar einen Zopf und machte ihn mit ihrem Haarband fest. Es fiel ihm dann einige Tage später aus dem Haar“, erzählte Frau Meier weiter und zog es aus ihrer Tasche.

„Aber wegen des Haarbandes müssten sie nicht zu uns kommen und es uns zurückbringen“, sagte Gabi.

„Nein, aber vielleicht möchte Marie ihre Spange wieder haben.“

Sie zog diese ebenfalls aus ihrer Tasche und legte sie zum Haarband auf den Tisch. Gabi und Karl sahen die Spange verwundert an. Karl fasste sich schneller.

„Die kann aber nicht von Marie sein, denn sie hatte an diesem Tag keine Spange im Haar. Außerdem war die an ihrem Pony, das sie erst zu Weihnachten bekam“, erklärte ihr Karl.

„Also haben sie doch noch ein Pony gefunden? Aber wann?“

„Es stand am Weihnachtsabend unter dem Christbaum und keiner wusste, von woher es gekommen war“, erzählte Maries Vater.

Frau Meier sah sie verwirrt an. Sie erklärten ihr dann kurz den Vorfall.

„Aber wie kam dann die Spange gestern in Cesars Haar?“, fragte Frau Meier.

„Gestern? Gestern waren wir alle zu Hause“, sagte Gabi.

„Gestern Nacht ist Cesar verstorben und hatte einen geflochtenen Zopf mit eben dieser Spange. Er war schon alt und der Tierarzt hatte ihm das Sterben erleichtert“, klärte sie die beiden auf.

„Armer Cesar“, sagte Gabi wie für sich.

„Nein, er hat jetzt ausgelitten. Arm dran war er vorher.“

„Nein, das sagte Marie gestern Nacht, als ich in ihr Zimmer sah.“

Sie sahen sich verwirrt an. Wie kam Maries Spange zu Cesar? Wieso sagte Marie Armer Cesar? Da platzte Marie herein.

„Hallo Frau Pony-Frau!“, begrüßte sie Frau Meier.

Sie wusste ihren Namen nicht mehr.

„Cesar ist friedlich eingeschlafen und bei Tante Marie. Sie machen viele Ausflüge mit ihm und passt gut auf ihn auf.“

Dann sah sie ihr Haarband und die Spange.

„Sie hätten aber nicht eigens wegen der Spange und dem Band kommen müssen. Ich hätte es mir schon geholt. Spätestens wenn der neue Cesar da ist“, plapperte Marie weiter, schnappte sich ihre Sachen und verschwand wieder in ihrem Zimmer.

Alle sahen ihr fassungslos nach.

„Was war das?“, fragte Frau Meier.

„Das erleben wir seit Weihnachten des Öfteren“, sagte Maries Mutter und erzählte ihr noch den Rest der Geschichte, was Marie nicht hat wissen können und doch wusste.

Es konnte sich keiner einen Reim darauf machen.

„Es gibt Sachen, die verstehen wir Erwachsene nicht und für Kinder ist es selbstverständlich. Also wundern sie sich nicht so viel, sondern nehmen alles als ein Geschenk an. Das hat mich eine Energetikerin gelehrt“, sagte Frau Meier, verabschiedete sich von ihnen, ging und ließ Maries Eltern noch verwirrter zurück. Marie gab die Spange wieder in das Haar vom Pony und das Haarband in ihre Schatulle. Für sie war die Welt in Ordnung. Sie stieg auf ihr Pony und sagte:

„Hü hott mein Pony!“

Der Alltag hatte sie wieder. Marie ging in den Kindergarten und erzählte jedem freudig, dass sie zu Weihnachten ein rosa Pony bekommen hatte. Und das sie mit diesem Pony vieles erlebt. Die Kindergärtnerin lächelte darüber und tat es als Kinderfantasie ab. Sie wollte aber noch Maries Eltern beim nächsten Elternabend danach fragen. Ob sie wirklich ein rosa Pony bekommen hatte, mit dem sie reiten könne.


Marie und das rosa Schaukelpferd

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