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Der Fotograf

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Dienstagmorgen.

Während Melanie sich im Keller mit Rainer Zeidler und Josef Schurig traf, um die Spuren aus Sascha Krügers Wohnung zu katalogisieren und mit den Datenbanken des BLKA und des BKA abzugleichen, erschien bei Alois im Büro ein Mann mittleren Alters: dunkelbraune ungekämmte Haare, braune Augen, eine eindrucksvolle Nase und einen Tagesbart. Der Mann trug eine abgewetzte Cordhose, ein kariertes Hemd und einen dunkelblauen Marinemantel. Um seine Schulter baumelte eine stabile Fototasche.

»Guten Morgen«, sagte er, »ich suche einen Alois Kreithmeier, angeblich Hauptkommissar der Mordkommission. Bin ich hier denn richtig? Der junge Mann am Empfang hat mich hierher in den ersten Stock geschickt.«

Alois sah überrascht auf, dann stand er auf und schritt auf den Mann zu. »Wie kommen Sie denn hier herein? Normalerweise holen wir unsere Gäste unten an der Pforte höchstpersönlich ab.«

»Ach Sie meinen wohl, ich könnte ein Attentäter sein. Haben Sie keine Angst, mein Name ist Simon Werner, ich bin Fotograf, und Ihre Kollegen im Erdgeschoss kennen mich. Ich mache immer mal wieder Fotos für die Zeitung von Unfällen und anderen Kuriositäten in und um Freising. Unter anderem mache ich auch hin und wieder Bilder für Eure Polizeizeitschrift „Bayerns Polizei“. Und der Dallinger ist ein guter Freund von mir. Er hat bei mir zu Hause angerufen und mich gebeten mich bei einem Herrn Kreithmeier zu melden. Ich gehe davon aus, das sind Sie. Und er hat mich nach oben geschickt. Und da bin ich jetzt.«

»Ja, Alois Kreithmeier, da Sie sind hier vollkommen richtig. Aber warum sind Sie hier? Was wollen Sie von mir? Womit kann ich Ihnen helfen?«

»Sie hatten doch dem Dallinger den Auftrag gegeben, einen Fotografen für Sie zu besorgen, oder?«

»Ja, das ist richtig, aber keinen Bildjournalisten, sondern einen Künstler, der sich mit Aktfotografie auskennt.«

»Jetzt kränken sich mich aber Herr Kommissar. Nur weil ich mein Geld mit Enthüllungsjournalismus, Pressefotos und Bildern von Massenkarambolagen auf der Autobahn verdiene, muss ich schon lange kein Künstler sein, oder? Da verurteilen Sie mich meiner Meinung nach zu schnell. Meine Berufung ist die ästhetische Fotografie, nur damit kann ich leider kein Geld verdienen. Es sei denn ich heiße Gunter Sachs, David Hamilton oder Lord Snowdon.«

»Das heißt, Sie kennen sich wirklich mit Akt Fotografie aus?«

»Das kann man wohl sagen. Eines meiner Bilder ist im letztjährigen Pirelli Kalender. Und im Jahr 2008 habe ich bei Computerbild den ersten Platz gemacht. Titel: die schönsten 100 Aktfotos in Deutschland. Und es gibt einen Bildband von mir: Münchens hübscheste Mädels.«

»Also gut, ich entschuldige mich bei Ihnen und glaube Ihnen. Wir ermitteln in einem Mordfall und da brauchen wir die Hilfe eines Profis.«

»Es geht um den Toten auf dem Domberg, sehe ich das richtig, Herr Kommissar?«

Alois druckste etwas herum, bevor er antwortete: »Bevor ich Ihnen etwas über den Fall mitteile, brauche ich Ihre absolute Diskretion, ohne die gibt es keine Information.«

»Aber natürlich Herr Kommissar, Sie können mir hundertprozentig vertrauen.«

»Und genau das tue ich nicht, Herr Werner. Ich kenne euch Fotografen und Journalisten. Für eine gute Story würdet ihr eure Großmutter dem Teufel verkaufen. Wenn Sie für uns in Betracht kommen sollten, müssen Sie zu allererst eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben. Wenn Sie die brechen, droht Ihnen eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren, und das ohne Bewährung.«

»Olala!«, sagte Werner und pfiff zwischen die Zähne.

»Anders geht es nicht. Es geht um die Persönlichkeitsrechte eines Toten und aller in den Fall verwickelten Personen. Es muss ein absolutes Stillschweigen darüber gegen Presse und Öffentlichkeit gewahrt werden. Wir stehen am Anfang unserer Ermittlungen und da ist Diskretion unabdingbar. Verstehen Sie das, Herr Werner?«

Der Angesprochene nickte. »Also gut, wo haben Sie den Zettel, wo soll ich unterschreiben?«

»Und noch etwas, Sie bekommen kein Geld für Ihre Dienste. Es ist Ihre vaterländische Pflicht uns zu helfen.«

»Große Worte Herr Kommissar. Wie lange gedenken Sie denn sich meiner zu bedienen?«

»Das kommt ganz darauf an.«

»Bekomme ich wenigstens eine Tasse heißen Kaffee und ab und zu mal ein warmes Mittagessen? Das müsste doch drin sein, Herr Kommissar, in Ihrem Budget, oder?«

Alois lachte. Der Kerl war ein Unikum.

»Von mir aus. Fangen wir mit dem Kaffee an, so lange können Sie es sich noch überlegen. Folgen Sie mir bitte unauffällig.«

Simon Werner nickte, legte seine Tasche ab und folgte Kreithmeier in die Küche. Alois füllte zwei Haferl von der braunen Brühe ab, die Melanie im Allgemeinen als Muckefuck bezeichnete und übereichte dem Fotografen einen der Becher.

»Und was meinen Sie, können Sie damit leben, Herr Werner? Vor allem mit der Qualität des Kaffees?«

»Sie haben mich neugierig gemacht, Herr Kommissar, mich hat bis jetzt noch nie die Polizei gebeten ihr in einem Mordfall zu helfen. Meistens war es umgekehrt, oder man hat mich behindert an einer Unfallstelle Aufnahmen zu machen. Ich denke, ich mache mit und unterzeichne den Vertrag. Ich werde ihn hoffentlich nicht mit Blut unterschreiben müssen? Apropos Kaffee, der könnte wirklich besser sein.«

»Sie haben eine leicht makabre Art, Herr Werner, das bringt wohl Ihr Beruf so mit sich. Waren Sie schon mal im Ausland unterwegs?«

»Ja, mehrmals. Unter anderem auf dem Balkan, in Afrika und ein paar Wochen in Afghanistan. Ich habe da viel Geld verdienen können. Aber ich bevorzuge im Moment Portraits von 80 oder 90 jährigen, Bilder von Hochzeiten und Taufen, ein paar Verkehrsunfälle und in der Freizeit Schnappschüsse hübscher Körper. Ich verdiene weniger, aber kann dafür besser atmen und muss mir keine Sorgen machen, ob ich den nächsten Tag erlebe oder nicht.«

»Wieso denn das?«

»Weil einige meiner Kollegen ihr Leben auf den Schlachtfeldern und Kriegsschauplätzen dieser Welt verloren haben. Auf dem Balkan sind wir gezielt in das Visier von Scharfschützen gekommen. Es wurde regelrecht Jagd auf Fotografen und Journalisten gemacht. Das brauche ich alles nicht mehr. Mein Leben und meine Ruhe sind mir heute wichtiger als Nervenkitzel und die schnelle Mark.«

»Gut, dann nehmen Sie den Kaffee mit. Ich gebe Ihnen die Erklärung. Dann machen wir uns ans Werk. Und ich warne Sie, wenn Sie etwas davon an die Öffentlichkeit bringen, dann .......«

».....dann erschießen Sie mich, Herr Kommissar?«

»Nein, ich nicht«, lachte Alois seinem Gast verschmitzt ins Gesicht. »Das macht dann meine Kollegin für mich.«

»Ihre Kollegin?« Simon Werner holte tief Luft.

»Ja, meine Kollegin. Keine Angst, Sie werden sie noch kennenlernen. So das ist der Schrieb. Lesen Sie ihn sich durch und unterschreiben Sie bitte hier mit Vor- und Zunamen.«

Simon Werner überflog die Vertraulichkeitserklärung, dann unterzeichnete er sie und gab Alois das Blatt zurück.

»Der Pakt mit dem Teufel!«, lachte Werner und sah den Kommissar provozierend an.

»Ich bitte Sie. Machen wir uns an die Arbeit. Sie haben Recht, es geht um den Toten vom Adventsmarkt. Wir haben zwar seine Identität, aber ansonsten ist er für uns ein unbeschriebenes Blatt. Wir wissen absolut nichts über ihn. Das Einzige was wir bis jetzt wissen ist, dass er diversen Hobbies frönt. Und dass er mehrere Jobs hatte. Zum einen verdiente er seinen Lebensunterhalt in der Adventszeit mit seinen Auftritten als Nikolaus oder Weihnachtsmann. Und er trat allein auf. Es gab keinen Knecht Rupprecht oder Christkind als Begleitung. Und er musste gut gewesen sein, denn sonst hätte ihn nicht die Stadt Freising für ihren Adventszauber auf dem Domberg engagiert.«

»Wie ist er denn gestorben? Erstochen?«

»Dazu später. Geduld. Ich sagte, er hatte diverse Hobbies. Eines davon musste die Fliegerei sein. Er sammelte Flugzeugmodelle, baute sie aber nicht zusammen, er las Bücher über diverse Flugzeugtypen und auf seinem Rechner sind ein paar Flugsimulatoren.«

»Das klingt doch alles ziemlich harmlos. Ich habe auch mal so ein Programm gehabt. Bin aber immer wieder mit dem Flieger abgestürzt. Dann habe ich es gelassen. War zu schwer für mich. Aber deswegen haben Sie mich nicht kommen lassen?«

»Nein! Wir denken eher an sein zweites Hobby.«

»Und? Spannen Sie mich nicht auf die Folter, Herr Kommissar.«

»Sein zweites Hobby war die Aktfotografie. Wir fanden auf seinem Rechner einige Hundert Bilder von jungen Frauen in erotischen Posen.«

»Flieger und Frauen. Beides kann sehr ästhetisch wirken. Die Rundungen eines Flugzeuges und einer Frau können wirklich sehr betörend sein. Aber warum bin ich hier?«

»Sie sollen uns helfen, diese Fotografien zu entschlüsseln. Die Locations und eventuell auch die Namen einiger der Frauen. Vielleicht kennen Sie die eine oder andere?«

»Vermuten Sie, dass der Grund für diese Tat in diesen Bildern steckt?«

»Ja, das wäre eine Spur. Verletzte Eitelkeit, Eifersucht, Rache oder eine verschmähte Liebe.«

»Herr Kommissar, ich muss schon sagen, Sie haben eine schmutzige Fantasie. Glauben Sie denn, dass jeder Akt-Fotograf nach dem Shooting sein Modell verführt und vernascht?«

Werner sah den Kommissar fragend an. Alois rührte sich nicht.

»Das ist doch purer Blödsinn«, fuhr Werner fort. »Wir arbeiten mit den Frauen, nicht auf den Frauen. Da gehört eine professionelle Distanz genauso dazu wie auch das ungeschriebene Gesetz niemals etwas mit einem Kunden anzufangen. Viele dieser Bilder geschehen auf ausdrücklichen Wunsch der Modelle. Es sind Geschenke an den Gatten, den Liebhaber oder aber auch nur für das eigene Ego. Ich machte häufiger derartige Shootings, und ich habe meinen Aktmodellen immer angeboten, ihren jeweiligen Partner mitzubringen. Das war mir auch ganz recht, denn dann sahen die Partner, dass konzentriertes Posen und dabei entspannt auszusehen, echte Arbeit ist. Und dass das Ganze nicht ansatzweise so erotisch ist wie die Bilder letztendlich in Hochglanz aussehen. Knallende grelle Scheinwerfer, immer wieder Körperspannung, ständiges An- und Ausziehen und die permanente Angst vor schlechtem Wetter. Da ist nichts Erotisches dabei. Und würde ich tatsächlich mit einem meiner Modelle ins Bett gehen, dann würde sich das in der Branche schnell herum sprechen und ich wäre weg vom Fenster. Verstehen Sie mich, Herr Kommissar?«

»Ja, das kann ich verstehen. Und was ist mit einem Amateur? Wenn der Tote nur ein Amateur war und diese Frauen für seine sexuellen Wünsche fotografiert oder sexuell ausgenützt hat?«

»Zeigen Sie mir die Bilder, dann wissen wir mehr. Wo haben Sie die?«

»Hier auf dem Rechner. Kommen Sie, sehen Sie sich bitte die Aufnahmen an.«

Alois klappte den Rechner des Toten auf und klickte mit dem Cursor auf den File mit den Aufnahmen der letzten Jahre. Simon Werner setzte sich vor den Bildschirm und starrte darauf. Dann sah er plötzlich hoch und sagte zu Kreithmeier: »Können Sie die Bilder nicht auf eine Leinwand werfen? Haben Sie einen Beamer oder so was? Das würde es wesentlich einfacher machen.«

Alois überlegte kurz, ein Beamer, das war eine gute Idee, warum waren sie darauf nicht selbst gekommen.

»Ich bin gleich wieder da. Ich hole uns einen Beamer«, sagte er.

Während Alois ins Treppenhaus huschte, um einen Beamer aufzutun, stieg Melanie aus dem Aufzug und überraschte einen fremden Mann an ihrem Schreibtisch, der sich ihrer Meinung nach gerade an den Aktaufnahmen des Sascha Krügers aufgeilte.

»Was machen Sie da?«, rief sie laut aus und baute sich drohend vor ihrem Schreibtisch auf. Mit einer schnellen Handbewegung klappte sie den Laptop zu. Simon Werner hatte gerade noch seine Finger herausziehen können, bevor der Bildschirm auf die Tastatur knallte.

»Sie sind wohl die Kollegin, von der Kommissar Kreithmeier erzählt hat«, schmunzelte sie der Mann an. »Sie werden mich wohl erschießen müssen, wenn ich etwas verrate.«

Melanie sah den Mann fragend an. Sie verstand nur Bahnhof.

»Was suchen Sie hier? Wer hat Sie herein gelassen? Und was soll der Scheiß mit dem ich werde Sie erschießen müssen?«

»Vielleicht sollte ich mich erst einmal kurz vorstellen, bevor das Ganze noch eskaliert und Sie Ihre Waffe ziehen. Mein Name ist Simon Werner, Berufsbezeichnung Fotograf, und auf Geheiß Ihres Kollegen Alois Kreithmeier, hier zugegen.«

»Wo ist Alois Kreithmeier?«

»Er ist auf der Suche nach einem Beamer. Wird sicher bald zurück sein.«

Simon Werner erhob sich und räumte den Schreibtisch. Dann schritt er selbstbewusst auf die Kommissarin zu und reichte ihr die Hand. Melanie ergriff sie verwirrt und schüttelte sie.

»Melanie Schütz, Kriminalhauptkommissarin Freising. Angenehm.«

»Sie haben ein sehr hübsches Gesicht, Frau Schütz. Haben Sie schon einmal von sich professionelle Portraitaufnahmen machen lassen?«, fragte Werner und hielt ihre Hand fest in der Seinen.

Melanie schüttelte behutsam ihren Kopf.

»Und Sie haben auch eine tolle Figur«, schmeichelte er ihr und betrachtete Melanie von Kopf bis Fuß anerkennend.

»Vielleicht sollte ich Sie mal in mein Atelier einladen. Sie könnten ein tolles Modell abgeben. Wir könnten ja mal ein paar Probeaufnahmen machen. Nur so zum Spaß. Ich kann Sie mir wirklich gut vorstellen.« Und wieder musterte er die Frau von oben bis unten.

»Nackt?«, fragte sie.

»Warum nicht?«

Melanie sah den Fotografen aufmerksam an. Sie wusste gerade nicht was sie davon halten sollte. Dann riss sie sanft ihre Hand aus der Seinen und zupfte verlegen an den Knöpfen ihrer Bluse. Gott sei Dank erlöste sie Alois aus dieser Situation, denn er stürmte mit einem Beamer ins Büro.

»Da habe ich ihn. Ach, Melanie, ääh, du hast Simon Werner schon kennengelernt, Okay, er wird uns helfen, ein Freund von Dallinger, der Spezialist für Aktfotografie, hat alles unterschrieben, Bilder auf den Beamer, besser sehen...«, stammelte Alois etwas außer Puste in Stichworten nur das Nötigste heraus, um seine Kollegin kurzerhand auf den aktuellen Stand der Dinge zu bringen.

»Aktfotografie? Spezialist? Aha!«, wiederholte sie die Worte und sah den Fotografen finster an. Sie spürte, dass er sie fast mit den Blicken ausgezogen hatte, als er ihr von den Probeaufnahmen in seinem Atelier erzählte.

»Also, was wollt ihr jetzt machen?«

»Wir werden die Bilder des Ermordeten mit dem Beamer auf die Wand werfen. Dann kann Herr Werner sie besser untersuchen«, antwortete ihr Alois.

»Na, dann macht mal. Ich schaue euch zu.«

Alois nickte. Dann schloss er den Rechner an den Beamer und warf die Bildschirmoberfläche an die weiße Wand. Sie hatten zwar keine Leinwand, aber die weißgestrichene Wand des Büros tat es auch. Simon Werner stellte sich in geeignetem Abstand davor und bat Alois die Bilder langsam durchzuklicken.

»Interessant!«, sagte Werner plötzlich, als Alois die ersten zwanzig Bilder durchlaufen hatte lassen.

»Wie bitte?«, fragte Alois. »Was ist denn so interessant?«

»Stoppen Sie bitte mal dieses Bild. Also zum einen sind alle Bilder an der gleichen Location aufgenommen worden. Und zwar am Marzlinger Weiher.«

»Das wissen wir schon.«

»Ich kenne das Gelände, ich war dort früher Mal tauchen und ein paar Mal schwimmen. Heute eher ein Platz für FKK, für Pärchen und auch für Spanner, die den Pärchen beim Sex zuschauen. Alle Frauen auf den Bildern sind nicht älter als maximal dreißig Jahre. Es ist schwer für einen Überfünfzigjährigen solche Frauen als Modell zu gewinnen.«

»Warum?«

»In der Diskothek, auf der Straße oder in einer Kneipe? Wohl eher nicht. Über eine Anzeige? Ich weiß nicht. Dann hätten Sie, Herr Kommissar, in seiner Wohnung etwas in der Art finden müssen. Anzeigenvorlagen. Oder eine Rechnung. Und haben Sie?«

»Nein!«

»Na also. Übers Internet? Schwierig. Oder über eine Agentur? Auch nicht ganz einfach. Vor allem für einen No Name Fotografen. Ich denke, er hat die Frauen irgendwo anders kennengelernt. Vielleicht bei der Arbeit? Oder in einem Verein. Volkshochschule Fotoseminar? Sie lächeln allesamt ungezwungen und die Posen wirken nicht gekünstelt. Es sind gute Bilder. Alle Achtung. Und der Künstler hatte eine gute Kamera. Sie haben es freiwillig gemacht und nicht für Geld.«

»Und das sehen Sie?«

»Ja, das sehe ich.«

»Und für Sex?«, fragte Alois.

»Für Sex? Nein, ganz sicher nicht.«

»Eine gute Kamera? So etwas haben wir nicht gefunden«, sagte Melanie plötzlich, die auf einmal doch Interesse an den Ausführungen des Fotografen zeigte.

»Gibt es auf dem Rechner ein Fotobearbeitungsprogramm?»

»Ja! Warum fragen Sie?«

»Weil die Bilder keinen Namen haben, sondern nur die JPEG Daten DSC und eine Nummer. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, die Bilder umzubenennen, geschweige denn die Namen der Frauen zu verwenden. Es ist alles anonym. Ich würde gerne versuchen an die Mediadaten der einzelnen Bilder heranzukommen. So könnten wir feststellen, wann sie aufgenommen worden sind und auch mit welcher Kamera. Die neueren Digitalkameras speichern diese Informationen zu jedem Bild. Vielleicht hat er sogar noch Informationen manuell hinzugefügt?«

»Ja, das gibt es. Photoshop Elements. Meinen Sie so etwas?«

»Ja, Frau Schütz. Das meine ich. Das schauen wir uns später noch an. Im Moment kann ich nur soviel sagen, der Fotograf arrangierte die Damen nur an zwei unterschiedlichen Locations, einmal am Marzlinger Weiher und die zweite Location ist eine Lichtung in einem Wald. Wo das ist, das weiß ich nicht, das kann überall sein. Um Freising herum gibt es ja einige schöne Waldflächen. Und es handelt sich um etwa 20 verschiedene Frauen. Von jeder hat er ein paar Dutzend Aufnahmen geschossen. Und die Aufnahmen sind absolut nicht vulgär.«

»Was meinen Sie damit?«, fragte Melanie.

»Ich will damit sagen, er hat die Mädchen natürlich und sinnlich dargestellt. Nicht bei einer Selbstbefriedigung oder als eine Masturbationsvorlage für Männer, niemals mit den Fingern in ihren Geschlechtsteilen oder mit weit gespreizten Beinen, oder auch sexistische Nahaufnahmen. Der Fotograf hatte ein Auge für Erotik und Sinnlichkeit. Das sind alles keine pornografischen Bilder. Das ist echte Kunst.«

Alois und Melanie staunten über die Worte ihres Gastes.

»Sie müssen es ja wissen. Herr Werner, wir haben auch noch ein paar andere Bilder entdeckt. Die möchte ich Ihnen auch noch zeigen.« Alois klickte auf den zweiten Ordner.

Das erste Bild, das auf der Wand erschien, war eine schwarzweiß Aufnahme einer jungen Frau, die auf einer Terrasse eines Gartenhäuschens lasziv an der Tür lehnte. Mit einer Hand bedeckte sie ihren rechten Busen, die andere bedeckte einen Teil ihrer Scham. Trotzdem war ihre schwarze Schambehaarung zu sehen. Sie lächelte fröhlich in die Kamera. In diesem Stil ging es weiter.

Simon Werner lachte auf als er die ersten Bilder sah.

»Das ist grandios. So etwas habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Diese Frauen, wie sie ohne jegliche Scham freundlich in die Kamera lächeln. Und auf allen Bildern sieht man ihre Gesichter. So etwas macht man heute nicht mehr. In der modernen Aktfotografie wird zwar auch immer wieder schwarzweiß belichtet, aber die Gesichter sieht man immer seltener. Heute werden Details bevorzugt: eine Brustwarze, die Oberschenkel, nackte Füße und lange Beine, die Scham und der Körper wird oftmals in unnatürliche Posen verdreht. Außenaufnahmen entstehen auf Industrieanlagen, in leerstehenden Häusern, an knochigen Bäumen und im Wasser. Es gibt einen Fotografen, der knipst die Mädchen nur unter Wasser und zwar allesamt nackt.«

»Was denken Sie, von wann sind die Bilder und wo sind sie aufgenommen?«

»Ich tippe auf die Jahre Anfang 1970 bis Ende 1980. Man sieht es zum Teil an den Frauen. Die sehen heute anders aus. Außerdem sind das keine Digitalbilder. Das sehen Sie am Weißabgleich. Das sind Kleinbildfilme, die gescannt und somit digitalisiert wurden. Das sind auf jeden Fall fotografische Highlights. Die Bilder sind auch alle in der freien Natur gemacht worden. Keines davon im Atelier. Der Fotograf war also ein Naturalist. Und alle Bilder sind nicht nachbearbeitet worden. Der Fotograf muss ein gutes Auge für Motiv und Beleuchtung gehabt haben.«

»Wir dachten an Dänemark oder Schweden?«, sagte Alois.

»Wie bitte?«, fragte Werner.

»Na ja, wir dachten die Bilder könnten in Dänemark oder Schweden gemacht worden sein?«

»Wie kommen Sie denn darauf?«

»Die meisten Frauen sind blond. Und vor allem Sie haben kein Problem, ihre Nacktheit natürlich zu präsentieren.«

Werner dachte nach. Er schritt nach vorne an die Wand und schaute das letzte Bild genauer an.

»Das glaube ich nicht. Können Sie bitte mal dieses Bild etwas vergrößern. Geht das?«

Alois versuchte es, bekam es aber nicht hin. Melanie rollte mit ihrem Stuhl neben ihn und sagte: »Lass mich bitte mal versuchen.«

Das Bild vergrößerte sich.

»Wollen Sie einen speziellen Ausschnitt?«, fragte Melanie.

»Ja bitte. Zeigen Sie mir das Stück Wiese neben dem Kopf des Mädchens.«

Melanie vergrößerte den gewünschten Ausschnitt. Simon Werner trat nun einen Schritt zurück, um das Bild von weitem anzuschauen.

»Das ist nicht Skandinavien. Das ist in Deutschland. Nur wo?«

»Deutschland? Wie kommen Sie darauf?«

»Diese Bäume. Das sind Schwarz-Pappeln, die sind am Häufigsten in den neuen Bundesländern speziell im Norden verbreitet. Die Schwarz-Pappel wächst als Flussbegleiter in den gemäßigten Klimabereichen weiter Teile Europas mit Ausnahme von Skandinavien. Und sie ist in größeren Beständen auch an den großen europäischen Flüssen wie Loire, Rhône, Po, Donau, Elbe, Rhein und Weichsel beheimatet. Da diese Bilder nicht aus Frankreich kommen, können Sie nur noch in Deutschland aufgenommen worden sein. Und zwar in der damaligen DDR. Vielleicht wurden sie in einem FKK-Club aufgenommen. Da gab es ja mehrere. Die FKK-Bewegung kommt zwar nicht direkt aus der DDR, fand aber dort ihre größte Anhängerschaft. Bis heute verteidigen die Ostdeutschen ihr Recht auf Nacktbadestrände.«

»Bilder aus der DDR?«, fragte Melanie. »Ich komme aus der DDR. Aber haben sich denn die Frauen dort vor knapp 30 Jahren schon so frei fotografieren lassen?«

»Das hat etwas mit der Geschichte des FKK in der DDR zu tun. Da müssten Sie sich eigentlich auskennen.«

»Ich bin Mitte der Siebziger geboren. Als diese Aufnahmen gemacht wurden, da bin ich noch in den Kindergarten gegangen. Wir waren oft an der Ostsee im Urlaub. Stimmt und FKK war Programm.«

»Anfangs der 50er-Jahre war es noch unüblich, sich hüllenlos am Strand zu zeigen. Es gab sogar ein offizielles Nacktbadeverbot der Volkspolizei«, erzählte Werner.

»Davon hatte mir meine Mutter erzählt«, sagte Melanie. »Aber wir DDR-Bürger setzten uns durch. Nacktbaden wurde Privatsache und so widerstanden wir der Staatsmacht.«

»Richtig. Es wurden von Jahr zu Jahr mehr, die FKK zu ihrer Urlaubsnormalität machten.«

»Wir waren immer in Prerow, ein Zeltplatz in den Dünen, dort entwickelte sich ein kleines Paradies für Nacktbader aller Altersstufen.«

»Ich kenne Prerow, Frau Schütz. Das ist im Darß. Zwischen Warnemünde und Stralsund.«

»Stimmt. Wann waren sie da?«

»Leider erst nach der Wende. Der öffentlichen Prüderie, die sich beispielsweise in der Reglementierung von Nacktfotos in Zeitschriften zeigte, stand der private ungezwungene Umgang mit der eigenen Nacktheit gegenüber. Ein berühmter DDR-Aktfotograf war zum Beispiel Klaus Ender.«

»Klaus Ender?«

»Ja, ich habe ihn leider erst nach der Wende kennenlernen dürfen. Er wohnt mit seiner Frau auf Rügen. Ein Meister der Aktfotografie. Einige dieser Bilder hier erinnern mich an seine Werke. Der Fotograf muss ihn gekannt haben, vor allem seine Bilder. Und er hat ihn teilweise kopiert.«

»Wurden Klaus Enders Bilder denn schon zu DDR-Zeiten veröffentlicht?«, fragte Melanie.

»Ja, ja!«, antwortete Werner. »Seine Aufnahmen für die DDR-Zeitschrift „Das Magazin“ machten Klaus Ender schließlich berühmt. Im Jahr 1975 organisierte Ender die von mehr als hunderttausend DDR-Bürgern besuchte Ausstellung „Akt & Landschaft“, die die Aktfotografie in der DDR salonfähig machte und ihm auch international Beachtung einbrachte. Für Jahrzehnte wurde sie zu einem Maßstab für künstlerische Aktfotografie. Seine Fotos wurden auf internationalen Ausstellungen gezeigt, doch er selbst litt sehr darunter, nicht ins westliche Ausland reisen zu dürfen. Das hatte er mir wenigstens bei meinem Besuch gesagt. Und er arrangierte sich mit der Stasi.«

»Sie kennen sich gut aus. War Ender ein Spitzel?«

»Nein, niemals. Klaus Ender war ein großes Vorbild für uns junge Fotografen. In seinen Bildern war auch niemals etwas Anstößiges oder Unzüchtiges. Und er hat nicht nur Frauen fotografiert, ab und zu mal auch Männer. Er verehrte die Frauen. Und er fotografierte sie meistens in der Natur, nackt und natürlich.«

»Ich wusste gar nicht, dass DDR-Aktfotografie so bekannt war«, sagte Melanie überrascht.

»Ja, ja das war sie«, klärte Werner sie auf. »In der BRD war das Schmutz. Ein nackter Busen konnte einen Skandal herbeirufen. Denken Sie an Hildegard Knef, den Film „Die Sünderin“. Dieser Film mit der damals noch blutjungen Hildegard Knef in der Hauptrolle war der erste Skandal der jungen Bundesrepublik. In einer Szene war sie für Sekunden splitterfasernackt in eine Hängematte drapiert zu sehen. Die Kirche witterte die Zersetzung der sittlichen Begriffe unseres christlichen Volkes. Ein zuvor bei Kritikern und Publikum eigentlich durchgefallener Film wurde doch noch zum Kassenschlager. Und nur wegen einem nackten Busen. Das ist doch absurd. Da waren Sie in der DDR wesentlich aufgeschlossener und sexuell weiter.«

Alois hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. Jetzt räusperte er sich und unterbrach die Geschichtsstunde in DDR-Fotografie.

»Das ist ja alles äußerst interessant, aber zurück zu unserem Fall. Also wenn die Bilder auf dem Laptop in der ehemaligen DDR aufgenommen worden sind, und wir davon ausgehen können, dass der Ermordete sie selbst gemacht, dann muss er doch wohl oder übel vor der Wende in der DDR gewohnt haben? Oder sehe ich das falsch?«

»Nein, das sehen Sie richtig. Können wir jetzt mal ins Bearbeitungsprogramm, in den Photoshop gehen, und uns die Mediadaten der Bilder anschauen? Bei den Kleinbildfilmen ist das nicht der Fall. Hier bin ich mir sicher, die Bilder stammen aus der DDR- Mecklenburg Vorpommern würde ich sagen, eine Gegend mit Schwarz-Pappeln. Ostsee passt leider nicht, denn es gibt keine Strände oder Wellen darauf zu sehen. Alle Bilder sind im Grünen aufgenommen worden. Und wenn man bei einigen Bildern ganz genau hinschaut, dann sehen Sie im Hintergrund weitere nackte Personen. Wie ich schon erwähnte, wahrscheinlich in einem FKK-Club.«

Melanie öffnete den Photoshop und alle drei suchten auf dem Rechner nach Bildinformationen. Simon Werner machte sich auf einem Blatt Notizen. Nach einiger Zeit blickte er auf seine schriftlichen Ergüsse und sagte zu den beiden Beamten: »Das ist wirklich interessant. Alle Bilder sind in den Monaten Juni bis September aufgenommen worden. In jedem Jahr hatte der Fotograf nur zwei Modelle. Angefangen hat er im Jahr 1998. Aus diesem Jahr sind die ersten digitalen Aktfotos. Die letzten sind aus dem Jahr 2012. 2013 fehlt ganz. Warum? Hat er sich zur Ruhe gesetzt? Zwangspause, Knast oder etwas in der Art? Zu alt geworden, keine Modelle mehr bekommen? Und warum diese Pausen von 1980 bis 1990 und von 1991 bis 1998? Die digitale Fotografie wurde 1990 erfunden. Von Nikon.«

»Aber sicher damals noch unbezahlbar«, sagte Alois.

»Richtig. Auch für uns Westdeutsche.«

»Hat er dann gewartet, bis die Preise sinken und er ausreichend Geld für eine gute Ausrüstung beisammen hat?«

»Schwer zu sagen. Auf jeden Fall hat er einen sehr hohen Qualitätsanspruch, egal ob mit Kleinbild oder Digital. Seine Bilder sind scharf und gut ausgeleuchtet. Die Frauen kommen sehr gut rüber.«

»Haben Sie vielleicht einige dieser Damen erkannt, vielleicht selbst schon mal vor der Linse gehabt?«, fragte Alois den Fotografen.

»Nein, leider nicht. Da bin ich mir absolut sicher. Ich denke auch, dass das keine professionellen Aktmodelle waren. Sie sind zwar alle sehr hübsch, aber sie machen mir den Eindruck, dass sie das erste Mal für solche Aufnahmen vor der Kamera standen. Und das macht gerade diesen Charme dieser Bilder aus.«

»Sie denken also, er hat sich mit seinen Bildern große Mühe gegeben.«

»Auf jeden Fall. Das sind gute Arbeiten. Die Bildinformationen sagen außerdem aus, dass er mit einer Nikon gearbeitet haben muss und vor allem mit lichtstarken Objektiven. Das kostet eine Menge Geld. Nikon-Objektive sind nicht gerade ein Schnäppchen.«

»Apropos Geld. Habt ihr herausgefunden, wo er gearbeitet hat«, fragte Alois seine Kollegin Melanie.

»Ach du meinst die beiden Firmen FCM? Und LSV? Noch keine Ahnung. Rainer ist da dran.«

»Sagten Sie gerade LSV?« Werner sah den Kommissar fragend an.

»Ja. LSV! Sagt Ihnen das etwas?«

»LSV ist unter anderem die Abkürzung für den Luftsportverein Landshut. Er hat seinen Sitz am Flugplatz Ellermühle.«

Melanie starrte den Fotografen ungläubig an. »Landshut hat einen Flugplatz? Sie wollen mich verarschen?«

»Nein, nein«, entschuldigte sich Werner, »der Verkehrslandeplatz Landshut-Ellermühle ist ein klassifizierter bayerischer Flugplatz südwestlich der Stadt Landshut. Am Flugplatz sind unter anderem zwei Flugschulen, mehrere Wartungs- und Reparaturfirmen, eine Wartungsbasis für Rettungshubschrauber und eine Fluggesellschaft untergebracht.«

»Das gibt es doch nicht.«

»Doch, doch. Ich habe dort schon Aufnahmen gemacht, für die Zeitschrift Flug Revue. Ein Portrait über diesen Platz mit all seiner Geschichte. Schon 1961 wurde der Flugplatz gegründet.«

»Wann haben Sie die Aufnahmen gemacht?«

»Vor einem halben Jahr. Der Bericht kam in der Augustausgabe, wenn ich mich nicht irre. Ich müsste zu Hause noch ein Belegexemplar haben.«

Melanie hatte begonnen sofort im Internet nach Luftsportverein Landshut zu suchen.

»Sie haben Recht. Es gibt eine eigene Homepage des Vereins. Modellflugzeuge, Motor-, Ballon- und Segelflug. Könnte passen. Sascha Krüger war ein Modellflugzeugfan. Nur was machte er dort? Auf einem richtigen Flugplatz? Als was war er dort angestellt?«

»Das weiß ich nicht«, sagte Werner. »Aber wenn er dort gearbeitet hat, dann ist er sicher auch in der Flug Revue. Ich habe ein Gruppenfoto gemacht, mit den Hauptverantwortlichen des Luftsportvereins. Soll ich die Zeitschrift holen?«

»Erst einmal brauchen wir sie nicht, vielleicht später. Wir bleiben ja in Kontakt«, antwortete Melanie ihm.

»Flugplatz Ellermühle? Wenn wir bloß ein Motiv hätten, dann kämen wir ein ganzes Stück weiter«, schimpfte Alois. »Was wissen wir denn schon? Der Krüger kommt aus der DDR. Das sagen die Bilder aus, wenn er sie denn persönlich geschossen hat. Er hat eine Leidenschaft für alles, was in der Luft fliegt, deswegen könnte er tatsächlich auf diesem Flugplatz arbeiten, aber nur im Sommer bei schönem Wetter. Ist denn der Flugplatz im Winter geschlossen?«, fragte Alois in die Runde.

Melanie und Simon Werner sahen ihn mit weit geöffneten Augen an und zuckten nur mit den Achseln. Sie konnten seine Frage nicht beantworten.

»Nur im Winter arbeitete er als Weihnachtsmann«, fuhr Alois mit seinen Überlegungen fort, »also ist es doch logisch, dass er am Flugplatz an etwas arbeitete, was in den Wintermonaten nicht gebraucht wird, oder?«

Melanie und Simon nickten ihm zu.

»Und wir wissen, dass er gern nackte Mädels fotografierte; keine Pornografie sondern nur künstlerische Aktfotografie machte. Und wer bringt einen solchen Mann dann um? Eine Frau von diesen Bildern? Sind Sie denn schon einmal von einem Aktmodell oder deren Mann bedroht worden?«, fragte Alois den Fotografen.

Simon Werner lachte auf. »Nein, das ist mir noch nicht passiert.«

»Könnte es mit seiner DDR-Vergangenheit zu tun haben?«

»Da kann ich auch nur lachen, Herr Kommissar. Die Frauen auf den Bildern sind heute schon alle Mamis oder sogar Großmamis. Diese Bilder sind höchstens Jugendsünden. Wer sollte nach so vielen Jahren wegen einem blanken Busen einen älteren Herrn umbringen?«

»Dann kommen wir hier erst einmal nicht weiter. Aber Sie haben uns trotzdem enorm helfen können. Vielleicht brauchen wir Sie noch einmal. Danke fürs Erste.«

»Dann kann ich jetzt gehen?«, fragte Simon Werner ungläubig.

»Ja, bitte. Aber halten Sie sich bitte zur Verfügung. Und zu niemandem ein Sterbenswort.«

»Versprochen, Herr Kommissar. Versprochen.«

Werner schulterte seine Tasche und verabschiedete sich. Zu Melanie gewandt sagte er: »Hier ist meine Karte. Wenn Sie mal Zeit haben, dann kommen Sie doch mal bei mir vorbei. Ich sagte ja schon, ich würde gerne mal ein paar Aufnahmen von Ihnen machen. Sie haben ein interessantes Gesicht und eine gute Figur.«

»Ja, ja, mit Falten um die Augen«, entgegnete Melanie.

»Das macht es ja so interessant. Vergessen Sie es nicht, Sie werden es nicht bereuen.«

Simon Werner verschwand im Treppenhaus. Alois sah dem Mann nach und fragte Melanie ohne sie direkt anzusehen: »Aha, die gnädige Frau möchte ein paar heiße Bilder von sich machen lassen?«

»Alois, jetzt übertreib mal nicht. Pack lieber dein Zeug zusammen, wir fahren nach Ellermühle. Schauen uns auf dem Flugplatz um. Auch wenn es kurz vor Weihnachten ist, irgendjemand werden wir schon finden, den wir wegen dem Krüger befragen können.«

Alois drehte sich zu seiner Kollegin um und sagte: »Okay, aber du fährst. Und was ist mit der KTU? Wollen wir nicht erst einmal dort nachfragen, was sie alles herausgefunden habe?« Er machte eine Pause. »Eigentlich schade, dass der Rainer nicht hier bei uns war. Dem hätte der Vortrag mit den Bildern über ostdeutsche Aktfotografie sicher gut gefallen.«

»Alter Chauvi. Lass den Rainer nur im Keller. Komm, fahren wir.«

Melanie griff nach ihrer Handtasche, warf sie lässig über die Schulter und stolzierte sexy Hüfte wackelnd aus dem Büro.

»Vielleicht komme ich wirklich auf sein Angebot zurück. Ein paar Aktfotos von mir im neuen Polizeijahreskalender. Das wär doch was, meinst du nicht Kreiti?«

Wie ich dieses Kreiti hasse, dachte Alois und folgte ihr auf ihren Hintern starrend.

Der Mann, der den Weihnachtsmann erschoss

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