Читать книгу Grundwissen Geistigbehindertenpädagogik - Barbara Fornefeld - Страница 7

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Vorwort zur 1. Auflage

„Ich wünsche mir, dass wir behinderten

Menschen nie mehr ausgelacht oder

benachteiligt werden.“

(Bobby Brederlow)

Für seine Hauptrolle im ARD-Vierteiler „Liebe und weitere Katastrophen“ hat Bobby Brederlow 1999 den ersten Medienpreis der Bundesvereinigung für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. erhalten. Sein Wunsch verdeutlicht eindrücklich das Spannungsfeld, in dem Menschen mit geistiger Behinderung in unserer Gesellschaft leben. Sie wollen so akzeptiert werden wie sie sind. Sie wollen als normal begriffen werden, weil sie trotz aller Aufklärung heute immer noch auf Ablehnung und Diskriminierung stoßen.

In seiner Schlichtheit weist das einführende Zitat damit auch auf ein zentrales Problem der Geistigbehindertenpädagogik. Menschen wie Herr Brederlow erscheinen auf den ersten Blick anders und doch sind sie wie die anderen, die Menschen ohne Behinderung, mit demselben Anspruch auf Achtung ihrer Menschenwürde und -rechte. Die Geistigbehindertenpädagogik wendet sich ihren individuellen Bedürfnissen zu, mit dem Ziel, ihnen durch angemessene Erziehung, Bildung und Betreuung gerecht zu werden.

Die organischen Schädigungen und deren Folgen prägen die individuelle Lebenssituation von Menschen mit geistiger Behinderung und verlangen nach einer adäquaten Lebensgestaltung und -begleitung. Zur Durchsetzung ihrer Bedürfnisse benötigen Menschen mit geistiger Behinderung meist lebenslang Unterstützung, die in jeder Lebensphase spezifisch zu gestalten ist: In der frühen Kindheit sind andere Erziehungs- und Betreuungsmaßnahmen notwendig als im Jugend-, Erwachsenen- oder gar im Greisenalter. Wieder andere Maßnahmen sind in der Schule und im Bereich von Arbeit, Wohnen oder Freizeit erforderlich.

Vor dem Hintergrund des spezifischen Erziehungs- und Unterstützungsbedarfes hat sich die Geistigbehindertenpädagogik heute zu einem komplexen System pädagogischer, therapeutischer und rehabilitativer Maßnahmen entwickelt, die in unterschiedlichen Institutionen und von verschiedenen Fachkräften durchgeführt werden. Trotz Breite und Unterschieden in den Zugangsweisen verfolgen alle Institutionen und Professionen ein gemeinsames Ziel, nämlich

die Verringerung von Beeinträchtigungen und Benachteiligungen,

die größtmögliche Selbstbestimmung und

die Integration von Menschen mit geistiger Behinderung in die Gesellschaft.

Unterstützt wird dieser Prozess von der wissenschaftlichen Geistigbehindertenpädagogik, die Erziehungstheorien und -methoden entwickelt und durch die Erforschung der Lebenssituation von Menschen mit geistiger Behinderung diese verbessernd zu beeinflussen versucht. Der Geistigbehindertenpädagogik geht es, in der Praxis wie in der Theorie, um die Verwirklichung der individuellen Erziehungs- und Lebensbedürfnisse von Menschen mit Behinderung in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Damit verfolgt sie immer auch einen ethischen und gesellschaftspolitischen Auftrag, wie beispielsweise die Durchsetzung und Realisation des Lebens- und Bildungsrechtes der ihr anvertrauten Menschen.

Charakteristikum der aktuellen Geistigbehindertenpädagogik ist ihr Denken und Handeln vom Menschen aus, von seinen spezifischen Bedürfnissen, individuellen Einschränkungen, aber auch von seinen Möglichkeiten aus. Darum sollen in diesem Buch die Menschen mit geistiger Behinderung – ihre Lebensräume, ihre Erziehungs- und Betreuungsbedürfnisse – im Mittelpunkt stehen. Von hier aus werden Ziele und Aufgaben der Geistigbehindertenpädagogik in verschiedenen Institutionen (z. B. Schule, Werkstatt oder Wohnheim) dargestellt. Hierbei sollen Charakteristika des geistigbehindertenpädagogischen Denkens deutlich werden; der Überblick wird aus einem pädagogischen Blickwinkel gegeben.

Den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Seminars für Geistigbehindertenpädagogik in Köln, insbesondere Frau Ilm, Frau Foede und Frau Harwick, danke ich für ihre Unterstützung bei der Literaturrecherche, dem Ehepaar Ullmann und Herrn Gödecke für ihre Mitwirkung bei grafisch-technischen Fragen, Herrn Brederlow, Herrn T. und der Theatergruppe SinnFlut für ihre Zustimmung zum Druck ihrer Fotos. Besonders danken möchte ich Frau Wehler und Frau Landersdorfer vom Ernst Reinhardt Verlag für ihre wohlwollende Unterstützung und die Realisation dieses Buches.

Grundwissen Geistigbehindertenpädagogik

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