Читать книгу Winter - Barbara Schaefer - Страница 11

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Am nächsten Morgen startet der Zug um 8 Uhr in Richtung Trondheim. Der Himmel ist lange rosa. Dann lange „blausa“, ein Wort, das Tucholsky erfand, als er über das schwedische Schloss Gripsholm schrieb. Denn die Sonne geht im Norden langsam auf und unter (anders in Äquatornähe, wo sie abends um sechs Uhr ins Meer plumpst und sofortige Dunkelheit nach sich zieht). Das führt zu langen Dämmerungen in zarten Farben.

Eine Frau mit Teleskop-Wanderstöcken steigt zu, sie schraubt die Stöcke zusammen und verstaut sie in einem Rucksack, hängt ihre dicke hellblaue Daunenjacke an den Haken. Sie hat kurze graue Locken, zart wie Eiderentenkükenbauchflaum. Sie packt ihr Strickzeug aus, mehrere blaue und rote Knäuel, und werkelt am Ärmel eines Norwegerpullovers – wirklich und tatsächlich strickt sie ein Norwegermuster.

Die Zugstrecke führt übers norwegische Inland, Richtung Küste. Meine Gedanken springen zu einer Reise mit der berühmten Bergenbahn, die die Hardangervidda, eine unwirtliche und deshalb schöne Gegend, durchquert.

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Ich hatte einmal Gelegenheit, über diese Region mit der berühmtesten Outdoor-Winter-Freundin Norwegens zu plaudern: mit Königin Sonja. Es war zugegebenermaßen ein sehr kurzes Gespräch. In Oslo wurde ein norwegischer Tourismus-Preis verliehen, dazu wurden ausgewählte Journalisten aus Europa eingeladen.

Meine Einladung fußte auf meiner langjährigen Norwegen-Publikations-Expertise, oder genauer gesagt: auf Losglück. Also stand ich da im Nobel-Friedenszentrum und war ziemlich aufgeregt. Einleitend sollte es einen Foto-Vortrag geben über Friluftsliv, wie die Norweger alles nennen, was vor der Haustüre stattfindet. Da sich dort auch die Königin gerne aufhält, würde Ihre Majestät dero Bilder zeigen und von den Reisen erzählen.

Sonja von Norwegen, eine zierlichen Dame mit ondulierten hellbraunen Haaren, ist eine Bürgerliche, 1937 in Oslo geboren. 1959 lernte sie Harald kennen, der war damals Kronprinz von Norwegen – und sein Vater gegen die Heirat. Neun Jahre dauerte es, bis der alte Herr einknickte. Sie war die erste Königin überhaupt, die den Boden der Antarktis betreten hat; in Schnee und Eis fühlt sie sich wohl, der Winter sei „ihr Favorit“ sagte sie, während sie ihre Fotos von Ski-Ausflügen zeigt. Im Plauderton führt die Königin mit ihren Bildern durchs Land, zu Aufnahmen der Landschaft um Lillehamer erklingt Griegs Peer-Gynt-Suite, und ein Foto, auf dem sie von oben bis unten eingemummelt ist, kommentiert sie lakonisch: „Das Wetter kann unangenehm sein.“

Zusammen mit Freundinnen trifft sich Sonja von Norwegen nicht zum Bridge, sondern zum Skilaufen, sogar in der Stadt. Da staksen die Damen in Oslo am königlichen Palast bergauf, im Vigeland Skulpturenpark postieren sie sich vor dem Sinnataggen, dem zornigen kleinen Nackedei. Ein „unglaublicher Spielplatz“ sei die Natur, wir sehen sogar die gestürzte Monarchin, lachend liegt sie im Schnee. Als ihr liebstes Ski-Abenteuer bezeichnet sie eine Tour im Hardangerfjord, vom Meer auf den Berg hinauf.

Der Vortrag ist zu Ende, der Preis überreicht. Die Königin und ihr Hofstaat verlassen den Saal, alle stehen auf. Dann geht es nach nebenan, eine paar handverlesene Journalisten – mitsamt mir – dürfen nun mit Ihrer Majestät plaudern. Alle warten geduldig, ich wische mir die Handinnenflächen trocken am schwarzen Kleid.

„Keine hohen Absätze, kein auffälliger Schmuck, nicht zu viel Haut“, hatte es im Vorfeld geheißen. Jetzt nahen Männer mit Knopf im Ohr, und mit routiniertem Smalltalk arbeitet die Königin die Presse ab. Sie rückt immer näher und dann fühle ich die königliche Hand in meiner.

Wohin ich denn meine Leser schicken würde, fragt sie. „Im Winter auf die Hardangervidda.“ „Oh, der Schnee“, sagt Ihre Majestät Königin Sonja von Norwegen, „ich kann es kaum erwarten, bis der Winter richtig losgeht.“ Wir stehen uns halt doch nahe, die Königin und ich.

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Bei mir hatte es allerdings eine Weile gedauert, bis ich das erste Mal über die Hardangervidda ziehen konnte. Mein erster Anlauf war im Frühling, ich wollte von Hütte zu Hütte wandern. Ich war Studentin in München, es gab das Internet noch nicht und Norwegen war so exotisch wie Thailand. Ich sammelte an Informationen, was ich bekommen konnte, und flog los. Es war Anfang Mai und beim Landeanflug am nächstgelegenen Flughafen sah ich mit Verwunderung linkerhand eine riesige weiße Fläche: Die Hardangervidda, noch tief verschneit. Darauf waren ich und meine zusammengeliehene Wanderausrüstung nicht eingestellt, ich verbrachte also eine Woche in einer zugegeben zauberhaften Hütte an einem See.

Erst Jahre später sollte ich die tief verschneite Hardangervidda wirklich erkunden, diesmal besser ausgerüstet und auf Telemarkski. Diese Ski sind breiter als Langlaufski, ihre Fersenbindung ist lose, so dass man den Fuß anheben und damit auch außerhalb von Loipen querfeldein laufen kann.

Um den größten Nationalpark Norwegens zu durchqueren, braucht man etwa eine Woche. Man geht von Hütte zu Hütte und sieht erst nach gut 160 Kilometern wieder Autos und Steinhäuser. Dazwischen ist alles weiß. Ich war mit einer Gruppe unterwegs und auf dieser Durchquerung schneite es jeden Tag, in meiner Erinnerung verdichtet sich die Woche zu einem einzigen Tag in Weiß.

Los ging es in Finse, der Bahnstation der Bergenbahn. Anfangs bewegten wir uns unbeholfen und unkoordiniert. Grobmotorisches Staken und Schieben entfuhr den Großstadtgliedern, Skistöcke fuchtelten durch die Luft, Ski kreuzten sich. Manchmal lag man im Schnee, hilflos wie ein Käfer mit dem schweren Gepäck auf dem Rücken. Den einen ging es zu schnell, sie hechelten hinterher, den andern war es zu langsam, sie zogen voraus wie einsame Polarforscher.

Am zweiten Tag schneite es stärker, doch allmählich formierte sich der Haufen zu einer Gruppe, fand zu einem Rhythmus. Orientierung im konturlosen Weiß gaben die „Kvister“. Mit diesen Reisigbesen war die gesamte Strecke markiert, so trägt im Winter die kahle Hardangervidda Bäume. Man mag sich in Vorfreude vorstellen, wie wundervoll eine solche Tour den Kopf leert, und über was man dabei alles nachdenken könnte. Das stellt sich aber selten ein.

Durch den Kopf zieht vor allem das Geräusch des Vordermanns, das Quietschen seiner Bindung, das Tappen seiner Schritte. Und man selbst ist mit Elementen und Elementarem beschäftigt: Wind. Kälte. Essen. Trinken. Gehen. Schlafen.

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Vielleicht war es neben Forscherdrang und Heldentum auch das, die Konzentration auf das Wesentliche, was Männer wie Fridtjof Nansen hinaustrieb aus den Städten. Auf den Polarforscher stieß ich auf meinen Winterreisen oft. Über die Hardangervidda ist er auch gegangen – für ihn war es kaum mehr als eine Trainingstour.

1884 lief er von Voss in der Nähe von Bergen nach Oslo, um an einem Skirennen teilzunehmen, und dieselbe Strecke wieder zurück. Vier Jahre später durchquerte er Grönlands Inlandeis. „Gestern endlich sind wir von unserem Lagerplatz fortgekommen. Trotz des Wetters, das so schlecht wie nur irgend möglich war, und des wütenden Schneesturms aus Osten freuten wir uns, unsere Wanderung wieder aufzunehmen“, schreibt Nansen in In Nacht und Eis.

Auf der Hardangervidda kehrten wir abends in Hütten ein, die Gesichter glühten, vor Freude und aufgeschmirgelt vom Wind, wie Eulen sahen alle aus – mit hellen Gletscherbrillenrändern um die Augen. Bald verkrochen wir uns in die dicken Schlafsäcke, die allein den halben Rucksack füllten. Wer zum Abendessen den Durst des Tages löschte, hatte später ein Problem: Raus aus dem Schlafsack, rein in die Skischuhe, Nachtwanderung. Das Häusl steht immer abseits, immer im Windkanal, immer schneit und bläst es nachts noch mehr als am Tag.

Am letzten Tag unserer Tour schien plötzlich die Sonne. Euphorisch schrieb ich in mein Reisetagebuch: „War bislang Landschaft nur das, was unter den Ski lag, so weiten sich nun Blick und Herz. Wie frisch geschlagene Sahnehäubchen präsentiert sich die Hügelwelt rundum. Jetzt erst merkt man, wie das Schneetreiben beengte. Wie man immer nur auf den Rucksack des Vordermanns starrte, wie sich der Horizont auf diese Gruppe beschränkte.

Plötzlich ist da Welt, ist da Gegend, ist da etwas, durch das man seit Tagen schon läuft. Dies ist ja das entscheidend Schöne: Sich nicht in einer Hütte einzurichten, kein Nest zu bauen, sondern: reisen. Jeden Tag brechen wir erneut auf, packen unser ganzes Hab und Gut ein, und sei es auch nur das Hab und Gut dieser Reise, und ziehen weiter. Dabei legt man eine beachtliche Strecke zurück. Man kann sich danach die Hardangervidda-Karte über das Sofa hängen. Wenn Gäste kommen, darf man sagen: Da bin ich gelaufen. Im Winter. Ja, die ganze Strecke!“

Das Gehen in der tief verschneiten Landschaft war wirklich kräftezehrend, stündlich mussten wir uns beim Spuren, beim Vorausgehen abwechseln, damit die Nachfolgenden Energie sparen konnten. Vorne zu gehen war am anstrengendsten – und am schönsten. Nur wer vorausschnürt, fühlt sich allein in dieser Unendlichkeit. Und fühlt sich, ja doch, wie Nansen. Nur wer als erster geht, geht in der Bilder Flut. Nur wer als erster geht und vergisst, dass jeden Abend eine geheizte Hütte die Gruppe beherbergt.

Nur wer als erster geht und nur nach vorne schaut, in den Schnee, auf die weiße Leinwand und dorthin sein Kopfkino Bilder projizieren lässt, der kann verstehen, was Nansen und Amundsen und all die anderen immer wieder hinaus- und immer weiter in den Norden trieb.

Auch ich kann davon nicht genug bekommen. Ja, es ist eine unglaubliche Schinderei, aber Glück ist es auch.

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Die Eisenbahn von Oslo in Richtung Norden heißt Hovedbane (Hauptbahn), sie war 1854 Norwegens erste Zugstrecke. Bald sind wir in Lillehammer, hier stehen schon Berge, olympisches Gebiet, an einem Flussufer liegen schwarze Felsen mit einer dünnen Schneeschicht, wie Brocken von Luftschokolade mit Puderzucker bestäubt. Im Grönländischen wäre das vermutlich ein einziges Wort …

Nebel zieht auf. Der sorgt für Raureif, der sich als Kristallschmuck an die Äste hängt. Ich erinnere mich an Weihnachtsspaziergänge auf der Schwäbischen Alb, alles um uns herum glitzerte schöner als der Weihnachtsschmuck am Baum. Ich war immer davon ausgegangen, dass die Bezeichnung Raureif etwas mit den Raunächten zu tun habe. Weil um diese Jahreszeit der Wald oft so mystisch aussieht.

Die Wahrheit ist profaner. Auch das, was sich im Eisfach des Kühlschranks gerne ansammelt, ist im Grunde genommen Raureif: ein fester Niederschlag, der sich aus Nebel oder Luftfeuchtigkeit bildet. Resublimation wird dieser physikalische Vorgang genannt, was mich versöhnt, weil darin immerhin das Sublime, das Erhabene dieser Wintererscheinung steckt. Der Vorgang an sich ist bemerkenswert genug: Nadelförmige Eiskristalle bilden sich entgegen der Windrichtung. Sieht man so einen Ast oder einen Pfeiler, der diese Eisnadeln alle in eine Richtung streckt, zeigen diese also in den Wind. Auch wenn man das Gegenteil vermuten könnte.

Dies hängt mit der Luftfeuchtigkeit zusammen, sie ist im Wind höher als im Lee. Auf diese Art kann sich einiges an Gewicht auf den Zweigen ansammeln – sogar Bäume können dadurch zu Schaden kommen, und das wird – noch ein ungewöhnliches Wort – als Duftbruch bezeichnet. Der Wortstamm ist althochdeutsch, da bedeutete Duft Nebel oder gefrorener Dunst.

Sind das nicht wundersame Wörter: Raureif, Resublimation, Duftbruch? Sie bereichern unsere Sprache. Wenn aber die Winter weichen, wenn wir nicht mehr hinausgehen in die Kälte, diese Schönheiten nicht mehr wahrnehmen und auch nicht mehr darüber reden, wird das Deutsche diese Wörter verlieren.

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Wirklich beeindruckenden Raureif sah ich einmal auf einer Tour in Schweden, diesmal mit Schneeschuhen statt Ski, und wieder ging es über eine Hochebene, diese hieß Fulufjäll und ist der jüngste Nationalpark des Landes. Zusätzlich zu den großen Rucksäcken hatten wir Pulkas, eine Art Plastikwannen mit Zuggeschirr. Die waren beladen mit Schlafsäcken, Essen, Notfall-Ausrüstung. Sie wogen 40 Kilo, und wir zogen sie abwechselnd.

Am ersten Tag mussten wir erst einmal steil hinauf auf diese Hochebene, die Sonne schien durch den lichten Tannenwald, wir schwitzten. Am späten Nachmittag erreichten wir erschöpft die Tangastugan, eine Selbstversorgerhütte mit zwei Räumen, zwei Öfen, aber das Holz lag ungesägt vor der Hütte. Der einzige Mann der Gruppe fühlte sich verpflichtet, er sägte. Und beschwerte sich danach, das solle Urlaub sein?

Am zweiten Tag ging es flach übers baumlose Hochfjäll, den Pulka ziehend fühlte ich mich wie ein Wolgaschlepper. Der Wind blies schräg und eisig, statt Kvister standen hier weiß verkrustete Wegkreuze, sie trugen ebendiesen beeindruckenden Raureif und sahen aus wie mit Gips beworfen.

Vier Tage folgten wir dem südlichen Kungsleden, dem König der schwedischen Wanderwege, durch den Nationalpark. Doch am dritten Morgen war die Landschaft verschwunden. Nebel, Wolken, Schnee, der Wind blies Eiskristalle umher. Wir blieben in Sichtweite, waren vermummt mit Skibrillen, Schals bis zur Nase, dicke Handschuhe. Durchs weiße Nichts mühten wir uns voran. Ein physisch und psychisch anstrengender Tag. Zehn Kilometer, fünfzehn Kilometer, wir verloren das Gefühl für Zeit und Raum. Wir tranken Tee mit klammen Fingern, standen eng beieinander in der Kälte. Der Schnee peitschte waagrecht daher, die Brille beschlug innen und von außen gefror das Eis daran. Wir gingen weiter, nach Norden. Am späten Nachmittag schälte sich im Nebel die nächste Selbstversorgerhütte, die Rörsjönstuga, heraus.

Die Hütten haben weder Strom noch Wasser. Schnee schmelzen dauert viel zu lange. Tourguide Elke griff sich einen Wasserkessel, stapfte nach draußen. Sie wusste, wo im Sommer der Bach fließt. Dort legte sie sich in den Schnee, hieb mit der Axt ein Loch ins Eis. Brachte Trinkwasser. Nachts wurde der Wind zum Sturm, drückte Schnee durch die Ritzen der Hütte. Elke sagte: „Keiner geht mir alleine zum Toilettenhäuschen, nicht dass mir da noch einer wegfliegt.“ Am Morgen stiegen wir auf kürzestem Weg ab.

Da fragt man sich am Ende: Was war das für eine Tour? Urlaub oder Schinderei? Ansichtssache. Wieder daheim wirkt das Elementare der Schneeschuhtour nach. Wie wenig man braucht zum Leben! Alles passt in einen Rucksack. Und wie lebensnotwendig das Wenige sein kann. Wie schmal der Grat zwischen Abenteuer und Gefahr sein kann. Und inwiefern genau das das Abenteuer ausmacht.

Lässt sich Abenteuer nur dort spüren, wo es zumindest nach Gefährdung riecht? Wenngleich diese Tour nicht wirklich gefährlich war. Wir hatten genügend zu essen, die Hütten liegen nicht zu weit voneinander entfernt, und hätte sich einer verletzt, wäre die Zivilisation erreichbar gewesen. Es war nur kalt und windig.

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Als ich Mitte November in Berlin aufgebrochen war, erschienen die Stadtparks noch ungewöhnlich grün. Nun fahre ich durch Ausläufer des Rondane-Gebirges in Norwegen, hier finden sich keinerlei Anzeichen von Herbst mehr. Kein Blatt mehr an den Birken, Felder und Wiesen liegen strohfarben, Bäche tragen eine grisselige, noch lückenhafte Eishaut. Und bald darauf im Dovre-Nationalpark präsentiert sich die Landschaft wie eine Lithographie, alle Farben sind entwichen. Schwarze Felsen und Bäume, weiß der Himmel und der Schnee.

Auf dem Smartphone suche ich nach Begleitmusik, endlich reicht die Zeit, Schuberts „Winterreise“ in aller Ruhe anzuhören. Bam, bam, bam, bam, die ersten Akkorde in C-Moll, „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.“ Ich höre Dietrich Fischer-Dieskau, am Klavier Alfred Brendel, allein: Es funktioniert nicht. Das ist keine Musik zum Zugfahren, das ist Musik zum Gehen, zum Wandern: „Muss selbst den Weg mir weisen, in dieser Dunkelheit.“ Dann eben ein andermal.

Ich schwenke um auf die Musik der Königin, Edvard Griegs Peer-Gynt-Suite, keine Wintermusik, aber mir ist gerade so romantisch und hier in den Bergen steht die Peer-Gynt-Hütte, da möchte ich auch mal hin. Denn so schön und elegisch das Zugfahren ist, ich fühle mich eingesperrt, während die allerschönste Landschaft vorüber zieht.

Weiter im Binnenland warten Wälder. Schwerer, feuchter Schnee zieht den Bäumen die Äste auf den Boden. Und doch vermittelt der Schnee ein ganz anderes Grund- und Lichtgefühl. Schnee macht den Winter hell.

Menschen in dicken Arbeitsanzügen hantieren an Traktoren, Hauslichter brennen Tag und Nacht. An der Biegung eines schwarzen Flusses steht ein rotes Häuschen, genau eins. Ich möchte hinüberstapfen durch den knietiefen Schnee, Holz hacken, aufsperren, bleiben. Für zwei Wochen.

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In Berkåk ist es dann wirklich Winter: rote Häuser mit einer dicken Schicht Schnee auf dem Dach. Batzen von Schnee auf den Bäumen, Norden plus Höhe ist gleich früher Winter. Aber Norden minus Höhe ist auch grau: In Trondheim, am Meer angelangt, ist kein Fitzelchen Schnee zu sehen. Trübe liegt die Stadt am Fjord.

Winter

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