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SAMMELNDE

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Erst der Sammler oder die Sammlerin macht aus einem ungeordneten Sammelsurium eine strukturierte Sammlung. Für ein Sammeln im Sinne von collecting sind also zwei Komponenten notwendig: sammelbare Gegenstände und ein sammelnder Mensch.

Die Mehrzahl der Menschen in deutschsprachigen Ländern gehen oder gingen wenigstens zeitweilig in einer Lebensphase einem Sammelhobby nach (Bausinger 2007) – aktuell geben 23 von 82 Millionen Deutschen an, dieser Freizeitbeschäftigung nachzugehen, also 28 Prozent der Bevölkerung (Kleine/Jolmes 2014, S. I).

Viele Menschen bezeichnen sich selbst auch als Sammler oder Sammlerin und bekennen sich damit zu ihrem Hobby und Interesse. Es hat sich heute im europäischen Kulturkreis gesellschaftlich fest etabliert, dass Menschen ausgewählte Dinge sammeln. Alles was sammelbar ist, wird auch gesammelt.

Auch wenn es keine gesicherten Zahlen gibt, wird in der Literatur darauf verwiesen, dass mehr Männer sammeln als Frauen: Angeblich soll bei Männern durch den Besitz einer Sammlung ein stärkeres Macht- und Selbstwertgefühl entstehen als bei Frauen (Dörner 2010).

Sammler und Sammlerinnen pflegen ein aktives Verhältnis zur Gegenstandswelt und tragen die Dinge, die sich in ihre thematisch begrenzten Sammlungen einfügen lassen, an einem Ort zusammen (Wilde 2015). Sie bewahren mitunter dabei die Gegenstände vor ihrer Bedeutungslosigkeit, erschaffen und retten Kulturschätze. Dieses Erhaltungsstreben ist ein wichtiger Motor von Sammelnden.

Durch das Einfügen von Objekten in eine Sammlung werden die Dinge ihrem ursprünglichen Kontext, Nutzungsbereich und oft auch ihrer Funktion entzogen, und stattdessen werden neue Zusammenhänge zwischen den Dingen einer Sammlung geschaffen und neue Erkenntnisse möglich. Es findet so eine Neubewertung der Gegenstände statt.

Die Aufnahme eines Gegenstands in eine Sammlung bewahrt vor dem Vergessen, Verschwinden oder Wegwerfen und führt die Dinge in eine zweite, zumeist passive Verwendung ihres Daseins, jenseits der ersten, ursprünglichen und aktiven Funktion (Bausinger 2007; Schmidt 2016). Ein Beispiel verdeutlicht diesen Funktionswechsel: Während ein Nussknacker in seiner ersten Funktion in einem Haushalt Menschen konkret hilft, Nüsse zum Essen zu öffnen, ist diese Funktion für den Sammler und die Sammlerin unerheblich – wer braucht schon 100 Nussknacker in einem Haushalt zum Öffnen von Nüssen?

Es ist aber nicht zu vergessen, dass es auch Sammelgegenstände gibt, die ausschließlich für Sammlungen hergestellt werden. Sie sind nur für die Sammlung bedeutsam und haben darüber hinaus keinen Nutzungswert. Hier wird also die erste Stufe ausgelassen, und die Dinge werden gleich als passive Artefakte einer Sammlung zugeführt (z. B. Panini-Bilder).

Der Wunsch, eine komplette Sammlung zu haben, ist die Triebfeder der Sammelnden. Oft ein paradoxer Aspekt, weil die Sammlerinnen und Sammler wissen, dass (so gut wie nie) Vollständigkeit erreicht werden kann, da es eine Begrenztheit und damit ein Ende der Sammlung zumeist nicht gibt (Schulz 2009). Die Sammelgebiete sind in der Regel so zugeschnitten, dass die Sammlung unbegrenzt fortgeführt werden kann: Kuckucksuhren, Pillendosen oder Kugelschreiber – es gibt nach dem letzten Sammelobjekt immer noch ein weiteres.

Sammler und Sammlerinnen geben sich oft ihrer Sammlung hin, verbringen viel Zeit damit. Sie sind Expertin, Fachmann, Kennerin und Spezialist für ihr Sammelgebiet. Wenn Einzelpersonen sammeln, dann ist das immer auch ein Ausdruck von Privatheit und findet (zunächst) unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (Wilde 2015). Circa 80 Prozent der Sammelnden nennen Freude als Motiv für ihr Sammeln (Kleine/Jolmes 2014, S. 19): Sammeln wird von ihnen als Bereicherung des Alltagslebens empfunden, und die Zeit mit der Sammlung betrachten Sammelnde als die schönsten Stunden (Duncker 2010).

Sammler und Sammlerinnen geben den Dingen Sinn und Ordnung, und die Objekte bieten den Sammlern und Sammlerinnen wiederum Orientierung und Halt (Wilde 2015). Man kann hier von einer Win-win-Situation sprechen.

«Nur ein Sammler versteht einen

Sammler. Leute, die mit Sammeln nichts

am Hut haben, die sagen:

Was für ein Spinner. Wie kann man nur?

Was macht der da?»

(Füllfederhalter-Sammler Jens

Schulz, zitiert in Wilde 2015, S. 11)

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