4 Schnecken und eine Nudel

4 Schnecken und eine Nudel
Автор книги: id книги: 2341740     Оценка: 0.0     Голосов: 0     Отзывы, комментарии: 0 440,14 руб.     (4,8$) Читать книгу Купить и скачать книгу Купить бумажную книгу Электронная книга Жанр: Языкознание Правообладатель и/или издательство: Bookwire Дата добавления в каталог КнигаЛит: ISBN: 9783844287752 Скачать фрагмент в формате   fb2   fb2.zip Возрастное ограничение: 0+ Оглавление Отрывок из книги

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4 Schnecken und eine Nudel, ist eine Familiengeschichte der besonderen Art. Hauptdarsteller dieser Komödie, sind fünf Geschwister, vier Mädchen Franzi, Nele, Charly und Jule, so wie ihr älterer Bruder, Thomas. Er soll, nach dem Tod ihrer Eltern, die Familie zusammenhalten. Und nicht nur das. Er muss auch die Bergmann-Werke und die elterliche Villa, vor der drohenden Insolvenz retten. Eine Mamutaufgabe für ihn. Wer jetzt aber dachte, die Schwestern würden ihm helfend zur Seite stehen, der hat sich getäuscht. Sie denken überhaupt nicht daran, auf den gewohnten Luxus zu verzichten. Thomas bleibt nichts anderes übrig, als die finanzielle Notbremse zu ziehen. Er stellt die Schwestern vor die Wahl, entweder sie gehen arbeiten, oder sie fliegen aus der gemeinsamen Villa. Jetzt ist Feuer unter dem Kessel. Die Mädels proben den Aufstand. Mit allen Tricks versuchen sie sich vor der Arbeit zu drücken, aber vergebens. Die Harmonie liegt am Boden. Wie sie unschwer erkennen können, wird es eine turbolente Zeit für die Bergmanns. Ich garantiere ihnen, es wird nie langweilig. Viel Vergnügen beim lesen, wünscht ihnen ihr Autor Benjamin Webster.

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Benjamin Webster. 4 Schnecken und eine Nudel

Kapitel 1 – Traurige Nachrichten

Kapitel 2 – Isabell außer Kontrolle

Kapitel 3 – Einschnitte

Kapitel 4 – Hexentanz

Kapitel 5 – Veränderungen

Kapitel 6 – Wahrheiten

Kapitel 7 – Entdeckungen

Kapitel 8 – Feierlichkeiten

Kapitel 9 – Neue Katastrophen

Kapitel 10 – Ende einer Durststrecke

Kapitel 11 – Schlagzeilen und Urteile

Kapitel 12 – Rache und andere Gelüste

Kapitel 1 – Traurige Nachrichten. Kapitel 2 – Isabell außer Kontrolle. Kapitel 3 – Einschnitte. Kapitel 4 – Hexentanz. Kapitel 5 – Veränderungen. Kapitel 6 – Wahrheiten. Kapitel 7 – Entdeckungen. Kapitel 8 – Feierlichkeiten. Kapitel 9 – Neue Katastrophen. Kapitel 10 – Ende einer Durststrecke. Kapitel 11 – Schlagzeilen und Urteile. Kapitel 12 – Rache und andere Gelüste

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Es war Ende Oktober, die Sonne stand schon sehr tief am Abend. Thomas Bergmann hatte gerade einige Schriftsätze fertig gestellt, als sein Telefon klingelte. Er wollte das Gespräch zuerst nicht mehr annehmen, weil er noch einen Termin außer Haus hatte, nahm aber trotzdem ab. Er meldete sich: „Thomas Bergmann, Investment Abteilung, was kann ich für sie tun?“ Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine männliche Stimme: „Guten Abend, Herr Bergmann, hier spricht Dr. Arnold, aus der Charité in Berlin. Sind sie der Sohn von Herrmann Bergmann?“ Thomas wusste im Moment noch nicht was die Frage sollte, aber antwortete: „Ja, der bin ich. Um was geht es denn?“ Dr. Arnold: „Ich habe ihre Adresse in den Unterlagen ihres Vaters gefunden. Dort stand, dass man sie bei einem Notfall benachrichtigen sollte.“ Thomas: „Was für ein Notfall? Ist meinem Vater etwas zugestoßen?“ Dr. Arnold: „Deshalb rufe ich sie ja an. Ich muss ihnen leider sagen, dass ihr Vater einen Unfall hatte und bei uns auf der Notaufnahme liegt. In seinen Unterlagen stand, dass man sie bei einem Notfall, als nächsten Angehörigen anrufen sollte. Es geht ihm nicht gut, sie sollten schnellstens zu ihm kommen.“ Thomas sah auf die Uhr und sagte: „Ich werde versuchen noch einen Flieger nach Berlin zu bekommen. Ist es sehr schlimm?“ Dr. Arnold: „Sie sollten sich beeilen. Ich weiß nicht, ob ihr Herr Vater die Nacht übersteht.“ Thomas legte auf und ging hinaus zu seiner Sekretärin, Frau Haber. Er beauftragte sie alle Termine für die nächsten drei Tage abzusagen, ein Ticket für den nächsten Flieger nach Berlin zu buchen und dies am Schalter zu hinterlegen. Thomas hatte Glück, er bekam noch ein Ticket für die Spätmaschine. Gegen 22:00 Uhr landete er in Berlin. Er nahm ein Taxi und fuhr direkt in die Charité. Als er auf die Intensivstation kam, sah er schon seine jüngste Schwester Franziska. Sie stand weinend vor dem Kaffeeautomaten. Als sie Thomas sah, lief sie gleich auf ihn zu und fiel in seine Arme. Thomas: „Hallo Franzi, wie geht es ihm?“ Franzi: „Nicht gut, die Ärzte haben die Hoffnung aufgegeben. Er wird die Nacht wahrscheinlich nicht überleben.“ Thomas: „Und wo ist Mutter?“ Jetzt fing Franziska erst richtig an zu weinen. Thomas nahm sie wieder in die Arme und Franzi sagte mit belegter Stimme: „Du weißt es noch gar nicht? Nein, scheinbar nicht. Sie saß mit im Wagen und hat den Unfall nicht überlebt. Sie ist noch am Unfallort verstorben.“ Diese Worte trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Er fragte ungläubig: „Mutter ist tot?“ Franzi: „Ja Thomas, sie ist tot. Ich weiß immer noch nicht, wie und wann es geschehen ist. Wir sollen noch auf der Polizeiwache Spandau vorbeikommen, die wollten mit uns reden. Was ist, wenn Vater auch noch stirbt? Ich habe heute Mittag noch mit beiden gesprochen, bevor sie weggefahren sind. Alles war wie immer. Ich kann es immer noch nicht glauben.“ Ein Weinkrampf überfiel sie und Thomas setzte sie auf die Bank, die im Flur stand. Eine Schwester sah, dass es der jungen Frau nicht gut ging und holte einen Arzt herbei. Der wusste wer sie war und nahm Franzi mit in einen Behandlungsraum. Kurze Zeit später kam er wieder und fragte: „Sind sie ein Verwandter der jungen Frau?“ Thomas antwortete: „Sie ist meine Schwester. Ich bin Thomas Bergmann.“ Der Arzt gab ihm die Hand und meinte: „Angenehm. Ich bin Dr. Arnold, wir haben miteinander telefoniert. Ihrem Vater geht es nicht gut. Der Unfall war sehr heftig und ihr Vater hat zahlreiche innere Verletzungen. Wir haben alles getan was möglich war, aber für uns Ärzten gibt es auch Grenzen. Seien sie auf das Schlimmste gefasst. Ich bringe sie jetzt zu ihm. Wenn sie bitte mitkommen wollen?“ Thomas folgte dem Arzt, zu dem Zimmer seines Vaters. Er musste sich einen Kittel überstreifen und durfte dann zu ihm. Herrmann Bergmann sah sehr blass aus. Ganz anders als sonst. Das strahlende Leben war verschwunden, vor ihm lag ein Sterbender, dass fühlte Thomas. Er setzte sich neben ihn an sein Bett und meinte: „Hallo Vater, was machst du nur für Sachen? Hast du schmerzen?“ Der Vater blickte ihn mit feuchten Augen an und meinte: „Schön dich zu sehen, mein Junge. Gut siehst du aus. Wie geht es dir?“ Thomas antwortete: „Du solltest dir besser um deine Gesundheit sorgen machen, als um meine. Hast du schmerzen? Was haben die Ärzte gesagt?“ Vater Bergmann: „Du kennst doch die Ärzte, reden nur wirres Zeug das kein Mensch versteht. Aber dieses Mal habe ich es verstanden. Mein Junge, mein lieber Junge, ich gebe bald den Löffel ab..“ Weiter kam er nicht, da fiel ihm Thomas ins Wort: „Daran darfst du gar nicht erst denken. Das sind die Medikamente die dich so fertig machen. Du wirst sehen, in ein paar Tagen bist du wieder wohl auf.“ Sein Vater hob die Hand und streckte den Zeigefinger aus und sagte: „Unterbreche mich nicht. Ich weiß sehr wohl wie es um mich steht. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, also verplempere sie nicht mit Phrasen. Ich habe nur eine Bitte an dich. Werde ein besserer Chef als ich und kümmere dich um deine Schwestern. Zeige ihnen den richtigen Weg, ohne sie zu gängeln. Bringe die Firma wieder auf Vordermann. Du hattest damals Recht gehabt, ich hätte auf dich hören sollen. Aber mein verdammter Stolz hat es nicht zugelassen. Bitte verzeihe mir meine Fehler die ich gemacht habe.“ Seine Stimme wurde immer leiser. Dann sagte er zum letzten Mal: „Versprich es mir, bitte.“ Thomas hatte schon Tränen in den Augen und sagte: „Ja Vater, ich verspreche es. Ich hab dich immer geliebt, es gibt nichts, was ich dir verzeihen müsste.“ Ein leises: „Danke mein Junge, aber ich muss nun zu deiner Mutter, ich kann sie doch nicht so lange warten lassen“, war das Letzte was Thomas von ihm hörte. Herrmann Bergmann war soeben verstorben. Sein Gesichtsausdruck war friedlich und hatte ein kleines Lächeln hinterlassen. Thomas verließ nach einer Stunde das Zimmer. Er hatte sich in aller Ruhe von seinem Vater verabschiedet. Als er wieder auf den Flur kam, kamen gerade seine anderen drei Schwestern zur Tür herein. Sie sahen Thomas gleich an was geschehen war. Unendliche Trauer ergriff die vier, nur Franzi fehlte. Sie hatte von Dr. Arnold eine Beruhigungsspritze bekommen und schlief daraufhin fest. So hatten sich die fünf das Wiedersehen, nach über zwei Jahren, nicht vorgestellt.

Thomas schlief lange, was bei ihm selten vorkam. Normalerweise stand er in Frankfurt, jeden Morgen um 6:30 Uhr auf. Das klingeln seines Handys weckte ihn. Am anderen Ende war seine Schwester Jule. Gut gelaunt, sagte sie: „Morgen Bruderherz, habe ich dich geweckt?“ Tommi sagte noch halb verschlafen: „Morgen Jule, ich bin gerade erst wach geworden. Was gibt es?“ Jule: „Wegen heute Mittag. Wann soll ich kommen?“ Tommi: „Ich bin den ganzen Tag zu Hause. Du kannst ruhig gleich kommen, dann haben wir Zeit uns einmal in aller Ruhe zu unterhalten. Es gibt einiges zu klären.“ Jule: „Geht klar. Ich bin dann um 11:00 Uhr in der Villa. Also, bis dann.“ Sie legte auf. Nachdem duschen ging er nach unten in die Küche zu Maria, die ihm bereits das Frühstück gerichtet hatte. Als er fertig damit war, setzte sich Maria zu ihm und fragte sorgenvoll: „Es geht der Firma nicht so gut, habe ich Recht?“ Tommi schaute sie an und meinte: „Dir entgeht wohl gar nichts. Aber wie kommst du darauf?“ Maria: „Dein Vater saß vor zwei Wochen abends auch hier und hat genauso bedröppelt geschaut, wie du jetzt. Ich habe ihn gefragt was los sei, dann hat er mir erzählt, dass er Probleme im Werk habe. Es wären längst fällige Zahlungen noch nicht eingegangen, deshalb habe er nun einen finanziellen Engpass. Aber das sei nicht so schlimm. Viel schlimmer seien die Probleme, die er mit der Buchhaltung und dem Vertrieb habe. Bestimmte Zahlen seien manipuliert worden und er weiß nicht von wem. Einer in der Firma, hat wohl regelmäßig in die Kasse gegriffen.“ Tommi: „Deshalb wolltest du das Erbe nicht annehmen, weil die Firma einen finanziellen Engpass hat? Maria, ich versichere dir, dein Erbe ruiniert die Firma nicht, versprochen.“ Sie fuhr mit ihrer Hand über seine Hände und sagte: „Wenn du das sagst, dann wird es wohl stimmen. Du bist ein guter Junge, hat auch dein Vater immer gesagt. Erst letztens, als wir hier saßen. So, ich muss dann einmal wieder weitermachen.“ Sie stand auf und ließ ihn alleine in der Küche. Er zog den Brief seines Vaters aus der Tasche, öffnete ihn und fing an zu lesen. Schon die Schrift verriet ihm, dass er körperlich nicht auf der Höhe war. Sonst hatte sein Vater immer eine schöne, klare Handschrift gehabt. Diese Schrift war aber zitterig und alles andere als klar. Er las: „Mein lieber Junge. Wenn du diese Zeilen liest, habe ich bereits das Zeitliche gesegnet. Gerade war der Arzt bei mir und hat mir erklärt, dass es nicht zum Besten mit mir steht. Er hat mir unmissverständlich gesagt, dass ich die Nacht aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überleben werde. Da du leider nicht hier bist, werde ich dir noch einen letzten Gruß schreiben. In den letzten Jahren haben wir uns ja kaum gesehen. Es ist schade, dass wir unsere Verabredung nächste Woche nicht einhalten können. Ich hätte noch so viel mit dir zu bereden gehabt. Der eigentliche Grund warum ich mit dir sprechen wollte ist die Tatsache, dass es im Werk nicht so läuft, wie ich es jahrelang gewohnt war. Zahlungen kommen später, die Bank benimmt sich merkwürdig und die Produktion erzeugt in den letzten Monaten viel zu viel Ausschuss. Die Zahlen stimmen mit der Buchhaltung nicht überein. Ich habe keine Ahnung, ob dies in einen Zusammenhang steht, oder ob es nur Zufall ist. Da ich nicht mehr in der Lage sein werde, dem allen auf den Grund zu gehen, bitte ich dich hiermit, es mir zuliebe zu tun. Prüfe bitte nach, was dahinter steckt. Sei aber vorsichtig was unsere Hausbank betrifft. Es könnte durchaus sein, dass sie vielleicht etwas mit den verspäteten Zahlungen zu tun hat. Wenn du Hilfe brauchst, wende dich Vertrauensvoll an Dr. Konrad, er wird dir ein guter Freund und Berater sein. Ich hatte stets vollstes Vertrauen zu ihm. Du wirst bestimmt ein besserer Chef sein als ich. Mache die Firma wieder flott und zeige allen, dass du der Richtige für den Job bist. Bitte führe das Erbe nach alter Tradition weiter. Lasse dir von deinen Schwestern nicht auf der Nase herumtanzen. Deine Mutter und ich haben zwar versucht, aber sind kläglich daran gescheitert, sie zum arbeiten oder zum studieren zu bewegen. Jule wird, genau wie du, ihren Weg gehen. Falls sie eine eigene Praxis eröffnen möchte, helfe ihr bitte dabei. Bei den anderen dreien bin ich mir nicht so sicher, ob sie auf deine Ratschläge hören werden, aber versuche es zumindest. Zeige ihnen den richtigen Weg. So, und nun mache ich Schluss. Ich bin sehr müde und merke, dass meine Energie weniger wird und das Leben mich verlässt. Deine Mutter und ich hatten ein schönes und erfülltes Leben. Es gibt keinen Grund zum klagen. Wir hatten alles und waren sehr glücklich. Aber das größte Glück von uns, waren immer unsere Kinder. Einen letzten Gruß sendet dir, dein dich liebender Vater.“ Thomas hatte Tränen in den Augen. Er faltete den Brief wieder zusammen und steckte ihn zurück in die Tasche. Mit einem Papiertaschentuch wischte er seine Augen wieder trocken und schnäuzte sich die Nase. Er stand nun auf und ging hinaus in den riesigen Park des Hauses. Es war ein schönes Anwesen, dessen Grundstück am See endete. Hier stand auch die kleine Hütte, die seine Eltern, Maria vererbt hatten. Es war kalt und der Frost zog durch seine dünne Jacke die er an hatte. Frierend lief er rasch zurück, nahm die Zeitung und ging in den blauen Salon. Dort setzte er sich vor den warmen Kamin, zündete sich eine Zigarette an und las die Zeitung. Das flackern des Feuers tanzte so stark auf der Zeitung, dass er sich fast nicht auf das geschriebene konzentrieren konnte. Der Brief, das Werk, seine Schwestern, alles bewegte sich wirr in seinem Kopf herum. Er hatte absolut keinen Plan, wie er all das alleine stemmen sollte. Alleine die Aufgaben im Werk waren für ihn im Augenblick nicht zu bewältigen. Zwar hatte er Ahnung von der Materie, aber das alleine reichte nicht aus, um ein Werk dieser Größenordnung zu führen. Immerhin ging es um 120 Arbeitsplätze die es hieß zu erhalten. Irgendwie war es gut, dass er nach seinem Masterabschluss, ein Jahr für seinen Vater in der Firma gearbeitet hatte. Thomas kannte die Abläufe und die Strukturen und das war schon einmal ein Vorteil. Auch kannte er das Personal der Führungsebene, so wie einen großen Teil der Belegschaft. Nur mit der Programmierung der Software und der Bestückung der Hardware, hatte er keine Ahnung. Vertrieb und Marketing war das kleinste Problem, so waren seine Überlegungen. Nur was würde sein Chef dazu sagen? Er müsste erst einmal aus seinem Vertrag herauskommen. Vor nächstes Jahr Februar, wäre das nicht möglich. Was geschieht mit der Bergmann Villa? Verkaufen, oder vermieten? Wie reagieren seine Schwestern? Inmitten seinen Gedanken, klopfte ihm seine Schwester Jule auf die Schulter. Er hatte sie nicht kommen hören, weil er völlig in Gedanken versunken war. Thomas schreckte auf und Jule meinte: „Na, hast du ein schlechtes Gewissen?“ Tommi: „Entschuldige, ich war ganz in Gedanken. Schön das du da bist, endlich jemand mit dem ich sprechen kann.“ Julia gab ihm ein Kuss auf die Wange und antwortete: „Hol doch deine Freundin hierher. Wie heißt sie noch einmal?“ Tommi: „Isabell von Graben. Aber dass ist keine gute Idee. Wir haben im Augenblick einige Disharmonien um es milde auszudrücken.“ Jule: „Warum das denn? Hat es etwa mit der Erbschaft zu tun?“ Tommi nickte und erklärte: „Sie hatte für uns eine andere Lebensplanung gemacht. Aber die gefällt mir nicht.“ Jule: „Und wie sollte ihre Lebensplanung mit dir aussehen?“ Tommi: „Sie will unbedingt mit mir nach New York ziehen. Ihr Vater hat ihr den Floh ins Ohr gesetzt. Ich sollte für meine Bank in New York eine Filiale eröffnen. Als wenn es dort noch nicht genug Investment Banken gibt. Warum sollte ich dorthin? Ich habe doch in Frankfurt alles was ich brauche.“ Jule: „Und wie sieht deine Lebensplanung aus?“ Tommi: „Wenn ich das nur wüsste. Einerseits habe ich in Frankfurt einen guten Job, der auch noch sehr gut bezahlt wird. Andererseits, würde es mich schon reizen, unser Erbe anzutreten. Da würde Isabell auf keinen Fall mitmachen. Für sie sind doch die Bergmann Werke nur eine Klitsche. Wenn sie das sagen hätte, würde sie alles verkaufen, oder den Laden dicht machen und Insolvenz anmelden.“ Jule: „Bist du nicht ein bisschen zu streng mit ihr, schließlich bist du mit ihr verlobt?“ Tommi: „Das glaube ich aber nicht. Wenn es nach ihr ginge, müssten wir jeden Abend auf einer anderen Veranstaltung auftauchen. Theater, Oper, Benefizkonzert und was weiß ich noch alles. Ich habe es so satt, das glaubst du nicht. Nur weil sie und ihre Familie zum alten Frankfurter Geldadel gehören, muss ich doch nicht jeden Abend on Tour sein. Ich würde viel lieber zu Hause sitzen und kuscheln oder sonst was tun. Ich habe es den ganzen Tag mit Reichen, Superreichen und Proleten zu tun, da brauche ich das abends nicht auch noch. Ich will schlicht und einfach eine stinknormale Familie gründen, mit ein oder zwei Kindern. Zwei Mal im Jahr in Urlaub fahren und ein kleines Häuschen im grünen haben, sonst nichts.“ Jule: „Und Isabell will keine Kinder?“ Tommi: „Nein, sie möchte sich doch nicht ihre Figur versauen, so ist ihr Hauptargument.“ Jule: „Hat sie einen Job?“ Tommi: „Sie hatte einen. Zwei jahrelang war sie Model und dann war nichts mehr. Sie wurde von einem Tag auf den anderen nicht mehr gebucht. Keine Ahnung warum. Und seitdem macht sie den lieben, langen Tag nichts.“ Jule: „Sei mir nicht böse, aber das sieht nicht so aus, als wenn ihr beide glücklich seit.“ Tommi: „Davon sind wir meilenweit entfernt. Ich trage mich schon seit längeren mit dem Gedanken sie zu verlassen und die Verlobung zu lösen. Aber bitte sage den anderen nichts davon, dass geht sie nichts an.“ Jule: „Selbstverständlich nicht. Das fällt unter die brüderliche Schweigepflicht. Ich habe alles durchgelesen, vor allen den Anhang. Es sieht nicht gut aus mit der Firma. Wir haben über drei Millionen Schulden und die Villa ist auch mit Hypotheken belastet. Gibt es überhaupt noch eine Möglichkeit aus dem Schlamassel herauszukommen?“ Tommi: „Es wird schwierig, aber es ist machbar.“ Jule: „Und woher willst du das Geld nehmen?“ Tommi: „Geld brauchen wir im Augenblick nur für die laufenden Kosten, wie Löhne, Kreditraten und so weiter. Und so wie die Auftragslage ist, können wir das bis Ende nächsten Jahres tun. Nur wenn die Einnahmen weiter verzögert hereinkommen, dann bekommen wir große Probleme.“ Jule: „Und die Villa, was wird aus ihr?“ Tommi: „Wenn wir unsere Raten pünktlich bezahlen, bleibt alles so wie es ist. Nur wenn wir in Verzug damit kommen, kann die Bank die Kredite kündigen und alles verkaufen. Und wie Franz meinte, soll sich schon ein Investor für unser Werk interessieren. Es könnte gut sein, dass die Bank unseren Kredit weiterverkauft.“ Jule: „Angenommen, die Villa kommt unter den Hammer, was geschieht dann mit unseren Geschwistern?“ Tommi: „Dann müssen sie eben ausziehen und selbst Geld verdienen, so leid mir das auch tut. Und wenn ich ehrlich bin, würde mich das diebisch freuen. Ich mag nun einmal keine faule Menschen, nicht einmal wenn es meine Schwestern sind.“ Jule: „Apropos Schwestern, wo sind die eigentlich?“ Tommi: „Wo sollen sie schon sein? Die liegen noch in der Kiste und erholen sich von ihren nächtlichen Eskapaden.“ Jule: „Das gibst doch nicht. Wenn sie schon nichts arbeiten, könnten sie wenigstens Maria ein wenig im Haushalt zur Hand gehen, dass ist doch das Mindeste. Ich verstehe nicht, wie man so faul sein kann.“ Tommi und Jule unterhielten sich noch bis 13:00 Uhr, dann holte sie Maria zum Mittagessen. Charly, Nele und Franzi kamen erst viel später und mussten sich ihr essen selbst aufwärmen, weil Tommi und Jule mit Maria zum See hinunter gingen. Jule hatte den Schlüssel für das kleine Häuschen aus Vaters Schreibtisch geholt. Als sie an der Hütte ankamen, sagte Jule zu Maria: „So Maria, den ersten Teil deiner Erbschaft überreichen wir dir hiermit. Das ist der Schlüssel für die Hütte und das Bootshaus. Ab jetzt gehört es dir.“ Maria wollte zuerst den Schlüssel nicht nehmen, aber als ihr Jule den Schlüssel einfach in die Hand drückte, nahm sie ihn an. Tommi hatte eine Flasche Sekt und drei Gläser mitgenommen, um darauf anzustoßen. Maria schloss auf und das Erste was sie sagte war: „Hier muss dringend wieder einmal aufgeräumt und saubergemacht werden. Ich gehe schnell hoch und hole einen Eimer und Putzzeug.“ Aber Tommi und Jule bestanden darauf, dass sie sich erst einmal etwas ausruhen sollte. Gemeinsam tranken sie die Flasche aus und gingen danach wieder zurück. Als sie zurückkamen, war Charly schon weg. Sie musste in den Tennisclub, weil sie an einen Turnier teilnahm. Franzi und Nele lagen derweil im Wohnzimmer und sahen sich einen Film an. Als Thomas die beiden auf dem Sofa liegen sah, musste er an den Film „La dolce Vita“ – Das süße Leben, von Federico Fellini denken. Trefflicher geht es wohl nicht. Für ihn war klar, dass sich dies bald ändern musste.

.....

Das Wochenende lag hinter ihm und heute wollte er in das Bergmann Werk gehen. Dr. Franz Konrad holte ihn pünktlich ab und gemeinsam fuhren sie in die Firma. Unterwegs fragte Franz: „Und, wie hast du das Wochenende im Löwenkäfig verbracht?“ Thomas: „Na, ganz so schlimm ist es auch nicht. Ich habe mich am Samstag lange mit Jule unterhalten. Sie hat mir erzählt, dass sie im Krankenhaus viele Sonderschichten arbeiten muss. Ihr Chef Prof. Dr. Kaufmann der auch ihr Tutor ist, lässt sie immer mehr arbeiten, als sie normalweise müsste. So haben sich in der Zwischenzeit über 400 Überstunden angesammelt. Sie musste deswegen schon die Abgabe ihre Doktorarbeit zweimal verschieben. Zudem hat sie noch keinen Urlaub dieses Jahr gehabt.“ Franz überlegte und meinte: „Wenn das so stimmt, muss sie ihre Überstunden so schnell wie möglich nehmen. Soll ich mich einmal fachlich mit dem Professor austauschen?“ Thomas: „Das wäre nicht schlecht, aber nicht das sie danach mit Repressalien rechnen muss, das möchte ich nicht.“ Franz: „Keine Angst, ich weise ihn nur auf Tarif- und Arbeitsrechtliche Bestimmungen hin, mehr nicht. Ist sie eigentlich noch mit diesem blonden Schönling zusammen?“ Thomas: „So wie sie erzählt hat, ist sie schon seit einem Jahr solo. Ich denke ein Freund würde ihr auch ganz gut tun. Ach ja, da fällt mir gerade ein, am Samstag haben Jule und ich, Maria symbolisch den Schlüssel für die Hütte und das Bootshaus am See überreicht. Das Erste was sie sagte war, dass hier wieder einmal aufgeräumt werden sollte. Stell dir vor, sie wollte gleich das Putzzeug aus der Villa holen.“ Franz lachte und meinte: „Das ist typisch für Maria, immer nur die Arbeit im Kopf. Sie sollte einmal Urlaub machen. Hat sie etwas über das Erbe gesagt, ich meine, hat sie alles gelesen? Was ist mit Jule, hat sie alles verstanden, weiß sie wie es mit den Finanzen geschäftlich und privat aussieht? Thomas: „ Sie hat mir ihre Unterstützung zugesagt, falls ich sie brauche. Ich habe von ihr eine unterschriebene Vereinbarung, in der sie mir ihre Stimmanteile überlässt. Ich habe somit die Stimmenmehrheit und kann alleine entscheiden, ohne die Zustimmung meiner anderen drei Schwestern.“ Franz: „Das ist sehr gut, wenigstens eine der Damen, die ihren Verstand benutzt. Hast du dir schon einmal Gedanken gemacht, ob du das Erbe antrittst? Ich meine, so ganz generell?“ Thomas: „Reizen würde es mich schon. Wozu habe ich denn meinen Master gemacht? Es gibt nur noch einige private Dinge, die ich klären muss. Aber ich habe noch einen Vertrag mit meinen jetzigen Arbeitgeber und der läuft erst im Februar nächsten Jahres aus, bzw. bis dahin läuft meine Kündigungsfrist. Ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich da früher heraus komme.“ Franz: „Gib mir deinen Arbeitsvertrag, vielleicht kann man da etwas machen. Ich schaue ihn mir einmal an.“ Thomas: „Ich möchte aber nicht im Streit auseinandergehen, immerhin habe ich dort die Chance meines Lebens bekommen und habe sehr gut verdient.“ Konrad fuhr nun auf das Firmengelände der Bergmann Werke. Der Pförtner an der Schranke erkannte Dr. Konrad sofort und ließ ihn mit den Worten passieren: „Dicke Luft in der Belegschaft, gehen sie lieber hinten rein.“ Franz fragte nach: „Wie so dicke Luft, was ist passiert?“ Der Pförtner antwortete: „Die Gehälter sind noch nicht überwiesen. Kein Geld, keine Arbeit sagt der Betriebsrat.“ Thomas fragte nach: „Wie so kein Geld, wer hat das angeordnet?“ Der Pförtner beugte sich weiter herunter und sah erst jetzt Thomas Bergmann. Daraufhin sagte er: „Entschuldigung Herr Bergmann, aber ich habe sie erst gar nicht erkannt. Aber wenn sie Näheres wissen wollen, fragen sie Walter Asmussen.“ Franz bedankte sich und fuhr, wie es der Pförtner gesagt hatte, an den hinteren Eingang. Von dort aus konnten sie sehen, wie viele Angestellte vor der Treppe standen, die hoch in die Geschäftsleitung führte. Thomas stand ratlos da und meinte zu Franz: „Warum hat Asmussen die Gehälter nicht ausbezahlt, Geld dafür ist doch auf dem Konto? Das wirft doch die Produktion wieder um Tage zurück.“ Franz: „Fragen wir ihn, bin gespannt was er dazu sagt.“ Sie gingen über die seitliche Treppe ins erste Obergeschoss. Über einen langen Flur gelangten sie in die Führungsetage. Die Tür war offen, sodass sie ungesehen an das ehemalige Büro von Tommis Vater gelangten. Franz öffnete die Tür und sie sahen, dass Asmussen hinter dem Schreibtisch saß. Thomas war doch sehr überrascht das Asmussen sich hier breit gemacht hatte. Er fragte ihn: „Was machen sie im Büro meines Vaters?“ Walter Asmussen hatte die beiden nicht kommen hören und sah erschrocken aus. Nachdem ersten Schreck, meinte er: „Meine Arbeit, was sonst. Wie kommen sie hier herein und wen haben sie da mitgebracht, Herr Dr. Konrad?“ Franz antwortete: „Das ist ihr neuer Chef, Asmussen. Darf ich vorstellen, Thomas Bergmann, der Haupterbe der Bergmann Werke, Walter Asmussen, Prokurist der Firma.“ Asmussen stand nun auf und fragte: „Warum erfahre ich nichts davon, das sie der neue Chef sind? Man möchte ja wissen, wer zuständig ist, und für wen man arbeitet.“ Er streckte Thomas die Hand hin und sagte: „Guten Tag, Herr Bergmann. Auf eine gute Zusammenarbeit.“ Thomas gab ihm auch die Hand und fragte gleich: „Warum ist da unten ein Aufstand der Belegschaft, was ist los?“ Asmussen zuckte mit den Achseln, hob die ausgestreckten Hände hoch und meinte: „Greifen sie einem nackten Mann in die Tasche, oder anders formuliert, wir haben kein Geld mehr auf dem Konto. Unsere letzten Zahlungen sind noch nicht eingegangen und die Bank stellt sich quer, die Gehälter auszubezahlen.“ Thomas fragte weiter: „Ist unser Auftraggeber mit den Zahlungen in Verzug?“ Asmussen: „Ich habe schon angerufen, aber der sagt, er habe die Anweisung schon letzte Woche Montag herausgegeben. Aber unsere Bank sagte, sie konnten keinen Eingang verbuchen. Und da wir noch sehr hohe Verbindlichkeiten bei ihnen haben, sind ihnen die Hände gebunden.“ Franz gab Asmussen die Anweisung, alle Daten herauszusuchen. Er brauchte den Verantwortlichen des Auftraggebers und den Chef von dessen Bank, sowie den Chef der Hausbank von den Bergmann Werken. Asmussen: „Ich gehe in die Buchhaltung und besorge ihnen die Unterlagen. Sie sollten sich vielleicht an die Belegschaft wenden, damit die Stimmung nicht kippt. Auf mich hören sie ja nicht.“ Dabei schaute er Thomas an und verließ den Raum. Franz meinte: „Er hat Recht, du solltest dich der Belegschaft vorstellen, aber nur, wenn du auch wirklich der neue Chef sein möchtest. Jetzt bist du am Zug.“ Thomas begriff sofort was Konrad meinte. Er überlegte einen Augenblick und sagte zu Franz: „Muss ich nicht erst die Erbschaft annehmen?“ Franz: „Das ist eine reine Formalität. Eine Unterschrift und dir gehören die Bergmann Werke und die Villa.“ Konrad öffnete seinen Diplomatenkoffer, holte ein Formular heraus und legte es auf den Schreibtisch. Dann reichte er ihm einen Kugelschreiber und bemerkte: „Wenn ich bitten darf, Chef?“ Er lächelte dabei und Thomas unterschrieb das Formular und sagte: „Wenn ich das nicht noch bereue. Ich muss doch bescheuert sein, 3,6 Millionen in eine Insolvente Firma zu stecken.“ Franz schaute ihn fragend an und meinte: „Wie soll ich das verstehen? Du brauchst doch keinen Cent, die Firma finanziert sich doch von selbst, mit den regelmäßigen Einnahmen.“ Thomas: „Du glaubst doch nicht, dass ich mir von einer Bank etwas diktieren und mich vorführen lasse. Wen ich schon Chef bin, dann der eigene und nicht eine Marionette irgendeiner Bank.“ Franz: „Du willst doch nicht damit sagen, dass du über so viel Geld verfügst, um die Verbindlichkeiten abzulösen?“ Thomas nickte und sagte: „Nicht ganz so viel, aber wenn ich meine Wohnung in Frankfurt verkaufe, dann müsste es gerade reichen.“ Franz schüttelte den Kopf und meinte: „Du bist der Richtige, räum den Laden auf und bring ihn auf Vordermann. Dein Vater hatte Recht indem er sagte, wenn es einer schafft, dann du. An dem Tag als er den Unfall hatte, wollte er abends noch zu mir in die Kanzlei kommen. Er hatte vor dir die Firma zu überschreiben. Dein Vater war am Ende mit seinen Kräften, er wollte nicht mehr. Herrmann hatte es satt, jeden Tag die Spielchen der Bank und die Machenschaften von einigen in der Firma mitzumachen. Aber leider ist es nicht mehr dazu gekommen. Ich gratuliere dir, du bist mehr als nur ein Nachfolger, da bin ich mir sicher. Du musst jetzt vor deine Belegschaft sprechen. Stell dich vor und sage ihnen, dass alles in Ordnung ist. Und danach gehen wir zu deiner Hausbank, bei denen die Firma ihre Konten hat.“ Thomas ließ Franz den Vortritt, als sie vor der Belegschaft standen. Franz bat die Belegschaft um Ruhe, dann stellte er Thomas vor und der ergriff das Wort: „Ja, wie Dr. Konrad schon sagte, bin ich der neue Inhaber der Bergmann Werke. Wir alle haben vor knapp zwei Wochen einen großen Verlust hinnehmen müssen. Sie haben ihren Chef und Chefin verloren und ich meine Eltern. Der Verlust ist für uns alle sehr groß. Aber wie heißt es doch, lasst uns nach vorne sehen. Wie ich gerade von Herrn Asmussen gehört habe, sind ihre Gehälter vom letzten Monat noch nicht überwiesen worden. Ich werde mich sofort darum kümmern. Ich verspreche ihnen hiermit, dass dies nie wieder vorkommen wird. Dr. Konrad und ich klären das gleich ab und morgen haben sie ihren Lohn auf dem Konto. Bitte geben sie mir noch ein paar Tage Zeit, mich an die neue Situation zu gewöhnen. Ich brauche sie, helfen sie mir den Betrieb wieder dahin zubekommen, wo er einstmals war. Helfen sie mir, aus den Bergmann Werken wieder die Nummer eins, mit unserer Technik zu machen. Ich lege mein Vertrauen und meine Hoffnung in ihre Hände. Wenn wir an einem Strang ziehen, schaffen wir das. So, und nun muss ich mich um ihre Löhne kümmern, alles andere muss warten. Ich möchte doch zufriedene Mitarbeiter haben. Ich Danke euch.“ Kurz und knapp war die Rede, der Beifall war länger. Die einhellige Meinung der Belegschaft war, der bringt neuen Schwung in den Laden. Sie sollten sich nicht täuschen. Thomas und Franz gingen nun den regulären Weg über die Treppe nach unten. Asmussen hatte Franz inzwischen die Unterlagen gegeben. Thomas musste unzählige Hände auf den Weg zum Wagen schütteln. Erst als beide im Auto saßen, konnte Thomas wieder einen klaren Gedanken fassen. Franz gab ihm die Unterlagen die Asmussen zusammengestellt hatte. Er las sie auf der Fahrt zur Berliner Kredit Bank durch. Es lag nicht am Auftraggeber, dass das Geld noch nicht auf dem Konto gutgeschrieben war, sondern an der BKB. Sie hatte den Eingang schon am Dienstag gehabt, aber das Geld fast eine Woche nicht gutgeschrieben. Thomas sagte: „Wenn ich das richtig deute, kommt in mir der Verdacht auf, dass die BKB das extra macht. Ich glaube, die wollen tatsächlich die Firma haben. Aber warum verkaufen sie nicht einfach den Kredit weiter?“ Franz: „Ich denke, dass da eine Sperrklausel im Kreditvertrag eingebaut ist, der dies untersagt. Wenn das so ist, dann versuchen sie es eben anders. Du kennst doch die Möglichkeiten die sie haben, du bist ja aus dem Metier.“ Thomas: „Das war auch ein Grund dafür, dass ich mich für die Bergmann Werke entschieden habe. Ich muss aber in den nächsten Tagen nach Frankfurt, um einiges zu klären. Wenn ich zurückkomme, werde ich mit meinen Schwestern Tacheles reden. Das geht so nicht weiter, Faulheit unterstütze ich nicht. Tut mir leid, auch wenn es meine Schwestern sind. Machst du bitte die vertraglichen Angelegenheiten fertig? Ich bin nur froh, dass ich das Vorkaufsrecht habe, es wäre nicht auszudenken, wenn meine Schwestern ihre Anteile an irgendeinen Investor verkauft hätten, nur um Kohle für ihren Lebensstil zu haben.“ Franz: „Das wird ihnen gar nicht gefallen. Ich glaube, die denken immer noch sie bekommen jeden Monat Geld von dir.“ Thomas: „Ich werde es ihnen schon erklären, wie der Hase in Zukunft läuft. Ich gebe dir noch Bescheid, wann ich wieder zurück komme aus Frankfurt, denn ich möchte, dass du dabei bist, wenn ich es ihnen sage. Richte auch dafür alle Unterlagen zusammen.“ Sie waren an der BKB angekommen. Franz ging voran und bat die Dame beim Service, den Geschäftsführer zu verständigen. Wenige Minuten später kam der Filialleiter. Er kannte Franz und Thomas nicht und fragte: „Was kann ich für sie tun?“ Franz: „Ich bin Rechtsanwalt Dr. Konrad und vertrete die Interessen der Bergmann Werke und die von Herrn Thomas Bergmann.“ Dabei deutete er auf Thomas. Der Filialleiter stellte sich nun auch vor: „Ich bin Klaus Gerster, der Chef dieser Filiale. Um was geht es?“ Franz: „Das sollten wir besser in ihrem Büro besprechen.“ Gerster nickte und bat die beiden mit in sein Büro zukommen. Sie nahmen Platz und Franz fing an zu sprechen: „Wie sie unschwer aus diesem Kontoauszug erkennen können, hat ein Auftraggeber meines Mandanten, eine Überweisung auf das Konto getätigt. Normalerweise schreibt der Gesetzgeber vor, muss die Überweisung innerhalb von zwei Tagen auf dem Konto gutgeschrieben sein.“ Franz legte beide Kontoauszüge auf den Tisch und sprach weiter: „Aber wie sie sehen, war bis heute um 11:00 Uhr noch immer nichts gut geschrieben. Ich wollte nur noch darauf hinweisen, dass es sich bei den Guthaben, um 850.000 Euro handelt. Wir wollen nun von ihnen wissen, wo das Geld geblieben ist?“ Gerster sah sich beide Kontoauszüge an und gab die Daten in seinen PC ein. Er wirkte nervös und angespannt. Beiläufig fragte er: „Sie sind der Sohn von den verstorbenen Bergmanns?“ Franz und Thomas nickten. Gerster: „Nachträglich noch mein Beileid, Herr Bergmann. Wir haben ihre Eltern nicht persönlich gekannt, aber man liest ja Zeitung. Schrecklich, wenn man so seine Eltern verliert. Da haben wir es ja. Ihr aktuelles Guthaben beträgt 985.000 Euro. Letzter Zahlungseingang war genau vor einer Stunde.“ Thomas: „Rechnen sie schon einmal die Zinsen aus, die sie meiner Firma schulden. Zins für eine Woche. Und dann rufen sie bitte das aktuelle Kredit Konto auf. Ich hätte gerne eine gesamte Aufstellung.“ Gerster: „Ich werde ihnen alles per Mail schicken. Kann ich sonst noch etwas für sie tun?“ Thomas: „Sie bereiten alles sofort vor, für einen Kontoausgleich meines Kreditkontos und dabei berücksichtigen sie alle …..“ Was nun folgte war nur noch Fachchinesisch. Es ging vor allem darum, dass Thomas nicht bereit war die kompletten Zinsen für die gesamte Laufzeit zu bezahlen. Auch standen noch Gebühren zur Debatte, die von der BKB nicht berechnet werden durften. Als Gerster gar nicht einlenken wollte, drohte Thomas mit einer Anzeige bei der Bankenaufsicht. Das zeigte Wirkung. Gerster stand auf um mit der Hauptfiliale zu telefonieren. Er musste erst mit seinem Big Boss sprechen, um sich zu informieren, was er Nachlass gewähren darf. Das Gespräch ging fast eine halbe Stunde. Da es inzwischen schon nach 12:00 Uhr war, wollte Gerster sie auf den Nachmittag vertrösten, aber Thomas und Franz bestanden auf eine sofortige Lösung. Um 13:30 Uhr verließen beide die BK Bank. Draußen sagte Franz: „Mein lieber Scholli, dich möchte ich auch nicht zum Feind haben. Du hast denen ja mächtig eingeheizt. Aber herzlichen Glückwunsch, du hast soeben die Bergmann Werke mit dem gesamten Familienanwesen gekauft.“ Thomas: „Jetzt bin ich aber auch pleite. Ich muss noch meine Wohnung verkaufen, dann bin ich wieder flüssig. Nun kommt noch die Erbschaftssteuer, plus die 50.000 Euro an Maria. Na ja, wenn nicht pumpe ich dich an.“ Franz lachte und meinte: „Ein- oder zweihundert Euro kann ich dir immer leihen, das ist doch klar.“ Beide lachten. Sie hatten alles mit der Bank geklärt. Jetzt fuhren sie weiter zur Zentral Bank Berlin. Dort eröffneten sie ein neues Konto. Thomas schrieb noch eine E-Mail an die BK Bank, in der er sein bisheriges Konto kündigte. Anschließend schrieb er eine Überweisung von seinem alten Konto, auf sein Neues bei der ZBB. Es mussten nur noch die Kontoverbindungen auf den Briefbögen und in der Buchhaltung geändert werden. Das Kapitel Berliner Kredit Bank war damit beendet. Unterwegs hielten sie noch am berühmten Kurfürstendamm und setzten sich dort in eines der zahlreichen Cafés und ließen noch einmal alles Revue passieren. Sie besprachen noch die nächsten Schritte, die Thomas in der Firma erledigen wollte. Thomas fragte Franz: „Ich könnte ein bisschen professionelle Hilfe gebrauchen, hättest du nicht Lust mir dabei, gegen Honorar versteht sich, zu helfen?“ Franz: „Aber klar doch. Und über das Finanzielle werden wir uns schon einig. Ich muss nur zwei Mal die Woche in meine Kanzlei, um aktuelle Fälle auf dem Laufenden zu halten.“ Thomas: „Wir können uns ja absprechen. Ich werde heute und morgen mit der Belegschaft reden, um mir ein Bild von allem zu machen. Und danach kommt die Geschäftsleitung und Betriebsrat an die Reihe. Die Buchhaltung muss mir die Zahlen aus den letzten vier Jahren heraussuchen, dass ich auch da einen Überblick habe.“ Franz setzte Thomas im Werk ab und fuhr in seine Kanzlei, um den nötigen Papierkram für Thomas zu erledigen, während dieser sich auf den Weg in das Büro seines Vaters machte. Die Einrichtung des Büros war zwar nicht nach seinem Geschmack, aber fürs Erste würde es reichen. Kaum das er saß, kam eine junge Frau und fragte: „Wie hätten sie denn ihren Kaffee?“ Thomas: „Wer sind sie und was machen sie?“ Die junge Frau erwiderte: „Ich heiße Klara Schönfeld und bin ihre Sekretärin.“ Thomas: „Schön Frau Schönfeld, man muss ja wissen mit wem man es zu tun hat. Ich denke, dass ich in Zukunft meinen Kaffee selbst zubereiten werde. Aber gut dass sie hier sind. Ich habe da ein paar Dinge die erledigt werden müssen. Wenn sie sich das bitte notieren möchten?“ Sie verließ das Büro und holte sich einen Notizblock und etwas zu schreiben. Anschließend diktierte ihr Thomas, was Klara Schönfeld erledigen sollte. Als sie wieder den Raum verließ sagte Thomas: „Weiß, mit zwei Stück Zucker.“ Klara verstand und machte umgehend den Kaffee. Als sie den Kaffee brachte, fragte er sie: „Können sie mir einen Arbeitskittel besorgen?“ Klara fragte nach: „Sie meinen einen blauen Kittel, wie sie unsere Arbeiter in der Produktion tragen?“ Thomas: „Genau so einen meine ich. Größe 48 oder so.“ Klara: „Ich werde mich sofort darum kümmern. Ist noch etwas, Herr Bergmann?“ Thomas: „Ja. Ich weiß nicht, wie ich den Herrn Hansen erreiche. Wenn sie so gut wären sich darum zu kümmern?“ Klara: „Selbstverständlich, Herr Bergmann. Soll er gleich zu ihnen kommen oder zu einer bestimmten Uhrzeit?“ Thomas: „Er möchte bitte gleich kommen. Danke Frau Schönfeld, das wäre alles.“ Karl Hansen war der Chauffeur von seinem Vater gewesen. Er kümmerte sich, wenn er nicht fahren musste, um den Fuhrpark der Firma und die PKWs der Familie. Kleinere Reparaturen machte er selbst, den Rest musste die Vertragswerkstatt erledigen. Karl Hansen war bereits 50 Jahre alt und fuhr Herrn oder Frau Bergmann bereits seit 28 Jahren. Er hatte bei seinem Großvater angefangen und war äußerst zuverlässig und absolut verschwiegen. Thomas spielte zuerst mit dem Gedanken ihn zu entlassen, aber Franz hatte ihm davon abgeraten, weil er doch sehr viel unterwegs sein würde. Viele Termine würden weit ab von Flugplätzen liegen, so dass er auf ein Auto angewiesen wäre. Er gehörte, wie Maria, schon zum Inventar der Familie Bergmann. Tommi kannte ihn schon von klein auf. Karl hatte ihn schon oft zur Schule gefahren, oder ihn nach einer durchzechten Nacht abgeholt, wenn er nicht mehr in der Lage war zu fahren. Thomas durchsuchte den Schreibtisch seines Vaters. Es war aber nur Briefpapier und andere Büroutensilien darin, nichts Privates. In den Schränken sah es nicht anders aus. Nur in der Garderobe hingen ein Jackett und ein Mütze von ihm. Er räumte die Garderobe aus und legte die Sachen auf den kleinen Tisch, welcher unter dem Fenster stand. Klara Schönfeld klopfte und trat ein. In ihren Händen hielt sie mehrere Arbeitskittel. Nagelneu und noch verpackt. Sie sagte: „Sie müssen selbst probieren, welcher ihnen paßt. Aber ich denke, dieser hier dürfte genau der Richtige sein.“ Sie streckte ihn Thomas hin und er riss die Schutzhülle auf. Als er ihn entfaltete, sah er gleich, dass er viel zu groß war. Aber aus Spaß zog er ihn an und meinte: „Na, wie mache ich mich als Dressman?“ Klara fing an zu lachen und meinte: „Da müssen sie noch ein paar Schnitzel essen, bis sie da rein gewachsen sind. Nehmen sie den anderen, der wird passen.“ Sie packte ihn aus und Thomas probierte diesen an. Er passte wie angegossen. Klara fragte: „Geben sie mir noch ihre Handynummer? Falls etwas Wichtiges ist, kann ich sie immer erreichen.“ Thomas gab ihr die Nummer, bat sie aber niemanden weiterzugeben, was sie für selbstverständlich hielt. Dann machte er sich auf den Weg zur Produktion. Kaum war er die Treppe nach unten gegangen, kam ihm Karl entgegen. Er begrüßte ihn und fragte: „Hast du gerade Zeit, wenn ja, könntest du mich begleiten und mir alles zeigen. Es hat sich doch einiges verändert, seit ich das letzte Mal hier war.“ Karl antwortete: „Sie sind der Boss. Was möchten sie zuerst sehen?“ Thomas: „Hoppla, sind wir auf einmal per „Sie“? Ich kann mich noch gut daran erinnern, das wir uns geduzt haben.“ Karl: „Ja, das stimmt, aber ich denke, hier in der Firma ist das „Sie“ besser angebracht.“ Thomas: „OK, wenn sie meinen, Herr Hansen.“ Karl ging voran und sagte: „Dann sollten sie sich zuerst die neue Produktionsstraße ansehen. Sie wurde vor einem Jahr neu installiert. Es sind insgesamt acht neue Roboter, welche man auf alle Arten von Platinen einstellen kann. Egal was sie bestücken möchten, einmal programmiert und sie machen alles selbsttätig. Man muss nur noch die entsprechenden Materialien einfüllen und hinten kommt das fertige Modul heraus.“ Karl reichte ihm zwei Ohrstöpsel und meinte: „Die werden sie brauchen.“ Und Karl hatte Recht. Es war schon richtig laut in diesem Teil der Produktion. Die Roboter bewegten sich hin und her, die Arme gingen immer rauf und runter. Es war schon faszinierend dem Treiben zu zusehen. Ein Arbeiter füllte die Roboter auf, ein anderer entnahm die fertigen Module und verpackte sie. Er hatte eine elektronische Strichliste, die er immer wieder auf die Module hielt. So wusste er immer, welches Modul wohin musste. Thomas merkte gleich, dass hier eine Unterhaltung mit den Mitarbeitern nicht möglich war. Sie verließen diesen Teil der Produktion und gingen eine Tür weiter. Sie standen im Versand. Hier wurden die Module verpackt und versandfertig gemacht. Dies betrifft aber nur Massenware, die man in jedem Computerladen auch kaufen könnte. Andere Produkte, die speziell für die Industrie oder das Militär angefertigt wurden, werden per PKW ausgeliefert. So wird sichergestellt, dass die Soft- oder Hardware zum richtigen Empfänger gelangt. Sicherheitssysteme für das Militär hingegen, werden von einer Sicherheitsfirma abgeholt. Dabei wird die Hardware und Software getrennt versandt, um zu gewährleisten, dass keiner etwas damit anfangen kann, solange er nicht über beide Teile verfügte. Die aufwendigste Abteilung ist die Programmierung. Es ist das Herzstück, so wie das Gehirn der Bergmann Werke. Hier entstand alles, was der Kunde wünschte. Hier wird am Computer simuliert und entwickelt. In dieser Abteilung arbeiten über 50 Programmierer. Eine andere Abteilung, überprüft die fertige Hard- oder Software auf eventuelle Fehler. Erst wenn die Produkte dort getestet wurden, gelangten sie zum Kunden. Karl kannte sich gut aus im Werk, weil er öfters den alten Herrn Bergmann im Werk suchen musste, wenn er ihn abholen kam. Dabei hat ihm Bergmann alles Wissenswerte über die jeweilige Abteilung erzählt. Es war nun bereits 17:00 Uhr und die Belegschaft machte sich auf den Weg nach Hause. Thomas holte nur noch seine Sachen aus dem Büro und Karl fuhr ihn in die Bergmann Villa. Am nächsten Morgen, kam Thomas zu seinem ersten Arbeitstag. Punkt 8:00 Uhr ging er in das Büro seines Vaters. Klara Schönfeld war schon da und brachte ihm einen Kaffee und legte ihm die Post hin. Sie fragte: „Was kann ich noch für sie tun, Herr Bergmann?“ Thomas antwortete: „Geben sie mir noch zehn Minuten, ich möchte nur noch die Post durchsehen und in aller Ruhe meinen Kaffee trinken.“ Er nahm einen Schluck Kaffee und fügte hinzu: „Der schmeckt ausgezeichnet.“ Klara: „Danke, Herr Bergmann, das war die Lieblingssorte ihres Vaters. Vielleicht überlegen sie sich das noch einmal, dass sie ihren Kaffee selbst zubereiten.“ Dann schloss sie die Zwischentür zu ihrem Vorzimmer und seinem Büro. Thomas nahm die Post und sah sie durch. Das Telefon klingelte und er nahm den Hörer ab. Klara sagte: „Ein Herr Hoffmann von der BK Bank möchte sie sprechen. Sind sie da?“ Thomas: „Ich bin für die BK Bank überhaupt nicht mehr zu sprechen. Das Kapitel hat sich erledigt. Machen sie das diesem Herrn Hoffmann unmissverständlich klar.“ Thomas überlegte und dachte für sich: „Zuerst einem die Daumenschrauben anlegen und sich an den Werken bereichern und jetzt kriechen sie einem in den Hintern. Einfach nur widerlich, diese Geier.“ Eine viertel Stunde später kam Klara wieder in sein Büro. In der Hand hatte sie einen Notizblock und einen Stift. Thomas bot ihr Platz an und fing an ihr zu diktieren: „Als Erstes brauche ich zwei neue E-Mail Adressen. Die eine ist für mich in der Firma privat und die Zweite geschäftlich. Wenn es geht so kurz wie möglich. Als Nächstes brauche ich ein neues Namensschild an meinem Büro. Einfach nur Thomas Bergmann, dass reicht. Etwas Modernes sollte es sein, kein Messing oder so ein Schnickschnack. Dann brauche ich bis nächsten Montag alle Verkaufs- und Umsatzzahlen der letzten vier Jahre. Weiter möchte ich die Einkaufslisten über alle Halbleiter Produkte der letzten zehn Monate. Auch die Zahlen von unseren Niederlassungen aus Österreich und China.“ Klara: „Auch die Bilanzen?“ Thomas: „Auch die Bilanzen. Weiter stellen sie mir eine Tabelle zusammen, von den wichtigsten Mitarbeitern in den einzelnen Abteilungen. Und als Nächstes möchte ich mit dem Betriebsratsvorsitzenden sprechen. Ach ja, schicken sie doch bitte den Hausmeister noch zu mir, ich möchte etwas mit ihm bereden. Bitte buchen sie mir einen Flug für morgen früh nach Frankfurt, Rückflug am Freitagmorgen. Lassen sie dass Ticket am Schalter hinterlegen. Das wäre alles Frau Schönfeld, danke.“ Klara fragte nach: „Dann sind sie erst wieder ab Freitag zu erreichen? Ich frage nur, falls etwas Wichtiges sein sollte.“ Thomas: „Sie haben ja meine Handynummer, da können sie mich jederzeit erreichen. Freitagmittag bin ich wieder zurück. Danke, das wäre alles für den Moment, Frau Schönfeld.“ Fünf Minuten später klopfte es an seiner Bürotür. Es war der Hausmeister, Jürgen Wuttke. Er war auch zehn Jahre in der Firma. Thomas kannte ihn noch von früher, als er das eine Jahr im Werk gearbeitet hatte. Thomas: „Na Wuttke, altes Haus, alles in Ordnung?“ Wuttke: „Klar doch Chef. Schön das sie den Laden jetzt schmeißen. Was liegt an, Chef?“ Thomas: „Für dich immer noch Thomas. Ich habe einen Anschlag auf dich vor. Komm wir gehen in den alten Konferenzraum, ich zeige dir was ich möchte.“ Sie gingen zum alten Konferenzraum und Thomas öffnete die Tür. Hier standen alte Büromöbel, Werbeplakate und sonstige unnütze Sachen, die eigentlich schon lange auf den Sperrmüll gehörten. Thomas: „Bitte räume mir den ganzen Plunder hier raus. Wirf alles auf den Sperrmüll. Dann alle Tapeten herunterreißen und wenn nötig verspachteln. Auch die Decke muss weg. Schaffst du das bis zum Wochenende?“ Jürgen schaute sich im Raum um und meinte: „Da brauche ich noch jemanden, der mir bei den Möbeln tragen hilft. Aber sonst, sehe ich da kein Problem. Nur muss noch jemand die Tapeten besorgen.“ Thomas: „Das besprechen wir am Freitagmittag, wenn ich wieder hier bin.“ Mit Wuttke war alles besprochen und Thomas ging zurück in sein Büro. Dort wartete bereits der Betriebsratsvorsitzende Hubert Rohwein. Er war 51 Jahre alt und arbeitete schon seit 24 Jahre im Werk. Seit 12 Jahren gehörte er schon dem Betriebsrat an. Er kannte wie kein anderer, die Sorgen und Nöte der Belegschaft. Thomas kannte auch ihn, aber hatte arbeitstechnisch noch nichts mit ihm zu tun. Er gab ihm die Hand, begrüßte ihn und bat ihn in sein Büro. Klara brachte beiden einen Kaffee und ging wieder. Thomas begann das Gespräch: „Herr Rohwein, sie werden in nächster Zeit viel Arbeit wegen mir haben.“ Und Thomas erklärte ihm, was er alles vor hatte. Darunter auch die Angelegenheit des hohen Ausschusses in der Fertigung. Rohwein konnte ihm auch nicht den Grund dafür nennen, versprach aber Augen und Ohren aufzusperren und der Sache auf den Grund zu gehen. Als Thomas ihm noch darum bat, einen Kummerkasten für Beschwerden von der Belegschaft aufzuhängen, hatte er das Gefühl, dass alles seinen richtigen Weg nimmt. Thomas wollte auch, dass er einmal die Woche zu ihm kam, um eventuelle Probleme mit Mitarbeitern zu klären. Ihm lag es sehr am Herzen, dass ein gutes Betriebsklima herrschte. Er verabschiedete sich und Thomas zog seinen Arbeitskittel an und mischte sich unter seine Mitarbeiter. Den ganzen Tag ging er durch das Werk und sprach mit vielen Arbeitern. Dabei ließ er sich die einzelnen Abläufe der Fertigung und des Versandes erklären. Am späten Nachmittag läutete das Handy. Es war seine Verlobte Isabell, die ihn sprechen wollte. Er nahm das Gespräch an und lief dabei aus der Montagehalle ins Freie: „Hallo Isabell, was hast du auf dem Herzen?“ Isabell: „Hallo Tommi, wann kommst du morgen nach Frankfurt?“ Thomas: „Ich muss erst fragen, wann meine Maschine fliegt. Ich gebe dir später Bescheid, versprochen. Sonst alles klar in Frankfurt? Wie geht es deinem Vater?“ Isabell: „Dem geht es wieder besser, es war ja nur eine Erkältung die er hatte. Das Fieber ist jedenfalls weg. Ich denke, dass er morgen wieder in der Bank ist. Du fehlst mir. Ich freue mich schon auf morgen. Soll ich dich vom Flieger abholen?“ Thomas: „Wenn du Zeit hast, sehr gerne. Aber bitte nicht im offenen Cabrio.“ Isabell: „OK, dann komme ich mit Vaters Wagen. Also gebe mir noch Bescheid.“ Thomas legte auf. Ihm war klar, dass dies kein schmerzfreies Wiedersehen gibt. Er musste Isabell beibringen, dass er, ohne es mit ihr abzusprechen, das Erbe angenommen hatte. Damit stand auch fest, dass sein Lebensmittelpunkt nicht mehr Frankfurt, sondern Potsdam ist. Auch ihre Pläne, mit ihm gemeinsam nach New York zu gehen, wären damit geplatzt. Insgeheim wünschte er sich, dass er auf einen Schlag drei Tage älter wäre, damit er alles hinter sich hätte. Auf jeden Fall, wollte er Isabell dazu bewegen, mit ihm eine Woche nach Potsdam zu kommen. Sie sollte ihm doch wenigstens eine Chance geben und alles in aller Ruhe anzusehen. Mehr wollte er doch gar nicht. Auf der Heimfahrt, erklärte er Karl, was dieser machen sollte: „Du kommst bitte mit dem Kleintransporter am Donnerstag nach Frankfurt. Ich muss einige Dinge mitnehmen, die ich in hier dringend brauche. Ich lasse alles von einer Firma auf den Transporter aufladen und du fährst bitte am Freitagmorgen wieder zurück. Ich weiß noch nicht, ob ich mit meinem Wagen zurück fahre, oder ob ich fliege. Ich überlege es mir noch, vielleicht bringt auch ein Freund von mir nächste Woche den Wagen mit, wenn er den Betrieb inspiziert." Karl: „Ich darf auch dicke Brummis fahren, falls du deinen Hausstand gleich mitnehmen möchtest. Musst nur Bescheid sagen. Aber am Wochenende darf ich mit dem nicht fahren, erst wieder Sonntagnacht ab 22:00 Uhr.“ Thomas: „Nein, so eilig habe ich es doch nicht. Nur die paar Sachen vorerst. Ich muss auch noch mit meinem Chef und meiner Verlobten sprechen. Kennst du keinen, der das für mich übernimmt?“ Karl: „Ich glaube, das kann dir keiner abnehmen. Aber wie ich dich kenne, schaffst du das ganz bestimmt. Augen zu und durch, hat dein Vater immer gesagt.“

Um 11:15 Uhr landete Thomas in Berlin. Am Ausgang wartete schon Franz Konrad auf ihn. Thomas hatte nur einen Aktenkoffer dabei, indem er alle wichtigen Papiere aus Frankfurt mit hatte. Franz sah ihn humpelnd aus dem Gate kommen und begrüßte ihn: „Hat dich ein Elefant getreten oder hast du Fussball gespielt?“ Thomas: „Weder noch, ich habe mir die Fußsohlen verschnitten. Ich denke, ich muss zuerst zu einem Arzt." Franz: „Dann schlage ich doch vor, wir fahren ins Krankenhaus Süd zu Jule. In der Zeit in der du versorgt wirst, spreche ich mit Jules Professor wegen ihrer Doktorarbeit.“ Thomas war damit einverstanden. Unterwegs erzählte er Franz, wie es zu der Verletzung kam. Das Krankenhaus Süd war nicht weit weg vom Flugplatz, so dass sie zwanzig Minuten später dort waren. In der Notaufnahme fragten sie nach Julia Bergmann, die fünf Minuten später kam. Als Jule Thomas sah, fragte sie gleich: „Hallo Bruderherz, schön dich zu sehen. Was ist denn mit dir passiert?“ Thomas zeigte auf seine Füße und meinte: „Grüße dich, ich habe Probleme mit den Fußsohlen. Kannst du einmal nachsehen wie schlimm das ist?“ Er zog die Schuhe aus und legte sich auf die Liege im Behandlungsraum. Julia zog ihm die Socken aus und erkannte gleich, dass es Schnitte waren. Sie fragte: „Du hast überall Schnitte, wie ist denn das passiert?“ Thomas wollte nicht ins Detail gehen und sagte er sei ausversehen beim Umzug, in eine zerbrochene Flasche getreten. Julia sah sich die Wunden näher an und entfernte mehrere kleine Splitter. Sie reinigte alles und machte ihm einen Verband. Zum Schluss gab es noch die übliche Tetanusspritze und ein paar Schmerztabletten. Er erzählte ihr während der Behandlung, dass er alles in Frankfurt geklärt hatte und sich nun voll und ganz auf die Arbeit in Potsdam konzentrieren konnte. Julia merkte gleich, dass Thomas nicht gerade der Glücklichste war. Sie fragte: „Auch das mit deiner Verlobten? Kommt sie jetzt nach Potsdam?“ Thomas: „Es gibt keine Verlobte mehr. Ich habe mich von ihr getrennt. Es ging einfach nicht mehr. Aber lass uns das zu Hause besprechen, das gehört nicht hierher. Wann kommst du wieder nach Hause?“ Julia: „Ich habe heute Frühdienst und um 15:00 Uhr Feierabend, um 16:00 Uhr kann ich da sein.“ Während sie sich unterhielten und Jule die Wunde versorgte, war Franz auf dem Weg zu Professor Walter Kaufmann. Franz hatte Glück, das der Professor gerade Zeit hatte. Er stellte sich bei seiner Sekretärin vor: „Ich bin Dr. Franz Konrad und möchte gern den Herrn Professor sprechen.“ Die Sekretärin stand auf und ging zum Professor ins Zimmer. Einen Moment später kam sie wieder und sagte: „Der Herr Professor lässt bitten.“ Franz erhob sich und lief in sein Büro. Der sagte gleich: „Nehmen sie Platz, Herr Doktor. Was ist denn ihr Spezialgebiet, Chirurgie oder sind sie Allgemeinmediziner?" Franz: „Weder noch, Herr Professor.“ Kaufmann: „Entschuldigen sie, ich dachte sie wären wegen der Stellenausschreibung hier. Aber sie sind doch Arzt?“ Franz: „Leider nein. Ich bin Jurist und mein Spezialgebiet ist das Arbeits- und Wirtschaftsrecht.“ Kaufmann: „Und was verschafft mir die Ehre?“ Franz: „Eine heikle Angelegenheit, die keinen Aufschub bedarf.“ Kaufmann: „Und was ist das für eine wichtige Angelegenheit?“ Franz: „Es betrifft eine ihrer Ärztinnen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass sie bitte alles vertraulich behandeln möchten.“ Kaufmann: „Selbstverständlich, wenn sie das wünschen und wenn es in meiner Macht steht. Also, ich höre?“ Franz: „Es handelt sich um Frau Julia Bergmann.“ Kaufmann: „Sie ist eine ausgezeichnete Ärztin, was ist mit ihr?“ Franz: „Ihr Bruder, Thomas Bergmann, mein Mandant, ist auf mich zugekommen und bat mich einen Missstand zu beseitigen. Ihm war zu Ohren gekommen, dass seine Schwester weit über 400 Überstunden geleistet hat und für die sie seit langem keinen Freizeitausgleich bekam. Auch würden ihr noch 30 Tage Urlaub zu stehen, ohne dass sie ihn nehmen dürfte. Des Weiteren schreibt Frau Bergmann schon seit einiger Zeit an ihrer Dissertation. Da sie aber immer viele Sonderschichten und Überstunden hat, bleibt ihr fast keine Zeit mehr sie zu beenden. Da sie ihr Tutor sind, liegt es doch auch in ihrem Interesse, das sie sobald wie möglich ihre Doktorarbeit fertig stellt. Ich möchte erst gar nicht auf die arbeits- und vertragsrechtliche Situation hinweisen. Deshalb möchte mein Mandant, alles auf eine menschliche und für beide Seiten annehmbare Weise regeln.“ Kaufmann: „Wenn Frau Bergmann sich überfordert fühlt, soll sie doch zu mir kommen. Ich sehe da keinen Handlungsbedarf, solange sie sich nicht darüber äußert.“ Franz wurde nun konkreter und vor allem etwas lauter: „Frau Bergmann hat Anspruch auf über zwei Monate Freizeitausgleich. Anschließend auf sechs Wochen Urlaub. Sie wissen ganz genau, wenn sie beides dieses Jahr nicht mehr nimmt, verfallen die Ansprüche. Deshalb wird Frau Bergmann ab morgen ihren Anspruch wahrnehmen. Und wenn sie dem nicht zustimmen, werde ich eine Klage beim Arbeitsgericht einreichen. Wie das ausgeht, wissen sie ganz genau. Eine Geldstrafe bekommen sie auf jeden Fall. Ob diese ihr Dienstherr oder sie bezahlen, ist mir völlig egal. Und wie glauben sie, wird die Presse und die Öffentlichkeit darauf reagieren, wenn die Schlagzeile „Ärztin musste bis zum Zusammenbruch arbeiten – Skrupelloser Professor nützt seine Ärzte aus“, lautet? Und falls ein Kunstfehler passiert, was ja ab und an vorkommt, werde ich sie höchstpersönlich dafür zur Verantwortung ziehen, weil sie ihre Fürsorgeplicht verletzt haben.“ Professor Kaufmann sah ihn wütend an und meinte: „Haben sie eine Ahnung, mit wie viel Personal ich hier auskommen muss? Unser Budget ist am Limit. Wir suchen ja händeringend nach Personal, aber für die paar Kröten arbeitet doch kein Arzt heutzutage mehr. Selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht, weil unsere Personaldecke zu dünn ist. Aber gut, ich will sehen was sich machen lässt. Rufen sie mich nächste Woche noch einmal an, vielleicht finde ich einen Weg, wie wir die Sache bereinigen können.“ Franz war nun richtig sauer. Der Professor dachte gar nicht daran Julia die zustehende Freizeit zu geben. Nun musste er deutlicher werden: „Herr Professor, da ich wusste, dass sie sich weigern werden Frau Bergmann ihre Überstunden in Freizeit auszugleichen, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Gesundheitsbehörde einzuschalten. Ich werde nach unserem Gespräch zur Staatsanwaltschaft gehen und gegen sie wegen Betruges ermitteln lassen. Sie halten Frau Bergmann Leistungen zurück, die ihr gesetzlich zustehen. Sie spielen auf Zeit, damit die Ansprüche von Frau Bergmann verfallen. Und wer sich daraus einen Vorteil verschafft, mach sich des Betruges strafbar. Mindeststrafe für Betrug sind sechs Monate, zuzüglich einer Geldstrafe plus Gerichtskosten. Und was anschließend die Presse und ihr Dienstherr mit ihnen macht, ist mir ehrlich gesagt scheißegal.“ Der Professor schluckte. Er wusste nicht, ob das alles was Franz gesagt hatte richtig ist. Er wollte aber auf jeden Fall nicht an den Pranger gestellt werden. So meinte er: „Man schießt nicht mit Kanonen auf Spatzen. Machen sie einen Kompromiss, der beiden Seiten hilft.“ Franz war innerlich erleichtert und sagte: „Und wie soll der aussehen?“ Kaufmann: „Sie arbeitet drei Tage in der Woche und den Rest hat sie frei. Die Vereinbarung gilt bis Ende des Jahres.“ Franz überschlug die Zeiten im Kopf und sagte: „Zwei Tage die Woche und der Rest ist Freizeit. Außerdem bekommt sie ab dem 2.1. nächsten Jahres ihren gesamten Urlaub von diesem Jahr am Stück. Haben wir einen Deal?“ Kaufmann ließ sich darauf ein und sagte zu. Franz wollte es aber schriftlich haben. Kaufmann ging hinaus zu seiner Sekretärin und diktierte ihr die Vereinbarung. Diese schrieb sie gleich und druckte alles aus. Der Professor unterschrieb zwar widerwillig, war aber froh, dass alles gütlich geregelt wurde. Franz begab sich wieder in die Notaufnahme, wo Thomas und Jule bereits auf ihn warteten. Jule fragte: „Wo warst du so lange?“ Thomas wusste ja wo er gewesen ist, stellte sich aber dumm und spielte das Spiel mit: „Wir sitzen hier schon eine Ewigkeit, wenn es noch länger gedauert hätte, müsste Jule noch einmal den Verband wechseln.“ Franz übergab Jule den Umschlag mit der Vereinbarung. Sie zog das Schreiben aus dem Kuvert und las es laut vor. Als sie damit fertig war, sagte sie: „Das gibt es doch gar nicht. Woher kommt dieser Sinneswandel des Professors?“ Franz: „Ich hatte ein freundliches Gespräch mit ihm und am Schluss, hat er mir dieses Schreiben für dich gegeben. Mehr war da nicht.“ Sie wandte sich zu Thomas und sagte: „Dann warst du die Plaudertasche, denn Franz hat ja nichts von den Überstunden gewusst. Was ist wenn er mich jetzt hinaus wirft?“ Franz: „Ach ja, das habe ich vergessen zu erwähnen. Der Professor wird sich in seiner Freizeit, um deine Dissertation kümmern. Er möchte wöchentlich einen Rapport haben.“ Julia war sichtlich gerührt und bedankte sich bei den beiden. Sie verabschiedeten sich und Franz fuhr in die Firma. Da Thomas nicht sonderlich gut zu Fuß war, fiel heute der Betriebsrundgang aus. Er brachte es gerade noch auf die Reihe, sich den Konferenzraum anzusehen. Hausmeister Wuttke hatte saubere Arbeit abgeliefert. Alle Möbel waren aus dem Raum, die Tapeten entfernt und die Decke ausgebaut. Zum Schluss hatte er alles verspachtelt und den Steinboden auf Vordermann gebracht. Thomas war hocherfreut, dass alles so schnell fertig geworden war. Wuttke kam gleich zu ihm und fragte: „Tag Chef, wenn ich die Tapeten und die Farbe gehabt hätte, wäre alles schon tapeziert. Was machen wir mit der Decke?“ Thomas humpelte vor die Tür und sah sich die Platten der Decke an. Dann sagte er: „Die streichen wir neu. Ich bringe ihnen heute Nachmittag alles was sie noch brauchen. Wo die Farben hinkommen, schreibe ich ihnen auf die entsprechenden Farbeimer. Den großen Glastisch stellen wir auf die rechte Seite. Die neuen Büromöbel kommen heute Mittag. Herr Hansen ist schon unterwegs damit.“ Das war alles, was er mit Wuttke im Augenblick zu besprechen hatte. Dann ging er in das Büro seines Vaters. Da saß bereits Franz und sortierte die neuen Verträge für Thomas Schwestern. Sie waren nötig, um sie vor einer privaten Insolvenz zu schützen, falls die Firma tatsächlich einmal in Schieflage geraten sollte. Thomas packte auch seine Verträge, die er in Frankfurt gemacht hatte aus. Er reichte sie Franz zum durchlesen. Frau Schönfeld kam herein und brachte Thomas einen Kaffee und fragte, ob sie gleich die gewünschten Akten hereinbringen sollte. Doch Thomas lehnte ab und erklärte ihr: „Im Laufe des Mittags kommt eine Frau Katharina Haber, sie wird ab Montag bei uns anfangen. Ich habe nämlich vor einen Schreibpool zu gründen, der für alle Mitarbeiter der Führungsebene arbeitet. So haben wir kurze Wege und jeder von uns eine Sekretärin. Vorrang haben Arbeiten von Asmussen und von mir. Danach wird alles nach Eingang abgearbeitet, im Zweifel nach Dringlichkeit. Aber ich werde ihnen alles noch genau erklären. Frau Haber war meine persönliche Sekretärin in Frankfurt. Sie wird mir einen Tag in der Woche assistieren, weil ich bis zum Ende des Jahres noch einige Bankgeschäfte abwickeln muss. Ich würde auch sie herzlich gerne als meine Assistentin nehmen Frau Schönfeld, aber bis ich sie in die Gepflogenheiten der Materie eingewiesen hätte, ist der Job auch schon erledigt. Es sind ja nur sieben Tage. Sie müssen mir in diesen Tagen, den Rücken frei halten und alle Termine auf die anderen Tage verlegen. Welchen Wochentag ich für die Bank arbeite, besprechen wir nächste Woche. Ich bitte sie Frau Haber einzuarbeiten. Frau Haber habe ich als Unterstützung für sie und den Betrieb geholt. Ich denke, sie beide werden sich bestimmt vertragen. Sollte es doch zu Unstimmigkeiten kommen, dann sagen sie es mir bitte. Ich möchte dass sie zusammen ein Team bilden, die die gesamte Korrespondenz verwaltet und ausführt. Sie sind dann sozusagen die Schaltzentrale beim Schriftverkehr. Alles geht über ihren Tisch und keiner kann ihnen hineinreden. Sie sehen, ich statte sie mit mehr Verantwortung aus.“ Klara: „Was immer sie wünschen, wird getan. Und Frau Haber wird keinen Grund zur Klage haben, das verspreche ich ihnen. Brauchen sie noch etwas für ihre Bankgeschäfte?“ Thomas: „Eigentlich nicht, Frau Schönfeld.“ Klara: „Soll ich ihnen vielleicht einen kleinen Schemel bringen, damit sie ihre Füße darauf legen können?“ Thomas: „Einen Schemel nicht, aber ein hohes Kissen wäre ganz gut. Die Schnittwunden tun ganz schön schmerzen, wenn ich darauf stehe.“ Klara drehte sich um und verließ das Büro. Etwas später kam sie wieder zurück und hatte ein blaues Samtkissen unter dem Arm. Klara: „Dachten sie an so etwas?“ Thomas schaute sie an und fragte: „Wo haben sie denn das her? Das ist genau das Richtige. Danke, Frau Schönfeld.“ Klara: „Das lag im Ausstellungsraum, darauf lagen die Medaillen für den Innovationspreis von 1989. Ich dachte, wenn wir bald wieder die Nummer eins sind, kommen sowieso neue Preise hinzu.“ Thomas schaute sie an und fing an zu schmunzeln. Dann antwortete er: „Wenn es soweit ist, dürfen sie den Preis auf das Kissen legen, versprochen.“ Klara: „Das hoffe ich doch.“ Sie ging wieder an ihren Schreibtisch zurück. Franz und Thomas gingen noch einmal alle Verträge durch. Sie waren alle korrekt verfasst, sodass es keiner Änderungen mehr bedurfte. Franz fragte ihn: „Und wann willst du es deinen Schwestern sagen?“ Thomas: „Am Sonntag dachte ich, nach dem Mittagessen. Da sind sie meistens alle zu Hause.“ Franz meinte scherzhaft: „Ich würde es ihnen erst sagen, wenn du wieder richtig laufen kannst.“ Thomas: „Warum dass denn?“ Franz: „Es könnte doch sein, dass auch sie dir etwas nachwerfen und da wäre es doch von Vorteil, wenn man beschwerdefrei fliehen kann.“ Thomas schaute ihn nachdenklich an und erwiderte: „Es sei denn man hat einen Zeugen dabei, der auch noch Rechtsanwalt ist. Geteiltes Leid ist doch halbes Leid, oder nicht? Oder noch besser, du sagst es ihnen, denn schließlich kannst du es auch viel besser formulieren, weil du es auch verfasst hast.“ Franz: „Ich würde es ja gerne tun, aber am Sonntag habe ich keine Zeit, tut mir außerordentlich leid. Mach du das einmal schön selbst.“ Thomas: „Und was hast du am Sonntag so Wichtiges vor, anstelle mich zu unterstützen?“ Franz überlegte einen Moment und meinte dann: „Ich gebe meinen Regenwürmern Schwimmunterricht.“ Tommi stand auf dem Schlauch und hakte nach: „Du tust was?“ Franz: „Ich gehe Angeln.“ Thomas: „Und fängst du wenigstens etwas?“ Franz: „Meistens nicht, deshalb auch der Schwimmunterricht für Würmer.“ Thomas hielt sich die Hand vors Gesicht und sagte: „Spaß bei Seite, kannst du wirklich nicht?“ Franz: „Nein, ich komme ja und erkläre ihnen alles. Aber wehe ich werde gevierteilt, geteert und gefedert, dann war es das Letzte was ich für dich getan habe.“ Beide fingen an zu lachen. An der Tür klopfte es und Karl trat herein. „Tag Chef, wir sind da.“ Thomas sah auf die Uhr und fragte: „Was jetzt schon?“ Hinter Karl stand auch Katharina. Sie erklärte: „Wir sind schon um vier Uhr losgefahren. Karl ist vorausgefahren und ich hinterher.“ Thomas konnte es nicht fassen. Er stand auf und humpelte hinaus auf den Flur, damit er in die große Halle sehen konnte. Und tatsächlich, unten standen der Kleintransporter und sein Benz. Zwei Lagerarbeiter waren schon dabei den Transporter auszuladen. Karl hatte ihnen die Anweisung gegeben, nur die Möbel auszuladen und sie zu den anderen vom Konferenzraum zu stellen. Tommi humpelte zurück und sagte zu Klara: „Bringen sie bitte noch zwei Stühle und drei Kaffees.“ Karl half ihr beim Tragen der Stühle. Klara brachte den Kaffee und fragte für wen die dritte Tasse sei. Da sprach Thomas: „Der ist für sie. Setzen sie sich doch. Übrigens, das ist Frau Katharina Haber, ihre neue Kollegin.“ Er stellte auch die anderen untereinander vor und erläuterte noch einmal den neuen Schreibpool. Danach erstellte er eine Liste, für Dinge die in der nächsten Woche erledigt werden mussten. Zum Schluss meinte er: „Ich muss noch mit Herrn Konrad in den Baumarkt fahren, Farbe und andere Dinge für mein neues Büro holen. Herr Hasen kann ihnen mit Frau Schönfeld zusammen inzwischen den Betrieb zeigen. Die beiden wissen mehr als ich, wer was macht und weshalb. Wir brauchen vielleicht eine Stunde, dann sind wir wieder zurück. Später bringen wir die restlichen Sachen in die Bergmann Villa.“ Katharina, Klara und Karl gingen durch das Werk. Abwechselnd erklärten Karl oder Klara, was in den einzelnen Abteilungen gefertigt wurde. Als sie fast am Ende waren, bemerkte Katharina: „Das ist viel größer als ich gedacht hatte. Das ist kein Vergleich zum Online Handel bei der Investment Bank. Ich kann mir nun gut vorstellen, warum Herr Bergmann das Werk gerettet hat. So etwas darf man nicht verkommen lassen.“ Karl musste gerade seinen Transporter vor der Einfahrt wegfahren, als die beiden Frauen alleine waren. Klara fragte Kathi: „Wie ist er so als Chef?“ Kathi: „Ich kenne ihn fast vier Jahre, aber ich habe ihn nicht einmal wütend oder zornig gesehen. Er war immer korrekt zu mir und zu seinen Angestellten. Er trennt immer Geschäft und Privat. Wenn dem nicht so wäre, wäre ich bestimmt nicht mit nach Potsdam gekommen.“ Klara: „Und wie ist er privat?“ Kathi: „Das kann ich nicht sagen, ich war noch nie mit ihm aus. Aber ich kenne einen seiner Freunde und da war er immer locker drauf. Eigentlich ist das ein Traum von einem Mann, wenn man als Frau auf Männer steht.“ Klara stutzte und fragte: „Wieso stehen sie nicht auf Männer? Ich meine, na ja sie wissen schon?“ Kathi lachte und äffte einen Schwulen nach: „Aber bitte einen Prosecco bitte. Keine Angst, ich bin ganz normal gestrickt. Ich liebe Männer. Und sie?“ Klara: „Ich bin keine Leck Schwester.“ Kathi: „Sind sie verheiratet, haben sie Kinder?“ Klara: „Nein, ich bin solo und habe keine Kinder. Und sie?“ Kathi: „Das Gleiche wie sie. Wenn sie Lust haben, können wir ja einmal miteinander fortgehen. Ich habe ja noch nichts von Berlin gesehen, außer der Autobahn und der Schnellstraße hierher.“ Klara: „Kein Problem, aber erst am Wochenende, ich arbeite nicht gerne übermüdet oder mit einem dicken Kopf.“ Kathi: „Geht mir genauso. Sie wissen nicht zufällig, wo eine Wohnung frei ist?“ Klara: „Nein, das kann ich ihnen auch nicht sagen. Aber ich glaube, da kann ihnen Herr Bergmann weiter helfen, seine Familie ist ja aus Potsdam, die kennen Gott und die Welt, wie man so hört.“ Karl kam wieder zurück und fuhr mit der Führung fort. Als er damit fertig war, verabschiedete sich Karl und fuhr in die Bergmann Villa, um Tommis Kartons hinzubringen. Kathi ging derweil mit Klara ins Büro. Sie zeigte ihr die einzelnen Büros und stellte sie den einzelnen Mitarbeitern vor. Nur der Prokurist Herr Asmussen und der Marketing Chef Kevin Gassner waren außer Haus. Kathi fragte Klara: „Und wo ist mein Arbeitsplatz?“ Klara: „Wenn ich das wüsste, könnten wir ihn schon einrichten. Ich weiß nicht, was Herr Bergmann mit dem alten Konferenzraum vorhat. Könnte sein, dass er dort ein Büro einrichtet, sonst hätte er nicht die Büroeinrichtung von seinem alten Büro aus Frankfurt mitgebracht.“ Kathi: „Aber wenn wir tatsächlich in einem Schreibpool arbeiten sollen, müssten wir dann nicht in einem Büro sitzen?“ Klara: „Fragen wir ihn einfach wenn er kommt. Er wird schon wissen, wie er es haben möchte.“ Keine fünf Minuten später, kamen Franz und Thomas vom einkaufen zurück. Hausmeister Wuttke lud den Wagen aus und brachte die Farben und andere Dinge in den Konferenzraum. Thomas schrieb die Farbtöne an die jeweilige Wand, in der sie gestrichen werden sollte. Dann gab er ihm den Auftrag, noch zwei weitere Telefonleitungen dort zu legen. Die Anschlüsse für das eigene Netzwerk, lagen ja bereits dort. Thomas und Franz gingen zurück in das alte Bergmann Büro. Thomas setzte sich hin und legte seinen Fuß hoch, weil er höllische Schmerzen hatte. Klara sah das und brachte ihm eine Schmerztablette. Zuerst wollte er sie nicht nehmen, aber nach Zureden aller, nahm er sie endlich. Kathi fragte ihn: „Frau Schönfeld und ich haben uns vorhin gefragt, wo mein Arbeitsplatz ist?“ Thomas: „Ganz einfach. Der Konferenzraum wird ihr gemeinsames Büro. Herr Asmussen bleibt in seinem und ich beziehe das Büro von Herrn Gassner. Die Marketing Abteilung von Herrn Gassner kommt dann in Frau Schönfelds jetziges Büro. Alle anderen behalten ihre Büros. Wir müssen uns halt noch so lange behelfen, bis Hausmeister Wuttke alles fertig gestellt hat. Danach werden alle Büros nacheinander neu gestrichen. Jeder kann sich die Farbe selbst aussuchen, weil er ja den ganzen Tag dort arbeiten muss. Ausnahme ist der Schreibpool. Den gestalte ich, weil nur ich alleine, die neuen Möbel dafür kenne. Und das sollte farblich schon stimmig sein.“ Thomas erklärte auch, was er die nächste Woche alles klären wollte. Er hoffte, dass seine Füße in der nächsten Woche wieder besser sind. Es war nicht nur lästig, sondern schmerzte auch sehr. Sie hatten alles besprochen und Thomas verabschiedete sich ins Wochenende. Er fuhr mit Franz in die Bergmann Villa und Kathi folgte ihnen mit seinem Wagen. 15 Minuten später kamen sie in Potsdam Süd an, wo die Bergmann Villa stand. Kathi kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie vor der Villa stand. Sie hatte sich im Geiste eine Doppelhaushälfte vorgestellt, in der die Bergmanns wohnten. Aber das was sie hier sah, war ja eher ein Schloss, als eine Villa. Sie stieg aus und sah, wie Karl am Seiteneingang die restlichen Kartons auslud. Thomas fragte sie: „Und, wie gefällt ihnen die Bergmann Hütte?“ Kathi: „Das ist keine Hütte, das ist ein Traum. Das dürfen sie nie verkaufen, auch nicht für 100 Millionen. Wie groß ist die Bergmann Villa?“ Thomas: „Ich weiß es gar nicht, weil mich das noch nie interessiert hat. Wenn man alle Zimmer beider Flügel zusammen zählt, müssten es wohl über fünfzig sein. Bäder, WCs und Küchen nicht mitgezählt. Welchen Ausblick wollen sie genießen? Den in Richtung See, oder den nach vorne heraus nach Potsdam?“ Kathi: „Ist mir egal, Hauptsache groß genug für meine Klamotten und ein Bett. Da fällt mir gerade ein, ich habe ja noch gar kein Bett oder Matratze.“ Thomas: „Jetzt gehen wir erst einmal herein und dann sehen wir weiter. Wie ich sehe ist keine meiner Schwestern hier, die hätten ihnen sonst behilflich sein können.“ Kathi lief Thomas einfach hinterher, bis sie in der großen Küche standen. Dort war Maria gerade dabei, das Abendessen zu richten. Sie begrüßte ihn herzlich und Thomas stellte sie einander vor: „Das ist Maria, die gute Seele des Hauses Bergmann. Egal was sie brauchen oder möchten, sie weiß alles. Ohne sie würde hier alles zusammenbrechen. Und das ist unser Gast Katharina Haber, meine Sekretärin aus Frankfurt, die ab Montag für uns arbeitet.“ Kathi gab ihr die Hand und meinte: „Ich habe schon von ihnen gehört, Herr Bergmann spricht in den höchsten Tönen von ihnen.“ Maria: „Er übertreibt mal wieder. Wie Thomas mir sagte, bleiben sie länger bei uns, deshalb möchte ich sie gleich fragen, was essen sie nicht?“ Kathi überlegte und meinte: „Ich esse eigentlich alles. Hauptsache es schmeckt. Kann ich ihnen beim Kochen helfen? Gemüse schnippeln, Zwiebeln hacken oder so etwas?“ Maria schaute sie entgeistert an und sagte: „Wenn sie wollen, herzlich gerne. Ich kann jede helfende Hand gebrauchen. Außer Tommi oder ab und zu Karl, hilft ja hier sonst keiner.“ Thomas verstand den Wink. Maria hatte damit die Faulheit seiner Schwestern angesprochen, was Kathi ja nicht ahnen konnte. Sie gab ihr eine Schürze, damit sie sich nicht schmutzig machte. Thomas humpelte derweil in den Salon. Jetzt erst sah Maria, das er humpelte und fragte entsetzt: „Was ist los mit dir, du humpelst ja? Hattest du einen Unfall?“ Thomas hatte auf diese Frage schon lange gewartet und erwiderte: „Ja Maria, aber sieht schlimmer aus, als es ist. Ich bin nur beim Umzug in eine zerbrochene Flasche getreten, das ist alles. Jule hat mich schon versorgt, denn ich war mit Franz bei ihr im Krankenhaus.“ Wie aufs Stichwort, kam nun auch Franz in die Küche. Marias erste Frage war gleich: „Du isst doch mit, Franz?“ Der antwortete: „Ich lass mir doch nicht deine Kochkünste entgehen, Maria. Selbstverständlich esse ich mit. Ich muss nur noch die Aktenkoffer verstauen, dann helfe ich dir.“ Maria: „Was ist denn heute nur los? Jeder will mir beim Kochen helfen. Aber wie heißt es doch so schön „Viele Köche verderben den Brei“. Franz ich habe schon eine Hilfe, Kathi hat sich schon angeboten, aber trotzdem Danke. Kümmere dich sich besser um Tommi, der braucht dringender Hilfe.“ Wie Franz draußen war fragte Maria: „So, sie sind also Tommis Perle aus Frankfurt. Wie lange arbeiten sie schon zusammen?“ Kathi: „Fast vier Jahre. Er ist ein Klasse Chef.“ Maria: „Höre ich da eine gewisse Bewunderung heraus?“ Kathi fühlte sich ertappt, gab aber eine ehrliche Antwort: „Ja. Sie glauben ja nicht, welche Idioten ich schon als Chef hatte. Und die meisten von ihnen wollten entweder mit mir in die Kiste springen, oder haben mich arbeitsmäßig ausgenützt.“ Maria: „Waren sie dabei, als der Unfall geschah?“ Kathi: „Nein, ich habe es auch erst am nächsten Abend bemerkt, als ich seinen Wagen abgeholt habe.“ Maria wollte gerade wieder etwas fragen, da kam Karl herein und fragte. „Hallo Maria, ich würde dir ja gerne helfen, aber ich muss leider noch arbeiten. Kathi, geben sie mir bitte den Schlüssel von Thomas Wagen? Ich möchte ihn wegfahren aus der Einfahrt.“ Sie gab ihm den Schlüssel und Karl verabschiedete sich wieder. Maria kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und äußerte: „Was ist heute nur los? Sonst fragt mich keiner, ob er mir helfen kann und nun gleich drei Stück, die mir helfen wollen. Bin ich bleich im Gesicht? Oder habe ich Pusteln, Pickel oder Streifen auf der Stirn, was auf eine Krankheit hindeutet?“ Kathi musste lachen und meinte: „Nein Maria, sie sehen sehr gesund aus.“ Maria: „Dann kann es nur an dir liegen, Entschuldigung an ihnen liegen.“ Kathi: „Sie können mich ruhig duzen, ich habe nichts dagegen.“ Maria: „Aber nur wenn sie auch „du“ sagen.“ Kathi machte sich daran die Möhren und Kartoffeln zu schälen und zerkleinern, während Maria sich um den Braten und Salat kümmerte. Die beiden verstanden sich auf Anhieb. Maria erzählte Geschichten aus dem Hause Bergmann, vor allem vom Tag des Unfalls und den darauf folgenden Tagen. Thomas saß derweil im Salon mit Franz zusammen. Sie hatten jeder einen Aktenordner in der Hand und gingen die Zahlen von der Buchhaltung durch. Thomas wartete auf Jule, die noch vorbeikommen wollte. Sie hatte am Nachmittag noch einmal mit ihm telefoniert und ihm gesagt, dass sie über das Wochenende zu Hause in der Villa bleiben würde. Thomas nahm noch eine Schmerztablette, weil die Fußsohlen auf einmal anfingen höllisch zu brennen. Franz fragte ihn: „Möchtest du nicht lieber noch einmal ins Krankenhaus fahren und nachsehen lassen?“ Thomas: „Jule müsste jeden Moment kommen, die kann es sich ja einmal ansehen. Entweder es brennt so sehr weil es anfängt zu heilen, oder ich bekomme eine Entzündung. Ersteres wäre mir lieber.“ Karl kam nun in den Salon und meinte: „Ich habe deinen Wagen ausgeladen und die Koffer von Frau Haber in den Südflügel, in das blaue Gästezimmer gebracht. Falls es ihr nicht gefällt, braucht sie die Koffer nur in ein anderes Zimmer tragen. Ich habe schon einmal die Heizung angemacht, dass sie nicht friert.“ Thomas: „Danke Karl, auch dafür dass du alles so schnell getan hast. Bist du nicht müde, schließlich bist du schon seit vier Uhr unterwegs?“ Karl: „Ich esse nachher noch etwas und gehe dann zu Bett, falls du mich nicht mehr brauchst.“ Thomas: „Nein, du kannst dich nach dem essen ruhig hinlegen und ins Wochenende gehen. Falls ich einen Chauffeur brauche, wende ich mich an Jule, die ist ja das ganze Wochenende hier.“ Karl legte noch den Autoschlüssel von seinem Wagen auf den Tisch und ging wieder. Tommi drehte die Heizung etwas höher, er fing an zu frieren. Humpelnd zog er einen Sessel an den Kamin legte ein Kissen davor und setzte sich. Franz gefiel das gar nicht. Hier im Salon war es 23°, warm genug um nicht zu frieren. Er fragte ihn: „Hast du etwa Fieber?“ Thomas griff sich an die Stirn und meinte: „Ich denke nicht. Vielleicht kündigt sich eine Erkältung an. Ein Glas heiße Zitrone und eine Mütze schlaf, dann bin ich wieder fit.“ Eine halbe Stunde später kam Julia herein. Sie begrüßte beide und zog sich ihren Pullover aus und meinte: „Oh, ist das warm hier, merkt ihr dass denn nicht?“ Franz: „Du solltest einmal nach deinem Bruder sehen, ich denke mit ihm stimmt etwas nicht. Er hat sich vorhin vor den Ofen gesetzt und die Heizung höher gedreht. Jetzt schläft er.“ Julia schaute ihn sich an und prüfte seine Stirn. Sie war glühend heiß, Tommi hatte Fieber. Sie kniete sich neben ihm hin und zog ihm die Schuhe und Socken aus. Jule sah sich die Fußsohlen an und sagte: „Franz, hilfst du mir bitte, Tommi muss sofort ins Krankenhaus. Ich denke, er hat eine Blutvergiftung.“ Thomas bekam das gar nicht mehr so richtig mit, wie sie ihn ins Auto setzten und ins Krankenhaus brachten. Julia holte in der Notaufnahme einen Rollstuhl und gemeinsam setzten sie ihn hinein und fuhren ihn in den Schockraum. Ein Arzt kam hinzu und fragte: „Guten Abend Frau Kollegin, was haben sie denn da mitgebracht?“ Jule: „Patient, männlich, 28 Jahre, war heute Morgen bei mir in Behandlung, weil er in Glasscherben getreten ist. Ich habe zwei kleine Glassplitter aus den Wunden entfernt, alles desinfiziert, Antiseptische Salbe aufgetragen und verbunden. Anschließend eine Tetanus Auffrischung gemacht. Zwei Aspirin gegen die Schmerzen gegeben. Ich denke, er hat eine Sepsis.“ Der Arzt: „Danke Frau Kollegin, ich kümmere mit um ihn. Ist er privat oder Kasse?“ Jule: „Er ist mein Bruder und ist privat versichert.“ Der Arzt: „Alles klar Frau Bergmann. Ich nehme ihm gleich Blut ab und sehe mir noch einmal die Wunden an den Fußsohlen etwas genauer an. Wissen sie zufällig, was die Wunden verursacht hat?“ Jule: „Er sagte nur, dass es Glasscherben von einer Flasche waren, in die er getreten ist. Mehr weiß ich auch nicht. Warum fragen sie?“ Arzt: „Vielleicht war es Bleikristallglas, oder es war verunreinigt. In einer Stunde wissen wir mehr. Sie können so lange draußen warten, ich gebe ihnen Bescheid, wenn ich die Ergebnisse habe.“ Julia kam aus dem Schockraum und Franz fragte gleich: „Und, ist es schlimm?“ Jule: „Wie es aussieht ist es eine Sepsis. Die hat er sich von den Glassplittern in seinen Fußsohlen zugezogen. Ich möchte nur wissen, wie man sich an einer Glasflasche eine solche Vergiftung zuziehen kann.“ Franz: „Hat er dir nicht erzählt wie es wirklich war?“ Jule: „Nein, was sollte er mir denn erzählen?“ Franz druckste herum und wollte ihr nichts sagen. Da platzte Julia der Kragen und sie schrie ihn fast an: „Verdammt noch mal. Der Arzt da drin hat mich gefragt, ob ich weiß was für eine Sorte Glas es war und ich konnte es ihm nicht sagen. War es Bleikristallglas?“ Franz: „ Das weiß ich doch auch nicht. Ich weiß nur, dass es von seinen Pokalen stammt, die er an der Börse gewonnen hat. Das waren so geschwungene blau-gelbe Trichter, mehr kann ich dir auch nicht sagen.“ Julia ließ ihn stehen und ging zurück in den Schockraum. Kurze Zeit später kam sie wieder zurück. Franz bot ihr eine Zigarette an und gab ihr Feuer. Julia meinte nur verärgert: „Ich höre, Herr Konrad.“ Franz kam aus der Nummer nicht mehr heraus. Er wusste, dass Julia so lange bohren würde, bis sie alles wusste. Franz fing nun an alles zu erzählen. Er schilderte ihr was am Morgen bei von Graben‘s geschehen war, bis zu dem Streit mit Isabell. Und zum Schluss auch noch, wie er Heinrich von Graben hinaus geworfen hatte. Julia war entsetzt und sagte fassungslos: „Hat die Alte noch alle Locken am Wickler? Wie krass ist die denn drauf. Ich schwöre dir, sollte sie mir einmal zwischen die Finger kommen, dann vergesse ich meine gute Kinderstube. Aber warum lässt sich Thomas das gefallen?“ Franz: „Du kennst doch deinen Bruder, er kann doch keiner Fliege etwas zu leide tun.“ Jule: „Franz, aber das ist doch kein Grund sich auf der Nase herum tanzen zu lassen. Irgendwann ist doch eine Schmerzgrenze erreicht. Wenn diese Schnepfe ihn mit so einem Pokal am Kopf getroffen hätte, das wäre nicht auszudenken. Falls ich sie jemals treffe, werde ich ihr meine Meinung sagen. Und wehe sie hebt ihre Hand oder macht Sperenzchen, dann Gnade ihr Gott.“ Franz: „Ich glaube nicht, dass du sie je zu Gesicht bekommst. Vielleicht ist sie ja schon in New York.“ Julia: „Je weiter sie weg ist, desto besser für alle. Ich verstehe aber ihren Vater nicht, dass der so etwas zulässt.“ Franz: „Denk doch an deinen Vater, der hat sich von deinen Schwestern auch einwickeln lassen, das ist im Grunde genau das Gleiche. Er hat ihnen auch alles durchgehen lassen.“ Sie rauchten ihre Zigarette fertig und gingen wieder hinein. Beide setzten sich in den Wartebereich. Jule: „Das habe ich dir noch gar nicht erzählt. Heute Nachmittag kam der Professor zu mir. Zuerst dachte ich ja, dass er mich zusammenfalten würde, weil du bei ihm warst. Aber dem war nicht so. Ganz im Gegenteil, er wollte deine Telefonnummer. Ich habe sie ihm gegeben. Dann kam er auf meine Dissertation zu sprechen und meinte, ich solle ihm ab nächster Woche, einen wöchentlichen Rapport geben, den er dann überprüfen möchte. Er würde es lesen und gegebenenfalls Randbemerkungen dazu machen. Ich dachte zuerst der verarscht mich. Was hast du denn mit dem gemacht, dass er so weich gebürstet war?“ Franz: „Ich habe ihm nur die Konsequenzen klar gemacht, die auf ihn zukommen würden, wenn er nicht einlenken würde. Mehr war da nicht. Scheinbar war ich sehr überzeugend. Aber eine andere Frage, über was schreibst du denn in deiner Dissertation, welches Thema hast du?“ Jule: „Einfach gesagt, geht es darum wie sich die Knochen verhalten, wenn man sie mit Drähten, Nägeln und Schrauben zusammen fügt. Wie sieht das mit dem Wachstum und den Infektionen aus.“ Franz: „Das hört sich an, wie auf dem Bau, da wird auch genagelt, geschraubt und gebohrt. Zur Not könntest du auch auf dem Bau arbeiten.“ Jule: „Wenn die auf dem Dach Knochen verwenden, anstelle von Holz, wäre das kein Problem.“ Der Arzt kam vom Labor zurück und sprach gleich Julia an: „Sie hatten Recht mit der Sepsis. Verursacht wurde sie von Splittern mit Bleikristall. Da ist auch Kadmium und Blei drin, das hat die Sepsis ausgelöst. Er hat nun zwei Einheiten i.V. Breitband Antibiotikum bekommen und hängt nun am Tropf. Morgen früh müssten die Medikamente angeschlagen haben. Was mir aber mehr Kopfschmerzen bereitet, ist sein hohes Fieber. Es ist auf 39,8° gestiegen. Wenn es in den nächsten Stunden nicht fällt, müssen wir ihn in Eis packen.“ Julia wusste, dass dies nicht ganz ungefährlich war, weil der Körper zusätzlichen Belastungen ausgesetzt würde. Sie bedankte sich bei Dr. Häusler und der ging wieder zurück zur Station. Franz: „Und, wie sieht es aus?“ Julia: „Das Fieber ist auf 39,8° gestiegen. Er hängt jetzt am Tropf und bekommt Antibiotika. Wir können im Augenblick nichts für ihn tun. Lass uns nach Hause fahren, Thomas schläft erst einmal bis morgen früh.“ Franz war der gleichen Meinung und brachte Jule zu Villa. Da sie noch nichts gegessen hatten, begaben sich die beiden zuerst in die Küche. Dort saßen Maria und Kathi immer noch. Maria stand auf und lief Jule entgegen und fragte: „Wo wart ihr denn, ihr drei seit plötzlich verschwunden. Ist etwas passiert?“ Jule erklärte den beiden was geschehen war. Sie waren regelrecht geschockt, als sie die Diagnose Blutvergiftung hörten. Kathi fragte zaghaft: „Ihm wird doch aber nichts passieren, oder?“ Sie alle wussten was sie meinte und Jule beruhigte sie: „Er wird in zwei bis drei Tagen wieder Fieberfrei sein, wenn das Antibiotikum anschlägt. Ich denke, dass er Ende nächster Woche wieder zu Hause ist. So und nun müssen wir etwas essen, nicht war Franz?“ Julia merkte erst jetzt, dass Kathi hier war. Sie kannten sich ja noch nicht. Aber Thomas hatte ihr erzählt, dass Katharina bis auf weiteres bei ihnen wohnen würde. Sie stellte sich vor: „Sie müssen Katharina Haber sein, ich bin Thomas Schwester, Julia oder einfach Jule.“ Sie gaben sich die Hand. Katharina meinte dann: „Ich denke, ich muss jetzt meine Sachen aus dem Wagen holen. Karl hat vorhin den Schlüssel geholt aber nicht wieder gebracht. Wissen sie, wo der Schlüssel ist?“ Maria: „Das hätte ich jetzt fast vergessen. Ich habe Karl vorhin kurz getroffen und da hat er mir gesagt, dass er deine Sachen in das blaue Zimmer gebracht hat. Komm mit, ich zeige dir wo es ist.“ Kathi folgte ihr in die zweite Etage. Maria öffnete eines der Zimmer und machte das Licht an: „So, das wäre das blaue Zimmer. Du kannst ja Morgen die anderen auch ansehen, wenn es dir nicht gefällt“, meinte sie und gab ihr den Zimmerschlüssel. Maria zeigte ihr noch wie die Heizung zu bedienen war und öffnete den Kleiderschrank. Dort hingen dutzende von Bügel, auf denen sie ihre Sachen aufhängen konnte. Danach ging sie wieder zurück in die Küche zu den anderen. Julia fragte Maria: „Und gefällt ihr das Zimmer?“ Maria: „Also, wenn ihr das nicht gefällt, dann weiß ich auch nicht. Es ist das schönste auf dem ganzen Stock. Aber ich denke, sie wird müde sein, schließlich ist sie seit 4:00 Uhr heute Morgen unterwegs. Karl ist schon längst im Bett.“ Franz sah auf die Uhr und meinte: „Für mich wird es auch langsam Zeit zu gehen.“ Julia: „Kommt gar nicht in Frage, wir haben noch genügend Zimmer hier, suche dir eins heraus und bleibe über Nacht. Und morgen früh nach dem Frühstück, fahren wir ins Krankenhaus zu Thomas. Maria, ist noch etwas vom Abendessen da, ich habe nämlich tierischen Kohldampf.“ 10 Minuten später hatten Franz und Julia ein leckeres Essen vor sich stehen. Um 22:30 Uhr war bei den Bergmanns Schicht in Schacht. Alle Lichter gingen aus und sie lagen in den Betten. Kathi dachte immer noch es sei alles ein Traum. Vorgestern noch hatte sie in Frankfurt gearbeitet und jetzt lag sie hier in Potsdam im Bett einer Traumvilla. Bisher hatte sie nichts bereut. Heimlich erwischte sie sich dabei, wie sie betete, dass ihr Chef wieder gesund werden würde. Von all dem, bekam Thomas nichts mit. Er lag mit inzwischen 39,9° Fieber in einer Art Koma. Sein Gehirn hat einfach auf einen Schutzmodus umgeschaltet, damit dass Immunstem die Krankheit bekämpfen konnte. Dr. Herrmann überwachte ihn besonders sorgfältig, weil Lebensgefahr bestand. Das hatte nichts damit zu tun, weil er der Bruder einer geschätzten Kollegin war, noch damit dass er Privatpatient war. Gegen Mitternacht kletterte die Temperatur auf 40°. Er ließ ihn jetzt mit Kühlpads belegen, um so die Temperatur zu senken. Morgens um vier Uhr zeigte diese Maßnahme endlich Wirkung. Zusammen mit dem Antibiotikum, fiel die Temperatur auf 39,5°. Man spürte, dass sich Tommis Körper gegen die Sepsis wehrte. Um sieben Uhr war die Temperatur auf 39,3° gefallen. Der Arzt ließ nun die Pads wieder entfernen, um zu sehen, ob das Antibiotikum wirkte. Er wusste genau, wenn Tommi gegen dieses Antibiotikum resistent war, würde er den Kampf verlieren. Als eine Stunde später das Fieber nicht mehr stieg, übergab er den Patienten Bergmann, seinem Kollegen der Tagesschicht. Gegen 9:00 Uhr kamen Jule, Franzi, Charly, Nele und Franz ins Krankenhaus. Der Arzt Dr. Häusler, nahm Jule gleich in Empfang. Sie wollte natürlich wissen wie es ihm geht: „Ihr Bruder ist im Augenblick stabil. Dr. Herrmann hatte ihn in der Nacht kühlen müssen. Bis 7:00 Uhr, dann brach er die Kühlung ab. Das Antibiotikum hat angeschlagen und wie es scheint, wirkt es ganz gut. Aber lassen sie uns die nächsten 12 Stunden abwarten, dann wissen wir mehr. Ihr Bruder hat eine gute Konstitution und ist auch so gesund, er wird es bestimmt schaffen, da bin ich guter Dinge. Wenn er ein paar Stunden später gekommen wäre, hätte er es nicht überlebt.“ Jule: „Danke Herr Kollege. Können wir zu ihm?“ Häusler: „Er schläft jetzt, aber sie können zu ihm. Sie kennen ja das Prozedere.“ Damit meinte er, dass jeder einen Mundschutz und einen Kittel anziehen musste. Gemeinsam gingen sie in sein Zimmer. Thomas lag ganz blass in seinem Bett. An einer Hand tropfte die Infusionslösung durch einen Schlauch herein. An der anderen, hatte er die Klemme am Finger für das Monitoring. Sein Herz schlug schnell, aber gleichmäßig. Das in einer solchen Situation der Puls erhöht ist, war ganz normal. Abwechselnd hielten sie seine Hände. Sie wünschten ihm alle eine gute Besserung, obwohl er sie nicht verstand. Eine Stunde später verließen sie wieder das Krankenhaus. Sie wollten noch einmal gegen Abend nach ihm sehen. Als die fünf nach Hause kamen, saß Kathi mit Maria in der Küche. Kathi war beim frühstücken und Maria schnitt gerade grüne Bohnen. Jule kam als erste in die Küche und Kathi fragte sie gleich: „Und wie geht es ihm? Ist das Fieber herunter?“ Nun waren auch ihre anderen drei Schwestern herein gekommen. Franzi fragte Jule: „Ist das unser Gast?“ Jule hob beide Hände und sagte: „Eine nach der anderen, zuerst du Kathi. Thomas geht es besser, das Fieber ist gesunken es besteht im Augenblick keine Lebensgefahr. Und nun du Franzi, ja dass ist unser Gast. Darf ich vorstellen, das ist die alte und neue Sekretärin von Thomas, sie heißt Katharina Haber und wohnt solange bei uns, bis sie eine geeignete Wohnung gefunden hat. Und die anderen drei Damen sind meine Schwestern, von links nach rechts Charlotte, genannt „Charly“, Cornelia genannt „Nele“ und die Letzte im Bunde ist Franziska Spitzname „Franzi“. So, und nun hoffe ich, dass ich niemand vergessen habe.“ Sie gaben alle brav Pfötchen, wollten sie doch einen guten Eindruck hinterlassen. Jule fügte noch an: „Und lasst sie in Ruhe frühstücken, ihr könnt sie ja später mit euren Fragen löchern. Kathi, lass dir nichts gefallen, die können manchmal richtig fies sein.“ Franzi erwiderte: „Und du willst unsere Schwester sein?“ Jule schlagfertig: „Von wollen war nie die Rede, man hat mich nicht gefragt, ob ich solche Schwestern haben möchte.“ Kathi: „Würdest du denn gern andere haben?“ Jule: „Ich merke du beherrscht das Spiel. Aber um deine Frage zu beantworten, natürlich nicht, denn inzwischen kenne ich meine Pappenheimer.“ Sie schaute dabei Kathi an und blinzelte mit einem Auge, so dass alle lachen mussten. Nur Maria sah das nicht so und meinte: „In der größten Not werdet ihr alle noch froh sein, Geschwister zu haben. Es gibt nichts Schlimmeres als ein Einzelkind zu sein. So und wer von den Bergmann Damen hilft mir beim Essen kochen?“ Der Raum wurde deutlich leerer. Nur noch Jule und Kathi saßen am Tisch und natürlich Franz. Der war der stille und heimliche Beobachter. Er stand auf und sagte: „Lass die zwei, die haben bestimmt noch etwas anderes zu tun. Aber wenn ich dir helfen kann, dann mache ich es gerne. Wo ist denn die Schürze?“ Kathi schaute Jule an und zwinkerte auch mit einem Auge. Julia merkte schon lange, dass Franz nicht ungern mit Maria manchmal Kaffee trank oder in der Küche half. Das war ja nicht verwunderlich, kannten die beiden sich schon über zwanzig Jahre. Zuerst sprachen die beiden nur sporadisch miteinander, wenn Franz auf Herrn Bergmann senior wartete, weil dieser sich wieder einmal zu einem Termin verspätete. Aber seit einigen Jahren, führte sein Weg immer zuerst in die Küche zu Maria und dann erst zu Herrmann Bergmann. Julia fragte Kathi: „Ich fahre nach Berlin, möchtest du mitkommen?“ Da sie sowieso nichts zu tun hatte, ging sie mit Jule. Eine willkommene Gelegenheit, Berlin etwas kennenzulernen. Jule erklärte beim einsteigen in ihren Wagen: „Ich fahre die gleiche Strecke, die auch der Bus fährt, mit dem du direkt ins Werk kommst. Es ist die Linie 36.“ Sie fuhr bis kurz vor das Werk in Spandau und bog ab nach Charlottenburg, um dann in die Stadtmitte zu gelangen. Julia parkte den Wagen in einem Parkhaus, weil es hier nur ganz wenige Parkplätze gab und die Damen von Ordnungsamt sehr schnell Knöllchen verteilten. Unterwegs unterhielten sie sich über Thomas Verletzung. Kathi: „Was so ein paar Glassplitter alles anrichten können.“ Julia: „Es waren nicht direkt die Splitter, sondern die giftigen Farben die auf und an den Splittern waren. Ich denke, dass diese Pokale innen mit Farbe bestrichen waren, die Kobalt und Kadmium enthielten. Und das sind sehr giftige Stoffe. Da reichen schon einige Milligramm in der Blutbahn, um einen Menschen zu töten.“ Kathi: „Du bist Ärztin? Welches Fachgebiet hast du denn?“ Julia: „Orthopädie.“ Kathi: „Knochenbrecher, hat mein Vater immer gesagt.“ Julia: „Mit den Knochen haben die Orthopäden am wenigsten zu tun, die meisten Probleme machen Sehnen, Bänder oder Knorpelschäden. Natürlich sind auch viele Brüche dabei, die flicken wir dann so gut es eben geht wieder zusammen. Wenn ich meinen Facharzt habe, würde ich gerne eine eigene Praxis aufmachen.“ Kathi: „Und was kostet so etwas?“ Julia: „Frag nicht, sonst wird mir schwindlig. Da geht locker ein Zweifamilienhaus drauf.“ Kathi: „Dann must du eben Lotto spielen, vielleicht hast du das Glück mit einem sechser.“ Julia: „Da arbeite ich lieber weiter und spare, da ist die Wahrscheinlichkeit größer zu einer Praxis zu kommen.“ Kathi: „Darf ich Thomas besuchen?“ Julia: „Natürlich, warum nicht. Nur zu, schließlich kennt ihr euch ja schon lange. Ich denke, er wird sich über einen Besuch von dir freuen. Ich gebe dir nachher noch die Adresse. Wenn du heute Abend gehen möchtest, kannst du meinen Wagen nehmen, ich brauche ihn nicht mehr. Du hast doch einen Führerschein, oder nicht?“ Kathi: „Ich habe einen Führerschein und sogar ein Auto. Die Kiste ist aber schon 15 Jahre alt und hätte die Fahrt nach Berlin bestimmt nicht überlebt.“ Julia: „Hier in Berlin sollte man schon ein Auto haben. In der Stadtmitte sind die Busse und Bahn Verbindungen prima, aber wenn man weiter draußen wohnt ist das schon schwieriger. Ich höre mich einmal in meinem Bekanntenkreis um, vielleicht verkauft einer von ihnen günstig ein Auto. Wenn nicht, gibt es genug Autohändler hier, da wird schon etwas für dich dabei sein.“ Kathi: „Im Moment ist das nicht so wichtig, wichtiger ist eine günstige Wohnung.“ Julia: „Das machen Thomas und Franz, die haben bestimmt bald eine für dich. Du bist ja im Augenblick gut untergebracht, oder gefällt es dir nicht bei den Bergmanns?“ Kathi: „Doch, doch es ist schön bei euch. Aber eine eigene Bude ist doch immer besser. Schon alleine wegen der Arbeit. Wie sieht denn das aus, wenn die Sekretärin beim Chef wohnt?“ Julia: „Du bist nicht der erste Mitarbeiter der Bergmann Werke, der bei uns wohnt. Das waren schon einige und da hat auch keiner etwas gesagt. Und nun wird geshoppt, lass und ins KaDeWe gehen.“ Kathi konnte mit dem Begriff KaDeWe nichts anfangen, aber Julia erklärte es ihr, was KaDeWe war und bedeutete.

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