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Kapitel 3: Liebeslehrerin Isabel

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Isabel Gander hatte ihn nicht vergessen. Freudvoll lächelnd begrüßte sie ihn im Friseursalon; es sei schön, dass er wieder seiner Mutter helfe. Siegfried überlegte, was er ihr antworten könnte. Da ihm auf die Schnelle nichts Gescheites einfiel, lächelte er. Während er ihr die Haare wusch und sie zärtlich an Ohren und Hals berührte, lobte sie wieder seine magischen Hände. Diese Hände würde sie am liebsten mitnehmen. Siegfried lachte, und sie lachte mit ihm. Bevor er sie an seine Mutter weitergab, erzählte sie ihm von einem Posten exquisiter Poloshirts, den sie vor ein paar Tagen hereinbekommen habe. Diese Shirts solle er sich einmal anschauen; da sei bestimmt eines dabei, das ihm gefalle. Oh ja, das interessiere ihn, versicherte er und fragte, wann es ihr passe. Am besten abends nach Ladenschluss, dann habe sie Zeit für ihn, antwortete sie.

Warum er am Abend seine Mutter anlog und sagte, er wolle wegen der Klassenarbeit in Mathematik noch kurz zu Oliver, wusste er selbst nicht. Er solle vorsichtig fahren, rief sie ihm nach. Vorsichtig fahre er immer, rief er zurück, schwang sich auf sein Fahrrad und trat in die Pedale. Es war kein weiter Weg; nach fünf Minuten schloss er sein Velo an den Radständer der Apotheke neben der Boutique Isabel. Schnurstracks ging er zur Ladentür und drückte die Klinke. In seinem Schwung wäre er beinahe mit dem Kopf gegen die Glasscheibe gekracht, denn die Tür war abgeschlossen. Durch das Schaufenster sah er, dass sich innen jemand bewegte; ja, es war Frau Gander, die lächelnd herbeieilte und ihm öffnete. Schön sah sie aus mit ihren brünetten Haaren, die leicht gewellt über ihre Ohren fielen. Ihre großen braunen Augen und ihre dunkelrot geschminkten Lippen waren ihm schon im Friseursalon aufgefallen. Sie sei immer elegant gekleidet, hatte Siegfried von seiner Mutter gehört. Ja, das konnte er bestätigen. Heute trug sie eine beigefarbene Seidenbluse, einen blauen Rock und blaue Pumps.

Er komme spät, stellte sie fest.

Das tue ihm leid; seine Mutter habe ihn nicht früher gehen lassen.

Es sei alles okay, sagte sie, er solle sich locker fühlen.

Interessiert schaute Siegfried auf die vielen Kleider, Blusen, Röcke, Jacken und Mäntel. An einer Modepuppe, die unvollständig mit weißer Unterwäsche in feiner Spitze bekleidet war, schien Frau Gander gerade gearbeitet zu haben. Für Siegfried war das alles neu.

Ob es ihm in ihrer Boutique gefalle, fragte Isabel.

Ja, sehr, so einen Laden habe er noch nie betreten.

Frau Gander berührte seinen Arm und forderte ihn auf ihr zu folgen. Die Poloshirts lägen im Nebenraum bei den Unisex Klamotten. Nach ein paar Schritten hielt sie vor einem Tisch mit zwei Stapeln von Shirts. Die links seien aus reiner Baumwolle und die rechts aus Baumwolle mit fünf Prozent Kaschmir, erklärte sie. Die mit Kaschmirwolle müsse er einmal anfassen, die seien wunderbar weich, so weich, dass sie die Haut liebkosten. Sie zog ein dunkelblaues, mittelgroßes Shirt aus dem Stapel und reichte es ihm. Diese Größe sollte ihm passen. Ob ihm die Farbe gefalle.

Ja, dunkelblau sei seine Lieblingsfarbe.

Langsam ließ er den Stoff durch seine Finger gleiten, lächelte und sagte, so etwas Weiches habe er noch nicht gefühlt.

Ob er ihr eine Freude mache und dieses Shirt anprobiere; sie würde es gerne an ihm sehen. Nebenan gebe es eine Umkleidekabine.

Damit hatte Siegfried nicht gerechnet; doch weil er nicht sagen wollte, nein, diese Freude möchte er ihr nicht machen, ging er mit dem Shirt in die Kabine, zog seinen Pulli aus und das Poloshirt an. Was er im Spiegel sah, gefiel ihm. Selbstsicher lächelnd trat er aus der Kabine.

„Super“ hörte er von Frau Gander. Sie ging auf ihn zu, zupfte an seinen Schultern herum und zog den Stoff an der Taille glatt. Dabei kam sie ihm so nah, dass sie ihn mit ihrem Busen berührte. Er konnte nicht anders als sie in seinen Armen aufzufangen. Statt ihm mit Worten zu danken, schlang sie ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn auf den Mund. Ungestüm küsste er zurück. Sie kraulte ihn am Hinterkopf. Er streichelte sie an den Ohren und am Hals. Gespannt wartete er darauf, was als Nächstes passieren würde.

Lächelnd fragte sie ihn, ob er schon einmal gevögelt habe.

Nein, antwortete er, nur im Internet.

Im Internet zugeschaut?

Weil er darauf nichts sagte, schob sie die Frage nach, ob er gerne einmal richtig vögeln wolle, zusammen mit ihr.

Ein lautes „Ja“ schoss aus seinem Mund; sie sei seine Traumfrau.

Sie lachte; er sei süß.

Beim nächsten Kuss öffnete sie den Knopf und den Reißverschluss an seiner Jeans. Keck griff er an ihren Po und zog ihren Rock hoch. Jetzt gab es kein Halten mehr. Isabel bückte sich zu ihrer Handtasche und fischte ein verschweißtes Päckchen heraus. Was dann genau passierte, konnte er nicht sagen, denn er hatte einen Blackout. Als er wieder zu sich kam, lag er auf einer Isomatte und Isabel saß auf ihm; und dann durchströmte ihn ein grandioses Gefühl. Etwas so Schönes habe er noch nicht erlebt, gestand er. Danke, danke.

Es sei auch für sie wunderschön gewesen, versicherte Isabel. Nach einem Kuss richtete sie sich auf. Sie reichte ihm ein Kosmetiktuch und wollte das Kondom. Damit kein Sperma auslief, verknotete sie das offene Ende, bevor sie das Gummisäckchen auf ein Handtuch legte.

Siegfried erhob sich, schaute zu Isabel und lächelte sie an. Sie sei eine tolle Frau, sagte er, nicht so albern wie die Mädchen in der Schule. Er habe manche Nacht von ihr geträumt, und heute habe sich sein kühnster Traum erfüllt. Danke.

Sie nannte ihn einen Schatz und drückte sich an ihn.

Er nahm ihren Kopf zart in beide Hände und näherte sich ihren Lippen, da klingelte sein Handy. Auweia, dachte er, dieses blöde Gerät hätte ich ausstellen sollen. Weil das Klingeln nicht aufhörte, nahm er das Gespräch an.

Aufgebracht fragte seine Mutter: „Wo treibst du dich herum? Du bist doch nicht bei Oliver, denn der wollte dich gerade besuchen.“

„Nei-ein“, stammelte er. „Unterwegs habe ich mich anders entschieden. Ich bin zur Boutique Isabel gefahren, weil ich ein Poloshirt kaufen wollte, eines von den besonders weichen, die Frau Gander hereinbekommen hat.“

„So, so“, sagte seine Mutter, dann beendete sie das Gespräch.

Grinsend blickte er zu Isabel, die neben ihm in ihren Rock schlüpfte.

Wenn es um Liebe gehe, seien kleine Lügen erlaubt, behauptete sie. Schmunzelnd nahm sie das Shirt, legte es zusammen und steckte es in eine weiße Papiertüte, auf der in lila Farbe ‚Boutique Isabel‘ stand.

Wie viel das Poloshirt koste, fragte er.

Das sei ein Geschenk. Wenn seine Mutter wissen wolle, wie viel er dafür bezahlt habe, solle er zwanzig Euro sagen. Verschworen lächelte sie ihm zu.

Nun musste auch er lachen. Danke, danke. Ob er morgen Abend wieder kommen dürfe, fragte er.

Aber sicher, sagte sie.

Er verabschiedete sich mit einer Umarmung und einem Kuss.

Sie führte ihn zum Seitenausgang, der sich in ein Treppenhaus öffnete. An diese Tür solle er morgen Abend dreimal klopfen.

„Dreimal“, wiederholte er, dann huschte er hinaus.

Zuhause erwartete ihn seine vorwurfsvoll dreinblickende Mutter. „Lüg‘ mich nicht an; da steckt doch ein Mädchen dahinter.“

„Nein, ich habe wirklich in der ‚Boutique Isabel‘ ein Poloshirt gekauft.“ Seine Worte unterstreichend holte er das Shirt aus der Tüte und zeigte es ihr.

Sie nahm es in die Hand. „Das fühlt sich wirklich sehr weich an“, sagte sie. Dann fragte sie nach dem Preis. Zwanzig Euro hielt sie für günstig. Lächelnd äußerte sie: „Vielleicht kaufe ich mir auch so ein feines Teil.“

In der Nacht träumte er von Isabel. Was für eine fantastische Frau. Sie lachte gern und schien immer gut gelaunt zu sein. Lachen machte sie schön. Offenbar hatte sie den Tod ihres Mannes gut überstanden. Ihr Mann sei ein ‚wilder Hund‘ gewesen, hatte Siegfried im Friseursalon aufgeschnappt; kurz nach der Hochzeit sei er mit dem Motorrad tödlich verunglückt. Anschließend habe Frau Gander mit einer Frau zusammengelebt. Sie sei eine Lesbe, meinte seine Mutter.

Der nächste Tag verging für ihn schleppend langsam. Er hätte französische Vokabeln lernen sollen, dachte aber ständig an Isabel. Gegen Abend sagte er zu seiner Mutter, er brauche Bewegung, wolle noch ein bisschen Rad fahren. Nach einem Ciao radelte er hinaus in einen windigen Spätsommerabend. Auf halber Strecke stoppte er am Stadtpark, ging zu einem versteckt gelegenen Rosenbusch und schnitt mit seinem Taschenmesser eine rote Rose ab. Es wird mich doch niemand beobachtet haben, hoffte er, als er die Rose in der Brusttasche seiner Jacke verbarg.

Heute stellte er sein Fahrrad am Supermarkt ab und legte die letzten hundert Meter bis zur Boutique zu Fuß zurück. Während er dreimal an die Tür des Seiteneingangs klopfte, spürte er wie sein Herz hart gegen seine Rippen schlug. Innen hörte er Schritte; einen Augenblick später öffnete Isabel die Tür und zog ihn in die Boutique hinein. Bevor er die Rose aus seiner Jackentasche nehmen konnte, drückte sie sich an ihn. Ihre Lippen trafen seine. Bei zärtlichen Küssen vergaß er die Rosendornen, die durch sein super weiches Shirt in seine Brust stachen. Nachdem Isabel die Umarmung lockerte, griff er in seine Brusttasche und holte eine zerquetschte Rose heraus. Die könne sie vergessen, sagte er.

Nein, widersprach sie ihm, das sei eine von Liebe erdrückte Rose, die Schönste die sie jemals bekommen habe. Danke. Sie werde diese Rose unter ihr Kopfkissen legen.

Er lachte. Platt gedrückt passe sie gut unter ihr Kissen.

Isabel lachte nicht. Es gehe ihr heute nicht gut, sagte sie; Kopfschmerzen quälten sie.

Ob er etwas für sie tun könne, fragte Siegfried.

Verbunden mit einem leisen „ja“ erschien ein Lächeln auf Isabels Gesicht, nur kurz, einen Moment lang. Vielleicht könne er mit seinen magischen Fingern ihre Schläfen massieren. Damit war er sofort einverstanden. Sie gingen hoch in ihre Wohnung, weil es dort gemütlicher war als im Laden. Auf der Treppe, die sie vor ihm hoch in den ersten Stock stieg, spannte sich bei jeder Stufe der Rock über ihren runden Po. Er hätte ihren Po gerne berührt, hielt sich aber zurück, weil sie Kopfweh hatte. Oben führte sie ihn direkt in ihr Wohnzimmer, einen luxuriös eingerichteten Raum mit hellbraunen Möbeln, einem Seidenteppich auf dem Fußboden und einer großen Zimmerpalme in einem weißen Keramiktopf. An den Wänden hingen drei abstrakte Gemälde, farbige Kombinationen, die Siegfried an Joan Miró erinnerten, dessen Werk sie gerade im Kunstunterricht besprachen. (Wochen später erzählte Isabel ihm, diese Bilder habe sie während ihrer Studienzeit selbst gemalt.)

Zwei Fenster öffneten sich auf die Fußgängerzone, in die nach der Hektik des Tages Ruhe einkehrte. Nur wenige Leute waren noch unterwegs. Ab und zu drangen ein paar unverständliche Worte oder ein Lachen hoch in die Wohnung.

Isabel bat ihn sich auf den Sessel links vom Sofa zu setzen. Kaum saß er, legte sie ein Sitzkissen vor seine geöffneten Beine und hockte sich darauf. Damit sie zwischen seinen Schenkeln Halt fand, rutschte er vor zu ihr. Zärtlich ließ er Zeigefinger und Mittelfinger von jeder Hand um ihre Schläfen kreisen. Ob es so gut sei, fragte er.

Oh ja, antwortete sie; er mache das großartig; mit diesen Fingern könne er als Heiler viel Geld verdienen. Weil er lachte, fügte sie hinzu, sie meine das ernst.

Nach etwa zwanzig Minuten hörte er auf zu massieren. Er müsse eine Pause machen, sagte er; seine Finger würden allmählich verkrampfen.

Danke, er sei ein Schatz; es gehe ihr schon viel besser. Sie könnten sich ein Weilchen auf ihr Bett legen; natürlich nur, wenn er dazu Lust habe. Und ob er dazu Lust hatte. Sie stand auf, nahm seine Hand und führte ihn in ihr Schlafzimmer, zu einem französischen Bett und einem Kleiderschrank mit Spiegeltüren. Was er sah, gefiel ihm so gut, dass er das Wort genial von sich gab. Sie zogen die Schuhe aus und legten sich in ihren Kleidern auf das Bett. Nach einem Kuss drehte sie ihm den Rücken zu und drückte ihren Po an ihn. Er solle sich eng an sie schmiegen, sagte sie; die Wärme seines Körpers tue ihr gut. Sofort legte er seinen rechten Arm um ihre Taille und zog sie zu sich. Ihr weicher Körper fühlte sich an wie ein Bad im Glück. Gerne wäre er die ganze Nacht bei ihr liegen geblieben. Bald jedoch zerstörte ein Gedanke an seine Mutter diese Illusion. Vorsichtig hob er seinen Arm von Isabels Taille.

Ob er schon gehen müsse, fragte sie.

Er hätte schon vor einer halben Stunde gehen sollen, antwortete er. Nach einem Kuss auf ihren Hals rollte er vom Bett, schnürte seine Schuhe und zog seine Jacke an.

Es sei schade, dass er sie schon verlasse, sagte sie. Traurig blickend stand sie vom Bett auf, ging auf ihn zu und gab ihm zum Abschied einen zarten Kuss. Bis morgen.

Nein, morgen Abend müsse er zum Fußballtraining, erst übermorgen könne er wieder kommen.

Okay, dann bis übermorgen.

Mit großen Schritten lief Siegfried die Treppe hinunter und hinüber zum Supermarkt zu seinem Fahrrad. Während er so schnell wie möglich nach Hause radelte, produzierte sein Gehirn unangenehme Gedanken. Was sollte er seiner Mutter sagen? Er wollte sie nicht schon wieder anlügen, aber die Wahrheit konnte er ihr nicht erzählen. Der Gedanke an einen Sturz ging ihm durch den Kopf; ja, ein paar Schrammen würden ihm aus der Bredouille helfen. In einer Kurve versuchte er absichtlich den Bordstein zu streifen, wackelte kurz, fing sich dann wieder. Bewusst einen Unfall auszuführen war nicht einfach.

Ob er besoffen sei, fragte ein Passant, der ihm zusah.

Nein, nein, er habe an die Schule gedacht und nicht auf den Bordstein geachtet, antwortete Siegfried. Er sei okay.

Zuhause wollte er einen kleinen Unfall vortäuschen. Hinkend betrat er die Wohnung und rief: „Mama“. Eine Antwort bekam er nicht, fand jedoch einen Zettel mit der Nachricht: „Bin bei Maria, komme spät. Salat im Kühlschrank.“ Erleichtert atmete er tief durch und hörte auf zu hinken; diese Finte konnte er für einen anderen Abend aufheben.

Bevor er zu Isabel ging, hatte er ein Salamibrot gegessen; das war eindeutig nicht genug bis morgen früh. Er nahm eine Scheibe von dem geschnittenen Roggenmischbrot, das er gestern gekauft hatte, und schmierte eine dicke Schicht Frischkäse mit Kräutern darauf. Gierig biss er hinein. Es schmeckte lecker und passte gut zu dem mit French Dressing gewürzten Salat aus geriebenen Karotten, Zucchini und Kopfsalat. Seinen Durst löschte er mit einem halben Liter Leitungswasser.

Im Bett schwirrten geile Gedanken an Isabel durch seinen Kopf. Was für eine super Frau, hübsch und definitiv keine Zicke. Dass sie mit vierunddreißig Jahren doppelt so alt war wie er, spielte keine Rolle. Vielleicht würde sie sich wieder auf ihn setzten und ihn dieses wunderschöne Gefühl erleben lassen. Das wäre fantastisch. Ob es außer dem Menschen eine andere Tierart gibt, bei der die Frau den Mann fickt, sinnierte er. Nein, die Weibchen präsentieren ihre Vulva, nur die Männchen ficken. Leise Zweifel meldeten sich. Hatte er nicht gelesen, dass bei Bonobos die Weibchen aktiv am Sex teilnehmen? Er beschloss über dieses Thema zu recherchieren. In der Nacht träumte er von Bonobo Weibchen, die auf Bonobo Männchen ritten.

Zwei Tage später klopfte er abends an Isabels Tür. Sie wartete seit über einer halben Stunde auf ihn und war ein bisschen sauer, dass er so spät kam. Jetzt ließ sie ihn warten. Erst nachdem er zum zweiten Mal klopfte, öffnete sie die Tür. Was sie sah, ließ sie lächeln, denn Siegfried trug eine Gitarre auf dem Rücken. Ob er ihr ein Lied vorspielen wolle, fragte sie.

Nein, er habe seiner Mutter gesagt, er gehe Gitarre spielen zu seinem Freund Oliver. Aber heute habe er seinem Freund Bescheid gegeben, dass er nur zum Schein bei ihm sei; er solle bitte nicht zu ihm kommen oder nach ihm fragen.

Nachdem er die Gitarre abgestellt hatte, drückte sie sich an seine Brust. Er schlang beide Arme fest um sie. Zärtlich küssten sie sich, dann stürmisch.

Sie sei verschwitzt und wolle duschen, sagte sie, er solle mit ihr kommen. Hand in Hand gingen sie die Treppe hoch in ihre Wohnung und dort in ihr Schlafzimmer. Sie umarmten sich und sprachen von dem Glück sich gefunden zu haben. Sie öffnete seine Hose, er ihren Rock. Sie zog ihm seinen Pulli aus, er knöpfte ihre Bluse auf. Die restlichen Kleidungsstücke streiften beide selbst ab. Nackt liebkosten sie sich vor den Spiegeltüren, küssten die zarte frei gelegte Haut. Er war vernarrt in ihre weichen Brüste. Ihr gefielen seine muskulösen Beine, die Beine eines trainierten Fußballers. Als er sich mit Händen und Augen weiter nach unten wagte, stutzte er. Dass sie keine Schamhaare trug, war ihm vor drei Tagen gar nicht aufgefallen.

Ob ihm ihre Muschi gefalle, fragte sie.

Ja, sehr, antwortete er.

Wenn die Haare fehlten, sei Muschi der falsche Ausdruck, meinte sie. Eine nackte Muschi sei wie eine Tulpe.

Ob er ihre Tulpe küssen dürfe, fragte er.

Zuerst wolle sie duschen, antwortete sie freundlich aber bestimmt. Auf dem Weg zur Duschkabine in ihrem Badezimmer erklärte sie ihm, sie entferne ihre Schamhaare, weil die ihr unhygienisch vorkämen.

Wenn das so ist, wolle er auch seine Schamhaare loswerden.

Schmunzelnd schlug sie vor, ihm mit ihrem Ladyshaver zur Hand zu gehen.

Er lachte, ja bitte.

Mit einem Schubs schickte sie ihn in die Duschkabine. Er solle das Wasser laufen lassen, bis es angenehm warm fließe.

Er prüfte die Wassertemperatur mit der Hand. Nach ein paar Sekunden sagte er, es sei jetzt okay.

Sie steckte ihre Haare hoch und bedeckte sie mit einer Duschhaube; dann stieg sie zu ihm. Lächelnd drückte sie sich an ihn, schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn.

Ihr weicher Busen an seiner Brust wühlte ihn auf. Er schämte sich für seinen ‚kleinen Freund‘, der sich aufrichtete. „Entschuldige bitte“, sagte er.

Isabel lachte. Dafür müsse er sich nicht entschuldigen. Im Gegenteil, eine Frau wolle sehen, dass sie ihren Geliebten errege.

Nach diesen ermunternden Worten fasste er wollüstig an ihren Po.

Sie nahm die Flasche mit Flüssigseife, gab eine kleine Menge in die Mulde ihrer linken Hand und von dort auf seine Brust und seine Schultern; danach seifte sie seine Achselhöhlen, den Rücken und den Po ein, und zum Schluss den Penis. Mit einem Kuss und den Worten, jetzt sei er an der Reihe, gab sie ihm die Seifenflasche. Zärtlich wiederholte er auf ihrem Körper, was er von ihr erfahren hatte. Ihre warme Haut zu berühren war so schön wie von Isabel berührt zu werden. Ob es auch für sie schön sei, fragte er. Sie stöhnte wohlig „oh ja“ und wiederholte, was sie ihm schon mehrmals gesagt hatte: Er habe magische Hände. Sich küssend und drückend blieben sie unter den warmen Wasserstrahlen stehen, bis Isabel „genug“ sagte und den Mischwasserhahn ausstellte. Mit weichen Frotteetüchern trockneten sie sich gegenseitig ab. Lächelnd nahm sie seine Hand und führte ihn zu ihrem Bett.

Ob er jetzt ihre Tulpe küssen dürfe, fragte er.

Ja bitte, antwortete sie. Ohne zu zögern legte sie sich auf den Rücken und öffnete ihre Beine.

Er tauchte hinab. Wie benommen starrte er auf diese Blüte. Das Bild einer Vulva hatte er bereits auf seriösen medizinischen Seiten im Internet gesehen, aber noch nie die zarte Wärme gefühlt. Dankbar küsste er die Blütenblätter und den Stempel.

Das könne er sehr gut, lobte sie ihn. Während er von ihrem Lob angespornt weiter küsste, fragte sie ihn, wie lange er heute bleiben könne.

Ein Blick auf seine Uhr ließ ihn seufzen, höchstens noch zehn Minuten. Ob sie sich wieder auf ihn setze.

Nein, heute wolle sie eine andere Stellung mit ihm ausprobieren. Geschickt rollte sie ein Kondom über seinen Penis. Nachdem sie geprüft hatte, ob das Kondom gut saß, kniete sie sich breitbeinig auf ihr Bett. Von hinten sei ihre Lieblingsstellung; er solle langsam und zart beginnen. Mann, war das aufregend. Um seine Erregung zu zügeln, dachte er an seine Mutter.

Die Erlösung kam ihm vor wie ein explodierendes Duett; Isabel schrie vor Glück, und er schrie mit ihr. Erschöpft ließ er sich mit seiner Liebsten zur Seite fallen. Solch gewaltige Reize hatte er noch nicht erlebt. Was für eine wunderbare Frau. Danke, sagte er; dankbar setzte er zarte Küsse auf ihren Rücken.

Sie drehte sich zu ihm um und suchte seine Lippen. Sie müsse ihm danken für die Lust, die er in ihr entfacht habe. Während sie das Kondom von seinem Penis rollte und am offenen Ende verknotete, erklärte sie ihm, wie wichtig ein raffiniertes Vorspiel für sie sei, und das gelte für die meisten Frauen. Wenn ein Mann einfach drauflos vögle, komme er zum Orgasmus, nicht aber seine Partnerin.

Zusammen gingen sie in ihr Badezimmer und wuschen sich mit feuchten Tüchern. Siegfried kaute an dem Wort raffiniert. Was sie mit raffiniert meine, fragte er.

Das Vorspiel sei heute schon ganz schön raffiniert gewesen, lobte sie ihn. Aber sie könnten nicht jedes Mal auf die gleiche Weise beginnen; das würde schnell langweilig werden. Er solle sich für morgen etwas einfallen lassen. Weil er sie unsicher anschaute, setzte sie hinzu, sie werde ihm auf die Sprünge helfen, keine Angst.

Freude kehrte in sein Gesicht zurück. Lächelnd drückte er seine Liebste an sich und hielt sie fest, bis ein Blick auf seine Uhr ihn zur Eile trieb. Er sprang in seine Kleidung, schulterte seine Gitarre, gab Isabel einen Kuss und sagte, Ciao bis morgen.

Gut gelaunt, mit dem Song Imagine von John Lennon auf den Lippen, machte er sich auf den Heimweg. Zuhause hing seine Mutter am Telefon. Das war ihm nicht unlieb. Er warf ihr ein leises „Hallo“ zu, ging dann in sein Zimmer und stellte seine Gitarre ab.

Hunger und Durst trieben ihn in die Küche zu Brot, Schinkenwurst und Wasser.

Nachdem seine Mutter ihr Telefongespräch beendet hatte, kam sie zu ihm und fragte, ob er einen schönen Abend gehabt habe.

Ja, schon, antwortete er.

Sie hätte nichts dagegen, wenn er wieder einmal mit Oliver hier üben würde. Ein bisschen Hausmusik würde ihr gefallen. Welches Stück sie heute einstudiert hätten.

Imagine von John Lennon, antwortete er.

Diesen Song liebe sie. Ob er den für sie spiele.

Das konnte er nicht ablehnen. Ja gerne, er wolle nur noch das Wurstbrot zu Ende essen.

Er solle sich Zeit lassen, sagte die Mama.

Zeit ließ er sich nicht. Mit dem letzten Bissen im Mund stand er auf und holte seine Gitarre. Er setzte sich auf einen Stuhl, stimmte zwei Saiten nach, dann legte er los, gab das Original und eine Improvisation von Imagine zum Besten.

Für beide Stücke bekam er Beifall. Sein Spiel habe ihr gefallen, sagte sie.

Artig bedankte er sich. Mehr noch als die lobenden Worte erfreute ihn das glückliche Lächeln im sonst ernsten Gesicht seiner Mutter. Er nahm sich vor, öfter einen Song für sie zu spielen. Mit dem Wunsch für eine gute Nacht machte er sich auf den Weg in sein Zimmer. Schlaf gut, rief sie ihm nach.

Im Bett ging ihm Isabel durch den Kopf. Was meinte sie mit dem Wort raffiniert? Er erinnerte sich an Bilder im Internet, die Frauen mit gefesselten Händen und Beinen zeigten, mit gespreizten Beinen und verbundenen Augen. Ob Isabel gefesselt werden wollte, fragte er sich. Dazu passen würde der Haken, der in der Zimmerdecke vor den Spiegeltüren fest verankert war. Auf seine neugierige Frage, wozu der Haken gut sei, hatte sie lächelnd geantwortet, das werde er noch früh genug erfahren.

Gefesselt und was dann? Möchte sie Schmerzen spüren? Niemals könnte er ihr wehtun. Verwirrt fiel er in einen unruhigen Schlaf, in dem eine Frau ihn küsste und schlug. Nein, Isabel glich diese Frau nicht. Mit ihren dunkelblonden Haaren sah sie Olivers Schwester Sylvia ähnlich. Aber wie kam Sylvia in seinen Traum? Er kannte sie kaum. Am nächsten Morgen beschimpfte er sich selbst und nannte sich einen Trottel, der mit seiner Liebe nicht cool umgehen konnte.

Samenraub und wahre Liebe

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