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Im Unternehmensalltag zeigt sich dies unter anderem darin, wie wir Projekte anpacken: Das Thema wird in sogenannte „Arbeitspakete“ zerstückelt. Häufig sehr unabhängig voneinander arbeitende Teams verfolgen von da an ihre jeweiligen Unter-Ziele. Am Ende werden die Einzelteile zusammengesetzt; es wird davon ausgegangen, dass alles zusammenpassen wird. Tatsächlich kann es als Problem westlich geprägter Denkschulen betrachtet werden, wenn diese häufig auf monokausale Erklärungen bauen und Kontexte als störend und verwirrend außer Acht lassen.

Im Gegensatz dazu die allgemeine Vorstellung in China: Hier folgen die Weltgeschichte und die individuelle persönliche Entwicklung keiner Linie, sondern sie gleichen eher einer Spirale – bzw. einer Brezel – und sind stark abhängig von undurchschaubaren äußeren Kräften. Die Strömungen des Lebens, die einen Menschen (oder ein Projekt) mal schnell, mal langsam voran bringen oder auf den Grund ziehen, um einen dann kurz ans Ufer zu schleudern, werden viel eher wahrgenommen. Um bei diesem Bild zu bleiben: Es gilt als selbstverständlich, dass Wasser verdunstet, zur Wolke wird und dann wieder als Wasser auf die Erde regnet. Irgendwie gleich wie vorher und doch mit dem abgespeicherten Wissen, wie es war, Teil einer Wolke zu sein. Das ist so und wird erst einmal nicht hinterfragt. Man muss nicht alles verstehen.

Der chinesische Ausdruck für „gründlich über etwas nachdenken“ ist „yongxin sihao“ und bedeutet wörtlich übersetzt „das Herz genutzt, ist das Denken gut“. Dies verdeutlicht, warum es für ein chinesisches Publikum wichtiger ist, wie etwas gesagt wird – und weniger, was gesagt wird.

China durchlief eine andere Geistesgeschichte. In der östlichen Philosophie spielen Logik und Mathematik keine allzu große Rolle. Über ein Gedankenspiel wie das des Zenon und Achilles, der die Schildkröte nie überholen könne, weil er auf dem Weg dahin immer zunächst einen Punkt erreichen müsse, den die Schildkröte schon überschritten habe, können Chinesen nur den Kopf schütteln. Dieses Denken widerspricht offensichtlich jeder sinnlichen Erfahrung und ist deshalb in ihren Augen nutzlos. Die großen chinesischen Denker wie Laozi und Konfuzius suchten stattdessen Antworten auf konkrete Fragen. Beispielsweise darauf, wie ein gutes Leben zu führen sei oder was genau einen erfolgreichen Herrscher ausmache.

Die Weisheit chinesischer Philosophen wurde meist in Form von Sprichwörtern tradiert, die sich stellenweise durchaus widersprechen können. Die Obsession abendländischer Philosophen, eine Erklärung für alles finden zu wollen und dafür eine einheitliche Theorie aufzustellen, der man alle anderen kohärent unterordnen kann, ist der chinesischen Tradition fremd.

Und warum ist das für das Training oder Coaching in China wichtig?

Die Welt ist eine Brezel

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