Читать книгу Fighting Lory - Cathy McAllister - Страница 5

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Kapitel 1

New York, USA

Central Park

15. Mai 2027

Lorys Schritte klangen unnatürlich laut in der Stille des Parks. Das einzige andere Geräusch war ihr schneller Atem, als sie über den asphaltierten Weg sprintete. Sie sah Schatten rechts von ihr ins Gebüsch huschen, verließ ebenfalls den befestigten Weg und hechtete über ein paar am Boden liegende dicke Äste.

„Dean! Paul! Verflucht, wo seid ihr?“, sprach sie in das Mikro an ihrem Kragen.

„Haben gerade die Brücke passiert. Wo seid ihr?“, gab Dean zur Antwort.

„Ich bin allein. Jason ist down.“

„Scheiße!“

Sie hörte Schüsse in der Nähe und fand hinter einem Baum Deckung. Ihr Atem ging schwer und ihr Herz raste.

„Wir stehen unter Feuer“, erklang Deans hektische Stimme in ihrem Ohr.

„Ich hör die Schüsse. Ich bin in der Nähe. Ich komme. Ende!“

Wenn ich das hier überlebe, dann mach ich aber endlich Urlaub in der Karibik, schwor sich Lory im Stillen.

Sie zog ihre Glock 10mm Automatik aus dem Halfter und steckte ein neues Magazin griffbereit, dann rannte sie durch das Unterholz. Die Schüsse wurden weniger und verstummten ganz. Dann sah sie vor sich zwei Gestalten auf dem Boden liegen. Es knackte im Gebüsch und sie konnte ein paar Schatten ausmachen, die zwischen den Bäumen verschwanden. Sie feuerte, doch es war zu spät. Die miesen Schweine waren geflüchtet.

„Scheiße! Scheiße! Scheiße!“, fluchte sie und warf sich neben dem ersten Körper auf die Knie.

Es war Dean. Seine Augen blickten starr in den Nachthimmel. Lory biss die Zähne zusammen, um nicht vor Wut und Verzweiflung aufzuschreien. Sie robbte ein paar Meter weiter zu Paul. Er röchelte leise, doch es war klar, dass er es nicht schaffen würde. Blut quoll ihm aus dem Mund und sein Oberkörper war durchlöchert, wie ein Sieb. Er zitterte.

„Paul. Ich bin hier, Paul“, sagte sie so ruhig wie möglich und legte ihm eine Hand auf die Stirn. „Es wird alles gut, Paul.“

„Nnne... ste...erbe. Vo-vorbeiii.“

Verdammt! Was mach ich? Was mach ich?

Hektisch schaute sie sich um. Die Mistkerle waren sicher über alle Berge und sie waren zu fünft. Sie war die Letzte, die noch übrig war. Ihren Partner Jason hatte es zuerst erwischt. Jetzt war Dean tot und sein Partner Paul würde ihm in den nächsten Minuten nachfolgen.

Plötzlich knackte es im Gebüsch hinter ihr. Sie wollte sich gerade umdrehen, zum Schuss bereit, als ein stechender Schmerz ihr in den Rücken fuhr. Ihr wurde ganz benommen. Das Letzte, was sie sah, war ein Monster und dann wurde es schwarz um sie herum.

***

Irgendwo in den Weiten des Universums

Lory stöhnte. Sie fühlte sich entsetzlich. Was war passiert? Hatte sie zu viel gefeiert? Dann fiel ihr die Verfolgung im Park ein. Ihre toten Kollegen. Wo war sie? Was war mit ihr passiert? Hatten die Bastarde sie gefangen genommen? Sie stöhnte erneut und versuchte, die Augen zu öffnen. Es gelang erst nach einigen Anlaufversuchen. Irritiert blinzelte sie. Sie war in einem Raum mit Metallwänden und zwei Frauen saßen auf Liegen und starrten sie an. Eine war weißblond, die andere hatte rote Locken. Neben Lory, auf einer anderen Liege lag eine Brünette, schlafend oder bewusstlos, das konnte Lory nicht sagen. Was machten diese Frauen hier? Sie kannte keine von ihnen. Waren diese Kerle auch noch in Menschenhandel verwickelt? Zwangsprostitution?

„Was … Wo …?“, murmelte sie benommen.

„Du wurdest entführt“, sagte die Rothaarige.

„Von Aliens. Wir sind in einem Raumschiff“, ergänzte die Blonde der Vollständigkeit halber.

„Wollt ihr mich verscheißern? Das ist echt nicht komisch!“, knurrte Lory missmutig. Ihr war jetzt wirklich nicht nach Scherzen zumute.

„Nein, komisch ist das wirklich nicht“, stimmte die Rote zu. „Aber leider wahr!“

Lory erhob sich schwankend von ihrem Lager und wankte zur Tür. Es gab keine Türklinke, also bollerte sie heftig gegen das Metall.

„Hey! Macht sofort die verdammte Tür auf! Ich bin Special Agent Lory Andersson und wer auch immer ihr seid, ihr bekommt ganz schöne Probleme mit dem FBI, wenn ihr mich nicht sofort freilasst! Also bewegt eure verdammten Ärsche hierher und macht auf!“

„Sorry, Schätzchen, doch ich glaube nicht, dass die sich sonderlich für das FBI interessieren“, warf die Blonde ein.

„Bist du echt eine FBI-Agentin?“, wollte die Rote wissen.

Lory nickte grimmig und starrte die beiden Frauen an. Schließlich fasste sie sich an die Hüfte und in ihre Jackeninnentasche.

„Shit! Die haben mir meine Waffen abgenommen. Fuck!“

„FBI. Uhu. Echt cool“, sagte die Rote. „Nur nutzen wird dir das hier nichts. Da hat Keela schon recht. – Ich bin übrigens Charly. Eigentlich Charlotte, doch ich kill jeden, der mich so nennt. Ich hasse den verdammten Namen!“

„Lory“, erwiderte Lory knapp. Sie war nicht hier, um Freundschaften zu knüpfen, sie musste sehen, dass sie hier so schnell wie möglich rauskam.

„Du sagst, du bist schon acht Stunden wach. Haben die Biester sich in all der Zeit nicht blicken lassen. Ich meine, um dir was zu essen und trinken zu geben?“, wollte Keela wissen.

„Nein, nur um euch zu bringen. Aber ich schätze, dass die uns nicht entführt haben, um uns verhungern zu lassen. Selbst Laborratten werden gefüttert.“

Lory und Keela warfen ihr einen finsteren Blick zu.

„Sorry. Hab nur Spaß gemacht. Ich hab einen scheiß schwarzen Humor, ich weiß. Ich mach das immer, wenn ich eine Scheißangst habe. Form von Selbstverarschung. Besser, als hysterisch in Tränen auszubrechen, oder? – Die Scheiß Monster werden schon irgendwann kommen. Die haben uns nicht vergessen, so viel steht fest“, erwiderte Charly. „Ich bin jedenfalls scheiß froh, hier nicht allein zu sein. Wir haben wenigstens uns.“

„Danke, aber ich könnte gut auf die Ehre verzichten, dir hier Gesellschaft zu leisten“, fauchte Lory verärgert. Sie wusste wohl, dass sie zickig war, aber hey, sie hatte gerade drei Mann verloren, mit denen sie seit Jahren zusammengearbeitet hatte und die ihr am Herzen lagen. Und die bösen Jungs liefen noch immer frei rum. Wenn die Schweine nicht auch hinter diesem Mist steckten. Wer sonst sollte sie entführt haben? Obwohl sie noch nicht ganz verstanden hatte, warum die anderen Frauen entführt worden waren. Soweit sie wusste, hatten die Kerle, hinter denen sie her gewesen war, nichts mit Prostitution oder Menschenhandel zu tun. Es waren einfache Terroristen, die ein politisches Ziel verfolgten. Diese Frauen hier konnte Lory beim besten Willen in keinen Zusammenhang mit der Arbeit der Terroristen bringen.

„Sorry, Schätzchen. Kannst ja aussteigen, wenn du hier aus der scheiß Metallbox raus kommst“, gab Charly knurrend zurück. Lory musste sie für ihre Schlagfertigkeit bewundern. Eine spitze Zunge war etwas, was Lory mochte. Besser als jemand, der nicht sagte, was er eigentlich von einem hielt. Lory wusste gern, woran sie war, und war selbst immer gerade heraus.

„Leute, lasst uns Ruhe bewahren, ja?“, versuchte Keela die Wogen zu glätten.

„Was ist mit der da?“, fragte Lory und zeigte auf die Brünette, die noch immer schlief. „War die schon wach?“

„Nein“, antwortete Charly. „Sollen wir sie aufwecken?“

Keela zuckte mit den Schultern.

„Weiß nicht.“

„Ich finde, wir sollten es versuchen. Wenn sie nicht reagiert, lassen wir sie schlafen“, meinte Lory. Vielleicht wusste die Brünette mehr.

Charly war als Erste an der Pritsche der Brünetten. Keela und Lory kamen hinter ihr. Vorsichtig schüttelte Charly die Schlafende an den Schultern.

„Hey, Süße, wach auf!“

„Hmmm“, machte die junge Frau und rollte sich auf der Seite zusammen wie ein Embryo.

„Hallo“, versuchte Charly es erneut. „Kannst du mich hören? Wach auf!“

Die Brünette blinzelte verstört.

„Was soll denn das?“, murmelte sie. „Ich hab keine Schicht heute.“

„Wach auf. Es ist wichtig!“, mischte sich Keela ein.

Die Augen der Brünetten öffneten sich.

„Wer seid ihr? Wie kommt ihr in mein ...“ Sie blickte sich hektisch um. „Wo … wo bin ich? Was …?“

„In einem Raumschiff“, erklärte Keela. „Wir sind entführt worden. Erinnerst du dich an etwas?“

Die Brünette schüttelte den Kopf.

„Wie ist dein Name?“, wollte Lory wissen.

„Amber. Und ihr?“

„Ich bin Charly, dies ist Keela und hier haben wir Lory. Lory ist vom FBI.“

Amber setzte sich auf und fasste sich stöhnend an den Kopf.

„Kopfschmerzen?“, fragte Keela mitfühlend.

„Hm.“

„Hatte ich auch. Das geht nach ein paar Minuten wieder vorbei. Die haben uns mit einem Laser oder so betäubt. Muss 'ne ziemlich starke Dröhnung gewesen sein, denn mich hat es in Sekundenbruchteilen umgelegt.“

Lory meinte, etwas zu hören und lauschte. Tatsächlich waren Stimmen und Schritte zu hören, die sich näherten.

„Ich glaube, da kommt wer“, sagte Lory und alle verstummten.

Die Tür wurde entriegelt und schwang auf. Zwei entsetzliche Kreaturen erschienen in der Zelle. Lory war eine hart gesottene Agentin, doch diese grausigen Monster jagten ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken. Bis dahin hatte sie die Alien-Entführung noch für ein Hirngespinst der anderen Frauen gehalten, doch diese Biester hier waren jedenfalls eindeutig nicht menschlich. Sie wusste, dass die Regierung so einige seltsame und geheime Experimente unterstützte, doch der Ursprung diese Biester war nicht menschlich.

„So, ihr seid wach“, sagte einer der Aliens.

Charly und Keela flüsterten miteinander.

„Wir haben euch einen Übersetzer in jedes Ohr implantiert“, sagte der Alien. „Die Übersetzer sind auf eure Sprache und alle wichtigen galaktischen Sprachen programmiert. Das ist notwendig, denn sonst könntet ihr eure Herren nicht verstehen.“

Lory baute sich breitbeinig auf, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie durfte vor diesen Biestern keine Angst zeigen.

„Unsere ‒ was?“, fragte sie. Sie hoffte doch sehr, dass sie sich verhört hatte.

„Eure Herren. Das ist, wer auch immer euch auf dem Sklavenmarkt von Xevus3 kaufen wird. Ihr werdet uns eine nette Summe einbringen.“

„Sklavenmarkt?“ Keela starrte die Kreatur entgeistert an. „Ihr habt uns entführt, um uns auf einem Sklavenmarkt zu verkaufen?“

Lory überlegte, ob sie diesem widerlichen Biest an die Kehle springen sollte, doch es war nur zu offensichtlich, dass sie nicht die geringste Chance auf Erfolg haben würde. Besser, sie wartete erst einmal ab, bis sich eine günstigere Gelegenheit für einen Überraschungsangriff oder Hinterhalt anbot. Es nutzte niemandem, wenn sie bei einem aussichtslosen Versuch ihr Leben ließ. Wenn sie heil aus diesem Schlamassel herauskommen wollte, musste sie clever vorgehen.

„Richtig“, beantwortete der Alien Keelas Frage. „Es gibt einige Planeten, die einen gewissen Mangel an Weibchen haben. Darum handeln wir mit Weibchen anderer Welten. Wir haben euren Planeten erst kürzlich entdeckt und festgestellt, dass ihr passend seid. Wir haben zwölf von eurer Rasse auf unserem Schiff.“

„Passend? Wofür?“, fragte Amber schrill.

„Geeignet für Paarung – paarungsgeeignet“, erklärte der Alien.

„Mir wird schlecht“, stöhnte Amber entsetzt.

„Moment!“, warf Lory scharf ein. „Ich werde mich ganz sicher mit keinem von euch widerlichen Monstern paaren. Eher sterbe ich! Ist das klar?“

Der Alien packte Lory blitzschnell an der Kehle und funkelte sie aus seinen roten Augen an. Sie röchelte. Das Herz schlug ihr bis zum Halse und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, sich jeden Moment in die Hose zu machen. Glücklicherweise blieb ihr diese Erniedrigung erspart.

„Wenn ich dich wollte, dann hättest du absolut keine Chance, dich dagegen zu wehren. Vergiss nie, mit wem du es zu tun hast. Ich bin Knirrgn Arghagn, Offizier seiner königlichen Majestät Ulhgrang ign Ifzarghn.“

Knirrgn ließ Lory so schnell los, wie er sie gepackt hatte, und sie taumelte röchelnd rückwärts. Keela schloss sie von hinten schützend in ihre Arme.

Der andere Alien trat auf Knirrgns Wink hin vor die Tür und holte eine Art Rollwagen herein, auf dem mehrere Schüsseln mit Deckeln, ein paar Becher und ein Krug mit einer lilafarbenen Flüssigkeit standen.

„Euer Essen für heute. In zwei Stunden wird das Licht gedämmt. Dann ist Zeit zum Schlafen. Richtet euch darauf ein, euch an dem Licht zu orientieren, ob es Tag oder Nacht ist, denn wir werden gut einen Zyklus unterwegs sein“, verkündete Knirrgn.

„Was ist ein Zyklus?“, wollte Charly wissen.

„Der Zyklus ist der Standardmonat nach der United Galactic Federation. Er dauert vierunddreißig Tage. So lange wird es dauern, bis wir unser Ziel erreichen. Und jetzt esst.“

Die beiden Aliens verließen die Zelle und verriegelten die Tür erneut.

„Scheiße“, fluchte Lory. „Ich werde meine Beine für keinen verdammten Alien breitmachen!“ Sie musste sich dringend etwas ausdenken. Diese Monster waren wirklich verflucht stark. Sie fasste sich unwillkürlich an den Hals, der von dem brutalen Griff des Alien noch immer schmerzte.

„Ich auch nicht!“, gab Keela ihr angewidert recht.

Charly und Amber murmelten ebenfalls zustimmend.

„Aber Hunger hab ich“, sagte Charly. „Nutzt keinem was, wenn wir verhungern.“

Sie hob die Deckel von den Schüsseln. Es gab verschiedene Früchte, eine Art Eintopf und eine Platte mit Fleisch, das wie Rind aussah. Sie probierten vorsichtig von den verschiedenen Sachen und schenkten sich von der Flüssigkeit ein, die eine Art Limonade zu sein schien und angenehm säuerlich schmeckte.

„Hm, nicht übel“, urteilte Keela.

Lory und die anderen Frauen stimmten ihr zu.

„Die Limo ist auch lecker. Schmeckt irgendwie wie Zitronen ... nein! Limettensaft mit einem Hauch von … von … ah ja, einem Hauch von Mango!“

Es schien eine stille Absprache zwischen den Frauen zu sein, nicht über das zu reden, was vor ihnen lag. Keine von ihnen wollte in diesem Moment daran denken, dass sie auf einem galaktischen Sklavenmarkt verkauft werden sollten.

***

Kanavirius System, Xevus3

Betzlawk

8. Tag des Monats Jakus im Jahr 7067 Federationszeit

Sie waren auf einem Wüstenplaneten gelandet, wo man sie auf einem Sklavenmarkt verkaufen wollte. Der Spaceport war modern und mit allem ausgestattet, was Reisende erwarten würden. Hotels, Bars und andere Vergnügungen genauso wie Shops und Marktplätze. Je weiter sie sich jedoch von dem Spaceport entfernten, desto verkommener wurde die Gegend. Ihre Wachen lenkten sie in einen Compound mit mehreren Baracken. Lory und die anderen Frauen wurden in eine der Hütten geschoben und die Tür hinter ihnen verriegelt. Im Inneren war es schummrig, doch hell genug, dass sie erkennen konnten, dass sie nicht die Einzigen waren. In dem engen Raum saßen bereits vier Frauen und ein etwa zehnjähriges Mädchen. Sie rückten etwas zusammen, um den Neuankömmlingen Platz zu machen. Eine Frau war deutlich älter als die anderen. Sie war schon grau und hatte bereits einige Falten, doch ihr Körperbau war muskulös schlank und sie wirkte alles andere als gebrechlich. Sie bedeutete den Frauen, sich zu setzen.

Lory blieb mit verschränkten Armen stehen, während Keela, Charly und Amber sich setzten. Lorys Blick glitt über ihre Mitgefangenen. Das Mädchen hatte schwarze Haare, zu sechs dicken Zöpfen geflochten, und ungewöhnlich intensive türkisfarbene Augen. Sie trug eine türkisfarbene Tunika über cremefarbenen Leggings aus weichem Leder. Die anderen Frauen hatten einfach geschnittene Kleider aus bunten Stoffen. Sie unterschieden sich optisch von dem Mädchen. Ihre Hinterköpfe liefen spitz zu und sie hatten seltsam runde Ohren, die deutlich aus ihren schwarzen Haaren hervorguckten.

„Ich bin Ayakala“, stellte sich die ältere Frau vor. „Dies sind meine Töchter Jukuzala und Niminita. Und das ist Bebenile. Und die Kleine ist Solima.“

„Ich bin Charly, das sind Keela und Amber und das hier ist Lory“, nahm Charly die Vorstellung in die Hand.

Jukuzala reichte den Frauen eine Flasche mit Wasser und sie löschten dankbar ihren Durst. Erst als sie getrunken hatten, sprach die Alte.

„Wir kommen von Uluah2. Solima kommt von Karrx7. Wo kommt ihr her?“

„Wir sind vom Planeten Erde entführt worden“, antwortete Charly.

„Erde? Kenne ich nicht!“, sagte die Alte kopfschüttelnd. „Aber das muss nichts heißen. Ich kenne nicht viele Planeten.“

„Wie wird der Platz hier bewacht? Wie viele Kerle kommen, wenn sie Essen bringen? Sind sie bewaffnet?“, wollte Lory wissen. Es war gut, so viele Informationen wie möglich zu sammeln, um eine Flucht zu planen. Denn eines stand fest: Lory würde nicht warten, bis man sie an den Meistbietenden verscherbelte. Für sie stand fest, dass sie sich nicht kampflos ihrem Schicksal ergeben würde. Es musste einen Weg geben, von hier zu fliehen.

Ayakala schaute sie verständnislos an.

„Wozu willst du das wissen?“, fragte sie.

„Es muss eine Möglichkeit geben, zu fliehen“, erklärte Lory aufgeregt. „Ich kann zwei Mann locker ausschalten, ohne Waffen. Wenn ich irgendetwas bekommen könnte, was ich als Waffe benutzen kann, dann auch mehr als nur zwei.“

Ayakala und ihre Töchter schüttelten den Kopf.

„Selbst wenn du hier aus der Hütte rauskommst, so musst du noch durch das Tor und das ist gesichert. Ihr habt keine Chance“, gab die alte Frau zu bedenken.

„Als man uns brachte, waren nur zwei Wachen dort stationiert“, wandte Charly ein.

„Es sind vielleicht nur zwei Wachen, doch in der Hütte neben dem Tor sitzen noch mindestens sechs“, erklärte Ayakala. „Außerdem, wo willst du hier hin? Außerhalb von Betzlawk ist weit und breit nur Wüste. Selbst wenn ihr es wie durch ein Wunder zu einer der anderen Städte schaffen würdet, man hieße euch dort nicht willkommen. Aber es ist ohnehin Selbstmord, in die Wüste hinauszugehen. Es ist dort noch heißer, als hier und es gibt weit und breit kein Wasser. Man wird euch jagen. In der Stadt werden sie euch früher oder später finden und am Spaceport gibt es kein Rein oder Raus ohne Kontrolle und zudem kannst du ohne Geld auch keine Passage buchen. Also ist es besser, zu hoffen, dass du einen guten Herrn findest, der dich gut behandelt. Glaube mir.“

„Eher sterbe ich, als dass ich mich von irgendeinem verdammten Alien besitzen lasse“, fauchte Lory aufgebracht.

„Sie hat recht“, meinte Amber. „Wir kommen ohnehin nie wieder nach Hause. Es ist hoffnungslos. Wer weiß, wie weit wir von der Erde weg sind und wo sollen wir jemanden finden, der uns zurückbringt?“

„Darüber kann ich mir Gedanken machen, wenn ich hier raus bin“, beharrte Lory. „Alles ist besser, als von einem verdammten Alien gekauft zu werden und deren kleine Monster auszubrüten.“

Allein die Vorstellung, an einen der verschiedenen Alien, die sie hier in den Straßen von Betzlawk gesehen hatte, verkauft zu werden, ließ ihr die Galle hochkommen. Die meisten sahen nicht einmal annähernd menschlich aus. Abgesehen davon, würde sie sich gewiss keinem Typen hingeben, den sie nicht wollte. Und Lory war wählerisch, was ihre Sexpartner anging. Sie mussten Stil haben und Rückgrat. Und natürlich mussten sie damit klarkommen, dass sie ihren eigenen Kopf hatte und sich nicht die Butter vom Brot nehmen ließ. Nein! Sie würde ganz gewiss niemands Sexsklavin werden. Nicht, solange sie noch einen Funken Lebensgeist in sich hatte, und im Moment hatte sie eine Menge davon. Sie würde hier rauskommen, koste es, was es wolle.

***

Stunden vergingen und niemand kam. Die Unterhaltung zwischen den Frauen war lange verebbt. Lory hatte sich ohnehin nicht daran beteiligt. Sie lief wie ein Tiger im Käfig auf und ab und grübelte über ihre Situation nach. Sie konnte einfach nicht still sitzen, wenn sie wusste, dass man sie an irgendein Monster verkaufen wollte.

„Kannst du dich nicht endlich mal setzen?“, sagte Keela genervt. „Du machst mich ganz schwindelig mit deinem Gekreisel.“

„Ich verstehe euch nicht“, platzte Lory ärgerlich heraus. „Wie könnt ihr hier seelenruhig sitzen und abwarten, dass man euch an den meistbietenden, schleimigen oder haarigen Alien verschachert? Ich habe jedenfalls nicht vor, kampflos aufzugeben.“

„Vielleicht ist es leichter zu entkommen, wenn wir verkauft wurden“, warf Keela ein. „Wenn wir uns schwach und hilflos zeigen, wird derjenige, der uns kauft, vielleicht weniger wachsam sein und wenn der richtige Augenblick ...“

„Wenn, wenn, wenn!“, unterbrach Lory Keelas Rede. „Wenn ihr wartet, bis man euch ein Ticket für die Rückreise zur Erde auf einem goldenen Teller serviert, werdet ihr es nie schaffen.“

Lory gehörte nicht zu den Leuten, die darauf warteten, dass vielleicht alles noch gut wurde. Sie war es gewohnt, Dinge in die Hand zu nehmen. Sie würde lieber sterben bei dem Versuch, zu fliehen, als zuzulassen, dass andere über sie verfügten.

„Es kommt jemand“, warnte Amber eindringlich.

Die Frauen verstummten und tatsächlich waren Schritte zu hören, die sich der Baracke näherten. Die Tür wurde aufgeschlossen und zwei Männer erschienen in Begleitung einer Frau, die ein Tablett mit Essen trug. Die Männer waren weitgehend humanoid, wenn man über ihre grüne Haut und die kleinen warzenähnlichen Pocken an Stirn und Schläfen hinwegsah. Sie waren groß und kräftig gebaut, doch sie trugen keinerlei Waffen bei sich. Das war gut. Lory hatte keine Bedenken, es mit den beiden aufnehmen zu können. Sie beobachtete die Situation und machte sich bereit, im geeigneten Augenblick zuzuschlagen.

Als die Frau das Tablett in die Mitte des Raumes gestellt hatte, sah Lory ihre Zeit gekommen. Sie schnappte sich den Mann, der ihr am nächsten stand, und schmetterte seinen Schädel dreimal gegen den Türrahmen, bis der Kerl schlapp in ihrem Griff wurde und sie den bewusstlosen Mann einfach zu Boden fallen ließ. Die andere Wache warf sich auf sie und sie tauschten ein paar harte Schläge und Tritte aus. Da der Überraschungseffekt vorbei war, hatte Lory mit dem gut trainierten Kerl kein leichtes Spiel, obwohl sie intensiv in Nahkampf ausgebildet war. Der Alien war ein ebenbürtiger Kämpfer und machte es ihr nicht leicht, doch sie liebte den Kampf. Es war besser, als dazusitzen und abzuwarten. Sie teilten beide kräftig aus und steckten ebenso kräftig ein. Ihr Gegner blutete bereits aus Mund und Nase und atmete schwer, doch ihr erging es nicht besser. Mit Gebrüll stürzten sich plötzlich auch Keela, Charly und Amber auf die Wache. Charly klammerte sich von hinten an ihn, während Amber und Keela Lory dabei unterstützten, ihn mit Tritten und Schlägen zu bearbeiten, bis er zu Boden ging.

Als beide Wachen bewusstlos dalagen, wandte Lory sich an die anderen Frauen. Die Frau, die das Tablett gebracht hatte, stand mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen in der Mitte des Raumes und schien unfähig, etwas zu sagen oder zu tun.

„Wir müssen schnell machen, ehe man bemerkt, was geschehen ist“, sagte Lory und die Frauen, inklusive Ayakala, ihren Töchtern und dem Mädchen, folgten Lory nach draußen. Nur Bebenile und die Frau mit dem Tablett blieben zurück.

Auf dem Hof war niemand zu sehen. Alles schien still und verlassen, doch sie wussten, dass in dem Häuschen neben dem Eingang weitere Wachen waren, nicht zu vergessen die beiden Wachen vor dem Tor.

„Wir versuchen, einen anderen Ausgang zu finden. Ich denke, dort drüben müssten wir über die Mauer kommen können“, flüsterte Lory und sie schlichen eilig über den Hof zu der Seite, die dem Tor gegenüberlag.

Lory fühlte sich euphorisch. Sie war froh, der engen Hütte entkommen zu sein, auch wenn sie wusste, dass ihre Flucht sie noch lange nicht zurück zur Erde brachte. Doch es war ein Anfang. Alles Weitere konnte sie sich überlegen, wenn sie irgendwo in Sicherheit waren.

Plötzlich ertönten aufgeregte Rufe und Schritte hinter ihnen,

„Scheiße! Sie haben uns entdeckt“, rief Lory. „Kommt, Mädels, schneller!“

Sie liefen jetzt so schnell sie konnten. Lory kletterte als Erste über eine Tonne auf das Dach. Sie warf einen schnellen Blick zurück. Ayakala und ihre Töchter sowie das kleine Mädchen waren stehen geblieben. Anscheinend rechneten sie sich keine Chancen mehr aus. Es waren mindestens zehn Männer hinter ihnen. Vier kümmerten sich um die zurückgebliebenen Frauen und die restlichen sechs folgten Lory und den anderen nach. Hastig kletterte Lory weiter, Charly war dicht hinter ihr, doch Amber und Keela schienen Probleme zu haben.

„Beeilt euch!“, rief Lory, als sie die Mauer erreicht hatte.

Sie sprang und Charly tat es ihr sofort nach. Lory blickte zu Keela und Amber auf, die zu zögern schienen. Sie gestikulierte wild, dass sie springen sollten.

„Scheiße“, hörte sie Keela leise murmeln.

Keela schloss die Augen und sprang. Amber landete mit einem leisen „Au! Fuck!“ neben ihr.

„Kommt!“, drängte Lory die anderen zur Eile und lief mit Charly die schmale Gasse entlang, in der sie gelandet waren.

Fighting Lory

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