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Kain und Abel

Schon ganz am Anfang sehen wir die zwei Wege der Menschheit: Den Glaubensweg Abels und den Weg Kains, der zum Brudermord führt. Bis heute verfolgt Kain seinen Bruder Abel und vergiesst dessen Blut.

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Da sprach Gott JAHWEH zur Schlange: Weil du solches getan hast, so seist du verflucht vor allem Vieh und vor allen Tieren des Feldes! Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Erde essen dein Leben lang! Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen. 1. Mosche (Mose) 3:14-15

Wenn die Schrift im Zusammenhang mit Menschen von Samen spricht, meint sie immer Nachkommen. Ein bestimmter Nachkomme der Frau sollte der Schlange den Kopf zertreten. Aufgrund dieser Prophezeiung begann eine erbitterte Feindschaft zwischen den Nachkommen von Chawah (Eva) und denen der Schlange, die bis heute andauert. Diese Verse haben schon zu den wildesten Spekulationen Anlass gegeben. Aus ihnen entwickelte z. B. William Branham, der heute noch von vielen als grosser Prophet angesehen wird, seine umstrittene Lehre vom ‹Schlangensamen›. Die Schlange habe Chawah beim Sündenfall sexuell verführt, die Frucht dieser Vereinigung sei Kain gewesen. Dessen Nachkommen seien daher der in der Schrift erwähnte Schlangensame, welcher Gottes Heilsplan widerstehe, wogegen die Nachkommen Seths der Leib Christi seien. Tatsächlich erwähnt die Schrift sogar Feinde des Volkes IsraEl, welche sie als Kain bezeichnet:

Und als er [Bileam] die Keniter sah, hob er seinen Spruch an und sprach: Deine Wohnung ist fest, und du hast dein Nest in einen Felsen gelegt; aber du wirst, o Kain, verwüstet werden! 4.Mo.24:21-22

Doch alle heute lebenden Menschen stammen von Noach (Noah) und seinen Söhnen ab, Noach aber stammt von Kains Bruder Seth. Von den Nachkommen Kains konnte also gar keiner die Flut überlebt haben, der Schlangensame wäre restlos in der Flut untergegangen und somit schon längst vernichtet worden. Branhams Lehre erweist sich also als Spekulation ohne Grundlage. Wer oder was ist dann aber der Same der Schlange?

Es begab sich aber nach Verfluss von Jahren, dass Kain JAHWEH eine Gabe brachte von den Früchten der Erde. Und auch Hebel [Abel] brachte [dar] von den Erstgeborenen seiner Schafe und von ihren Fettesten. Und JAHWEH sah Hebel an und sein Opfer; aber Kain und sein Geschenk beachtete er nicht. Da ergrimmte Kain sehr und liess den Kopf hängen. Da sprach JAHWEH zu Kain: Warum bist du so zornig und lässt den Kopf hängen? Ist es nicht so: Wenn du gut bist, so darfst du dein Haupt erheben? Bist du aber nicht gut, so lauert die Sünde vor der Tür, und ihre Begierde ist auf dich gerichtet; du aber herrsche über sie! Da redete Kain mit seinem Bruder Hebel. Es begab sich aber, als sie auf dem Feld waren, da erhob sich Kain wider seinen Bruder Hebel und schlug ihn tot. 1. Mosche 4:3-8

«Wenn du gut bist, so darfst du dein Haupt erheben», sagte JAHWEH zu Kain, offenbar aber war das nicht der Fall. Kains Opfer hatte nicht den gewünschten Erfolg, JAHWEH beachtete es nicht, Kains Beziehung zu ihm war nicht in Ordnung. Anstatt nun aber JAHWEHS Angesicht zu suchen, schlug Kain den Appell an sein Gewissen in den Wind, liess sich von seiner Eifersucht überwältigen und erschlug seinen Bruder:

Daran sind die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels offenbar: Wer nicht Gerechtigkeit übt, der ist nicht von Gott, ebenso wer seinen Bruder nicht liebt. Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen; nicht wie Kain, der von dem Argen war und seinen Bruder erschlug! Und warum erschlug er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht. 1. Jochanan [Johannes] 3:10-12

Kinder des Teufels sind gemäss Jochanan also nicht jene, die von Kain abstammen, sondern jene, welche sich so verhalten wie Kain. Ihr Gottesdienst ist berechnend und kommt nicht von Herzen. Die religiöse Praxis steht im Vordergrund, nicht das Verlangen nach JAHWEH und seiner Gerechtigkeit. Weil dieses Verhalten vom Teufel inspiriert ist, verfolgen sie, wie Kain, in mörderischem Hass ihre Brüder, die den Weg mit JAHWEH gehen. Als Gegenstück dazu bezeichnet die Schrift solche als Kinder Gottes, welche JAHWEHS Willen tun. Mosche bezeugte den Israeliten:

Ihr seid Kinder JAHWEHS, eures Gottes. Darum sollt ihr euch keine Einschnitte machen, noch euch zwischen euren Augen kahlscheren wegen eines Toten; denn du bist ein JAHWEH, deinem Gott, heiliges Volk, und dich hat JAHWEH erwählt, dass du ihm ein Volk des Eigentums seiest unter allen Völkern, die auf Erden sind. 5. Mosche 14:1-2

Religion – Weg des Kain

Was aber war denn eigentlich so falsch an Kains Opfer, dass JAHWEH es nicht beachtete? Christliche Ausleger weisen häufig darauf hin, dass Kain Feldfrüchte dargebracht hat, Hebel dagegen die Erstgeborenen seiner Schafe. Hebel habe eben verstanden, dass nur durch Blutvergiessen Vergebung der Sünde erfolgen und somit Erlösung geschehen kann, Kains Opfer dagegen sei untauglich gewesen, weil er nur Ackerfrüchte darbrachte. Sicher liegt in den beiden unterschiedlichen Gaben eine tiefe Symbolik, und es ist daher bestimmt auch kein Zufall, dass Hebels Blutopfer schliesslich als besser erscheint als dasjenige Kains, welches ‹nur› aus Feldfrüchten bestand. Doch hierin liegt nicht die eigentliche Ursache, es disqualifizierte Kains Gabe keineswegs. Denn was er darbrachte, wird im hebräischen Text als ‹Mincha› bezeichnet, mit demselben Ausdruck also, der auch für die Speisopfer im Tempel verwendet wird, die ebenfalls aus Feldfrüchten bestanden. Der Fehler lag also nicht in seiner Gabe.

Durch Glauben brachte Abel Gott ein grösseres Opfer dar als Kain; durch ihn erhielt er das Zeugnis, dass er gerecht sei, indem Gott über seine Gaben Zeugnis ablegte, und durch ihn redet er noch, obwohl er gestorben ist. Ebräer 11:4

Nicht was Kain darbrachte, war also das Problem, sondern wie er es tat. Es ist interessant, die unterschiedlichen Auffassungen von einem Opfer einmal miteinander zu vergleichen. Der hebräische Text berichtet wörtlich, dass sowohl Kain als auch Hebel eine Gabe darbrachten. Auch das deutsche Wort Opfer ist verwandt mit dem lateinischen ‹offere›, das ebenfalls darbringen bedeutet. Wenn wir jedoch das Wort Opfer benützen, so schwingt gewöhnlich noch etwas anderes mit, nämlich die katholisch-religiös geprägte Vorstellung, ein richtiges Opfer sei eine Gabe nur dann, wenn sie für den Opfernden ein schmerzlicher Verzicht ist und ihm keinen direkten Nutzen bringt. Kurz gesagt, ein Opfer müsse richtig weh tun, damit es Gott gefalle. Religiöse Menschen dachten zu allen Zeiten so. Bei ihren blutigen Opferzeremonien schnitten die Mayas in Mittelamerika nicht nur gefangenen Feinden bei lebendigem Leib das Herz heraus, sie praktizierten auch schmerzhafte Selbstkasteiungen. Um seine Götter günstig zu stimmen, musste sich sogar ihr König selbst quälen. Er trieb sich einen Dorn durch den Penis und weihte das herausrinnende Blut den Göttern, seine Gattin zog sich derweil ein mit Stacheln besetztes Band durch die Zunge.[1] Noch heute tragen ehelose Mitglieder des erzkonservativen katholischen Geheimordens ‹Opus Dei› sogenannte ‹Cilices› am Oberschenkel, Bussgürtel aus Kettenbändern mit nach innen gerichteten Stacheln, ‹um ihr Fleisch abzutöten›[2] (ihre sexuellen Bedürfnisse niederzuhalten). Noch härter geht es zu bei philippinischen Katholiken, die sich an Karfreitag selber auspeitschen, bis ihr Blut in Strömen rinnt. Einige lassen sich sogar an Karfreitag kreuzigen, wodurch sie sich einen besonderen Segen erhoffen.[3] Doch solche Opfer sind JAHWEH ein Gräuel!

Meint ihr, dass mir ein solches Fasten gefalle, da der Mensch sich selbst einen Tag lang quält und seinen Kopf hängen lässt wie ein Schilf und sich in Sack und Asche bettet? JeschaJahu 58:5

Wie Kain versucht der Religiöse, Gott mit seinem Opfer zu beeindrucken, um ihn zu manipulieren: «Sieh, was ich dir bringe, schau, wie sehr ich für dich leide.» Die Gaben, die er erbittet, erwartet er als verdiente Gegenleistung bzw. als Frucht seines Gottesdienstes. Auf JAHWEHS Güte und Gnade zu vertrauen ist ihm fremd, sein Opferdienst ist ein berechnendes Geschäft. Nicht die Gemeinschaft mit JAHWEH ist sein Ziel, er sucht nur die Gabe, nicht den Geber. Daher nennt die Schrift Kains Werke böse und JAHWEH beachtete sein Opfer nicht.

Söhne Kains und Söhne Hebels

Im Gegensatz zu Kain bringt Hebel seine Gabe ‹im Glauben›, also im Vertrauen auf JAHWEHS Güte. Durch sein Opfer naht er sich zu Gott und zeigt, dass er es ernst meint. So ist es JAHWEH angenehm, er nimmt es an. Der hebräische Begriff ‹Korban›, den auch Jeschua (Jesus) in Markus 7:11 für ein Opfer verwendet, bedeutet ‹sich nähern›. Kain und Hebel, besser bekannt als Kain und Abel, und ihre tragische Geschichte sind zu einem festen Begriff geworden. Das Brüderpaar verkörpert zwei Wege: Kain ist gewissermassen der Erfinder der Religion, er steht für jene, die mit Gott ins Geschäft kommen wollen. Sein Gottesdienst ist nur äusserlich, mit dem Herzen ist er nicht bei JAHWEH. Hebel dagegen ist das Vorbild für alle, welche JAHWEH vertrauen und sich ihm von Herzen nahen, um ihm zu begegnen. Wie Abel werden auch sie von religiösen Menschen verfolgt. Damit erfüllt sich die Prophezeiung, welche Chawah nach dem Sündenfall empfing:

Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen. 1. Mosche 3:15

Aufgrund dieser Feindschaft verfolgte die vom Geiste Kains geprägte katholische Kirche mehr Juden und Christen, welche am Weg mit JAHWEH festhielten, als die heidnischen Herrscher vor ihr, sie vergoss Ströme von Hebels Blut. Auch die reformierte Kirche folgte dem Beispiel ihrer Mutter und ging den Weg Kains. Die hochgelobten Reformatoren Luther, Calvin oder Zwingli waren diesbezüglich keinen Deut besser als ihre katholischen Vorgänger. Auch sie gingen den Weg des Kain und ermordeten ihre Brüder, welche besser waren als sie. Detailliert wird dies ausgeführt im Kapitel ‹Auf dass sie alle eins seien›.

Die Stammlinie des Maschiach

Und Adam erkannte sein Weib Chawah; sie aber empfing und gebar den Kain. Und sie sprach: Ich habe einen Mann bekommen von JAHWEH! 1. Mosche 4:1

Als Chawah Kain gebar, dachte sie, die Verheissung JAHWEHS habe sich erfüllt und sie habe den Erlöser geboren. Sie sagte daher nicht, dass sie Kain von Adam bekommen habe, sondern von JAHWEH. Da dies manchen Bibelübersetzern zu ungeheuerlich vorkam, haben sie es etwas anders wiedergegeben. Nun, da Kain seinen Bruder umgebracht hatte, kam er natürlich nicht mehr als Erlöser in Betracht, obwohl er der Erstgeborene war. Als Chawah schliesslich ihren dritten Sohn gebar, nannte sie ihn Seth, was Ersatz bedeutet. Sie sah in ihm also den Ersatz für den gefallenen Kain und den ermordeten Hebel. Seth würde also nun die Verheissung erfüllen und der Schlange den Kopf zertreten.

Und Adam erkannte sein Weib abermals; die gebar einen Sohn und nannte ihn Seth; denn Gott hat mir für Hebel einen andern Samen gesetzt (ersetzt), weil Kain ihn umgebracht hat. Und auch dem Seth wurde ein Sohn geboren, den hiess er Enosch [Henoch]. Damals fing man an, den Namen JAHWEHS anzurufen. 1. Mosche 4:25-26

Auf Seth ruhte nun Chawahs ganze Hoffnung auf baldige Erlösung. Doch, wenn diese auch noch lange auf sich warten liess, man fing nun an, den Namen JAHWEHS anzurufen, die Hoffnung auf den Maschiach setzte sich fort. Aus der Schrift geht hervor, dass Noach nicht von Kain, sondern von Seth abstammte. Die Verheissung also folgte dieser Linie, Kains Nachkommen aber starben alle in der Flut. Trotzdem erscheinen nach der Flut sofort wieder beide Linien. Schem und Ham – Segen und Fluch. Von Schem kam Avraham, der Vater aller Gläubigen und Stammvater Jeschuas, von Ham aber kam Nimrod, der sowohl Babel als auch Ninive gründete und von dem die schlimmsten Feinde IsraEls abstammen.

Nimrods Gewaltherrschaft

Er war ein gewaltiger Jäger vor JAHWEH; daher sagt man: Ein gewaltiger Jäger vor JAHWEH wie Nimrod. Der Anfang seines Königreiches war Babel, Erek, Akkad und Kalne im Lande Sinear. Von diesem Land zog er aus nach Assur und baute Ninive, Rechobot-Ir und Kelach, dazu Resen, zwischen Ninive und Kelach; das ist die grosse Stadt. 1. Mosche 10:9-12

Wörtlich steht hier, Nimrod sei ein ‹Held der Jagd› gewesen. Ganz ähnlich wird auch Esau als ein wilder, zügelloser Jäger beschrieben, der sich von seinem Schwert ernährt, der also von Räuberei lebt.

Und als die Knaben gross wurden, wurde Esau ein Jäger, der sich auf die Jagd verstand; Jaacov [Jakob] aber war ein sittsamer Mann, der bei den Zelten blieb. 1. Mosche 25:27

Da antwortete Jizchak, sein Vater, und sprach zu ihm [Esau]: Siehe, ohne fetten Boden wird dein Wohnsitz sein und ohne Tau des Himmels von oben. Von deinem Schwert wirst du leben. 1. Mosche 27:39-40

Nimrods weitere Geschichte zeigt, dass er nicht nur Tiere gejagt hat. Nur zwei Generationen nach der Flut hatte sich die Menschheit trotz dieses umfassenden Weltgerichts bereits wieder mehrheitlich von JAHWEH abgewandt. Nimrod war ihr Mann, er verkörperte den Geist, der damals herrschte. Nimrod war ein Enkel Hams und der Neffe K’naans (Kanaan), der verflucht worden war, weil Ham Noachs Blösse aufgedeckt hatte.

Und Kusch zeugte Nimrod; der war der erste Mächtige auf Erden. 1. Chronik 1:10

Nimrod, der erste Herrscher, gründete ein mächtiges Königreich mit zehn bedeutenden Städten, von denen Babel die erste war. Er erbaute auch Ninive. Babel und Ninive wurden bald zu Hauptstädten der schlimmsten Feinde IsraEls. Nachdem Adam und Chawah gesündigt hatten, verbargen sie sich vor dem Angesicht JAHWEHS und auch Kain zog weit von dem Angesicht Gottes, nachdem er seinen Bruder erschlagen hatte – sie waren sich ihrer Sünde bewusst. Doch von Nimrod heisst es: Er war ‹ein gewaltiger Jäger vor JAHWEH›. Nicht allein, dass er sich seiner Gewalttätigkeit nicht schämte, er war stolz auf sie und sündigte bewusst, um JAHWEH herauszufordern. Die Schrift bezeugt zwar nicht, dass er selber den Turmbau angeordnet hat, wie die Überlieferung sagt, doch Nimrod ist die perfekte Verkörperung der damaligen Auflehnung gegen JAHWEH. Es genügte nicht, die gewalttätige Faust gegen den Himmel zu recken, ein gewaltiges Bauwerk sollte das weithin sichtbare Zeichen dieser Rebellion gegen den Schöpfer werden, ein Turm, der bis zum Himmel reicht.

Und sie sprachen: Wohlan, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, dass wir uns einen Namen machen. 1. Mosche 11:4

Sicher waren die Menschen schon damals nicht so naiv zu glauben, sie könnten dies wörtlich tun. Dass der Himmel viel zu hoch ist, als dass ihn ein menschliches Bauwerk je erreichen könnte, war auch ihnen gewiss klar. Der Ausdruck ‹bis an den Himmel› meint etwas anderes. Diese Zikkurat (Stufenturm) war eine grosse Tempelanlage, wie sie später überall in ganz Mesopotamien erbaut wurden. Darin verehrten sie ihre Götter, um mit den Himmelsmächten in Kontakt zu treten und so den ‹Himmel zu erreichen›. Dieser Kult sollte Babel Grösse und Ansehen verschaffen und die Menschen an ihre Herrschaft binden. Wäre das Unternehmen geglückt, hätte Nimrod die Weltherrschaft erringen können – ein Traum den noch viele Diktatoren nach ihm geträumt haben –, doch JAHWEH liess es nicht zu, er verwirrte den Bauleuten die Sprache. Nimrod scheiterte, doch die von ihm angeführte Rebellion gegen JAHWEH setzte sich fort.

Wie Menschen Götter wurden

Denn obschon sie Gott erkannten, haben sie ihn doch nicht als Gott gepriesen und ihm nicht gedankt, sondern sind in ihren Gedanken in eitlen Wahn verfallen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit dem Bild vom vergänglichen Menschen. Römer 1:21-23

In Babel entstand das Urmuster aller heidnischen Religionen, das Vorbild der antiken Mythen. Ihr gemeinsames Thema ist die Dreiheit von Vater, Mutter und Kind, von der sie ihre weit verbreiteten Göttertriaden ableiten, mystisch assoziiert mit Sonne, Mond und Sterne, welche die Heidenvölker schon immer vorrangig angebetet haben und denen sie ihre Hauptgötter zuordneten.[4] Bereits dieses Grundmuster zeigt, dass die heidnischen Götter eigentlich nichts anderes sind als eine Vergottung des Menschen, und es erklärt, warum so viele antike Herrscher sich als Götter verehren liessen. Vorzugsweise bezeichneten sie sich, wie z. B. der ägyptische Pharao, als Söhne der Sonne, die meist als die höchste Gottheit galt. Schon im Paradies hatte die alte Schlange gezischelt: «Ihr werdet sein wie Gott».

Menschensohn, sage dem Fürsten von Tyrus: So spricht der Herr, JAHWEH: Weil sich dein Herz erhoben hat und du gesagt hast: «Ich bin ein Gott und sitze auf einem Götterthron mitten im Meere» obwohl du doch nur ein Mensch und kein Gott bist, und dein Herz dem Herzen Gottes gleichstellst … Jecheskel (Hes.) 28:2

Daher menschelt es unter den heidnischen Göttern und Halbgöttern auch so penetrant. Wie Hulk, Superman oder die phantastischen Vier, die modernen Superhelden aus den Comic-Geschichten, haben sie übernatürliche Fähigkeiten. Sie können Blitze schleudern, durch die Luft fliegen, ihre Gestalt verwandeln, sich unsichtbar machen und dergleichen magische Kunststücke mehr. Nicht besonders himmlisch ist dagegen ihr Benehmen. Sie lügen, intrigieren, stehlen, gehen fremd, ja sie scheuen nicht einmal davor zurück, ihre Eltern oder Geschwister umzubringen und ihre eigenen Kinder zu verschlingen. Mit einem Wort: Die antiken Götter sind ein perfektes Spiegelbild der Schwächen und des Versagens der Menschen, die sie schufen. Und wie Nimrod präsentieren sie ihre üblen Handlungen auch noch stolz als Heldentaten. Götter sind eben auch nur Menschen.

Die katholische Tradition hat jedem Tag im Kalender mindestens einen Heiligen oder eine Heilige zugeordnet, Menschen, denen aufgrund ihres ‹heiligen› Lebenswandels nach ihrem Tod göttliche Eigenschaften zugesprochen wurden. Daher werden sie angebetet und um Hilfe angerufen, anstelle der alten heidnischen Götter, die sie im Zuge der Christianisierung allmählich verdrängt haben. Doch auch in unserer scheinbar so aufgeklärten Zeit werden immer noch Menschen vergöttert.

Zu Göttern werden jene erklärt, die angeblich unvergängliche Werke geschaffen haben, vor allem Künstler. Ihre Musik, Literatur oder Malerei überdauert viele Jahrhunderte, und solange man ihrer gedenkt, gelten ihre Werke, und damit auch sie selbst als unsterblich. Zu diesen ‹göttlichen› Werken werden sie inspiriert durch den Kuss der Musen, den Töchtern des antiken Göttervaters Zeus, Schutzgöttinnen der Kunst. Da die Verehrung der von ihnen begnadeten Künstler eindeutig Kultcharakter hat, nennt man Ausstellungsräume, Opernhäuser und Theater auch Musen-Tempel oder Museen. Schneller vergeht dagegen der Ruhm der modernen Halbgötter. Ihr Stern steigt plötzlich auf, erstrahlt kurz am Zenith und versinkt bald wieder im Dunkel des Vergessens. Manche Stars (Sterne) oder Starlets (Sternchen) scheinen sogar nur so kurz auf, dass sie eher Sternschnuppen gleichen, die schon wieder verschwunden sind, ehe man sie richtig gesehen hat. Ob Sexgöttin, Supermodel, Skigott oder Filmstar, sie alle sind nur kurze Zeit ‹göttlich›, allzubald sind sie wieder vergessen.

Babylon, die Grosse

Also zerstreute sie JAHWEH von dort über die ganze Erde, dass sie aufhörten die Stadt zu bauen. Daher gab man ihr den Namen Babel, weil JAHWEH daselbst die Sprache der ganzen Welt verwirrte und sie von dort über die ganze Erde zerstreute. 1. Mosche 11:8-9

Die Zerstreuten verbreiteten den Götzendienst Babels über die ganze Erde. Dieser Ursprung lässt sich denn auch in vielen Religionen gut aufzeigen. Nicht nur die Grundstrukturen gleichen sich, teilweise haben die Götter sogar die gleichen Namen, wie z. B. bei den Mayas, obwohl diese weit weg von Babylon lebten und sehr lange keinen Kontakt mit Bewohnern der anderen Kontinente hatten.

Die Frau war mit Purpur und Scharlach bekleidet, und vergoldet mit Gold und Edelsteinen und Perlen; und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voll von Gräueln und der Unreinheit ihrer Unzucht, und an ihrer Stirne einen Namen geschrieben, ein Geheimnis: Babylon, die Grosse, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde. Offenbarung 17:4-5

Ob die antike Stadt Babylon am gleichen Ort erbaut wurde, an der Nimrod sein Babel gegründet hat, ist nicht sicher, offensichtlich aber hat sie dessen geistiges Erbe angetreten. Der Name Babel ist doppelsinnig. Einerseits bedeutet er Verwirrung, weil JAHWEH dort die Sprachen verwirrte, andererseits kann er auch als Bab-El gedeutet werden, also als Tor Gottes oder Tor des Gottes Bel (Baal). Der Prophet Nahum (3:4) nennt Babel eine Hure, die es mit allen treibt, eine anmutige Zaubermeisterin, welche die Völker mit ihrer Unzucht (Götzendienst) verführte und ganze Geschlechter mit ihrer Zauberei. Götzendienst, Zauberei und Magie sind Babels geistiges Fundament, auf dem sie ihren Reichtum, ihre wirtschaftliche und militärische Macht aufgebaut hat. Die Offenbarung nennt sie die Mutter aller Huren und Gräuel der Erde. Denn die Verführerin, die allerlei finstere Künste beherrscht, mit denen sie ihre Opfer täuscht und an sich bindet, hat viele Töchter geboren, die in ihren Fussstapfen gehen, die Kulte der Völker, durch die sie ihre Götzen verehren:

Durch deine Zauberei wurden alle Völker verführt; und in ihr wurde das Blut der Propheten und Heiligen gefunden und aller derer, die auf Erden umgebracht worden sind. Offenbarung 18:23-24

‹Babel, die Grosse›, die Mutter aller Huren, wird hier als Urheberin aller von Menschen gemachten Religionen identifiziert, als die Wurzel aller religiösen Gräuel und dem daraus resultierenden Blutvergiessen auf dieser Welt. Babel ist darum weit mehr als nur eine antike Stadt, die unter dem Schutt der Geschichte begraben liegt. Das alte Babylon ist längst zerstört worden, doch in seinen vielen Töchtern lebt es weiter. Der Geist, der sie umtreibt, ist noch derselbe, noch immer verfolgt der Same der Schlange den Samen der Frau, noch immer erschlägt Kain seinen Bruder Abel, bis Babel endgültig gerichtet wird.

Danach hörte ich wie eine laute Stimme einer grossen Menge im Himmel, die sprachen: HalleluJah! Das Heil und der Ruhm und die Kraft gehören unserem Gott! Denn wahrhaft und gerecht sind seine Gerichte; denn er hat die grosse Hure gerichtet, welche die Erde mit ihrer Unzucht verderbte, und hat das Blut seiner Knechte von ihrer Hand gefordert! Offenbarung 19:1-2

[1] Blut war das Bindemittel der Maya-Riten, DER SPIEGEL 23/1986

[2] Geißeln für Gott, Süddeutsche.de 12.02.2007

[3] «Wenn ich ans Kreuz genagelt bin, fühle ich mich so erfrischt». Spiegel.de 21.3.2008

[4] «In Ägypten wurde eine solche Trias als Osiris-Isis-Horus verehrt, bei den Römern als Jupiter-Mars-Quirinus und in Indien als Brahma-Wischnu-Schiwa.» Knaurs Lexikon von A bis Z, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München 1995, 1996

Geh heraus, mein Volk!

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