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Die erste psychotische Krise

Vor der ersten psychotischen Krise hatte ich viel Stress, Mobbing und Ängste. Das hat mir alles zusammen schlaflose Nächte gebracht. Nächte, in denen ich in Schleifen gegrübelt habe. Ich habe eine ganze, volle Woche nicht in einen entspannten, noch ruhenden Schlaf finden können. Was dann in ein akutes Erleben einer medizinischen diagnostizierten „psychotischen Episode“ mündete.

Mein Gesundheitsbewusstsein war in meinen frühen 20ern leider auch nicht das Beste. Ich könnte behaupten, dass ich mich zwar dank meiner Mutter gesund ernähren konnte, allerdings habe ich in meiner Freizeit sicher ein Zuviel von ungesundem Zeug meinen Körper durchlaufen lassen: angefangen von einer Schachtel Zigaretten am Tag nach meinem Feierabend, bis hin zu Wochenend-Getränken, die von Bier überwogen, aber auch manches Mal Härteres bzw. mit mehr Umdrehungen als ein Radler oder Alster, wie bspw. Wodka. Ich hatte mit Drogen wie Hasch etc. im Grunde genommen, nur 2x zu tun: 1995 im Sommer in England ein Jahr vor der Diagnose, während meines Sprachaufenthalts und später ein halbes Jahr vor dem Ausbruch des psychotischen Erlebens auf einer Party. Damals hatten wir alle bereits schon sehr viel getrunken: Bier, Tequila und Wodka. Bis jemand auf die Idee kam einen Joint rauchen zu wollen. Da ich das aus meiner Zeit in England bereits von einem einmaligen Gebrauch kannte, und es damals nicht viel machte und ich nicht wirklich was Außergewöhnliches erlebt hatte, war ich dieses Mal von der Idee angetan und stimmte dem Vorschlag zu einen Joint gedreht aus Hasch mitzurauchen. Gesagt, getan. Jemand fuhr in die unmittelbare Stadt, um das „Hasch“ zu besorgen.

Mein Fehler war es, dass ich später, als das Zeug auf der Party ankam, nicht zugegen war, als der Joint mit was für einem künstlichen Zeug auch immer bestückt wurde. Denn spätestens bei dem Bau dieses Joints hätte ich sehen können, dass es kein Hasch war (wie ursprünglich abgesprochen), sondern ein künstliches, weißes Zeug war, was von einem harten Stück abgeschlagen war. Ich weiß bis heute nicht, was es letztendlich gewesen ist. LSD, Kokain – ich habe ehrlicherweise keine Ahnung. Ich hatte mich seiner Zeit blindlings auf meine sogenannten gedachten „Freunde“ verlassen und war im wahrsten Sinne des Wortes verlassen. Später hat das auch keiner mehr von diesen Leuten zugegeben, sondern es wurde im Nachhinein noch verharmlost, dass es doch angeblich „nur“ Hasch war. Was definitiv nicht stimmte, da ich etwas anderes gesagt bekam und auch selbst in dem Zustand Anderes erlebte, als mit dem Rausch von einem Joint aus originalem Hasch. Etliche Jahre später auf dieses Zeug (in diesem besagten Joint) jemanden aus der Clique noch angesprochen konnte derjenige sich angeblich nicht mehr erinnern.

Sicher ist, dass die Leute von der Party später alle zusammenhielten. Sie wollten denjenigen nicht reinreißen. Sie haben versucht den Falschen zu schützen. Denn diejenige, die körperlichen und seelischen Schaden davon trug, dass war definitiv ich, der man nicht die Wahrheit über den Inhaltsstoff dieses selbstgedrehten Joints sagen wollte.

Als ich damals akut ins Krankenhaus eingeliefert wurde, da ging dieser Person jedenfalls der Arsch gewaltig auf Grundeis, da der Ruf innerhalb der Familie plus Bekanntenund Freundeskreis befürchtet wurde und Angst um den Ausbildungsplatz vordergründig war. Sicher hätte es eine wohl berechtigte Anzeige wegen Körperverletzung geben können. Denn in meinem damaligen Zustand, nach dem Inhalieren dieses Zeugs, war ich jedenfalls jenseits von Gut und Böse. Das Letzte woran ich in dieser Phase dachte war, mir Beweise mit Hilfe einer Blutuntersuchung zu sichern. Mal davon abgesehen ein halbes Jahr später, als es zum Erleben der Psychose kam, war dieses Zeug sicher nicht mehr im Blut nachweisbar. Aber eine Haarprobe hätte sicher noch Rückstände aufweisen können. Aber auch daran hatte während meiner Akutphase keiner einen Gedanken dran verschwendet. Da wir, meine Familie und ich, von der Situation überfordert waren und wir einfach nur froh waren, als ich wieder aus diesem psychotischen Erleben raus war.

Im Grunde genommen möchte ich auch nicht Irgendjemanden die Schuld für Irgendetwas geben. Fakt ist nur: das es in der Tat unter Körperverletzung im Strafgesetzbuch fällt, da mir etwas angeboten und gegeben wurde, was ich so nie zu mir genommen hätte, wenn ich gewusst hätte, dass es was Synthetisches ist.

Ich war jedenfalls gutgläubig. Ich vertraute. Vertraute darauf einen Joint mit Hasch zu rauchen. Die Wirkung war verheerend: ich habe meinen Körper nicht mehr bewegen können. Zugleich war aber mein Geist hellwach. Ich bekam um mich herum alles scharf und genaustens mit. Unmittelbar nach dem Rauchen habe ich mich sehr, sehr elend und schlecht gefühlt. Ich habe mich so mies gefühlt, dass ich dachte ich müsste sterben. Alkohol in Verbindung mit Joints ist nicht empfehlenswert und in meinem Fall war es u.a. ein weiterer Grundstein fürs spätere Erleben der psychotischen Krise.

Ich habe viele, viele Jahre bedauert diese Psychose erlebt zu haben. Aber mittlerweile, jetzt nach 25 Jahren denke ich, dass sie meine Rettung war. Das anfängliche Bedauern und Bemitleiden hat sich gewandelt in eine Sicht der Chance. Eine Chance, die mir damals ermöglichte, aus der oberflächigen Bussi-Bussi-Gesellschaft rausgerissen zu werden. Denn da gehörte ich überhaupt nicht hin und fühlte mich auch nie wirklich wohl, noch dort aufgehoben. Denn ich liebte immer schon das Tiefsinnige mit derartigen tiefsinnigen Gesprächen.

Aber in der Tat gab es eine lange Zeit, in der ich es bedauert habe, mich aus diesen Kreisen zurückgezogen zu haben. Nicht mehr feiern zu gehen, nicht mehr „Hans Dampf in allen Gassen“ zu sein. Es hatte mich auch zum Erleben der Psychose nie ein Bekannter gefragt. Ich kann mir gut vorstellen, da es für mich Scham besetzt war, dass die Anderen sich dann auch nicht getraut haben danach zu fragen. Vielleicht spürten sie mein Unbehagen, meine Hemmung und wussten nicht, ob es mir überhaupt Recht ist danach gefragt zu werden. Oder interpretiere ich einfach Zuviel Goodwill in dieses Ignorieren dieser Zeit, in das nicht-Fragen. Die Gründe liegen wohl schlicht und einfach nur in der Oberflächlichkeit und Empathielosigkeit dieser Gesellschaftsschicht begründet.

#(selbst)STIGMA

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