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Kapitel 2 - der Psychologe

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Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass es so einfach sein würde, in das Haus einzudringen.

Dr. Benjamin Bennedikt hatte weder Erfahrungen mit Einbrüchen noch mit Alarmanlagen. Aber er war schon von Berufswegen ein sehr bedachtsamer Mensch, der sorgfältig nachdachte, bevor er etwas tat und sich in die voraussichtliche Verhaltensweise seiner Mitmenschen hineindenken konnte wie kaum ein Zweiter. Als psychologischer Psychotherapeut hatte er schon mehrere Bereiche des beruflichen Spektrums abgedeckt. Direkt nach dem Studium der Psychologie hatte sich sein Interesse auf das kriminelle Verhalten von Menschen konzentriert und er hatte mehrere Jahre für die Polizei als Profiler gearbeitet. Dabei war er allerdings mit einigen sehr unschönen und grausamen Dingen in Kontakt geraten, was ihn dazu bewogen hatte, das Feld zu wechseln. Krasser hätte ein Berufswechsel kaum ausfallen können, denn er war in die freie Wirtschaft gegangen und hatte dort Werbefirmen dahingehend beraten, welchen Einfluss Werbung auf bestimmte Kundengruppen hatte. Es war faszinierend vorherzusagen, wie ein bestimmtes Plakat auf ledige Frauen unter dreißig und ein anderes auf verheiratete Männer über fünfzig wirken würde. Aber wiederum wenige Jahre später waren die Skrupel aufgetaucht. Er manipulierte Menschen und verleitete sie dazu, etwas zu tun - respektive zu kaufen - was sie eigentlich weder wollten noch brauchten. Das hatte ihn dazu veranlasst, nebenher eine Zusatzausbildung in der Psychotherapie zu machen und danach eine Praxis zu eröffnen. Sehr schnell hatte er festgestellt, wie befriedigend es sein konnte, Menschen mit Problemen bei der Lösung derselben zu helfen. Mit der Zeit hatte er sich einen gewissen Ruf erarbeitet und seine Praxis lief gut, ja sogar sehr gut.

Bis zu dem Tag, an dem diese eine Patientin bei ihm aufgetaucht war. Sie war der Grund, warum er nun in einem Schrank im Schlafzimmer dieses Hauses saß und darauf wartete, ungestört in der Villa nach dem zu suchen, was sein Leben wieder in die richtige Bahn bringen würde.

Sein Plan, in die Villa einzudringen, war gleichermaßen einfach und genial gewesen. Er hatte das Haus unauffällig beobachtet und dabei sowohl die Reisevorbereitung der Bewohner mitbekommen, als auch die Rhythmen des Personals, das sich um die Reinigung und Instandhaltung des Anwesens kümmerte. Immer freitags kam eine Reinigungskraft und montags erschienen sowohl der Gärtner als auch der Poolreiniger. Der Montag war ihm als der ideale Tag erschienen, da es leichter war, zwei Personen von einem Haus wegzulocken als eine Einzelne. Um die beiden vom Haus zu entfernen, hatte es lediglich ein paar wenige Utensilien gebraucht: Ein Smartphone, das er fernsteuern konnte, eine Audiodatei, die er aus einem Actionfilm extrahiert hatte und einen batteriebetriebenen Lautsprecher, der in der Lage war, eine gewisse Leistung zu erbringen. Alle Teile hatte er in einer Hecke am Rand des Gartens versteckt, als der ältere Gärtner und der junge Poolreiniger noch nicht erschienen waren. Die Abreise der Bewohner hatte er am Samstag aus der Ferne beobachtet. Bei der Menge an Gepäck, das ein schwitzender Taxifahrer in seinen Kleinbus lud, waren die Medienberichte, sie würden für zwei Wochen ihre Tochter in den USA besuchen, sicherlich nicht übertrieben gewesen. Dann hatte er gesehen, wie zuerst der Gärtner erschienen war, die Alarmanlage mit einem Code ausgeschaltet hatte und begonnen hatte aus einem Schuppen an der riesigen Doppelgarage sein Gartengerät zu holen. Dann war der Poolreiniger erschienen, der ebenfalls seine Utensilien aus dem Schuppen zusammensuchte und an den Pool brachte. Die beiden hatten gerade mit ihrer Arbeit begonnen, als er von seinem Smartphone das Signal gab, welches die Audiodatei auf dem versteckten Gerät startete.

Wenige Sekunden später erscholl aus Richtung der Hecke ein infernalisches Kreischen von Gummireifen auf Asphalt und kurz darauf ein noch viel lauteres metallisches Krachen, Scheppern und zum Abschluss eine donnernde Explosion. Er erschrak nur deshalb nicht, weil er die Audiodatei kannte und genau wusste, was da ertönte.

Die beiden Männer im Haus waren hingegen total geschockt.

»Leck mich fett«, schrie der Poolreiniger, »wassen da passiert? Da is aber ordentlich was in die Luft geflogen!« Der Gärtner starrte ihn mit offenem Mund an und nickte heftig.

Da die Hecke an der Stelle, von der das Geräusch gekommen war, dicht geschlossen und zwei Meter hoch war, verschwendeten beide keinen Gedanken daran, dorthin zu laufen und zu versuchen, hindurchzusehen. Stattdessen eilten sie, so schnell sie konnten zum Gartentor, stürmten hindurch und bogen um die nächste Ecke, um den vermeintlichen Unfall zu sehen.

Die ihm zur Verfügung stehende Zeit war ausreichend gewesen, um ungesehen durch die offene Gartenpforte zu schlüpfen und danach durch die Innentür der Garage in das Haus zu gelangen. Nach einigem Suchen hatte er im Obergeschoss das Schlafzimmer der Ehefrau gefunden, was er an dem Schminkspiegel und dem Schränkchen davor unschwer erkannt hatte. Die vielen Fläschchen, Tiegel, Cremes, Bürsten, Pinzetten und Gerätschaften, deren Bedeutung ihm größtenteils unbekannt waren, hätten einer Parfümerie gut zu Gesicht gestanden.

In dem riesigen begehbaren Kleiderschrank hatte er es sich auf dem Teppichboden bequem gemacht. Er war davon ausgegangen, dass weder der Poolreiniger noch der Gärtner hier etwas verloren hatten, und hatte sich deshalb ausreichend sicher gefühlt. Das hatte allerdings dazu geführt, dass er mangels Beschäftigung immer müder geworden und schließlich eingeschlafen war.

Als er vor wenigen Augenblicken wach geworden war, war es stockdunkel. Einen kurzen Moment lang war er so verwirrt, dass er nicht wusste, wo er war. Als ihm das ganze Geschehen um sein Eindringen in dieses Haus wieder einfiel, schaltete er sein Smartphone ein und sah die Uhrzeit: 03:40 Uhr!

Du meine Güte! Ich habe ja die meiste Zeit verschlafen. In anderthalb Stunden setzt schon die Dämmerung ein.

Er überlegte gerade, wie er nun am besten vorgehen sollte, als er das Geräusch hörte. Es war nicht laut, aber das scheppernde Klirren erinnerte ihn an das Zerspringen einer Vase oder Glasschüssel auf einem harten Steinboden.

Verdammt, ich bin nicht allein!



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