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Das darf doch nicht wahr sein!

Ohne bewusst darüber nachzudenken, nahm ich die Pistole von der Ablage, schwenkte die Hand hin und her und beäugte die Schusswaffe argwöhnisch von allen Seiten. Sie war groß, unhandlich und ziemlich schwer, was vermutlich auch an dem Schalldämpfer lag, der am Lauf befestigt worden war. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel, dass es sich um die Waffe des Mannes handelte, der auf uns geschossen hatte. Aber wieso lag sie hier so herrenlos im Badezimmer herum? Hatte Carlo sie vergessen, als er vor dem Gehen noch rasch aufs Klo gegangen war und sich danach die Hände gewaschen hatte? Nicht sehr wahrscheinlich. Doch wenn seine Waffe hier lag, wo war dann ihr Besitzer? Gewiss ganz in der Nähe …

Als mir schon einen Sekundenbruchteil später die Antwort auf die letzte Frage einfiel, hob ich langsam den Blick und sah erneut in den Spiegel, durch den ich über meiner rechten Schulter den vorgezogenen Duschvorhang hinter mir sehen konnte. Ich schluckte, während das Herz in meiner Brust einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellte, der vermutlich für die Ewigkeit war, denn jede weitere Steigerung musste unweigerlich zum Herzinfarkt führen.

Ich fixierte den Duschvorhang, der aus silbergrauem Polyester bestand und völlig undurchsichtig war. Ich erschrak und zuckte zusammen, als er sich bewegte. Doch dann erkannte ich, dass es gar keine Bewegung des Vorhangs gewesen war, sondern nur ein Lichtreflex, der über seine Oberfläche gehuscht war. Wie aus weiter Ferne konnte ich Geräusche aus einem anderen Teil der Wohnung hören, die vermutlich von Alessia stammten. Doch meine ungeteilte Aufmerksamkeit galt in diesem Moment dem Duschvorhang und dem, was sich möglicherweise dahinter befand, sodass ich alles andere ausblendete und nur am Rande wahrnahm.

Ich schluckte laut. Meine Kehle war so ausgedörrt, als wäre ich durch eine Wüste an diesen Ort gelangt. Gern hätte ich einen Schluck Wasser zu mir genommen. Dazu hätte ich nur den Wasserhahn vor mir aufdrehen und mich nach unten beugen müssen. Doch erst musste ich mir Gewissheit verschaffen, was hinter dem Vorhang war. Außerdem wollte ich ihn unter keinen Umständen auch nur eine einzige Sekunde aus den Augen lassen.

Da der Vorhang sich nicht von allein öffnete und keine Bewegung dahinter zu erahnen war, was mir vermutlich beides einen Riesenschreck eingejagt und meinem galoppierendem Herzen den Rest gegeben hätte, musste ich wohl oder übel selbst Hand anlegen. Ich schloss für zwei Sekunden die Augen und atmete einmal tief ein, bevor ich sie sofort wieder aufriss aus Angst, etwas könnte genau in diesem Moment den Vorhang zur Seite reißen und mich von hinten anspringen. Anschließend wandte ich mich rasch um und ging, ehe ich es mir anders überlegen und schreiend aus dem Bad rennen konnte, entschlossen zur Badewanne.

Erst als ich mit der linken Hand nach dem Vorhang griff, entsann ich mich wieder der Pistole in meiner Hand. Ich hob sie und richtete den mattschwarzen Zylinder des Schalldämpfers auf den Polyester vor mir. Dann riss ich den Vorhang mit einem einzigen herzhaften Ruck zur Seite.

Ich schrie vor Schreck laut auf, als ich mich der schwarz gekleideten Gestalt des Killers gegenübersah, der mich mit überraschtem Gesichtsausdruck anglotzte.

Totengesicht

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