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Kapitel 4

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Ende August 2005 erklärt mir Mama dass wir jetzt ins Krankenhaus müssen. „Wieso das denn?“ frage ich völlig überrascht. „Geht’s dir nicht gut?“ Das Kind kommt jetzt, also los.

Im Krankenhaus angekommen, schleppe ich Mama in den Fahrstuhl und versuche herauszufinden, wo wir hin müssen. Im Aufzug ist ein Schild mit den verschiedenen Stationen angebracht und wie jeder normale Mensch beginne ich oben links zu lesen. Da steht irgendwas mit „Kinder“. Also ab ins oberste Stockwerk. Dort eingetroffen, stellen wir fest, dass es sich hier um die Kinderstation handelt. Dort werden Kinder behandelt aber nicht geboren, so erfahre ich.

Also zurück in den Fahrstuhl und nochmal das Schild studieren. Tatsächlich, ganz unten steht klitzeklein „Kreißsaal“ – da müssen wir hin.

Eine Krankenschwester im weißen Kittel nimmt uns routiniert in Empfang und geleitet Mama und mich in einen Raum der „Wehenzimmer“ heißt.

Dieser Raum dient praktisch als Wartezimmer für den

Kreißsaal. Dort muss man solange warten, bis die Schwester oder der Arzt der Meinung ist, dass die Geburt nun unmittelbar bevorsteht.

Die Krankenschwester blickt mich skeptisch an und sagt „Ich muss Ihrer Frau jetzt einen Zugang legen!“ Ich zucke mit den Schultern. Na und? Ich bin seit über zwanzig Jahren Feuerwehrmann – kampf- und einsatzerprobt, habe schon Verletzungen aller Art gesehen. Mich wirft nichts so leicht um.

Die Dame in weiß sticht mit einer langen Hohlnadel in Mamas Vene in der rechten Armbeuge. Mir wird ganz schwindelig, Tunnelblick, Rauschen in den Ohren, wackelige Knie – alles Anzeichen einer kurz bevorstehenden Ohnmacht. Ich gehe in die Hocke und konzentriere mich darauf, nicht das Bewusstsein zu verlieren.

Geschafft! Schon nach wenigen Sekunden bin ich wieder Herr meiner Sinne und erhebe mich mit zitternden Beinen. Die Krankenschwester schaut mich schon wieder skeptisch an und erzählt mir was von Männern, die keine große Hilfe sind, weil sie dauernd in Ohnmacht fallen.

Keine Ahnung was sie damit sagen will.

Kurze Zeit später wird Mama in den Kreißsaal geschoben, ich wanke hinterher.

Welches Gesetz besagt eigentlich, dass Männer bei der Geburt dabei sein müssen? Mein Vater musste das jedenfalls nicht, der kam erst danach und brachte meiner Mutter siebzehn Rosen. Heutzutage wird das aber anscheinend erwartet und ich wurde auch nicht lange gefragt ob ich will oder nicht. Ich musste mit.

Nachdem Mama mir während der Geburt beinahe die Hand zerquetscht hat, bist du plötzlich da.

Du siehst genauso aus wie die Babys auf den Bildern im Wartezimmer der Frauenärztin. Ich schaue dich nochmal genauer an. Nein, kein Zweifel du bist nicht anders: ziemlich klein, ziemlich rot und ziemlich kleiner Mund. Du siehst aus wie eine rote, verschrumpelte Wurst.

Deine Augen sind zu, ich kann also deine Augenfarbe nicht erkennen. Später erfahre ich, dass sich die sowieso noch im Laufe der Zeit verändert.

Ich habe noch eine Galgenfrist von drei Tagen, dann werdet ihr beiden aus dem Krankenhaus entlassen.

Wir nennen dich Sofie und von jetzt an habe ich dich an der Backe!

Die Sonne schaukelt mit

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