Читать книгу Die Piccolomini - Фридрих Шиллер, Friedrich von Schiller - Страница 4
Erster Aufzug
Zweiter Auftritt
ОглавлениеVorige. Octavio Piccolomini. Questenberg.
Octavio. (noch in der Entfernung)
Wie? Noch der Gäste mehr? Gestehn Sie, Freund!
Es brauchte diesen tränenvollen Krieg,
So vieler Helden ruhmgekrönter Häupter
In eines Lagers Umkreis zu versammeln.
Questenberg
In kein Friedländisch Heereslager komme,
Wer von dem Kriege Böses denken will.
Beinah vergessen hätt' ich seine Plagen,
Da mir der Ordnung hoher Geist erschienen,
Durch die er, weltzerstörend, selbst besteht,
Das Große mir erschienen, das er bildet.
Octavio
Und siehe da! ein tapfres Paar, das würdig
Den Heldenreihen schließt: Graf Isolan
Und Obrist Buttler. – Nun, da haben wir
Vor Augen gleich das ganze Kriegeshandwerk.
(Buttlern und Isolani präsentierend.)
Es ist die Stärke, Freund, und Schnelligkeit.
Questenberg. (zu Octavio)
Und zwischen beiden der erfahrne Rat.
Octavio. (zu Questenbergen an jene vorstellend)
Den Kammerherrn und Kriegsrat Questenberg,
Den Überbringer kaiserlicher Befehle,
Der Soldaten großen Gönner und Patron
Verehren wir in diesem würdigen Gaste.
(Allgemeines Stillschweigen.)
Illo. (nähert sich Questenbergen)
Es ist das erste Mal nicht, Herr Minister,
Daß Sie im Lager uns die Ehr' erweisen.
Questenberg
Schon einmal sah ich mich vor diesen Fahnen.
Illo
Und wissen Sie, wo das gewesen ist?
Zu Znaym war's, in Mähren, wo Sie sich
Von Kaisers wegen eingestellt, den Herzog
Um Übernahm' des Regiments zu flehen.
Questenberg
Zu flehn, Herr General? So weit ging weder
Mein Auftrag, daß ich wüßte, noch mein Eifer.
Illo
Nun! Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Ich
Erinnre mich's recht gut – Graf Tilly war
Am Lech aufs Haupt geschlagen – offen stand
Das Bayerland dem Feind – nichts hielt ihn auf,
Bis in das Herz von Östreich vorzudringen.
Damals erschienen Sie und Werdenberg
Vor unserm Herrn, mit Bitten in ihn stürmend
Und mit der kaiserlichen Ungnad' drohend,
Wenn sich der Fürst des Jammers nicht erbarme.
Isolani. (tritt dazu)
Ja, ja! 's ist zu begreifen, Herr Minister,
Warum Sie sich bei Ihrem heut'gen Auftrag
An jenen alten just nicht gern erinnern.
Questenberg
Wie sollt' ich nicht! Ist zwischen beiden doch
Kein Widerspruch! Damalen galt es, Böhmen
Aus Feindes Hand zu reißen, heute soll ich's
Befrein von seinen Freunden und Beschützern.
Illo
Ein schönes Amt! Nachdem wir dieses Böhmen,
Mit unserm Blut, dem Sachsen abgefochten,
Will man zum Dank uns aus dem Lande werfen.
Questenberg
Wenn es nicht bloß ein Elend mit dem andern
Vertauscht soll haben, muß das arme Land
Von Freund und Feindes Geißel gleich befreit sein.
Illo
Ei was! Es war ein gutes Jahr, der Bauer kann
Schon wieder geben.
Questenberg
Ja, wenn Sie von Herden
Und Weideplätzen reden, Herr Feldmarschall —
Isolani
Der Krieg ernährt den Krieg. Gehn Bauern drauf,
Ei, so gewinnt der Kaiser mehr Soldaten.
Questenberg
Und wird um so viel Untertanen ärmer!
Isolani
Pah! Seine Untertanen sind wir alle!
Questenberg
Mit Unterschied, Herr Graf! Die einen füllen
Mit nützlicher Geschäftigkeit den Beutel,
Und andre wissen nur ihn brav zu leeren.
Der Degen hat den Kaiser arm gemacht;
Der Pflug ist's, der ihn wieder stärken muß.
Buttler
Der Kaiser wär' nicht arm, wenn nicht so viel
– Blutigel saugten an dem Mark des Landes.
Isolani
So arg kann's auch nicht sein. Ich sehe ja,
(indem er sich vor ihm hinstellt und seinen Anzug mustert)
Es ist noch lang nicht alles Gold gemünzt.
Questenberg
Gottlob! Noch etwas weniges hat man
Geflüchtet – vor den Fingern der Kroaten.
Illo
Da! der Slawata und der Martinitz,
Auf die der Kaiser, allen guten Böhmen
Zum Ärgernisse, Gnadengaben häuft —
Die sich vom Raube der vertriebnen Bürger mästen —
Die von der allgemeinen Fäulnis wachsen,
Allein im öffentlichen Unglück ernten —
Mit königlichem Prunk dem Schmerz des Landes
Hohnsprechen – die und ihresgleichen laßt
Den Krieg bezahlen, den verderblichen,
Den sie allein doch angezündet haben.
Buttler
Und diese Ladenschmarutzer, die die Füße
Beständig unterm Tisch des Kaisers haben,
Nach allen Benefizen hungrig schnappen,
Die wollen dem Soldaten, der vorm Feind liegt,
Das Brot vorschneiden und die Rechnung streichen.
Isolani
Mein Lebtag denk ich dran, wie ich nach Wien
Vor sieben Jahren kam, um die Remonte
Für unsre Regimenter zu betreiben,
Wie sie von einer Antecamera
Zur andern mich herumgeschleppt, mich unter
Den Schranzen stehen lassen, stundenlang,
Als wär' ich da, ums Gnadenbrot zu betteln.
Zuletzt – da schickten sie mir einen Kapuziner,
Ich dacht', es wär' um meiner Sünden willen!
Nein doch, das war der Mann, mit dem
Ich um die Reiterpferde sollte handeln.
Ich mußt' auch abziehn unverrichteter Ding'.
Der Fürst nachher verschaffte mir in drei Tagen,
Was ich zu Wien in dreißig nicht erlangte.
Questenberg
Ja, ja! Der Posten fand sich in der Rechnung,
Ich weiß, wir haben noch daran zu zahlen.
Illo
Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln, alles
Läßt sich nicht schonen. Wollte man's erpassen,
Bis sie zu Wien aus vierundzwanzig Übeln
Das kleinste ausgewählt, man paßte lange!
– Frisch mitten durchgegriffen, das ist besser!
Reiß' dann, was mag! – Die Menschen, in der Regel,
Verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln
Und finden sich in ein verhaßtes Müssen
Weit besser als in eine bittre Wahl.
Questenberg
Ja, das ist wahr! Die Wahl spart uns der Fürst.
Illo
Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen,
Wir sehen, wie's der Kaiser mit uns meint.
Questenberg
Für jeden Stand hat er ein gleiches Herz
Und kann den einen nicht dem andern opfern.
Isolani
Drum stößt er uns zum Raubtier in die Wüste,
Um seine teuren Schafe zu behüten.
Questenberg. (mit Hohn)
Herr Graf! Dies Gleichnis machen Sie – nicht ich.
Illo
Doch wären wir, wofür der Hof uns nimmmt,
Gefährlich war's, die Freiheit uns zu geben.
Questenberg. (mit Ernst)
Genommen ist die Freiheit, nicht gegeben,
Drum tut es not, den Zaum ihr anzulegen.
Illo
Ein wildes Pferd erwarte man zu finden.
Questenberg
Ein beßrer Reiter wird's besänftigen.
Illo
Es trägt den einen nur, der es gezähmt.
Questenberg
Ist es gezähmt, so folgt es einem Kinde.
Illo
Das Kind, ich weiß, hat man ihm schon gefunden.
Questenberg
Sie kümmre nur die Pflicht und nicht der Name.
Buttler. (der sich bisher mit Piccolomini seitwärts gehalten, doch mit
sichtbarem Anteil an dem Gespräch, tritt näher)
Herr Präsident! Dem Kaiser steht in Deutschland
Ein stattlich Kriegsvolk da, es kantonieren
In diesem Königreich wohl dreißigtausend ,
Wohl sechzehntausend Mann in Schlesien;
Zehn Regimenter stehn am Weserstrom,
Am Rhein und Main; in Schwaben bieten sechs,
In Bayern zwölf den Schwedischen die Spitze.
Nicht zu gedenken der Besatzungen,
Die an der Grenz' die festen Plätze schirmen.
All dieses Volk gehorcht Friedländischen
Hauptleuten. Die's befehligen, sind alle
In eine Schul' gegangen, eine Milch
Hat sie ernährt, ein Herz belebt sie alle.
Fremdlinge stehn sie da auf diesem Boden,
Der Dienst allein ist ihnen Haus und Heimat.
Sie treibt der Eifer nicht fürs Vaterland,
Denn Tausende, wie mich, gebar die Fremde.
Nicht für den Kaiser, wohl die Hälfte kam
Aus fremdem Dienst feldflüchtig uns herüber,
Gleichgültig, unterm Doppeladler fechtend
Wie unterm Löwen und den Lilien.
Doch alle führt an gleich gewalt'gem Zügel
Ein einziger, durch gleiche Lieb' und Furcht
Zu einem Volke sie zusammenbindend.
Und wie des Blitzes Funke sicher, schnell,
Geleitet an der Wetterstange, läuft,
Herrscht sein Befehl vom letzten fernen Posten,
Der an die Dünen branden hört den Belt,
Der in der Etsch fruchtbare Täler sieht,
Bis zu der Wache, die ihr Schilderhaus
Hat aufgerichtet an der Kaiserburg.
Questenberg
Was ist der langen Rede kurzer Sinn?
Buttler
Daß der Respekt, die Neigung, das Vertraun,
Das uns dem Friedland unterwürfig macht,
Nicht auf den ersten besten sich verpflanzt,
Den uns der Hof aus Wien herübersendet.
Und ist in treuem Angedenken noch,
Wie das Kommando kam in Friedlands Hände.
War's etwa kaiserliche Majestät,
Die ein gemachtes Heer ihm übergab,
Den Führer nur gesucht zu ihren Truppen?
– Noch gar nicht war das Heer. Erschaffen erst
Mußt' es der Friedland, er empfing es nicht,
Er gab's dem Kaiser! Von dem Kaiser nicht
Erhielten wir den Wallenstein zum Feldherrn.
So ist es nicht, so nicht! Vom Wallenstein
Erhielten wir den Kaiser erst zum Herrn,
Er knüpft uns, er allein, an diese Fahnen.
Octavio. (tritt dazwischen)
Es ist nur zur Erinnerung, Herr Kriegsrat,
Daß Sie im Lager sind und unter Kriegern. -
Die Kühnheit macht, die Freiheit den Soldaten. -
Vermöcht' er keck zu handeln, dürft' er nicht
Keck reden auch? – Eins geht ins andre drein. -
Die Kühnheit dieses würd'gen Offiziers,
(auf Buttlern zeigend)
Die jetzt in ihrem Ziel sich nur vergriff,
Erhielt, wo nichts als Kühnheit retten konnte,
Bei einem furchtbarn Aufstand der Besatzung
Dem Kaiser seine Hauptstadt Prag.
(Man hört von fern eine Kriegsmusik)
Illo
Das sind sie!
Die Wachen salutieren – Dies Signal
Bedeutet uns, die Fürstin sei herein.
Octavio. (zu Questenberg)
So ist auch mein Sohn Max zurück. Er hat sie
Aus Kärnten abgeholt und hergeleitet.
Isolani. (zu Illo)
Gehn wir zusammen hin, sie zu begrüßen?
Illo
Wohl! Laßt uns gehen. Oberst Buttler, kommt!
(zum Octavio.)
Erinnert Euch, daß wir vor Mittag noch
Mit diesem Herrn beim Fürsten uns begegnen.