Читать книгу Ich liebe Sie, mein Fürst! Fürstenroman Sammelband 3 Romane - G. S. Friebel - Страница 7

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Man schrieb das Jahr 1772. Schon zehn Jahre waren vergangen, seitdem Katharina II. ihren Gemahl Peter III. vom Thron gestürzt und sich selbst zur Regentin erhoben hatte. Seine Überheblichkeit gegenüber dem Russentum hatte ihn bei allen verhasst gemacht und seinen Sturz selbst herbeigeführt. Als er gestürzt wurde, musste er erkennen, dass das Volk auf Seiten seiner Gemahlin stand. Und es murrte auch nicht auf, als der Zar von Graf Orlow ermordet wurde. Jeder wusste, dass dieser Graf auch der Geliebte der Zarin war. Und als Graf Orlow im Jahre 1770 die russische Flotte gegen die Türken führte und siegte, da hatte man all seine alten Sünden längst vergessen.

Noch gab es keinen Kosakenaufstand. Das sollte erst später sein. Noch hatte der Adel die volle Macht, und die niedrig geborenen Menschen waren Leibeigene. Ein besonders strenger Winter lag über dem Lande. Ganz schlimm hatten die Leibeigenen darunter zu leiden. Nicht immer konnten sie sich satt essen, geschweige denn sich warm kleiden. Die Macht der Fürsten lastete schwer auf ihnen, und sie wagten nicht, dagegen aufzubegehren.

Ein kleines Aufbegehren wurde mit schlimmen Knutenhieben bestraft. Wurde jemand dabei zu Tode geprügelt, wen kümmerte das? Wer wollte gegen einen hohen Herrn Gericht führen? Besaß man doch keinerlei Rechte, nichts, war noch schlimmer dran als das Vieh. Dies wurde oft besser gehalten und gepflegt als die Menschen.

Fürst Tschernikow war weniger gehasst, ja, er wurde sogar geliebt, denn er war gerecht und gütig zu seinen Leibeigenen, und sorgte für sie wie ein guter Vater. Sein ganzes Leben hatte er nichts anderes getan, als sich um das Wohl des Landes und der Leute gesorgt. Er war reich, unermesslich reich, und seine Ländereien so gut, dass er bei jeder Ernte noch reicher wurde. Er besaß auf dem Lande Schlösser und Güter, aber wie alle anderen Fürsten auch einen Palast in Petersburg.

Im Winter, wenn draußen die Wölfe über die Tundra zogen, die Rentiere sich in den tiefen Wäldern verkrochen, nur die Kälte regierte, zog der Fürst mit seinem Sohn Fedor nach Petersburg. Dort gab es Feste und Bälle, amüsante Unterhaltungen und Theater. Dort war der Hof der Zarin. Wer genug Rubel in der Tasche hatte, der konnte gut leben.

Nacht war's, und durch die hohen Bogenfenster des prachtvollen Palastes schimmerte das helle Mondlicht in ein Gemach, dessen Wände von seidenen Tapeten erglänzten, überall, wohin das Auge blickte, strahlte es von Pracht und Glanz. Die wertvollen Möbel hatte man aus fernen Ländern wie China und Japan kommen lassen, die Teppiche aus dem Orient, die Felle aus dem hohen Norden. An den Wänden hingen wertvolle Waffen und Bilder. Man hätte Stunden gebraucht, um alles gebührend zu bewundern.

Aber inmitten all dieses Reichtums und all dieser Pracht lag ein Mensch, der mit dem Tode rang. An der breitesten Wand des Zimmers war ein Bett aufgeschlagen. Die Kissen waren mit Daunen gefüllt und mit Seide überzogen. Seidene Vorhänge bauschten sich in schweren Falten vom Betthimmel herab, und goldene Schnüre mit reich verzierten Quasten hielten sie rechts und links auseinander.

Da lag der Fürst in einem prachtvollen Nachtgewande mit Spitzen verziert, bleich, abgezehrt, schwer atmend mit halb gebrochenem Auge und zitternden Lippen. Aller Reichtum konnte ihm jetzt nicht mehr helfen. Er stand auf der Schwelle, die jeder einmal überschreiten muss. Der Todesengel hatte das Zimmer schon betreten.

Alles Beten, alle Kerzen, die um seinetwillen in den Kirchen und Kapellen entzündet worden waren, konnten ihm nicht mehr helfen. In den einfachen Katen, Bauernstuben hockten die Menschen zusammen und sandten einen Hilfeschrei zu Gott. Wenn der Fürst starb, ihr gütiger Vater! Allmächtiger, hab Erbarmen, erbarme dich unser!

Die Frauen mit den verhärmten Gesichtern, die Männer krumm von der Arbeit, dunkel von Angesicht, sie alle waren jetzt fromm und beteten ohne Unterlass, seit die Kunde gekommen war, dass der Herr im Sterben liege.

Fürst Tschernikow spürte nicht mehr viel. Noch war Leben in dem Körper, noch konnte man ihn röcheln hören, noch sahen tränenumflorte Augen auf die leblose Gestalt herab.

Neben dem Prunkbett lag ein Jüngling auf den Knien und küsste immer wieder die welke Hand des Vaters. Er konnte und wollte es einfach nicht glauben. Der gütige Vater, sein Lehrer, er durfte nicht sterben. Er war doch noch so jung, so unerfahren!

Etwas abseits von Fedor stand ein junges Mädchen, Fürstin Olga, fast noch ein Kind! Aber wunderschön anzuschauen, auch jetzt im Leid, oder gerade erst recht! Da stand sie, hoch aufgerichtet, schmal und biegsam. Das reich bestickte Leibchen schmiegte sich wie angegossen um die kleinen knospenden Brüste. Der weite Rock ließ die schlanken Beine nur erahnen. Und dann das Köpfchen, welch eine Pracht! Wie aus Marmor gemeißelt, so eben und schön waren ihre Züge. Und dies kleine Köpfchen sah so aus, als könne es die Haarfülle kaum tragen. Diese blauschwarzen Locken. Ihre großen blauen Augen waren jetzt niedergeschlagen. Tränen rannen über ihr Gesicht. Doch sie wischte sie nicht fort. Reglos stand sie da und blickte mit hilflosem Blick einmal zu dem Sterbenden, einmal zu dem Jüngling. Ihre schmalen Hände waren im Vorhang verkrampft.

Da war dann noch der alte Diener Wasil! Einst Leibeigener, vom Fürsten freigekauft, ihm treu ergeben und Leibdiener. Er war mit dem Fürsten alt geworden, hatte ihm all die Jahre treu gedient, und als die Fürstin vor Jahren starb, sich Fedors gütig angenommen. Er liebte ihn wie einen Sohn.

Wasil war nie als Diener behandelt worden, sondern als Vertrauter des Fürsten. Und Fürst Tschernikow wusste sehr wohl, was er an Wasil hatte. Nun sollte der Herr sterben, und er durfte noch leben? Aber das ging doch nicht! Wasils greises Haupt war tief gesenkt. Sein Herz war eiskalt. Was sollte geschehen, was würde sein? Das Leben ging weiter, er kannte die Realität des Lebens. Er hatte schon viele Menschen sterben sehen. Niedrige und hohe, sie wurden die erste Zeit alle betrauert, doch dann musste man an das Nächstliegende denken.

Er richtete sich halb auf. Sein Blick streifte die hohe stumme Gestalt am Fußende des Bettes. Ein Schauer ging über seinen Rücken. Dort stand Fürst Iwanow Russky, der Schwager des Fürsten Tschernikow. Er war der Bruder der toten Fürstin!

Der Blick des Onkels lag nicht voller Betrübnis auf dem Antlitz des Sterbenden, nein, er betrachtete interessiert die glänzende Umgebung, den Reichtum, der dahintersteckte, und ein seltsam triumphierendes Lächeln zuckte um die schmalen, bärtigen Lippen.

Der Jüngling sah jeden Blick und jenes Lächeln. Sein Herz schwoll, eine dunkle Röte färbte seine Stirn; sein Auge blitzte zornig, und heftige Worte wollten sich über seine Lippen drängen. Seine Schultern strafften sich wie zum Kampf.

„Fedor“, flüsterte der Sterbende. „Fedor, mein Sohn, wo bist du?“

„Mein Vater“, stammelte der Jüngling. „Mein Vater, ich bin hier, bei Ihnen. Sehen Sie mich denn nicht?“

Der Sterbende atmete schwer.

„Komm näher, alles ist so dunkel. Warum zündet man die Lichter nicht an? Komm, mein Junge!“

Fedor blickte Wasil beschwörend an. Dieser sprang auf, holte den schweren Silberleuchter von der Kommode und trat damit ans Bett. Er beugte sich über den Fürsten. Fedor war aufgestanden.

„Ja, jetzt sehe ich dich, mein Sohn. Du bist Fedor!“

„Oh, mein Vater“, flüsterte Fedor erstickt.

„Ich werde sterben, Fedor. Ich werde bald deine Mutter wiedersehen. Ich spüre es, nicht mehr lange werde ich bei dir bleiben, mein guter Sohn.“

„Sprechen Sie nicht so, mein Vater. Sie dürfen nicht sterben, wenn Sie es nicht wollen, werden Sie es auch nicht. Ich brauche Sie doch noch, mein Vater. Was soll ich ohne Sie tun?“

Der Greis schloss die Lider.

„Es liegt nicht an mir, man fragt mich diesmal nicht nach meinen Wünschen, Sohn. Aber ich muss mit dir reden. Noch kann ich es, ich muss dir sagen, wie das Leben ist. Wie du es zu führen hast. Ich dachte, es später zu tun, aber jetzt kann ich nicht mehr an später denken. Der Augenblick ist wichtig.“

„Mein Vater, sprechen Sie! Ich werde alles tun, was Sie mir auftragen.“

„Zuerst einmal sei fromm und gütig, mein Sohn, das ist das Wichtigste! Denke stets an die Armen und an deine Untergebenen. Denn von nun an wirst du ihr Fürst sein. Denke immer daran, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Sie sind dumm, gewiss, aber vergelte ihre Dummheit nicht mit Hochmut. Sei gütig, hörst du, mein Sohn? Es sind Menschen wie du.“ Wieder machte er eine lange Pause. Die Worte schienen im Raum zu schweben. Fedor wischte sich schnell einmal über die Augen. Wasil und der junge Fürst blickten sich an. Tiefe Trauer lag auf ihren Gesichtern.

„Ist Olga auch hier?“, flüsterte der Fürst.

„Ja, mein Vater.“

„Sie soll zu mir treten.“

Das junge Mädchen löste sich von den Vorhängen und trat langsam an das Bett. Die Röcke schleiften über den Boden. Sie fiel auf die Knie und legte ihr Gesicht neben das des Sterbenden.

„O, mein Fürst“, stammelte sie und weinte bitterlich. „Hier bin ich, ich bin bei Ihnen.“

„Ich höre deine Stimme, mein Kind! Wie glücklich hast du mich in den Tagen des Sonnenscheins gemacht. Und nun kann ich es nicht mehr erleben, wie du und Fedor einander anvertraut werdet. Ich habe dich geliebt wie eine Tochter, Olga. Sei meinem Fedor eine gute Frau und den Untertanen eine gute Fürstin!“

„Ich will alles tun, was Sie mir befehlen, mein Fürst!“

„Das sind keine Befehle, mein Kind. Nicht Befehle, sag, ist dein Herz immer noch rein? Sag, willst du noch immer, was wir Eltern seinerzeit beschlossen haben, dein Vater und ich?“

„Ja, Fürst Tschernikow, ja, ich bin mit Freuden dazu bereit, Fedors Frau zu werden. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werde ich ihm mein Wort geben, in der Kirche und vor der ganzen Öffentlichkeit.“

„Das ist gut, du bist ein gutes, reines Kind. Bleibe so! Ach, warum darf ich dieses Glück nicht mehr erleben. Warum nicht?“ Er seufzte und schloss die Augen. Wasil stellte den Leuchter auf einen kleinen Tisch. Fedor legte eine Hand auf Olgas Schulter. Tränenumflorte Augen blickten zu ihm auf. Er lächelte sanft. Wasil dachte: Sie sehen aus wie Kinder, wie zwei verschreckte Kinder. Er hatte vollkommen recht. Olga war erst sechzehn und Fedor siebzehn.

Der Sterbende murmelte etwas vor sich hin. Fedor beugte sich tief über den Vater, doch er konnte ihn nicht verstehen. Zärtlich blickte er auf das eingefallene Gesicht, bemerkte, wie die Hände suchend über die Seidendecke strichen. Er kniete neben seiner jungen Braut nieder, ergriff eine dieser Hände und hielt sie fest. Jetzt wurde der Vater ein wenig ruhiger.

Die dunkle düstere Gestalt am Fuße des Bettes bewegte sich unruhig. Das lange Warten machte ihn nervös. Am liebsten hätte er das Gemach verlassen. Der Tod lag wie eine Fessel um die Lebenden. Zum Teufel, dachte er mürrisch. Warum hat er mich so früh rufen lassen. Der kann ja noch lange mit sich herumwirtschaften. Soll ich, Fürst Iwanow, vielleicht die ganze Nacht hier stehen und ihn anstarren. Schwager hin, Schwager her, wenn es gleich nicht zu Ende war, würde er auf der Stelle gehen. Mochte man ihn wieder rufen, wenn alles vorbei war.

„Ich habe Durst“, flüsterte der Vater.

„Wir bringen dir sofort Wasser, mein Vater“, sagte Fedor. Und zu Wasil gerichtet: „Sieh, mein Vater hat Durst, bringe einen Krug und einen Becher. Eile.“

„Das Licht, junger Herr!“

„Ich halte es schon, geh, eile dich! Mein Vater soll nicht dürsten.“

„Bringt mir Wein!“, sagte der Sterbende mit klarer Stimme. „Ich will kein Wasser, ich will Wein. Mein Mund brennt, und mein Magen ist wie Feuer. Ich muss den Brand löschen.“

„O, mein Vater, der Doktor hat es verboten. Er sagt, Wein würde Sie noch kränker machen.“

Der Fürst hob die Lider. Etwas wie Spott lag plötzlich auf seinem Gesicht. Er blickte seinen Sohn voll an.

„Wie jung“, murmelte er. „Wie jung du bist, Sohn, begreifst du es denn noch immer nicht? Ich stehe auf der Schwelle des Todes, was nützt es mir da noch, nach den Ratschlägen der Doktoren zu leben? Ich will Wein. Wasil bringe Wein!“

Fedor ließ den Kopf hängen. Olga sah ihn bittend an. Ihren großen Augen konnte er nicht widerstehen. Fedor liebte sie, wie er noch nie einen Menschen geliebt hatte. Dieses sanfte, zarte Geschöpf, dass ihm so hingebungsvoll diente.

Wasil, der alte weißhaarige Diener, brachte das Gewünschte. Als der Sterbende trinken sollte, konnte er kaum einen Tropfen über die Lippen bekommen. Wasil verschüttete einiges, und der rote Wein lief über das weiße Hemd und sah aus wie Blut. Der Fürst röchelte und stöhnte und warf den Kopf in die Kissen zurück.

„Mit mir ist es vorbei, ich bin am Ende. Wo ist der Schwager, ich muss den Schwager sprechen. Iwanow, bist du da?“

„Ja, mein Vater, er ist schon die ganze Zeit über hier. Er wartet.“

„Guter Freund“, murmelte der Vater. „Komm näher, Schwager, ich muss mit dir sprechen.“

Der Fürst trat mit knarrenden Schritten näher an das Lager. Seine hohe dunkle Gestalt warf einen schwarzen Schatten auf den Liegenden. Der Fürst umklammerte die Hände des Schwagers und richtete sich halb auf.

„Fürst Iwanow, ich habe dich rufen lassen, weil ich sonst keinen anderen Verwandten mehr habe, dem ich das Kostbarste, das ich besitze, anvertrauen könnte. Sieh, Schwager, ich habe einen unmündigen Sohn, Fedor. Du sollst sein Vormund sein. Iwanow, in meinem Testament habe ich angeordnet, dass du ihr Vormund bist. Ich habe sie dir anvertraut wie einen teuren Schatz. Du sollst sein Vermögen solange verwalten, bis er selbst dazu imstande ist. Und siehe, du musst das vollenden, was ich nicht mehr konnte. Sieh das zärtliche liebe Kind, Olga, Fedors Braut! Sie wurde mir übergeben, um sie treu zu hüten. Du weißt, ihre Mutter ist im letzten Herbst gestorben. Sie hat keine Verwandten mehr. Ihr Vater und ich hatten vor Jahren schon beschlossen, unsere Kinder zu vermählen. Aber dies soll erst geschehen, wenn sie reif ist. Sie ist noch so jung, und Fedor ebenfalls. Ich habe sie zu mir genommen, da sie allein nicht auf ihren Gütern leben kann. In meinem Testament steht alles vermerkt. Auch ihr Vermögen musst du gut verwalten. Es ist getrennt von dem meinem aufgeführt. Schwör mir das, Iwanow, und ich kann ruhig sterben! Du, Bruder meiner Frau, schwöre mir, dann kann ich in Frieden gehen!“

Iwanow legte seine Finger in die ausgestreckte Hand und sagte dumpf: „Ich will für sie tun, was in meiner Macht steht, das schwöre ich dir!“

Der Sterbende legte sich in die Kissen zurück. Die Kerzen waren fast heruntergebrannt. Sie hätten längst erneuert werden müssen, doch niemand achtete jetzt darauf.

„Nun ist meine Seele befreit, nun kann ich in Frieden gehen“, sagte er leise.

„Mein Sohn, mein geliebter Sohn, gehorche deinem Onkel! Du hast gehört, was er mir geschworen hat. Denke daran, dass er es immer gut mit dir meint. Vertraue ihm voll und ganz, hörst du? Das sage ich, dein Vater.“

Fedor blickte dem Fürsten ins Gesicht. Er war jung, wirklich sehr jung, ihre Blicke maßen sich. Iwanow starrte ihn an.

„Mein Vater“, stammelte der Junge.

Wasil fiel auf die Knie.

„Oh Herr, überlass mir einen Teil der Sorge für diese beiden Kinder!“, rief er mit flehender Stimme aus. „Ich habe sie gehütet bis auf diesen Tag, ich werde ihnen treu sein, ja, das schwöre ich Euch! Gebt auch mir ein wenig Macht.“

Fürst Tschernikow blickte den treuen Wasil an. Er wollte ihm etwas sagen. Er öffnete den Mund, doch kein Laut drang mehr über seine Lippen. Der Kranke zuckte zusammen, und schwer fiel sein Haupt auf die Brust nieder. Fedor schrie laut auf, und Olga weinte bitterlich.

Sie hielten sich umschlungen, lange, fest, unauflöslich, ihre Tränen vermischten sich, und eines suchte Trost und Stärkung an der Brust des anderen.

Fürst Iwanow aber stand da und starrte düster auf die Waisen.

„Er ist tot“, murmelte er, „dies Herz wird nicht wieder schlagen.“

„Tot“, schrie der Fürst noch einmal. „Es ist geschehen“, und dann verließ er das Gemach.

Fedor legte den Arm um seine Braut und hob den Kopf. Die Tür knallte ins Schloss. Wasil und er blickten sich stumm an.

„Vater“, flüsterte er leise und blickte auf das stille Gesicht. „Vater, was haben Sie getan?“

„Komm, Olga, Schätzchen, komm, ich bringe dich auf deine Kammer. Komm, Vögelchen, weine jetzt nicht mehr, komm mit dem alten Wasil, der wie ein Vater zu euch sein wird. Auch jetzt, wo der Herr tot ist. Auf mich könnt ihr immer zählen.“ Mit diesen Worten führte er das verstörte Mädchen aus dem Totengemach.

Fedor blieb allein zurück.

Mit wuchtigen Schritten durchmaß er die weite Halle. Die Diener standen ängstlich im Hintergrund. Sie wagten den Fürsten nicht anzusprechen. Er kam selten in das Haus des Schwagers, aber wenn er kam, dann ließ er seine Macht über die Niedriggeborenen spüren. So mancher war schon mit Fußtritten traktiert worden.

Auch jetzt stand er da und maß sie mit einem höhnischen Grinsen.

„Euer Herr ist tot“, sagte er kalt. „Von nun an bin ich euer Herr! Merkt euch das!“

Sie blickten sich erschrocken an.

„Los, steht nicht so da herum! Wo ist mein Umhang? Ich habe anderes zu tun, als meine Zeit mit euch zu vertrödeln. Los, sagt im Stall Bescheid!“

Wasil war nicht da, der sie hätte in Schutz nehmen können.

„Ja, selbstverständlich, Herr“, sagten sie unterwürfig und machten viele tiefe Verbeugungen vor dem Fürsten.

„Recht so! Wenn ihr nicht pariert, bekommt ihr die Knute zu spüren.“

Kurze Zeit später hörte man vor dem Portal den Pferdeschlitten vorfahren. Der schwere, mit Pelz verbrämte Mantel wurde dem Fürsten um die Schulter gelegt. Mit seinem schwarzen Bart und den stechenden Augen sah der Fürst zum Fürchten aus.

Man riss die Tür vor ihm auf, und er trat hinaus. Der Stallbursche konnte kaum die wilden Pferde bändigen. Der Fürst gab ihm einen Tritt, sprang in den Schlitten und jagte wie der Teufel um die Ecke. Seufzend erhob sich der kleine Bursche und hinkte zum Stall zurück.

„Ich werde es dem Herrn sagen“, flüsterte er einer alten Dienerin zu.

„Der Herr ist tot, Fürst Russky ist jetzt unser Herr.“ Sie bekreuzigten sich auf der Stelle.

Unterdessen jagte der Fürst seinem eigenen Palaste zu. Auf der Straße sah er plötzlich ein anderes Gefährt. Er zügelte seine Pferde.

„He, Pawehl, wohin des Weges?“

Der Angeredete maß ihn mit einem verächtlichen Blick und sauste an ihm vorüber.

Der Fürst knirschte mit den Zähnen.

„Du Lump!“, keuchte er. „Dir werde ich es auch noch zeigen. Kennst wohl auf einmal deine alten Freunde nicht mehr. Aber erst mit mir spielen, bis der Teufel selbst kommt! Dein hübsches Frätzchen werde ich mir auch noch vornehmen.“

Doch im Augenblick ließ er seine Wut an den vollkommen unschuldigen Pferden aus.

Die Sache war nämlich so! In den Augen der meisten Menschen galt der Fürst Iwanow als ein unermesslich reicher Herr. Er besaß viele Güter, und seine Leibeigenen zählten nach Hunderten. Aber die meisten Leute wussten nicht, dass alle dieser Reichtum gar nicht mehr dem Fürsten gehörte. Seine Güter waren verpfändet, und nur der hohe Rang des Fürsten hatte ihn bisher vor dem Schicksale bewahrt, von seinen Gläubigern aus den Schlössern verjagt zu werden, die nur dem Schein nach noch ihm gehörten. Verschwendung hatte ihn nach und nach an den Abgrund des Verderbens geführt. Während er all dies noch einmal überdachte, lag ein satanisches Lächeln auf seinen Zügen.

„Bei Gott, er starb zur rechten Zeit“, murmelte er vor sich hin und lachte laut auf. „Wenige Wochen später, und der feine Schwager hätte meine Lage erkannt und hätte mir, dem Bettler, niemals die Verwaltung seiner Güterübertragen. Pah, nun soll mir einer mal etwas sagen, dem werde ich das Kreuz einschlagen, so wahr ich Fürst Russky heiße. Von nun an bin ich wieder wer!

Mit der Hälfte seiner Güter kann ich alle meine Gläubiger befriedigen, und die andere Hälfte — nun, endlich kann ich mein altes Leben wieder aufnehmen. Beim Teufel, ich hätte niemals gedacht, dass der Schwager mir noch mal so von Nutzen sein könnte. Richtig froh muss ich sein, dass er tot ist.“

Wieder schlug er wie besessen auf die Pferde ein. Sie schossen vorwärts und hätten fast den leichten Schlitten zum Umkippen gebracht.

„Werdet ihr wohl parieren!“, schrie der Fürst.

Frauen mit Kindern, die des Weges kamen, rissen ihre Sprösslinge an sich und flohen kreischend aus dem Wege. Die wilden Fahrten des schrecklichen Fürsten kannten sie zur Genüge. Er lachte nur böse und jagte weiter.

„Dem wird auch mal ein schlimmes Ende beschieden sein“, flüsterte ein altes Weiblein einem Kosak zu.

„Und ob“, murmelte dieser. „Wie ich ihn hasse! Nicht nur ihn, sondern alle von Adel und Stand. Die Gurgel möchte ich ihnen durchschneiden. Das alte Mütterchen erschauerte.

„Nicht doch, Väterchen Nicholas, das ist Sünde, der Teufel wird dich holen, wenn du so etwas auch nur denkst!“

„Der Teufel?“, er lachte rau auf. „Beim Satan, lieber von dem geholt werden als vom Fürsten Russky.“

„Er soll bald kein Fürst mehr sein“, flüsterte das Weiblein. „Seine Güter sind hoch verschuldet, hast du es denn nicht gehört? Alles soll dem Juden gehören, diesem Erzgauner und Pfandleiher.“

„Bei dem Satan, er ist auch eine dreckige Laus, aber wenn er den Fürsten zugrunde gerichtet hat, Mütterchen, dann werde ich zum Popen gehen und für den Juden eine Kerze abbrennen!“

„Ich muss gehen“, flüsterte die Alte, und zog ihr dünnes Tuch noch fester um die knöchernden Schultern.

Der Schlitten jagte durch ganz Petersburg und hielt dann endlich vor dem Holzpalast des Fürsten. Schweißtriefend und zitternd blieben die Rappen stehen. Der Fürst sprang herunter. Sofort stand der Diener da und hielt die Pferde am Zügel. Der Fürst nahm seine Peitsche und lief ins Schloss hinein. Sein alter Leibdiener stand in der hintersten Ecke und wartete ergeben auf seine Befehle. Der Fürst warf den schweren Mantel von der Schulter, knallte die Peitsche nebst Handschuhe auf den Tisch und schrie seinen Diener an.

„Bring Wodka, los, du Hundesohn, und zu essen, ich bin ausgehungert! Sofort, in einer Minute will ich alles vor mir sehen.“

„Jawohl, gnädiger Herr“, flüsterte der Diener und huschte davon, um in der Küche Bescheid zu sagen.

Hier brannte Tag und Nacht das Feuer, und ständig stand ein Mahl für den Herrn bereit. Sie alle kannten seine schrecklichen Launen.

Fürst Iwanow lief in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Einmal blieb er am Fenster stehen und blickte auf die Straße. Eine tiefe Schneedecke lag auf der Straße. Menschen, vermummt und nicht mehr zu erkennen, huschten vorüber.

„Verdammt, Petrowitsch weiß doch, dass ich ihn sprechen will. Zum Teufel!“

Wütend riss er an dem Klingelzug. Sofort stürzte ein Diener in das Gemach.

„Es wird sofort angerichtet, Herr!“

„Rufe meinen Sekretär! Wenn er nicht sofort kommt, werde ich ihm Beine machen. Los schon, starre mich nicht so an!“

Tief bis zur Erde hinab verbeugte sich der Diener und eilte davon. Er wusste wohl, sein Leben hing nur von dem Willen des Fürsten ab, war er doch wie alle Diener und Bauern leibeigen.

Kurze Zeit später ging die Tür abermals auf. Zuerst betrat der Leibdiener das Gemach, stellte Flaschen und Gläser auf den Tisch. Hinter ihm stand unterwürfig der Sekretär des Fürsten.

„Raus!“, schrie Iwanow.

Sofort verschwand der Diener und schloss die Tür hinter sich.

Wieder lief der Fürst auf und ab.

„Petrowitsch, du hast mir lange keinen Bericht über meine Angelegenheiten abgestattet. Ich brauche Geld, beim Satan. Schaffe mir auf der Stelle zehntausend Rubel herbei! Bin ich ein Bettler, dass ich mit leeren Taschen herumlaufen muss? Soll ich es erdulden, schief angesehen zu werden? Ich, Fürst Russky?“

Der kleine Schreiber mit dem Buckel starrte den Fürsten so sprachlos an, dass dieser in seiner Rede innehielt.

„Geld, gnädigster Herr? Zehntausend Rubel? Mein Fürst, Euer ärmster Bauer weiß nicht, wo er zehn herbekommen soll. Die Güter sind verpfändet, die Ernte schon auf dem Halme verkauft, die Wolle Eurer Schafherden längst von Euren Gläubigern verschlungen — bei meinem Barte, Herr, ich kann nichts schaffen, es sei denn, dass Ihr meine gelbe Haut zu gelbem Golde zu münzen verständet!“

„Bei deinem Barte, du elende Kreatur!“, rief lachend er Fürst. „Nennst du die drei Borsten an deinem spitzen Kinne einen Bart?“

Der kleine Schreiber duckte sich unterwürfig.

„Schweig!“, donnerte der Fürst, obschon der Sekretär kein Wort sagte. „Du wirst mir binnen einer Stunde zehntausend Rubel beschaffen! Zehntausend, hörst du mich, Petrowitsch? Nicht einen Rubel weniger.“

Der Sekretär krümmte sich wie ein Wurm. Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn. Oh ja, er kannte den Fürsten zur Genüge. Er hatte den armen Mann oft traktiert und geschlagen, von den vielen Demütigungen mal ganz abgesehen.

Der Fürst raste durch das Zimmer. Seine Wut war unbeschreiblich. Dieser niedrige Wurm wagte es, sich ihm zu widersetzen?

„Also du willst nicht, Petrowitsch?“, herrschte der Fürst ihn an. „Willst meinem ausdrücklichen Befehl nicht gehorchen? Denkst du nicht an die Knute? Ich kann dich auch in Eisen legen lassen, dich in den Hungerturm sperren. Ich, der Fürst, befehle dir auf der Stelle zu gehen und mir das Geld zu bringen!“

„Ich kann es nicht“, presste der kleine Mann hervor. „Glaubt mir, Herr, ich würde eilen, fliegen, wenn ich es könnte. Aber ich kann jetzt schon sagen, ich komme mit leeren Händen zurück. Die Juden geben mir nichts mehr. Ich habe es doch schon viele Male bei ihnen versucht.“

Der Fürst sah ihn listig an.

„Auch nicht, wenn Fürst Tschernikow gestorben wäre und den Fürsten Iwanow zum Verwalter seines Vermögens, zum Vormund seiner Kinder bestellt hätte?“

Der tückische Petrowitsch, der nicht besser war als sein Herr, fuhr bei diesen Worten zusammen. Eine Veränderung ging plötzlich mit ihm vor. Die Todesangst verschwand, und seine grauen, kleinen stechenden Augen funkelten gleich denen einer Schlange.

„Wie?“, flüsterte er heiser. „Wie, Fürst Tschernikow wäre ...“

„Tot“, grölte der Fürst. „Und ich bin der unumschränkte Verwalter seiner Millionen. Was sagst du jetzt? Hab ich dir nicht immer gesagt, dass sich noch alles wenden wird?“

Der Sekretär sprang in die Höhe.

„Zehntausend Rubel, Herr? Nur zehntausend? Warum nicht zwanzigtausend, fünfzig, dreihundert, mein gnädigster Herr? Geben Sie mir nur Vollmacht, und ich reite zu meinen alten Freunden. Sie kennen den Petrowitsch, und wenn sie ihn auch in der letzten Zeit schief angesehen haben und ihm schon von weitem ausgewichen sind, jetzt werden sie ihn wiederkennen. Jetzt werden sie wieder schmeicheln und lecken, jetzt werden sie wieder Väterchen und Brüderchen sagen und nicht mehr die eisernen Kasten und Truhen vor ihm zuschließen. Die Vollmacht, gnädigster Herr, und Ihr hoher Wille ist schon so gut wie erfüllt!“

Der Fürst betrachtete den kleinen Buckligen lange schweigend. Gedankenvoll ging er auf und ab. In seinem Sekretär hatte er einen Verbündeten, das wusste er. Blieben doch so manche Rubelchen an seinen Händen kleben, die ihm gar nicht zustanden. Er war zu allen Schandtaten bereit, solange Geld dabei herausschaute. Jetzt, wo er vor seiner ersten Schurkerei stand, war ihm doch ein wenig bange. Und diese, seine Ängste teilte er nun seinem Sekretär mit.

„Wie, Petrowitsch, wenn der Jüngling Fedor mündig geworden sein wird und von mir Rechenschaft über das hinterlassene Vermögen seines Vaters verlangt? Wenn auch langsam, wird doch diese Zeit kommen, und dann — hat die Herrlichkeit ein Ende. Nicht nur, dass wir dann nicht mehr wie ein Fürst leben können, nein, wir werden zur Rechenschaft gezogen, und es könnte uns ganz schön sauer werden, mein lieber Petrowitsch, auch dir. Ich werde einfach sagen, du habest das Geld veruntreut, bist du doch der Bewacher meines Vermögens.“

Petrowitsch wurde weiß. Doch bald hatte er sich schon wieder gefangen.

„Gnädigster Herr, diese Zeit wird nimmer kommen, wenn Sie nicht wollen. Die Herrlichkeit kann immer anhalten, solange Euer Fürst lebt.“

„Wenn ich nicht will?“, fragte Fürst Iwanow verwundert. „Wie denn? Sollte ich vielleicht die Zeit aufhalten? Dass sie stillsteht und der Jüngling nimmer das Alter erreicht? Alter, deine Scherze waren auch schon besser“, fauchte er wütend.

„So meine ich es nicht“, entgegnete der Sekretär leise und trat dem Fürsten ganz nahe. „Die Zeit können wir nicht verlängern, noch anhalten, aber Sibirien ist weit, und wenn man den jungen Fedor eine Spazierfahrt dahin machen lassen könnte, so würde kein Hahn mehr nach der Verwaltung seines Erbteils krähen.“

Unterwürfig trat er wieder einen Schritt zurück, sobald er ausgesprochen hatte.

Der Fürst zog die schweren Augenbrauen zusammen. Er griff zur Karaffe und nahm einen tiefen Schluck. Der Wodka lief ihm aus dem Bart heraus. Mit dem Handrücken wischte er ihn fort. Petrowitsch wusste, dass seine Saat aufging. Was blieb dem feinen Herrn denn auch anderes übrig? Entweder er wurde wie ein Hund von den Gütern verjagt, oder er musste den dummen Fedor aus der Welt schaffen.

„So meinst du es also. Du willst ihm eine Falle stellen? Ein schlauer Bursche bist du, wahrhaftig, das muss ich dir lassen. Mitunter bist du mit Gold nicht zu bezahlen. Doch vielleicht mit Rubel? Erinnere mich daran, für diesen Rat hast du etwas verdient.“

„Danke, gnädigster Herr, ich stehe zu Ihren Diensten. Ich bin ja nur Ihr Diener.“

„Keine falsche Bescheidenheit, aber jetzt sag mir lieber, wie du den Plan ausführen willst? Du weißt, er darf nichts merken, und was noch wichtiger ist, in Petersburg darf niemand Verdacht schöpfen. Es könnten Freunde kommen, Freunde Fedors, verstehst du!“

„Es geht ganz leicht und ohne Mühe, und niemand wird etwas bemerken. Haben Euer Gnaden nicht einmal dem Oberst Pestuscheff in Moskau einen guten Dienst geleistet?“, fragte er lauernd.

„Natürlich, auf ihn kann ich mich verlassen, diese Kröte ist mein. Er war früher Leibeigener, ich kaufte ihn los, gab ihm die Freiheit und empfahl ihn der Zarin. Du weißt, hin und wieder muss man als Gönner auftreten, besonders bei Hofe. Der Mann ist treu und klug. Er weiß, dass ich ihn stürzen kann, wie ich ihn erhob. Aber was ist mit ihm? Was kann er uns nützen? Was kann er tun, dass uns Fedor nicht lästig wird?“

Der Sekretär ging erst einmal zur Tür und schaute nach, ob niemand lauschte. Dann kam er eiligst zurück und flüsterte heiser: „Können Euer Gnaden ganz fest auf ihn rechnen?“

„Wie auf mich selbst!“

„Nun denn, so schicken wir den Jüngling nach Moskau, stecken ihn in des Obersten Regiment und überlassen es ihm, den Jüngling so weit zu treiben, dass er einen dummen Streich begeht, der ihm den Weg nach Sibirien eröffnet. Ist er erst einmal dort, dann wird er uns nie und nimmer wieder lästig. Ich jedenfalls habe noch nie vernommen, dass von dort einer mit heiler Haut zurückgekommen ist.“

„Aber Olga, seine Verlobte? Können wir die auch nach Sibirien schicken?“

„Von der ist nichts zu fürchten, wenn Fedor erst einmal fort ist.“

Mit weiten Schritten ging der Fürst durch sein Gemach und dachte über den schändlichen Plan nach, den Petrowitsch entwickelt hatte. Er fühlte doch plötzlich so etwas wie Abscheu und sein Gewissen wurde wach. Aber der Sekretär war flink und gemein wie eine Ratte. Jede Regung seines Herrn wusste er richtig zu deuten. Und er schaffte es, auch diese eine Regung im Keime zu ersticken. Lispelnd sagte er: „So will ich jetzt eilen und das Geld beschaffen!“

„Wie?“ Der Fürst schrak auf.

„Warte“, rief er dann. „Das hat noch Zeit. Warte, erst einen Brief an den Obersten von Moskau, dann das Geld. Hier, setze dich hin und schreib ihm! Binnen einer Stunde muss alles fertig sein, hörst du? Ich bin dann wieder zurück.“

„Wohin begeben sich Euer Gnaden?“, fragte der Sekretär, plötzlich dreist geworden.

Der Fürst blieb an der Tür stehen.

„In den Palast Tschernikows. Ich will den Jüngling darauf vorbereiten, dass er Soldat werden muss. Je schneller die Sache abgetan ist, desto wohler wird mir sein.“

In der Tür stand sein Leibdiener mit dem Essen.

„Es ist angerichtet wie befohlen!“

„Jetzt? Ich habe keine Zeit, bring es zurück. In einer Stunde kannst du es bringen. Los, starr mich nicht so an! Die Pferde vorspannen, hab ich gesagt!“

Als der Fürst das Zimmer verlassen hatte, lächelte der Sekretär hämisch vor sich hin. Freudig rieb er sich die Hände.

„So ist es recht, den hab ich an meiner Angel. Der entwischt mir nicht mehr. Was hab ich gehört, der Tschernikow besitzt an die drei Millionen Rubel? Nun denn, eine Million mag der Fürst bekommen, ich bin ja nicht so, aber, die anderen beiden werden mein sein, und dann nichts wie weg. Dann tauche ich unter. Mütterchen Russland ist groß, mich wird man nicht mehr finden.“

Ich liebe Sie, mein Fürst! Fürstenroman Sammelband 3 Romane

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