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Volksnation, Kulturnation, Staatsnation Die neuere Nationalismusforschung geht nicht mehr davon aus, dass Nationen gegebene kulturelle, historische oder gar natürliche Tatsachen seien, sondern analysiert sie als „vorgestellte politische Gemeinschaften“ (Benedikt Anderson). Während Nationsbildungsprozesse und nationale Weltanschauungen dabei immer die Konstruktion von Innen- und Außengruppen voraussetzen, lässt sich die Frage der Zugehörigkeit unterschiedlich definieren. Das „westliche“ Modell der Staatsnation geht von der dauerhaft im Territorium der Nation lebenden Wohnbevölkerung aus. So können auch nationale, ethnische oder sprachliche Minderheiten der Nation zugehören und Nationen sich aus mehreren Völker konstituieren, wie etwa in der Schweiz, und ein Beitritt zur Staatsnation ist denkbar, so dass sich Migration durch Einbürgerung der Migranten, wie in den USA, bewältigen lässt. In solchen Fällen wird mitunter auch von einer „Willensnation“ gesprochen. Davon abzusetzen ist das Konzept der Kulturnation, das einen bestimmten, essentiellen Zusammenhang der durch Sprache, Brauchtum und grundsätzliche Lebensauffassungen miteinander verbundenen Glieder der Nation konstatiert. In der Volksnation ist das zentrale verbindende Merkmal die gemeinsame ethnische Abstammung aller Angehörigen eines „Volkstums“.

Völkische

Eine Sonderform des radikalen Nationalismus stellen die Völkischen dar, die sich mit dem Abebben der ersten antisemitischen Welle formierten. Charakter, Umfang und Stellung der völkischen Bewegung wurden in der wissenschaftlichen Literatur sehr unterschiedlich gesehen: Wegen ihrer Tendenz, die Grenzen des Nationalstaats zu Gunsten eines größer gedachten „Volkskörpers“ zu transzendieren, wurde sie von einigen Autoren nicht einmal dem Nationalismus zugeschlagen; auf der anderen Seite bestand die Neigung, den Begriff „völkisch“ so weit auszudehnen, dass nahezu jede politische Formation auf der Rechten, die mit dem Begriff „Volk“ operierte, auch der völkischen Bewegung zugerechnet wurde. Demgegenüber fordert die neuere Forschung erstens einen „engen“ Begriff der völkischen Bewegung ein und sieht sie zweitens durchaus im Lager des radikalen Nationalismus verortet: Völkischer Nationalismus ist demnach eine Spielart des radikalen Nationalismus, aber weder sind beide deckungsgleich, noch scharf voneinander abgegrenzt. So gibt es auch zahlreiche Überschneidungen und Berührungspunkte zwischen dem völkischen Segment innerhalb des Nationalismus und dem breiteren Spektrum des radikalen Nationalismus. Zwischen den nationalistischen Agitations- und Interessenverbänden und den Gesinnungsgemeinschaften der völkischen Bewegung, deren bedeutendste der Deutschbund war, gab es zahlreiche Doppelmitgliedschaften, Schnittmengen und Kooperationen. Insgesamt betrieben die Völkischen im Vergleich zu den Agitationsverbänden weniger Interessenpolitik. Sie zielten eher auf die weltanschauliche, bündische, kulturelle, auch spirituell-religiöse Einbindung ihrer Angehörigen in eine Art lebensweltliche Gemeinschaft. Daher wiesen sie auch eine starke Affinität zur Lebensreformbewegung auf (ohne dass diese insgesamt als „völkisch“ bezeichnet werden darf). Wesentlich radikaler fiel der völkische Antisemitismus aus; wesentlich stärker machten die Völkischen die Zugehörigkeit zum „deutschen Volk“ von einer „rassisch“ verstandenen Abstammung abhängig; als wesentlich größer empfanden sie das Bedürfnis nach einer Regeneration des „deutschen Volkes“, nach „Rassenpflege“ und „Rassenhygiene“, bis hin zur „Rassenzucht“. Die völkische Bewegung verband sich mit kulturpessimistischen und modernisierungskritischen Strömungen, eiferte gegen Verstädterung und Heimatverlust und propagierte an Stelle einer modernen, pluralen Gesellschaft ursprüngliche, organische Gemeinschaften, nach denen sie das Ideal einer reinen, von Fremdkörpern gereinigten und homogenen Volksgemeinschaft bildete. Auffallenderweise ließ sich gerade in den Reihen der Völkischen dieses Gemeinschaftsideal nicht annähernd verwirklichen: Die Bewegung blieb – was ihr Hitler und andere nationalsozialistische Führer später mit einem gewissen Recht vorhielten – dauerhaft in hoffnungsloser, lähmender Zersplitterung, Konkurrenz eitler Selbstdarsteller und kleinlichem Sektierertum befangen. Zwar gab es innerhalb der völkischen Bewegung durchaus Einigungsbestrebungen und strömungsübergreifende Plattformen, unter denen an erster Stelle der Deutschbund zu nennen ist. Doch der unmittelbare politische Erfolg der Bewegung blieb unbedeutend, während die Völkischen in kultureller Hinsicht einigen Einfluss erlangen konnten. Bei der Radikalisierung der Inhalte und Methoden der nationalistischen Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg spielten die Völkischen eine zentrale Rolle, so dass sie durchaus als eine Keimzelle der NSDAP angesehen werden müssen. Allerdings ging die „nationale Sammlung“, für die die nationalsozialistische Bewegung stand, über das völkische Spektrum deutlich hinaus, und auch die extreme Rechte der Bundesrepublik regenerierte sich keineswegs bloß aus der Tradition der Völkischen.

Erster Weltkrieg

Die Entfremdung zwischen Reichsleitung und radikalem Nationalismus setzte sich im Lauf des Ersten Weltkrieges fort. Die Alldeutschen und ihre Bündnispartner zählten im Konzert des chauvinistischen Kriegsjubels zu den lautesten und schrillsten Stimmen; ihre Kriegszieldenkschriften und politischen Forderungen waren besonders weitreichend und unrealistisch. In Reaktion auf die „Friedensresolution“ der Reichstagsmehrheit gründeten führende Vertreter der nationalen Opposition, unter ihnen an prominenter Stelle Alfred Hugenberg (1865–1951), 1917 die Deutsche Vaterlandspartei. In ihr kam die Doppelstellung der nationalen Opposition gegenüber dem politischen System des wilhelminischen Kaiserreichs nochmals zum Ausdruck. Die Partei verband systemloyale nationalistische Politiker, die den alten Eliten verbunden waren, mit alldeutschen und verwandten Strömungen der nationalen Opposition; sie bekundete ihre Loyalität zu Vaterland und Herrscherhaus, bemühte sich aber gleichwohl um eine außer- und antiparlamentarische Mobilisierung und adaptierte – mindestens intern im Kreise ihrer führenden Funktionäre – den Gedanken einer notfalls durch einen Staatsstreich zu bildenden, gegen den Reichstag gerichteten politischen Diktatur. Die Hoffnungen lagen dabei nicht mehr auf der Person des Kaisers selbst, sondern auf der dritten Obersten Heeresleitung unter Paul von Hindenburg (1847–1934) und Erich Ludendorff (1865–1937).

Weimarer Republik

Zur nationalen Opposition im vollen Sinne des Wortes, nämlich zur fundamentaloppositionellen, systemilloyalen radikalnationalistischen Kraft, entwickelte sich die äußerste Rechte erst in dem Moment, als das Deutsche Reich zur Republik wurde. Die Fluchtpunkte der nationalistischen Kritik blieben die gleichen: Das Deutsche Reich war seinen Grenzen nach kleiner als der „deutsche Volksboden“ bzw. Siedlungsraum; Menschen, die nicht zu diesem Volk gerechnet wurden, galten dennoch als deutsche Staatsbürger; die politische Ordnung entsprach nicht den autoritären Ordnungsvorstellungen der extremen Rechten. Aber dennoch hatte sich die radikalnationalistische Politik substantiell verändert: Sie zielte nun darauf, eine Revision der internationalen Nachkriegsordnung, wenn nötig auch gewaltsam oder militärisch, zu erzwingen, „volksfremde“ Elemente – besonders die Juden – radikal auszuschließen und die verfassungsmäßige Ordnung der Republik umzustürzen. Zu diesem Wandel der Politik kam ein Wandel der Methoden. Zwar hatte es im Kaiserreich durchaus gelegentlich gewalttätige, von der Antisemitenbewegung forcierte Exzesse gegen Juden gegeben. Außerdem hatte der radikale Nationalismus durchaus ein hartes Vorgehen gegen die Anhänger der Sozialdemokratie befürwortet. Und auch ein Staatsstreich war für die radikalen Nationalisten eine denkbare Option. Doch erst die Brutalisierung weiter Teile ihrer Anhängerschaft im Laufe des Ersten Weltkriegs und die Enttäuschung über die Revolution, als Werk der Juden und Bolschewisten interpretiert, brachte die Bereitschaft hervor, jene exzessive politische Gewalt anzuwenden, die für die extreme Rechte der Weimarer Republik so typisch wurde. In den Freikorps der Revolutions- und Bürgerkriegsjahre fand dieser Stil im politischen Mord seinen Ausdruck.

Im Gefolge der Revolution entstanden eine Vielzahl völkischer und radikalnationalistischer Bünde und Verbände, deren Ziel es war, die Republik zu beseitigen, die Arbeiterbewegung zu zerschlagen und die Juden aus Deutschland zu vertreiben, die internationale Nachkriegsordnung zu bekämpfen und die von Deutschland in Folge des Versailler Vertrags abgetrennten Gebiete zurückzugewinnen. Dabei handelte es sich in der ersten Phase typischerweise um klandestine Männerbünde mit hohem Gewaltpotenzial, wie das Freikorps Roßbach oder die Organisation Consul. Größer und einflussreicher war der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund (DVST), der auf Initiative des ADV als dessen Vorfeldorganisation gegründet wurde und sich zur Sammlungsbewegung der völkischen Verbände und Vereine entwickelte, bevor er 1922 in den meisten deutschen Ländern verboten wurde. Seine Aktivisten gingen häufig später zur nationalsozialistischen Bewegung über. Auch die NSDAP entstand 1919 im völkischen Milieu, obwohl sie später einen eigenen politischen Weg wählte. Die radikalnationalistischen Verbände hegten zunächst noch die Hoffnung, die Republik auf dem Wege des Putsches zu beseitigen. Mehrfach wurden gewaltsame Umsturzversuche vorbereitet und teilweise – wie 1920 unter Wolfgang Kapp (1858–1922) – in Angriff genommen. Als 1921/22 mit Matthias Erzberger (1875–1921) und Walther Rathenau (1867–1922) zwei Minister der demokratischen Regierung ermordet wurden, und als 1923 Hitler und Ludendorff einen weiteren Putschversuch unternahmen, leitete die Republik eine Reihe von Maßnahmen gegen die gefährlichsten nationalistischen Parteien und Kampfverbände ein. Sie warfen die Organisationsbemühungen der republikfeindlichen Rechten zwar um einige Jahre zurück, führten aber nicht zu nachhaltigen Erfolgen, zumal sie von Justiz, Verwaltung und Polizei auf der mittleren Ebene nur halbherzig oder gar nicht umgesetzt wurden.

Deutschnationale; Deutschvölkische

Nicht alle Flügel des radikalen Nationalismus konnten es sich erlauben, stets und in allen Fragen eine aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber der Republik aufrechtzuerhalten. Für einen Teil des nationalistischen Milieus ging es immerhin um die Verteidigung konkreter politischer und sozialer Interessen, für deren Artikulation und Durchsetzung es auch unter den Bedingungen der ungeliebten Republik eines Mediums bedurfte. Aufschlussreich ist in dieser Hinsicht der Weg der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Gegründet wurde sie als Sammlungspartei, die die früheren konservativen Parteien ebenso wie die Vaterlandspartei und diverse antisemitische, völkische und radikalnationalistische Gruppen vereinte. In den Anfangsjahren formierte sie sich auf einer klar antirepublikanischen Basis als fundamentaloppositionelle Kraft, wozu auch die Übernahme antisemitischer Programmpunkte gehörte. In den Kapp-Putsch verstrickt, wurde sie in Teilen der republikanischen Öffentlichkeit für die Morde an Erzberger und Rathenau mit verantwortlich gemacht. Durch diese äußeren Umstände zur Mäßigung gezwungen, verlor die DNVP 1922 ihren radikaleren, völkischen und antisemitischen Flügel, der sich zur Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP) formierte. Diese wurde nach dem Verbot des DVST und der NSDAP zunächst zum Sammelbecken für Völkische und Nationalsozialisten im norddeutschen Raum, verlor dann aber seit Mitte der 1920er Jahre, nach der Neugründung der NSDAP, ihre Bedeutung. Die DNVP dagegen sah sich im Zuge der Stabilisierung der Republik zu immer weitgehenderen Arrangements mit dem neuen politischen System veranlasst. Ihre nationaloppositionelle Haltung gab sie zunächst auf und wandelte sich von einer zumindest äußerlich, also formal systemloyalen Opposition zur Regierungspartei. Als sich allerdings Ende der 1920er die Verhältnisse verschlechterten und eine neue Krise abzeichnete, wechselte die politische Haltung der DNVP erneut. Alfred Hugenberg, ADV-Funktionär der ersten Stunde und inzwischen zum rechten Medienzar avanciert, übernahm die Führung der DNVP und führte sie zurück in eine antirepublikanische, radikale Oppositionsrolle.

Harzburger Front

Unter Hugenbergs Mitwirkung nahmen die Kräfte des radikalen Nationalismus eine Kampagne gegen die Republik und gegen die internationale Nachkriegsordnung in Angriff. Seit 1929 formierten sie sich im Reichsausschuss für ein deutsches Volksbegehren. Auf plebiszitärem Wege sollte die deutsche Politik genötigt werden, den Young-Plan zur Begleichung der Reparationen abzulehnen und eine Gesamtrevision des Versailler Vertrags anzustreben. Zu dieser Initiative wurde neben dem Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten und anderen Wehrverbänden, Kreisen der Industrie sowie diversen völkischen und rechtsextremen Organisationen auch die NSDAP hinzugezogen. Nach dem Scheitern der Kampagne formierte sich die republikfeindliche Rechte, ebenfalls unter Beteiligung der NSDAP, auf einer Tagung in Bad Harzburg im Oktober 1931 erneut. In Frontstellung gegen das zweite Präsidialkabinett Heinrich Brünings (1885–1970) griff Hugenberg die alldeutsche Parole von der „nationalen Opposition“ erneut auf. Die „Harzburger Front“ war indes schon ein Zeichen des Verfalls der alten Form des radikalen Nationalismus, der sich mit neuen Strömungen konfrontiert sah.

Neuer Nationalismus

Im Laufe der Weimarer Republik hatte sich das „nationale Lager“ weit aufgefächert und ausdifferenziert, wobei an die Seite eines sog. Alten Nationalismus ein Neuer Nationalismus getreten war. Die Unterscheidung besteht im Wesentlichen darin, dass die Kräfte des Alten Nationalismus, für die auch ADV und DNVP stehen, im Prinzip an der sozialen Gliederung innerhalb der deutschen Nation festhalten wollten. Demgegenüber strebte der Neue Nationalismus eine stärkere Inklusion und Integration der unteren sozialen Schichten in die deutsche Gesellschaft an. Tendenziell ging dies mit einer Anerkennung ideeller und materieller Ansprüche besonders der Arbeiter einher. Eine aktivistischere, teils revolutionäre Rhetorik war für den Neuen Nationalismus typisch. In diesem Kontext formierten sich eine Reihe von Gruppierungen und Zirkeln, oft im Umfeld eines Leitmediums – z.B. der „Widerstandskreis“ um Ernst Niekischs (1889–1967) Zeitschrift „Widerstand“ oder der „Tat-Kreis“ um die Monatsschrift „Die Tat“ – zu speziellen Einzelgruppen innerhalb der nationalistischen Bewegung. Zahlreiche Publizisten und Pamphletisten prägten das Feld, bauten eigenständige Denksysteme und eigentümliche programmatische Sondergruppen auf und verstrickten sich im Geflecht von Bündnissen und Feindschaften, Kooperationen und Konkurrenzen. Fremd- und Eigenbezeichnungen variierten, es war von Jungkonservativen und Jungnationalen, Nationalrevolutionären und Nationalbolschewisten die Rede. Nach 1945 ist versucht worden, Schneisen in das Dickicht dieser diffusen Bewegung zu schlagen, einzelne Strömungen nach soziologischen, generationellen, organisatorischen, politischen, vor allem aber nach ideologisch-weltanschaulichen Gesichtspunkten zusammenzufassen und zu kategorisieren. Von „antidemokratischem Denken in der Weimarer Republik“ (Kurt Sontheimer) war dabei die Rede, oder – in dem einflussreichen, von geistiger Nähe zum Objekt geprägten Werk Armin Mohlers – von einer „Konservativen Revolution“. Für unseren Zusammenhang ist es nicht entscheidend, wie diese einzelnen Strömungen zu kategorisieren sind, obgleich uns einige von ihnen als weltanschauliche Bezüge in der Tradition der bundesdeutschen nationalen Opposition wieder begegnen. Entscheidend ist vielmehr, die Vielfältigkeit dieser Bewegung festzuhalten.

NSDAP

Vielleicht erlaubte gerade die Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz der radikalen Rechten, dass sie schließlich weitgehend in die nationalsozialistische Sammlungsbewegung einmündete. 1923 nach dem gescheiterten Münchner Putsch in Haft genommen, hatte Adolf Hitler (1889–1945) seine Grundgedanken in seinem Buch „Mein Kampf“ niedergelegt, nach der Haftentlassung an Stil, Auftreten und politischer Strategie der NSDAP wesentliche Korrekturen vorgenommen und sie zur dynamischsten Kraft innerhalb des nationalistischen Lagers gemacht. Dabei hatte er sich von der Ausgangsbasis der Partei in der völkischen Bewegung und im rechtsradikalen Gewaltmilieu insoweit emanzipiert, dass er diese Kreise weiter an seine Partei binden und zum weltanschaulich gefestigten Kern des Parteikaders machen konnte, aber in die Lage kam, erstmals in der Geschichte der deutschen radikalen Rechten deutlich über den engen Kreis des bisherigen Basismilieus hinausgehende Erfolge zu erzielen. 1930 begann der Aufstieg der NSDAP, die alle anderen Kräfte im radikalnationalistischen Lager entweder absorbierte oder paralysierte, zu sich zog oder politisch ausschaltete. Die Machtübertragung an Hitler 1933 überführte dieser in eine „nationale Erhebung“ oder „nationale Revolution“, die sich als anschlussfähig für Vertreter des Alten, des Neuen und des völkischen Nationalismus erwies, darüber hinaus aber auch für alle jene Deutschen, die bereit waren, sich auf die neuen Verhältnisse einzulassen, und die ihrerseits nicht als „politische“ oder „rassenpolitische Gegner“ ausgegrenzt wurden. Die nationale Opposition war zur Regierungsmacht gelangt und ging nun daran, die zentralen Ziele des radikalen Nationalismus zu verwirklichen: Die Demokratie wurde beseitigt und durch eine brutale Diktatur ersetzt; Juden wurden aus der deutschen Nation ausgegrenzt, entrechtet, vertrieben und schließlich während des Krieges ermordet; die Grenzen des Deutschen Reiches wurden überschritten – zuerst im Sinne eines „Großdeutschen Reichs“, das alle geschlossenen deutschen Siedlungsgebiete in Europa umfassen sollte, anschließend im Sinne eines kontinentalen Imperialismus, der auf Kosten der anderen europäischen Nationen wirtschaftliche „Ergänzungsräume“ im Westen und Norden und neuen „Lebensraum“ im Osten erschließen sollte.

NS-Gegner von rechts

Gegenüber den hegemonialen Ansprüchen des Nationalsozialismus gab es auch innerhalb der radikalnationalistischen Bewegung resistente Restbestände. Sie lassen sich in keinem Fall geschlossen einer ganzen Richtung zuweisen. Auch sind die Gründe sehr unterschiedlich, aus denen heraus einzelne Personen oder Zirkel der Hitlerbewegung fernblieben, sich von ihr abwandten und von ihr zurückgewiesen wurden. Einige führende Gestalten des nationalen Lagers, sowohl aus den Reihen des Alten als auch des Neuen Nationalismus, sahen sich mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen konfrontiert, die bis zu ihrer Einweisung in Konzentrationslager, Hinrichtung oder kaltblütigen Ermordung reichen konnten. Manche beteiligten sich am Widerstand und sind bspw. im Kreis der Verschwörer des 20. Juli 1944 zu finden. Anderen gelang es, sich ins Exil abzusetzen. Für unseren Zusammenhang kommt Otto Strasser (1897–1974) und seiner Schwarzen Front eine besondere Bedeutung zu. Zunächst einer der führenden Köpfe der norddeutschen NSDAP, geriet Strasser in Konflikt mit Adolf Hitler, nicht zuletzt auf Grund seiner weltanschaulichen Positionierung, die den „Sozialismus“ im Parteinamen betonte. Während sein Bruder Gregor Strasser (1882–1934) im Zusammenhang mit der Röhm-Affäre 1934 ermordet wurde, versuchte Otto seit 1933 aus dem Exil (zuletzt in Kanada) Einfluss auf die nationalistischen Kräfte in Deutschland zu gewinnen.

Die Politik des nationalsozialistischen Regimes scheiterte an ihren eigenen Voraussetzungen. Die Partei und die ihr angeschlossenen Apparate fielen bei Kriegsende weitgehend in sich zusammen, die von der NSDAP integrierten Kräfte brachen auseinander. Der verlorene Krieg schuf die Bedingungen, unter denen sich die politische Rechte in Deutschland neu formieren musste. Hierzu zählen eine nachhaltige Diskreditierung des Nationalismus, der für die „deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) verantwortlich gemacht wurde; die Teilung Deutschlands bis ins Jahr 1990;der dauerhafte Verlust vormals deutscher Territorien östlich der Oder-Neiße-Linie und die Evakuierung, Flucht, Aussiedlung und Vertreibung von Millionen von Menschen aus diesen Gebieten bzw. aus vormals deutschen Siedlungsgebieten in anderen europäischen Ländern. Hierzu zählt aber auch die von den alliierten Besatzungsmächten in die Wege geleitete Demokratisierung und Parlamentarisierung (West-)Deutschlands.

Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis heute

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