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Jerome Robbins, der Regisseur und Choreograf

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Jerome Robbins, Jahrgang 1918, war einer der einflussreichsten Choreografen des Musicals und des amerikanischen Tanzes, ein »Gigant des Balletts und des Broadways«, wie die New York Times anlässlich seines Todes 1998 schrieb. Seine Arbeiten für den Broadway konzentrieren sich auf die zwei Dekaden zwischen 1944 und 1964. Im ersten Jahrzehnt arbeitete er ausschließlich als Choreograf. In dieser Zeit kamen Inszenierungen wie On the Town (1944), Billion Dollar Baby (1945), Miss Liberty (1949), Call Me Madam (1950) und The King and I (1951) auf die Bühne. Danach übernahm er zusätzlich zur Einstudierung der Tänze zumeist auch die Aufgaben des Regisseurs, womit er die einmalige Gelegenheit erhielt, die Bühnenfiguren auch choreografisch zu charakterisieren. In dieser Doppelfunktion führte er die Musicals Peter Pan (1954), Bells Are Ringing (1956), West Side Story (1957), Gypsy (1959), Funny Girl (1964) und Fiddler on the Roof (ebenfalls 1964, im Deutschen bekannt unter dem Titel Anatevka) zum Erfolg.

Seine Inszenierungen fallen in die erste Blütezeit der Gattung, in die Hochphase des Integrated Musical, als es am Broadway nicht mehr ausreichte, mit Comedys die Zuschauer zum Lachen zu bringen, als die ästhetischen und inhaltlichen Ansprüche an neue Stücke wuchsen und man vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung zu diskutieren begann, ob möglicherweise eine ureigene, nicht durch Europa vorgeprägte, |23| amerikanische Oper im Entstehen sei. Robbins hatte an diesem künstlerischen Auftrieb erheblichen Anteil.

Gleichwohl bildete der Broadway nicht das Zentrum seines beruflichen Lebens. Vielmehr lassen sich seine Arbeiten für das Musical auch begreifen als Einbeziehung neuzeitlicher musik-dramatischer Formen in den Tanz bzw. umgekehrt als Erweiterung der bisherigen kunsttänzerischen Formensprache in den Bereich des dramaturgisch basierten Musiktheaters.

Zeit seines Lebens war Robbins als Tänzer, Choreograf und Ballettleiter tätig. Er gehörte zu den »Alleskönnern«, so der Tanzhistoriker Jochen Schmidt 2002, »ein Virtuose auf vielen Instrumenten. Er schuf romantische Choreographien und Jazzballette, klassische Stücke genauso wie avantgardistisch-moderne, komische und bitterernste. Er hat durchgehend auf außerordentlich hohem Niveau gearbeitet und der Ballettgeschichte mehrfach neue Wendungen gegeben: mit dem imposanten, musiklosen Moves von 1958 zum Beispiel oder, ein gutes Jahrzehnt später, mit den Dances at a Gathering, die eine neuromantische Welle über mehrere Kontinente auslösten.« Sein Tätigkeitsfeld konzentrierte sich dabei auf New York. Er war Mitglied des American Ballet Theatre, des New York City Ballets, gründete sein eigenes Ensemble unter dem Namen »Ballets: U. S. A.«, doch kehrte er später wieder zum New York City Ballet zurück, dem er lange Jahre als künstlerischer Leiter und Direktor vorstand. In dieser Zeit arbeitete Robbins mit etlichen bedeutenden Tänzerinnen und Tänzern zusammen, angefangen bei George Balanchine, der ihn als jungen Eleven 1940 an das frisch gegründete Ballet Theatre holte, bis zu Robert Wilson, der vor seiner internationalen Karriere als Assistent von Robbins arbeitete und wichtige Impulse für sein Denken über szenisches Arbeiten von ihm erhielt.

Robbins war Jude (Geburtsname: Rabinowitz), homosexuell und stand in seiner Jugend wie Laurents und Bernstein politisch links. Ausdruck seiner Überzeugungen bildeten etwa Ballette wie Strange Fruit nach dem gleichnamigen Billie-Holiday-Song, in dem es um Lynchmorde an Afroamerikanern geht, oder das Handlungsballett The Small House of Uncle Thomas in dem Musical The King and I von 1951. Von 1943 bis 1947 gehörte er der Amerikanischen Kommunistischen Partei an. Anders als Laurents denunzierte Robbins im Mai 1953, als er vor dem McCarthy-Ausschuss für unamerikanische Umtriebe verhört wurde, die Kolleginnen und Kollegen, die mit ihm zusammen in der kommunistischen Zelle verbunden waren. Im Widerstreit zwischen menschlicher Loyalität und Karriere entschied er sich für Letzteres – eine Entscheidung, die man ihm in |24| der Theaterwelt nie wirklich vergaß. Noch 2007 äußerte sich Laurents in diesem Zusammenhang: »Er war ein großer Künstler, aber ein schrecklicher Mensch.«

Unter seinen Ehrungen und Preisen finden sich allein fünf Tony Awards. 1989 zog er mit einer extrem aufwendigen Show unter dem Titel Jerome Robbins’ Broadway Bilanz seiner Musicalerfolge. In den Jahren danach interessierten ihn als Choreograf nur noch die Musikwerke von Johann Sebastian Bach. Er starb 1998. Seine Asche wurde über dem Atlantischen Ozean verstreut.

Bernstein. West Side Story

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