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Lunare Anthropologie

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Das außerirdische Kunststück, das Armstrong, Aldrin und Collins 1969 vollbracht hatten, nimmt das Monatsmagazin bild der wissenschaft zum Anlass, ein Sonderheft zum 50-jährigen Jubiläum der ersten Mondlandung zu veröffentlichen. Der vorliegende Band entstand in Zusammenarbeit mit der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft und erscheint bei dieser als Buch. Gemeinsam mit Thomas Bührke und Thorsten Dambeck – zwei renommierten Buchautoren und versierten Wissenschaftsjournalisten, die mit ihren Beiträgen seit vielen Jahren bild der wissenschaft bereichern – rekapituliere ich auf den folgenden Seiten nicht nur den Aufbruch zum Mond und die Erkenntnisse, die die Astronauten zur Erde zurückbrachten. Wir berichten auch über aktuelle Resultate der Erforschung des Erdtrabanten und wagen einen Blick in die Zukunft der Weltraumfahrt. Außerdem verdeutlichen wir die Rolle des Mondes in einem umfassenderen kulturellen Kontext: von der Dichtung und Bildenden Kunst bis zur Musik und Philosophie.

Der Mond beschäftigt die Phantasie der Menschen wohl so lange sie existieren. Schon vor Jahrtausenden erkannten sie die Regelmäßigkeiten seiner zu- und abnehmenden Erscheinung und gaben ihm einen Platz in ihrer Vorstellungswelt. Trotz aller Wissenschaft blieb der stille Wanderer nicht nur Licht- und Trostspender, sondern auch eine Projektionsfläche für allerlei Sehnsüchte, nicht zuletzt der Liebenden.

Der irdische Begleiter ist eben viel mehr als eine nächtliche Lichtquelle und ein hochinteressanter Gegenstand naturwissenschaftlicher Forschung. Er ist mit dem Wesen und Schicksal des Homo sapiens weitaus enger verbunden, als der sich dieses gemeinhin zugesteht. Man könnte geradezu von einer lunaren Anthropologie sprechen. Diese hat räumliche, zeitliche und existenzielle Dimensionen.

• Ohne Mond keine Menschen: Der Trabant hat durch Licht und Schwerkraft die Evolution des Lebens beeinflusst.

• Sprungbrett zu den Sternen: Der Mond ermöglicht gewissermaßen erst eine langfristige Zukunft – wenn der Mensch denn eine haben wird. Andernfalls bleiben dereinst die Spuren der Mondlandungen die letzten Zeugnisse der Menschheit.

• Die lunare Landschaftskunde mit Augen, Teleskopen und vor Ort steht für die erste Erkundung einer anderen Welt.

• Die Mondphasen und Finsternisse waren eine Keimzelle der Wissenschaft.

• Die Mondflüge und Analysen des Mondgesteins eröffneten einen neuen Blick auf die Erde.

• Ohne den Mond könnte der Mensch im Erdenstaub sich schwerlich selbst verstehen – geschweige denn über sich hinauswachsen.

• So ist der Mond zugleich Sehnsuchtsort, Spiegel und eine schauderhafte Schimäre. Er inspirierte das Denken (bis hin zur Science-Fiction), seine „magnificent desolation“ (Buzz Aldrin) ist das „ganz Andere“, aber auch eine Chiffre der Heimatlosigkeit (Michael Collins war sogar der erste wirklich Einsame).

• Schließlich dient der Mond als eine ambivalente und unerschöpfliche Metapher von Leben, Sehnsucht und Tod. Von der Kunst und Dichtung bis hin zur Philosophie. Vom utopischen „Homo spaciens“ (Frank White) bis zur nihilistisch-anthropofugalen „Vermondung“ der Erde (Ulrich Horstmann). Von den mythischen Göttern bis zur Apokalypse in 7,6 Milliarden Jahren, wenn er wie die Erde von der zum Roten Riesen aufgeblähten ausgebrannten Sonne verschlungen wird. Und vom Lampion der Liebenden bis zum blutroten Zeugen der Verzweiflung (in Georg Büchners Woyzeck).


Ausstieg im Meer der Ruhe: Das Foto von Neil Armstrong zeigt die Landefähre Eagle beim Ausstieg von Edwin Aldrin im Juli 1969.

Ein großer Schritt für die Menschheit

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