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Bischof Hildibald und seine Nachfolger (978–1000)

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Gerade in dieser Zeit trat mit Hildibald, dem Nachfolger Annos, ein Bischof sein Amt in Worms an, der wie kein zweiter frühmittelalterlicher Bischof von Worms den Königen und Kaisern seiner Zeit nahe stand, und keiner erwarb dem Bistum so viel Besitz – durch Schenkungen, aber auch durch Fälschungen. Hildibalds Herkunft ist unklar; die Vermutung, er stamme wie zahlreiche andere Wormser Bischöfe aus Nordhessen, ist unsicher136. 977 wurde er von Otto II. zum Kanzler ernannt; eine Stellung, die er als Erster trotz seiner Ernennung zum Bischof bis kurz vor seinem Tod im Jahr 998 beibehielt. Diese Funktion brachte ihm eine besondere Nähe zu Otto II. und Otto III.; außerdem gehörte er gemeinsam mit dem Mainzer Erzbischof Willigis auch zum engsten Kreis um die Kaiserinnen Theophanu und Adelheid, die 984 bis 994 als Regentinnen für ihren minderjährigen Sohn bzw. Enkel Otto III. fungierten. Diese Doppelrolle Hildibalds hatte zwiespältige Folgen für das Bistum: Einerseits musste man bis zu sechs Monate im Jahr, bei Italienreisen gar noch länger, auf die Anwesenheit des Bischofs verzichten137, andererseits befand sich dieser in einer Stellung, die bestens dazu geeignet war, dem Bistum erhebliche Vorteile zu verschaffen138. Sein Einfluss am Hof wird besonders an der Zahl seiner Interventionen zu Gunsten von Urkundenempfängern deutlich. Insgesamt ist Hildibald in 48 erhaltenen Urkunden als Fürsprecher genannt, während sein Vorgänger Anno es trotz einer längeren Amtszeit lediglich auf fünf Interventionen brachte. Hildibalds herausragende Stellung wird auch daran deutlich, dass Otto II. ihm 979 einen porticus und etwas Land direkt an der Frankfurter Pfalz schenkte, damit er dort bei Königsaufenthalten in Frankfurt wohnen könne139; zudem erhielt er im gleichen Jahr dasjenige Drittel der Zölle und Bußeinnahmen, das bisher dem Salier Otto als Inhaber der Grafenrechte zustand140, was die Position des Bischofs in der Stadt stärkte. Nach 984 ist er an der Seite der Regentinnen zu finden, die 985 im Namen Ottos III. die Schenkung des Zolldrittels von 979 bestätigten, nachdem sie bereits zuvor eine Lehensschenkung um Eppingen an Worms bestätigt hatten141. Dazu kamen im Laufe der Jahre die königlichen Rechte an den Wäldern um Wimpfen und Neckarbischofsheim, möglicherweise auch in Kastellaun, und das Stift Weilburg an der Lahn, zu dem später noch weiterer Besitz in der Gegend kam; das Domkapitel erhielt 990 ein Gut im Breisgau, das 995 gegen ein anderes Gut in (Bad Vilbel-) Gronau bei Frankfurt eingetauscht wurde142. Insbesondere zu Kaiserin Theophanu scheint Hildibald ein enges Verhältnis gehabt zu haben, da sie schon vor Theophanus Regentschaftszeit häufig gemeinsam intervenierten, während Theophanu sich wiederholt für Hildibald einsetzte143.

Die Zeit Bischof Hildibalds war aber nicht nur aufgrund dieses Erwerbs von Grundbesitz und Rechten, der noch fortgesetzt wurde, von großer Bedeutung für die Fortentwicklung des Bistums. Denn auch die Konkurrenz in der Region wurde stärker, insbesondere Herzog Otto, der nach der Rückkehr Herzog Heinrichs des Zänkers nach Bayern sein Kärntner Herzogtum aufgeben musste und sich für diesen Verzicht mit Besitz am Mittelrhein entschädigen ließ. Der Erwerb dieser Güter, die zum Teil aus Besitz des Bistums Worms und vor allem des Klosters Weißenburg stammten, machte ihn in der Weißenburger Überlieferung zum Kirchenräuber und dürfte zu seinem negativen Bild in der Vita Burchardi beigetragen haben144. Dazu kamen 985 der Wasgau und der Königshof Kaiserslautern145. Wie stark der Wormser Schwerpunkt seines Machtbereichs auch von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde, zeigt die Bezeichnung als Uurmacensis Otto, »Wormser Otto« in einer Urkunde von 982146, die in dieser Zeit einmalig ist. Obwohl er noch nach der Aufgabe des Kärntener Herzogtums als dux, also Herzog, bezeichnet wurde, war er jedoch nie, wie verschiedentlich zu lesen, »Herzog von Worms«, einen solchen hat es nie gegeben147, sondern nur Herzog. Dieser Titel kennzeichnet seinen persönlichen Rang und den seiner Familie im Personengeflecht des Hochadels; Worms wird gleichsam vor der Zeit zum Beinamen des Geschlechts. Trotz der überragenden Position des salischen Herzogs – »aus eigener Kraft«, die durch die Verfügung über Klöster noch abgerundet und verdichtet wird148 – scheint das Verhältnis zwischen Otto und dem Bistum so gut gewesen zu sein, dass mindestens ein Sohn Ottos, Brun, und möglicherweise ein Enkel, Konrad, in der Domschule unterrichtet wurden: Es handelte sich um keine geringeren als den späteren Papst Gregor V. (996–999) und den Kaiser Konrad II. (1024–1039). Die überragende Stellung des Hauses im Wormser Raum wurde entscheidend geschwächt, als Ottos Sohn Heinrich (wohl schon 990/91) vor der Zeit starb und der Vater es offenbar nicht mehr vermochte, sich nach dem Thronwechsel von 1002 der Politik des überragenden Bischofs Burchard im Zusammenspiel mit Heinrich II. (1002–1024) zu widersetzen. Er musste im Oktober 1002 auf den Besitz des Hauses mit der symbolträchtigen Burg in Worms verzichten – gegen reiche Entschädigung mit dem Königshof Bruchsal und dem königlichen Forst Lußhardt zwischen Speyer und Bruchsal149.

Der andere große Konkurrent um Einfluss und Besitz in Worms-, Rhein- und Lobdengau war schon seit seiner Gründung das Kloster Lorsch, das es dem Bistum unmöglich machte, zusammenhängende Besitzkomplexe an Rhein oder Neckar aufzubauen. Ein militärisches Aufgebot Ottos II. (oder möglicherweise eine Nachforderung von Panzerreitern) nach Italien aus dem Jahr 980/81 zeigt, dass Lorsch 50 Panzerreiter, Worms lediglich 40 zu schicken hatte. Beide waren damit stärker beansprucht als Speyer (30), blieben aber weit hinter dem Spitzenreiter Mainz (100) zurück; ein Otto, der der Salier sein könnte, führte ebenfalls 40 Panzerreiter150. Wenn diese Zahlen ein Indikator für die wirtschaftliche und militärische Leistungsfähigkeit sind, war also Lorsch dem Nachbarn sogar überlegen.

In der Auseinandersetzung mit seinen Konkurrenten und zur Stärkung der Wormser Kirche verließ sich Hildibald aber nicht nur auf Schenkungen und Verfügungen der Monarchen. Wenn diese in der Auseinandersetzung mit den Konkurrenten ausblieben, griff er auf die ihm zur Verfügung stehende königliche Kanzlei zurück und ließ dort Fälschungen zu Gunsten der Wormser Kirche anfertigen151. Dabei ließ er regelrechte Urkundenketten meist auf der Basis einer echten Vorurkunde herstellen, die dem Bistum Rechte zusprachen, die in den ebenfalls ge- oder verfälschten Folgeurkunden späterer Könige bestätigt und erweitert wurden. Von ihm stammt die schon mehrfach erwähnte angebliche Urkunde Dagoberts, ebenso wie die angeblichen Urkunden Pippins, Karls des Großen, Ludwigs des Deutschen, Arnulfs und noch Ottos des Großen; ob er noch Urkunden zu jüngeren Daten anfertigen ließ, ist unklar, da sie kaum als Fälschungen erkennbar wären. Inhaltlich lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Eine erste Gruppe von Fälschungen spricht dem Bistum weit reichende Rechte und Besitzungen in Ladenburg, dem Odenwald und im gesamten Lobdengau zu152; eine zweite Gruppe behandelt Wimpfen153, eine dritte Worms154. Als Hauptkonkurrent erscheint, insbesondere bei der ersten Gruppe, das Kloster Lorsch, das im Lobdengau und im Odenwald großen Besitz hatte, der einer Arrondierung und Ausweitung des Wormser Besitzes entgegenstand. Offensichtlich versuchte Hildibald auf diese Weise um die älteren Zentren Worms, Wimpfen und Ladenburg einen weit reichenden, territorial geschlosseneren Besitzkomplex aufzubauen. Da er dabei wohl häufig echte Wormser Urkunden als Vorlagen verwendete, sind sie und damit die Kenntnis des ursprünglichen Inhalts verloren gegangen, sodass wir über das Ausmaß der tatsächlichen und der angemaßten Rechte nichts wissen. In der Folge waren die von Hildibald behaupteten bischöflichen Rechte in Worms, Ladenburg und Wimpfen jedenfalls relativ sicher und blieben bis ins Spätmittelalter wesentliche Bestandteile des Gebiets des Wormser Hochstifts. Mit den erheblichen Zinsleistungen, die dem Wormser Bischof nun (durch Schenkung oder Anmaßung) zustanden, und dem erweiterten Grundbesitz hatte Hildibald die wirtschaftliche Grundlage für die aufwändige Neugestaltung der Stadt geschaffen, die unter Bischof Burchard seit dem Jahr 1000 begann.

Zuvor aber wurde nach Hildibalds Tod 998 zunächst Franco (998/99), der Bruder Burchards und enge Freund des Königs aus der Hofkapelle, zum Bischof ernannt. Die Vita Burchardi schildert ihn als strengen Asketen, der zur Buße gemeinsam mit dem König mehrere Wochen in einer Höhle gefastet und gebetet habe155. Von seiner Tätigkeit als Bischof erfahren wir nur, dass er versuchte, die Machtkämpfe mit Lorsch durch die Angliederung des Klosters an das Bistum zu beenden156. Diese Einverleibung durch eine königliche Urkunde widersprach jedoch dem kanonischen Recht; in einer Papsturkunde, die das Kloster wieder alleine der päpstlichen und königlichen Jurisdiktion unterstellt, ist sogar Franco selbst als Befürworter aufgeführt157. Sollte diese Urkunde authentisch sein, wäre Franco also gezwungen worden, auf seine eigenen Ansprüche zu verzichten und rechtliche Schranken gegen die seiner Nachfolger zu errichten. Auf Franco folgten Erpo und Razo, wiederum aus der Hofkapelle Ottos III., die beide kurz nach ihrer Ernennung und noch vor ihrer Weihe starben158. Die Vita Burchardi sieht in diesen plötzlichen Todesfällen das Eingreifen Gottes, weil sich der Kaiser dem letzten Wunsch des heiligmäßigen Franco widersetzte, seinen Bruder Burchard zum Bischof zu ernennen159. Umso deutlicher wird, wie sehr die Berufung Burchards, dem ein langes, erfolgreiches Wirken beschieden war, dem Willen Gottes entsprach.

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