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Der Start in die Rente

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Der Eintritt in den Ruhestand kann als Blitz aus heiterem Himmel oder als fließender Übergang von einer Lebensphase in eine andere erlebt werden. Wie es wirklich ist, hängt nicht nur von den Umständen ab.

Als Spiegel hat der Autor daher eine kleine Typologie entwickelt, in der Sie sich wiedererkennen können oder auch nicht:

- Der Verwirrte

Als Mensch, der Veränderungen nicht gewohnt ist, wird der Verwirrte von seiner Pensionierung völlig überrollt. Das plötzliche Fehlen von Trubel, Telefon- und Handygeklingel und Kontakt zu anderen trifft ihn einigermaßen unvorbereitet. Der Tagesablauf ist nicht mehr automatisch vorgegeben, es gibt fast nichts mehr, das sofort erledigt werden muss, die kleinen Gespräche am Rande entfallen.

Dabei werden wir auf uns selbst zurückgeworfen. Ähnlich wie die Kinder in einem antiautoritären Kindergarten fragen, "Müssen wir heute wieder das spielen, was wir wollen?", bleibt nichts anderes übrig als das zu tun, was wir selbst wollen.

Das ist hart, besonders für Männer. Frauen haben damit kein Problem, sie haben immer Arbeit und sind es gewohnt, viele unterschiedliche Rollen gleichzeitig wahrzunehmen!

In seiner Not greift der Verwirrte jetzt unbewusst zu einer List. Er tut so, als hätte sich eigentlich nichts geändert, er glaubt, im Grunde könne es mehr oder minder so weitergehen wie bisher. Er liest weiterhin die einschlägigen Fachzeitschriften und besucht mehrmals in der Woche seine früheren Kollegen, was diese mit einer stetig absinkenden Wiedersehensfreude quittieren. Es wird immer wieder aufgewärmt, wie der X damals den Y vor die Tür gesetzt hat. Oder es werden eigene unvernarbte Wunden, Kränkungen und Verletzungen geleckt. D.h., es wird etwas aufgefrischt, mit dem wir bewusst abgeschlossen und unseren Frieden gemacht haben sollten.

Beliebt ist es auch, moderne Management-Prinzipien aus dem Betrieb im eigenen Haushalt einführen zu wollen. So gibt es in diesem Alter kaum etwas, was eine Frau mehr interessieren könnte als z.B. das Konzept des Reengineering, das empfiehlt, arbeitsteilige Abläufe rationell zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufassen, also Betten machen, Einkaufen, die Katze füttern usw. in einem Aufwasch. Besonders praktische Änderungsvorschläge stoßen immer wieder auf helle Begeisterung und tiefe Dankbarkeit.

- Der Profi

Ganz einfach, der Profi macht sich rechtzeitig Gedanken und bereitet sich vor. Als Spezialist für Veränderungen, für geplanten Wandel, stellt er sich einige Fragen:

 Wenn mein Alter gelingt, was ist dann? Und besonders, was ist dann anders?

 Wo liegt mein Nachholbedarf, was gibt es, wofür ich jetzt Zeit haben werde und das es mir wert ist, dafür meine letzte Runde einzusetzen?

 Was möchte ich auf gar keinen Fall, in welches Fahrwasser möchte ich nicht geraten?

 Wen und was muss ich meiden, um da nicht hineinzukommen?

 Was sind meine ersten praktischen Schritte?

 Woran werden ich und andere erkennen, dass ich auf dem richtigen Weg bin?

So lässt sich wahrscheinlich Trompete lernen, Byzantinistik studieren oder eine eigene Firma gründen.

- Der Wilde

Der Wilde hat seine Vergangenheit satt und er vollzieht einen mehr oder minder mutigen Bruch:

 Unter Hintanlassung erwachsener Kinder und sonstiger Bindungen zeugt er noch einmal ein Kind mit einer jungen Frau. Es gibt wohl kaum etwas Herzigeres als einen Mitte 60-Jährigen mit einem Säugling, zumal dieses Glück auch darin bestehen wird, dass Vater und Kind ungefähr gleichzeitig die Zähne ausfallen werden.Er zieht nach Timbuktu, einem verstaubten Drecknest in Mali, das aber bei Leuten, die noch nie dort waren, einen Ruf wie Donnerhall hat.Er versucht, in der Schweiz die Monarchie einzuführen, was auf nachhaltigen Widerstand stoßen wird und von daher eine echte Aufgabe darstellt.Er geht nach Indien und wird dort Bettler. Halbnackt, halbverhungert und ganz im Hier und Jetzt wird er endlich, ob mit Rückflugticket oder nicht, den spirituellen Kick bekommen, auf den er ein Leben lang gewartet hat.

Wer diese Vorschläge für, gelinde gesagt, übertrieben hält, sollte nicht vergessen, dass der Wilde sein Alter nicht mit dem Lösen von Kreuzworträtseln verbringen wird. Das ist doch schon was!

Nicht ohne meine Zähne!

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