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Kapitel 5

V

erwirrt blickte Andrew sie an, als sie ihm eine pinkfarbene Plastikflasche in die Hand drückte. »Was ist das?«, fragte er und einen flüchtigen Blick auf den Aufdruck mit den schlanken, glatten Frauenbeinen warf. »›Veet‹?«

Inzwischen standen sie in Cataleyas Badezimmer, das genauso luxuriös war wie der Rest der Wohnung. Der Art von schillerndem Bad, wie es die wohlbetuchten Gäste in einem noblen Hotel wie dem ›Four Seasons‹ in der ›Park Lane‹ oder dem ›Savoy‹ in ›Covent Garden‹ fand – mit einer riesigen Eckbadewanne, die sie gerade mit dampfend heißem Wasser füllte.

»Das?«, grinste sie süffisant. »Das, Sally, ist die beste Freundin, die sich ein Mädchen vorstellen kann.«

Als sich Andrew den Aufdruck nun näher besah, wurde ihm sofort klar, dass es sich um eine Art Haarentfernungsmittel handelte.

»Wir fangen damit an, dass du in die Wanne steigst«, befahl Cataleya, »und dich überall wäscht … All diese dreckigen, stinkenden kleinen Nischen, Ecken und Winkel. Ich will sie makellos. Verstanden?«

Andrew nickte, tat was sie ihm befohlen hatte und stieg in das dampfende Wasser, dass fast zu heiß war, um sich darin niederzulassen und seine blasse Haut rosarot werden ließ, als er sich langsam hineinsenkte und seine Handfläche nach vorne streckte, als ihm Cataleya einen riesigen Tropfen rötliche, nach Candy duftende Flüssigseife darauf spritzte. Dann machte er sich an die Arbeit, während sie ihm wie ein Falke auf seinem Hochsitz auf dem Badewannenrand sitzend dabei zusah.

»Erzähl‘ mir ein bisschen mehr über dich«, forderte sie ihn, indessen er sich wusch.

»Nun, … mein Name ist Andrew«, begann er, »und ich bin neu an der Uni. Ich studiere Jura und …«

Er hatte kaum angefangen, da winkte sie auch bereits ab und schüttelte den Kopf.

Andrew schwieg und schaute sie fragend an.

»Ich hatte dich nicht aufgefordert, mich zu langweilen«, unterbrach sie ihn. »Mich interessieren die gewissen Details … Bist du homosexuell? Hetero oder bi? … Mit wie vielen hast du geschlafen?«

»Ich bin hetero«, setzte Andrew neu an und fühlte, dass er wieder rot wurde und ihn sein Gesicht sofort verraten würde, sollte er sie anlügen. Also entschied er strikt bei der Wahrheit zu bleiben. »Ich habe noch nicht das richtige Mädchen getroffen.«

»Oh, mein Gott. Wie geil ist das denn?«, keuchte sie. Ihr Grinsen wurde breiter und ihre Augen leuchteten wie die Lämpchen an einem Flipperautomaten, als hätte sie gerade einen Extraball bekommen. »Dann bist du also echt noch eine Jungfrau?«

»Ja«, murmelte er und wünschte sich, sie würde das für ihn unangenehme Thema wechseln.

»Hast du denn überhaupt schon mal was mit einem Mädchen gemacht?«, setzte Cataleya nach.

Andrew fing an den Schaum in seinen Achseln zu verteilen. »Ja, irgendwie schon … Ein bisschen«, erwiderte er. Immer noch spürte er seine brennenden Wangen. Er kam sich vor wie in einem Verhör von Darth Vaders Imperialen Geheimdienstes und sie hatte darin die Rolle der Dunklen Jedi und gestrengen Inquisitorin Asajj Ventress eingenommen. Aus reiner Nervosität begann er seine Haut jetzt sehr viel härter zu schrubben als unbedingt nötig. »Aber es ging nicht bis zum …« Er schwieg.

Es schien als sei Cataleya mit seiner Antwort zufrieden, denn sie ging nicht weiter darauf ein.

Andrew spürte eine gewisse Erleichterung. Denn wäre er ehrlich gewesen, dann hätte er ihr eingestehen müssen, dass es im Grunde genommen überhaupt nicht das Geringste zu erzählen gab und nie etwas stattgefunden hatte, wenn er davon absah, mal beim Tanzen die Brüste eines Mädchens durch den dicken Pullover gespürt zu haben.

»Und du bist definitiv nicht bi- oder homosexuell, oder was auch immer?«, bohrte sie nach.

»Ich bin einhundertzehnprozentig hetero«, antwortete er.

»Huiii …«, murmelte sie und grinste. »Ich wusste gar nicht, dass man Heterosein noch steigern kann … Aber vermutlich fängt bei allem, was die hundert Prozent übersteigt, die öde Langeweile an, … nicht wahr?«

Andrew biss sich ungewollt auf die Lippen und fühlte sich von ihr ertappt.

»Hast du Godfather Part III gesehen?«

Er nickte.

»Erinnerst du dich an den korrupten Bankier des Vatikans, der mit einem Kissen erstickt wird?«, hakte sie nach.

Er nickte wieder, nicht wissend, worauf sie gerade hinauswollte. Der plötzliche Themenwechsel verwirrte ihn.

»Der wurde von einem österreichischen Schauspieler gemimt: Helmut Berger. Weißt du, was der einmal gesagt hat?«

Andrew schüttelte leicht den Kopf.

»Der sagte einmal einem Journalisten in einem Interview zur Frage seiner Sexualität: ›Ich amüsiere mich heute mit Madame, morgen mit Monsieur, danach mit Mademoiselle. Ich lasse mich nicht konventionieren.« Cataleya schaute ihn forschend an. »Verstehst du, worauf ich hinaus möchte?«

Wieder schüttelte er den Kopf.

»Dann drücke ich es für dich einmal anders aus, meine Süße … Jedes Prozent weniger als hundert bedeutet unheimlich mehr an Spaß!« Sie erhob sich vom Wannenrand und blickte auf ihn hinunter. »So, das reicht. Du bist sauber genug. Raus da und abtrocken!«

Ein weiteres Mal folgte er widerstandslos ihrer Aufforderung, kletterte aus der Wanne und begann sich mit dem flauschigen weißen Handtuch abzurubbeln, das sie ihm reichte. In diesem Augenblick glaubte er, nachdem er eine gewisse Zeit nackt in ihrer Gegenwart verbracht hatte, sich nicht mehr ganz so schüchtern zu fühlen, wie in der Sekunde, da er sich vor ihr ausgezogen hatte.

»Gut«, merkte sie an, als er sich völlig abgetrocknet hatte. »Jetzt wirst du dir diese Handschuhe anziehen und die Haarentfernungscreme bis zum Schritt auf deine Beine auftragen … Aber glaub‘ mir, pass‘ mit dem Zeug auf, denn du willst das Mittel ganz sicher nicht an deinem niedlichen Schwänzchen haben! Verstanden, Sally?«

Er nickte, nahm ihr die dünnen Plastikhandschuhe und die Flasche ›Veet‹ ab und begann damit, sich seine Beine mit der weißen, klebrigen Creme einzuschmieren, wobei er darauf achtete, seinem Schritt auf keinen Fall zu nahe zu kommen.

»Oh, du musst das auch auf die Achseln und die Brust machen«, schmunzelte sie, als sie bemerkte, wie übervorsichtig er mit der Creme hantierte. »Du sollst es einfach nicht direkt auf deine Hoden oder deinen süßen Kitzler schmieren.«

Auch, wenn sie sich zum zweiten Mal in weniger als einer Stunde über die Größe seines Gliedes lustig machte, fühlte er sich diesmal nicht besonders verlegen. Er bemühte sich, ihren Kommentar zu ignorieren und rollte stattdessen nur die Augen.

»Okay. Ich bin fertig«, verkündete er, als er seine Beine vollständig mit Haarentfernungsmittel eingecremt hatte. »Was jetzt?«

»Jetzt werden wir warten«, lächelte sie und setzte sich wieder auf den Rand der Eckwanne.

»Ähm, okay … Sag‘ mal, wie funktioniert dieses ›Mädchenspiel‹ eigentlich?«, wagte er sich vor und setzte sich zu ihr. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, was die Regeln und so angeht …«

»Och, da ist nichts Geheimnisvolles dabei«, grinste sie. »Es ist halt eine Veranstaltung. Ein Wettbewerb, bei dem Mädchen-Studenten lernen, wie man besteht.«

»Bestehen?«, fragte er verwirrt.

»Ja, du Dummkopf«, nickte sie, immer noch grinsend. »Die Mistresses bringen alle ihre Schützlinge mit … und die müssen dann als echte Mädchen bestehen. Dann müsst ihr alleine eine Tanznummer aufführen und die Jury entscheidet, wer von euch das beste Mädchen ist …«

Andrew spürte eine neue Welle erregender Nervosität bei Cataleyas Erklärung, und sein Herz begann zu rasen, als er sich vorstellte, vor einer Gruppe Fremder wie ein Mädchen gekleidet zu tanzen. Es schien ihm, als würde ein Angsttraum zum Leben erweckt, und er wusste nicht, wie er mit einer so völlig verrückten Sache überhaupt fertig werden konnte. Als er laut schluckte und versuchte, den Mut aufzubringen, ihr zu sagen, dass er aus dieser Nummer rauswollte, stellte er fest, dass er es einfach nicht fertigbrachte. Er war schlicht unfähig die Situation zu klären und wieder dabei sich herumschubsen zu lassen, wie er es immer tat.

»Hey, nun schau nicht so bedrückt«, munterte sie ihn auf und stupste ihn mit einem überraschend freundlichen Lächeln an. »Das wird einen riesigen Spaß machen! Vertrau‘ mir einfach. Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du super heiß aussehen.«

Andrew spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Er musste sich eingestehen, dass die Vorstellung einmal richtig ›heiß‹ auszusehen, auch wenn er dazu ein Mädchen spielen musste, verlockend war. Sein ganzes Leben war er ignoriert worden, hatte am Rand stehend und anderen dabei zusehen müssen, wie sie Spaß zu haben schienen. Vielleicht ist es ja mal eine gute Erfahrung, einmal im Rampenlicht zu stehen, dachte er still.

Er versuchte, sich selbst als Mädchen vorzustellen. In seiner Fantasie trug er ein eng anliegendes schwarzes Kleid wie das, das Cataleya trug, und versteckte sein wahres Gesicht unter einer Schicht Make-up und einer Perücke, um seinen eigenen, langweiligen Haarschopf zu verbergen …

»So, ich denke, wir haben lange genug gewartet«, sagte Cataleya und unterbrach seinen Wachtraum. »Als nächstes musst du die ganze Creme hiermit wegkratzen«, fügte sie hinzu und reichte ihm einen weißen Plastikspatel.

Wortlos begann er, das glatte, flache Werkzeug über seine Schienbeine zu ziehen und stellte erstaunt fest, wie die Creme abfiel und eine völlig glatte Haut zum Vorschein kam.

»Wow! Das sieht richtig gut aus!«, lachte sie begeistert und sah ihm dabei zu, wie er alles von der Creme beseitigte, die seine Beine völlig glatt und haarlos zurückließ.

Andrew schaute irritiert auf den Unterschied, der sich nach der Behandlung mit dem Enthaarungsmittel zeigte und wie überraschend weiblich seine Beine plötzlich aussahen.

»Du hast wirklich tolle Beine, Sally«, stellte Cataleya fest, die offensichtlich genau dasselbe gedacht hatte. »Wir müssen dir unbedingt etwas heraussuchen, was sie richtig zur Geltung bringt, … zusammen mit deinem süßen Hintern! Apropos …«, fügte sie mit einem frechen Gesichtsausdruck hinzu und ließ ihre Augenbrauen wackeln.

»Was …?«, krächzte er völlig verwirrt.

»Ab mit dir, zurück in die Badewanne«, antwortete sie. »Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns und ich befürchte, dass das noch recht intim wird …«


Andrew - Mädchenspiele

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