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e) Die Christologie als Funktion der Soteriologie

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Religionen als „soteriologische Systeme“

Christologie und Soteriologie lassen sich nicht trennen. Diese Einsicht bestimmt auf weite Strecken die moderne Christologie, in der die Person Christi und deren Heilswerk nicht mehr, wie seit der mittelalterlichen Scholastik üblich, getrennt voneinander behandelt werden. Christologie und Soteriologie sind zwei Seiten ein und derselben Sache bzw. Person. Die moderne Christologie steht allerdings zuweilen in der Gefahr, die Christologie ganz vom soteriologischen Interesse des Menschen her zu begründen. So hat etwa Karl-Heinz Ohlig den groß angelegten Versuch unternommen, die Christologie in ihrer geschichtlichen Entwicklung als „Funktion der Soteriologie“ (Ohlig/68: 27) zu verstehen. In den konkreten Religionen sieht Ohlig „soteriologische Systeme“ (68: 20), die auf ein und dieselbe anthropologisch grundgelegte religiöse Frage antworten, die in den verschiedenen Kulturen unterschiedlich gestellt wird (21) und auf die deshalb kulturell bedingte Antworten gegeben werden (22–25).

die Soteriologie als kulturelle Matrix der Christologie

Dies gilt auch für die „geschichtsorientierte Soteriologie“ des biblischen Monotheismus, der das Heil – anders als monistische soteriologische Systeme – durch geschichtliche Vermittlung erwartet. Die „geschichtsorientierte Soteriologie“ des biblischen Monotheismus nennt Ohlig „christologische Soteriologie“ (68: 26f.), weil sie die endgültige Vermittlung des Heils von einer messianischen Gestalt erwartet. Die Soteriologie bildet den tragenden Grund, in gewisser Weise die kulturelle Matrix, für die jeweilige Gestalt der Christologie. Aufgrund ihrer kulturellen Bedingtheit muss die Christologie in ihrer geschichtlichen Entwicklung vollständig der soteriologischen Hermeneutik unterworfen werden (31).

Ohligs These von der „Christologie als Funktion der Soteriologie“ macht es in letzter Konsequenz unmöglich, die Aussagen über die Messianität und Gottheit Jesu von Projektionen vorgegebener menschlicher Heilserwartungen zu unterscheiden (Pannenberg/31: 41f./428: 441f.). Zwar haben wir es in allen Religionen mit der Frage des Heils und der Erlösung zu tun. Doch die Verschiedenheit der Antworten der Religionen auf diese Frage mit ihren unterschiedlichen kulturellen Kontexten und somit die Christologie zu einer Variablen der Soteriologie zu erklären, läuft auf eine Relativierung des mit den christologischen Aussagen über die Person Jesu verbundenen Wahrheitsanspruchs hinaus. Denn das Bekenntnis zu Jesus Christus ist nicht zu trennen von der Frage nach der Heilsbedeutung seines Lebens, seines Sterbens und seiner Auferweckung. Die Gottheit Jesu hat ihren Grund nicht in seiner Heilsbedeutung für uns, sondern sie ist Voraussetzung der universalen Heilsbedeutung der Person Jesu und seiner Geschichte (Pannenberg/31: 32).

Jesus – „Katalysator“ für soteriologische Erfahrungen

Wenn Jesus tatsächlich der Messias und Gottes Sohn ist und Gott in dieser Person sich endgültig geoffenbart hat, dann muss die universale Heilsbedeutung der Geschichte Jesu von Gott her, also streng theologisch begründet werden. So war auch die Entwicklung der altkirchlichen Inkarnationschristologie in starkem Maße von soteriologischen Motiven bestimmt – vor allem von dem Gedanken der Vergöttlichung des Menschen und dem Prinzip „was Gott nicht angenommen hat, kann auch nicht erlöst sein“ (Iren., haer. 1.3, c.23, n.2). Bei Ohlig bleibt von Jesus Christus am Ende nicht viel mehr übrig als ein „Katalysator“ für die äußersten religiösen Fragen und Hoffnungen der Menschen (Ohlig/68: 663). „Die Begegnung mit dem Chris tus Jesus hebt letzte soteriologische Erfahrungen ins Bewusstsein“ (68: 676). Seine letztgültige Bedeutung liegt in der Offenbarung der äußersten Menschenmöglichkeit, Gott als „Vater“ anreden zu können (679).

der trinitarische Gott – ein synkretistisches „Konstrukt

Dieser Gedanke bestimmt auch Ohligs Werk zur christlichen Trinititätslehre (Ohlig/271). Der Hellenisierungsthese folgend (271: 22–28), zeichnet er darin die kulturgeschichtlichen Prozesse nach, die seiner Meinung nach zur Ausbildung des trinitarischen Dogmas geführt haben: vom Vater Jesu zum „Mysterium“ der Trinität, vom Gott Israels zum „Konstrukt“ eines trinitarischen Gottes. Dabei interpretiert Ohlig das Glaubensbekenntnis von Nizäa (325) tritheistisch: Abweichend vom Zeugnis der Schrift lehre das Symbolum mit Vater, Sohn und Geist drei Gottheiten (271: 66–68). Die Entwicklung der christlichen Trinitätslehre reduziert Ohlig auf einen durch den „Synkretismus von Judentum und Christentum mit dem Hellenismus“ (123) bedingten „Inkulturationsvorgang“ (124) des biblischen Monotheismus. Dieser Inkulturationsvorgang sei nur im damaligen Kontext verständlich und legitim gewesen. So wird am Ende von Ohlig die Normativität der christlichen Trinitätslehre ausdrücklich in Zweifel gezogen (124f.).

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